ZaunköniG

*1972      © beim Autor

 

La Corona          ........

 

 

I. – Der jüngste Tag

 

Begrüßt den jüngsten Tag: die Ewigkeit!

Das Gottesreich ist nah, die Engelszunft

der Friedensstifter bietet Unterkunft

den Sündern und Beladenen. Bereit

 

Verzeih’n gen Reue aufzuwiegen feit

uns Christ vor Schuld am Tag der Wiederkunft.

Nur scheinbar streitet ’s Herz mit der Vernunft,

denn unsre Seele lebt über die Zeit.

 

In Jesu Christ vereint sind Herz und Ratio,

denn unvergleichlich ist sein Werk dem Lob,

ist Gottes Samen und der Menschheit Blüte.

 

So klinge ewig Christi die Laudatio,

so seiner Macht, der Weisheit und der Güte.

Nenn einen, der sich nicht im Tun verhob.

 

 

 

II. - Vanitas

 

Nenn einen, der sich nicht im Tun verhob,

Der nicht in Eitelkeit verfällt im Glück.

Man geh’ in der Geschichte weit zurück

und sieht, daß alle Pracht zuletzt zerstob.

 

Geblieben ist das namenlose Lob

der Urkraft, die uns innewohnt, ein Stück.

Re-ligio: Besinne dich zurück,

Denn wer vergißt, was ihn ins Leben hob

 

und wer verleugnet wes’ Talent er nutzt,

woher er seine Kraft und Macht erwarb,

dem stehn sie zu Gebot nur wen’ge Stunden.

 

Egal, was er sich auf der Welt ertrutzt,

und was er auch erringen mocht: er starb.

Vor Dir ist unser aller Hand gebunden

 

 

 

III. -  Macht und Ohnmacht

 

Vor dir ist unser aller Hand gebunden.

Du setztest uns, wie Adam unsern Ahn,

auf unsre vorbestimmte, rechte Bahn.

An Leib und Seele würden wir gesunden

 

zerstörten wir nicht selbst den großen Plan;

Die Freiheit, die du gabst, verführt zu Sünden,

doch, Heil sei unserm Herrn, durch seine Wunden

sind uns gesühnt die Tat, die Schuld, der Wahn.

 

Noch einmal reichst du uns die Hand zum Bund;

Laß uns das Glück nicht blind wie eh verderben;

Für uns hat sich der Herr gequält, zerschunden.

 

Empfangen wir das Heil aus deinem Mund

und geben wir uns dir, bevor wir sterben: -

Durch unsre Finger rinnen unsre Stunden

 

 

 

IV. - Hoffnung

 

Durch unsre Finger rinnen unsre Stunden

empfangen aus dem Nichts, und ins Vergessen

befiehlt man uns zurück. Was wir besessen

zerfällt zu Staub, doch immer neu erfunden

 

wird dieses Leben. Nur dem Herrn verbunden

ist sein Gesetz, dem Herrn, der unterdessen

sich selbst der irdnen Welt gibt, unermessen

ist sein Geschenk, sein Opfer, seine Wunden.

 

O, der sich selbst erhebt fällt tief!

Folgt dem, der Gott mehr als sich selber liebt.

Der sich im eignen Fall zu Gott erhob,

 

folgt dem, der uns in seine Obhut rief,

der uns die höchste Hoffnung wiedergibt

in die sich unser Lebenswerk verwob.

 

 

 

V. – Dein Nächster

 

In die sich unser Lebenswerk verwob,

sind uns vom Herrn zur Prüfung aufgegeben,

drum achte fremdes, wie das eigne Leben

und spare nicht am Nächsten Tat und Lob.

 

Der Umgang manchen scheint zuweilen grob,

doch seiner Seele Schätze auszuheben

liegt nur bei dir. Dein himmelweites Streben,

ob dich ein ferner Gott dereinst erhob

 

ist eitel: Gott tut sich im Nächsten kund.

Drum klage nicht, denn irdisch sind die Sorgen;

was Gott zusammenfügt, was Gott zerstob

 

liegt schon beschlossen im uralten Bund.

Dein Bestes schläft in Blut und Fleisch verborgen,

Bis die Vergänglichkeit obsiegt darob

 

 

 

VI. - Sühne

 

Bis die Vergänglichkeit obsiegt darob

vertraun wir gerne unsrer Hände Stärke,

doch schaffen wir auch größte, höchste Werke;

Der Geist ists, der die Hand zum tun erhob.

