*1972 6.
Sonettenkranz
Der Horizont
scheint wieder offen.
Wir haben nichts dazubezahlt
Der Himmel ist neu angemalt,
ein weites Meer läßt wieder hoffen.
Ein Fabeltier springt aus der Gischt.
Ein Stück der Welt in der es wohnt
liegt perlbemuttert unterm Mond
und alle Last schein weggewischt
für einen heiligen Moment.
Sternenstaub im Mantelkragen
vergißt wie schnell die Stunde rennt.
Unsre Zukunft bleibt in Vagen.
Sie weiß wie mir die Seele brennt
und muß mir doch ihr Herz versagen.
Und muß mir doch ihr Herz versagen,
meine Liebe, die gedacht,
daß alles was sie mir gebracht,
nur gab damit ich’s weitertragen
kann, dann soll sie in mir leuchten,
einen guten Weg bereiten
und mich überall begleiten,
meinen Augenstern befeuchten
wenn ein Mensch der Tränen wert.
Begegnung macht erneut betroffen.
Ich lebe was das Leben lehrt
und bleib verhaftet allen Stoffen
worin noch ein Geist verkehrt.
Der Horizont scheint wieder offen.
Der Horizont scheint wieder offen,
frei im Größten wie im Kleinsten;
Wunder leben im Gemeinsten.
Hat man sie erst angetroffen
geh´n sie nie mehr ganz verloren.
Aus dir selbst kann Heimat wachsen.
Springt sie dir mal aus den Achsen:
Welt wird täglich neugeboren.
Alle Sorgen sind versprengt,
wenn Hoffnung sich neu eientschalt
und wieder unser Leben lenkt.
Wir hatten viel geflucht geprahlt.
Ein neuer Tag wird uns geschenkt.
Wir haben nichts dazubezahlt.
Wir haben nichts dazubezahlt
und keiner da, der uns verletzt,
der gegen unsre Liebe ketzt.
Ein neuer Himmelskörper strahlt,
der unsren Namen tragen mag.
Zwei Kinder, in die Welt gesetzt,
beachten nur das Hier und Jetzt.
Die Ewigkeit ein Wimpernschlag.
Was wir in unsren Händen lasen
und was wir uns ausgemalt,
das schien für immer fortgeblasen,
doch ein neuer Tag erstrahlt.
Die Luft schmeckt noch nach Seifenblasen,
der Himmel ist neu angemalt.
Der Himmel ist neu angemalt
und helle Lichterketten prangen
in den Nächten, die gelangen.
Ehe Frost die Welt verkahlt
erobert sich ein Herbsterwachen
seinen Raum und sprüht vor Farben.
Die Geister dieser Erde warben
heute nur um unser Lachen.
Das Abenddämmern ist ein Fest
und tanzend, taumelnd, wie besoffen
flirrt die Sonne durchs Geäst.
Im freien hatten sich getroffen,
unsre Blicke Richtung West.
Ein weites Meer läßt wieder hoffen.
Ein weites Meer läßt wieder hoffen.
Alles kann heut möglich sein,
denn alle Sorgen schrumpfen klein.
Ein Wesen wirkt in allen Stoffen,
daß sich eins und eins vermählt.
Ein jedes Teil der Erde liegt
so sanft an seinen Ort geschmiegt.
Das Schicksal, das wir uns gewählt,
verspricht uns, daß es sich benimmt
bis letztes Tageslicht verlischt.
Die Neue Nacht ist uns bestimmt,
zwei Träume werden neu gemischt
wo Mondlicht durch die Wolken schwimmt,
ein Fabeltier springt aus der Gischt.
Ein Fabeltier springt aus der Gischt
und breitet uns ein Silbernetz.
Im Nu hats uns dem Hier und Jetzt
für eine Reise kurz entwischt.
Wir sehnen uns nach neuem Anfang,
ziehn stromaufwärts mit den Lachsen.
Die Begehrlichkeiten wachsen,
unterm Mondlicht wirkt der Bann lang.
Es hat uns sphärisch schlafverwandelt,
Himmelsharmonien vertont,
mit Wasserwesen angebandelt,
spielt ein Leben, das sich lohnt.
Ein Stück das von sich selber handelt,
ein Stück der Welt in der es wohnt.
Ein Stück der Welt in der es wohnt
legt sich in solchen Nächten bloß.
Wer warten kann, dem wird sein Los
mit Wundern irgendwann belohnt.
Es legt sich sanft in deinen Schoß
und leuchtet unter deiner Haut.