 

Und Hand wie Geist sind uns von Gott, drum Lob

die Gottesschöpfung, leb in ihr und merke:

Der Seele fruchtbar sind die Geisteswerke.

Der feste Glaube brachte Lohn Hiob

 

und rettete schon Nebukadnezar,

denn Gott ist gnädig, - doch Geduld ist endlich!

Wat’ nicht bis du die Flammenschrift gefunden

 

So wie zu Daniels Zeiten Belzazar.

Der Lohn so wie die Strafe sind dir kenntlich.

Die Körperhülle liegt zuletzt zerschunden

 

VII.

 

Die Körperhülle liegt zuletzt zerschunden;

von allem Prunk und allem äußren Fehle

verbleibt der selbe Staub und nur der Seele

gerechter Glanz und Makel bleibt verbunden

 

erneuter Ewigkeit, und jede Wunde,

die man auf Erden andren schlägt, die quäle

noch ewig, doch die gute Tat, die zähle

vervielfacht, nutzt man so die Erdenstunden

 

nicht nur für irdisches. Gib Zeit und Muße

den Schritt auf’s wahre Leben hinzulenken,

dem Leben, das nicht an die Zeit gebunden.

 

Ich bete, halte Andacht, dir zum Gruße,

So wie man liebt, so willst du Liebe schenken;

Mein Gruß hat deine Ewigkeit gefunden

 

 

 

 

 

John Donne

1572 - 1631

Nachdichtung von ZaunköniG

*1972

 

 

 

 

VII. - Ascension

 

Salute the last, and everlasting day,

Joy at the uprising of this Sunne, and Sonne,

Ye whose just tears, or tribulation

Have purely washed, or burnt your drossy clay;

 

Behold the Highest, parting hence away,

Lightens the dark clouds, which he treads upon,

Nor doth he by ascending, show alone,

But first he, and he first enters the way.

 

O strong Ram which hast battered heaven for me,

Mild lamb, which with thy blood, hast marked the path;

Bright Torch, which shin'st, that I the way may see,

 

Oh, with thy own blood quench thy own just wrath.

And if the holy Spirit, my Muse did raise,

Deign at my hands this crown of prayer and praise.

VIII. - Himmelfahrt

 

Mein Gruß hat deine Ewigkeit gefunden.

Zur Freude aufgehn heute Sonn’ und Sohn.

Ihr seid nun rein; nun ist gebrannt der Ton.

Wer von euch litt, das Leid sei euch verschwunden.

 

Ihr seht das Höchste, zwar dem Hier enbunden,

doch leuchtet ’s uns den Weg durch ’s Tal der Fron.

Den Aufstieg, seht ihr ihn allein obschon,

hat er für uns, als erster nur, gefunden.

 

O Sturmbock, der den Himmel für mich auftat,

O Lamm, das blutend mich den Weg hinaufbat.

Du Fackel, leuchtest uns den Weg nach vorn,

 

Mit eignem Blut stillst du den eignen Zorn.

O heil’ger Geist, der meine Seele hob,

Gewähr der Hand Lohn für Gebet und Lob!

 

 

I.

 

Deign at my hands this crown of prayer and praise,

Weaved in my low devout melancholy,

Thou which of good, hast, yea art treasury,

All changing unchanged anciend of days;

 

But do not, with a vile crown of frail bays,

Reward my muse’s white sincerity,

But what thy thorny crown gained, that give me,

A crown of glory, which doth flower allways;

 

The ends crown our works, but thou crown’st our ends,

For, at our end begins our endless rest;

The first last end, now zealously possessed,

 

With a strong sober thirst, my soul allends.

´Tis time that heart and voice be lifted high,

Salvation to all that will is nigh.

 

 

IX. - Fürbitte

 

Gewähr der Hand Lohn für Gebet und Lob,

der du den Schatz hast, nein, der du es bist!

daß sich die Ewigkeit, die deine ist,

sich tief meiner Melancholie verwob.

 

Doch nicht wer mir den Lorbeer überschob

lohnt’ recht, der brüchig wird und bald zersplißt:

Dein Dornenkranz bleibt wahr und wird gewiß

die Ruhmeskrone, die erblüht darob.

 

Das Ende krönt mein Werk, doch du das Ende,

daß, wenn das End beginnt, man endlos lebt.

Um dienstbar zu erfülln, dies Ziel, das groß,

 

schür meinen Durst und lenke meine Hände

bis sich in schwerer Zeit dein Wort erhebt.

Sag die, die suchen ihrer Fesseln los.

II. - Annunciation

Salvation to all that will is nigh,

That All, which always is All everywhere,

Which cannot sin, and yet all sins must bear,

Which cannot die, yet cannot choose but die,

 

Loe, faithful Virgin, yields himself to lie

In prison, in thy womb; and though he there

Can take no sin, nor thou give, yet he'will wear

Taken from thence, flesh, which death's force may try.

 

Ere by the spheres time was created, thou

Wast in his mind, who is thy Son, and Brother,

Whom thou conceiv'st, conceiv'd; yea thou art now

 

Thy maker's maker, and thy Father's mother,

Thou hast light in dark; and shutst in little room,

Immensity cloistered in thy dear womb.

 

X. – Maria Verkündigung

 

Sag die, die suchen ihrer Fesseln los.

Sieh, der, der allzeit ist und überall,

Der, der nie sündigt, sühnt den Sündenfall

und der nie stirbt empfängt den Todesstoß.

 

Sieh, treue Jungfrau, du empfängst das All

und wohlbehütet liegt in deinem Schoß,

denkt sündfrei sich und alle Welt um bloß

ins Fleisch zu gehn – und bringt den Tod zu Fall.

 

Von Anbeginn der Zeit war’s so gewollt,

Bist Du, dem, der dein Sohn und Herr ist, Los,

Empfängst, der dich empfing, bist Alma Mater,

 

des Schöpfers Schöpfer, Mutter deinem Vater,

hast Licht im Dunkel und eng eingerollt

geborgen ruht das All in deinem Schoß.

 

 

III. – Nativity

 

Immensity cloistered in thy dear womb,

Now leaves his welbelov'd imprisonment,

There he hath made himself to his intent

Weak enough, now into our world to come;

 

But Oh, for thee, for him, hath th'Inne no roome?

Yet lay him in this stall, and from the Orient,

Stars, and wisemen will travel to prevent

Th'effect of Herod's jealous general doom;

 

Seest thou, my Soul, with thy faith's eyes, how he

Which fills all place, yet none holds him, doth lie?

Was not his pity towards thee wondrous high,

 

That would have need to be pitied by thee?

Kiss him, and with him into Egypt goe,

With his kind mother, who partakes thy woe.

 

 

XI. - Geburt

 

Geborgen ruht das All in deinem Schoß,

doch nun verläßt es die geliebte Haft,

wo’s sich gemäß der Absicht umgeschafft,

nun schwach genug für diese Welt und bloß.

 

Doch oh, für ihn ist diese Welt nicht groß

genug. Er liegt im Stall. – orakelhaft

ziehn Sterne, Weise, um des Urteils Kraft

Herodes’ auszutilgen seinem Los

 

Sieh, meine Seele: Er füllt Raum und Zeit;

Soll’n die getreuen Augen dich belügen?

Die Gnade wird tief alle Sphär’n durchdringen.

 

Nur seine Gnade kann zum Heil genügen.

Ein Kuß; - Du mußt ihn nach Ägypten bringen,

die mütterlich geteilt hat all das Leid.

 

 

IV. – Temple

 

With his kind mother, who partakes thy woe,

Joseph turn back; see where your child doth sit,

Blowing, yea blowing out those sparks of wit,

Which himself on the Doctors did bestow;

 

The Word but lately could not speake, and loe

It suddenly speaks wonders, whence comes it,

That all which was, and all which should be writ,

A shallow seeming child, should deeply know?

 

His Godhead was not soul to his manhood,

Nor had time mellow'd him to this ripenesse,

But as for one which hath a long task, 'tis good,

 

With the Sunne to begin his businesse,

He in His age's morning thus began

By miracles exceeding power of man.

 

 

XII. - Tempel

 

Die mütterlich geteilt hat all das Leid,

Mit ihr kehr, Joseph, heim. Nun sieh dein Kind,

Wie’s Wahrheit kündet, diskutiert und sinnt

Mit Priesters oder Arzt’s Gelehrsamkeit.

 

Kaum stand die Sprache deinem sohn bereit,

Schon spricht es Wunder, sagt, was fällt, beginnt...

Ein kleines unbefangen, schein’des Kind;

Wie kann es so tief wissen dieser Zeit?

 

Die Gottheit hatte ihn noch nicht beseelt,

Nicht wurd’ er durch die Zeit zermürbt, gereift.