Zwei Seelen werden sich vertraut
und kuscheln sich ins Ufermoos.
Den Schlag der Fische hort man kaum,
Gesang vom Wind darüber thront,
da tuscheln sie vom Kindertraum.
Mit Muscheln grünweiß überkront:
Die Glasgestalt im Algensaum
liegt perlbemuttert unterm Mond.
Liegt perlbemuttert unterm Mond,
im Nebelschleier fein umsponnen,
unser Glück, zu Licht geronnen,
von der Alltagswelt verschont,
so bräuchten wir nur zuzugreifen.
Haben wir zuviel Respekt?
Die Abendbrise die uns neckt,
zieht unbekümmert ihre Schleifen.
Einem Trugbild aufzusitzen
bangt uns nicht, die Nacht erfrischt
uns bis in alle Haaresspitzen.
Das was wir uns aufgetischt
ist war, läßt uns Coronen blitzen
und alle Last scheint weggewischt.
Und alle Last scheint weggewischt,
die Wünsche nah, die Sorgen fern.
Ich hab mir einen Edelstern
aus deinem Augenblau gefischt.
Wo Blicke, Gesten sich ergänzen
wächst Beginn. Wir beide schürfen
wieder Liebesperlen, dürfen
heute alle Sorgen schwänzen.
Ein Gruß schick ich zum Himmel rauf,
der Augenblick ruht transparent,
setzt aus den Urgezeitenlauf.
Ein lang verschüttetes Segment,
das leuchtet klar und deutlich auf
für einen heiligen Moment.
Für einen heiligen Moment
verstummt das Rauschen im Geäst
und jemand, den man endlich läßt,
entführt die Sinne ganz dezent
an die Peripherie der Welt,
wo neue Wunder auf uns warten.
Dort blüht uns ein Sternengarten
unterm hohen Himmelszelt,
das haltlos in der Schwebe wiegt.
Wir sehn wie sich die Schnuppen jagen,
bis ein blaues Dämmern siegt.
Man mag das Morgen gern vertagen,
sehnt am nächsten Morgen liegt
Sternenstaub im Mantelkragen.
Sternenstaub im Mantelkragen
leiht ein weiches frisches Licht.
Es weht dir Frühling ins Gesicht
und macht vergessen alles Klagen.
Das Leuchten deiner Aureole
lebt in jeder Farbsequenz,
besticht durch ihre Virulenz.
In teurer, zarter Glasphiole
ewig sicher aufbewahrt,
so wünschte ich dein Sternpiment,
doch erst in Freiheit aufgeklart
beseelt es unser Firmament.
Ne Prise Licht von dieser Art
vergißt wie schnell die Stunde rennt.
Vergißt wie schnell die Stunde rennt,
der eine, der die Zeit erfunden,
sind wir nur an uns selbst gebunden.
Vertrauen bleibt das Fundament
auf dem einander wir begegnen,
ich mich auf die Freundschaft freue,
denn auch diese Art der Treue
ist geeignet uns zu segnen.
Als Hoffnung die Erwartung trifft,
die so weit auseinander lagen,
folgten beide einer Drift.
Wir hatten in den nächsten Tagen
erstes Unheil gut umschifft.
Unsre Zukunft bleibt im Vagen
Unsre Zukunft bleibt im Vagen.
Wohin uns die Sehnsucht zieht
uns kein Weg irgendwann verriet.
Was hilft es uns danach zu fragen:
Die Gewißheit bringt kein Glück,
egal was ich für Schätze fände.
Ich tauschte jedes gute Ende
gegen eine Chance zurück.
Gern läg´ ich mich in ihre Hände,
niemand der mich besser kennt,
und die Geschichte kennt kein Ende,
aber sie bringt konsequent
auch diesen Morgen neue Wende.
Sie weiß wie mir die Seele brennt.
Sie weiß wie mir die Seele brennt
und fall´n aus allen Wolken Tränen,
bleibt die Liebe zu erwähnen,
pech- und schwefelresistent.
Und treibt sie irgendwann in Leere
hat sie in sich selber Halt,
und fühl ich Zukunft hautlos kalt,
verschlaf ich mich zu einer Fähre.
Ich hab, die Teufel anzuschwärzen,
Zukunft den Kristall zerschlagen.
Splitter wandern mir zum Herzen,
doch ich würd´ es wieder wagen.
Sie weiß um die versteckten Schmerzen
und muß mir doch ihr Herz versagen.