Für seinen schweren Weg seid frohen Mutes:

 

Er fängt sein Werk an mit der Sonne, zählt

Und wiegt, bis er nach bessrem Morgen greift

Mit übermenschlich großer Kraft für Gutes.

 

 

V. – Crucifying

 

By miracles exceeding power of man,

He faith in some, envy in some begat,

For, what weake spirits admire, ambitious hate:

In both affections many to him ran,

 

But Oh! the worst are most, they will and can,

Alas, and do, unto the immaculate,

Whose creature Fate is, now prescribe a Fate,

Measuring selfe-life's infinity to a span,

 

Nay to an inch. Loe, where condemned he

Bears his own cross, with pain, yet by and by

When it bears him, he must bear more and die;

 

Now thou art lifted up, draw me to thee,

And at thy death giving such liberal dole,

Moist, with one drop of thy blood, my dry soule.

 

 

XIII. - Kreuzigung

 

Mit übermenschlich großer Kraft für Gutes

erzeugt er Neidgefühle bei den Massen.

Die ein’ bewundern ihn, die Eif’rer hassen;

Zu ihm zu kommen, - beider Regung tut es.

 

Doch oh, die Mehrheit will, im Rausch des Blutes,

den unbefleckten nicht unschuldig lassen.

Der, der das Schicksal ist, den soll’s erfassen

nach kurzer Frist durch ungebremste Wut des

 

verhetzten Pöbels. So verdammt im Hier

trägt er sein Kreuz, und trägt es bis zum Ende,

bis ihn es trägt, und hoch in Einheit ruht es.

 

Nun, da man dich erhob, ziehts mich zu dir

Und dein Tod gibt uns solche Freiheits-Spende;

Die trockne Seele netzt dein Tropfen Blutes.

 

 

VI. - Resurrection

 

Moist, with one drop of thy blood, my dry soule

Shall (though she now be in extreme degree

Too stony hard, and yet too fleshly) be

Freed by that drop, from being starved, hard, or foul,

 

And life, by this death abled, shall control

Death, whom thy death slew; nor shall to me

Fear of first or last death, bring misery,

If in thy little book my name thou enroll,

 

Flesh in that long sleep is not putrified,

But made that there, of which, and for which 'twas;

Nor can by other means be glorified.

 

May then sins sleep, and deaths soon from me pass,

That waked from both, I again risen may

Salute the last, and everlasting day.

 

 

XIV. - Auferstehung

 

Die trockne Seele netzt dein Tropfen Blutes.

Solls mich (Sie fühlte sich bald höchsten Grades

weich und fleischlich, bald wie steinig Hartes)

Befrei’n von diesem Fleisch und diesen Sudes.

 

Du lebst noch, und du prüfst die Macht des Todes,

Du tötestest den Tod, statt Elend ward es

mir Hoffnung auf ein Sein jenseits des Hades.

Ich bin, rufst du mich heim, doch guten Mutes.

 

Das Fleisch, nach langem Schlaf, ist nicht verwest

und noch dies Wunder tut’s an diesem Tag,

Doch niemand schildert deine Herrlichkeit!

 

Du, Sünde, schlaf. Du, Tod, für immer gehst!

Daß ich geweckt von beiden rufen mag:

Begrüßt den jüngsten Tag: Die Ewigkeit!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deign at my hands this crown of prayer and praise.

 

Salvation to all that will is nigh,

Immensity cloistered in thy dear womb,

With his kind mother, who partakes thy woe,

 

By miracles exceeding power of man.

Moist, with one drop of thy blood, my dry soule

Salute the last, and everlasting day.

 

 

XV.

 

Nenn einen, der sich nicht im Tun verhob!

Vor Dir ist unser aller Hand gebunden;

Durch unsre Finger rinnen unsre Stunden,

in die sich unser Lebenswerk verwob,

 

bis die Vergänglichkeit obsiegt darob:

Die Körperhülle liegt zuletzt zerschunden. –

Mein Gruß hat deine Ewigkeit gefunden;

Gewähr der Hand Lohn für Gebet und Lob:

 

Sag die, die suchen ihrer Fesseln los!

Geborgen ruht das All in deinem Schoß,

der mütterlich geteilt hat all das Leid

 

mit übermenschlich großer Kraft für Gutes.

Die trockne Seele netzt dein Tropfen Blutes,

begrüßt den jüngsten Tag: Die Ewigkeit!