1769 – 1860
Geliebtes
Eiland, mütterliche Erde,
Wo ich
von siebzehn schönen Jugendlenzen
Die
Bäume und die Hügel sah bekränzen,
O
Rügen, Land voll lieblicher Gebärde!
Sprich,
ob ich je die Taten sehen werde,
Wovon
die Bilder also lieblich glänzen,
Daß
ich in andern Völkern, andern Grenzen
Stets
suchen muß nach Arbeit und Beschwerde?
All
deine süße Schöne mußt ich lassen,
All
deine holde Stille mußt ich fliehen,
Ich mußt
ein größres Vaterland mir suchen.
O
diesen Stolz, werd ich ihn je erfassen?
Wirst
du, Germanien, noch in Freiheit blühen,
Wo
Sklaven stöhnen und Tyrannen fluchen?
1769 – 1860
Goldschwingen trugst du – o wie
goldne Schwingen –
Mein Vöglein, das so frühe mir
entflogen;
Drum hat von hier der Glanz
dich weggezogen,
Drum muß ich fernhin lauschen
ihrem Klingen.
Ach, fernhin, wo in sel’gen
Lichtes Wogen
Die Engel badend: Heilig!
Heilig! singen,
Ach, fernhin. Mag so hoch ein
Schuß gelingen,
Den Schmerz und Sehnsucht tun
vom Herzensbogen?
Meist kommt der Pfeil zurück,
der nichts getroffen,
Das Herz und Augen Tränen mir
verdunkeln,
Daß mir die Ohren wie voll
Glocken klingen.
O Himmel, wann stehn deine
Pforten offen,
Daß meine Geister mir
entgegenfunkeln?
Daß meine goldnen Vögel um
mich singen?
1769 - 1860
Das
Herz will immer in die Weite dringen,
Das
Sternenkind, die Seele, strebt zur Höhe,
Der
Geist, der Flieger, stürzt sich in das Jähe,
Zur
dunklen Tiefe schnellt er rasche Schwingen.
So war
in meinem Busen wildes Ringen
Der
Mächte, die ich nie mit Augen sehe,
Ein
Fremdling war ich mir in nächster Nähe,
Mich
selbst zu kennen wollte nie gelingen.
Da
kommt ein himmlisch Kind mit Himmelsscheine,
Und
Weite, Höhe, Tiefe, Nähe, Ferne
Sind
all in mir in Maß und Klang verbunden,
Und
Herz und Geist und Seele im Vereine
Schau’n
jetzt aus mir nach Einem hellen Sterne:
Er
heißt Furina und er führt die Stunden.
1769 - 1860
Ich lese bunte Blumen in den
Hainen,
Daß ich sie fernhin meiner
Liebe sende.
Gar lustig gehn die Augen und
die Hände,
Doch die Gedanken drinnen
wollen weinen.
Sie sprechen: Sieh an diesen
süßen Kleinen
Den Anfang aller Dinge und das
Ende,
Schnell kommt des schönsten
Glückes Sonnenwende
Und traurig spielst du dann
mit leeren Scheinen.
Sie sprechen: Blüthen wir
nicht bunt wie diese
In deiner Brust voll junger
Frühlingsliebe?
Sind wir dir lieb nicht, o wie
lieb! gewesen?
Kein Engel treibt dich aus dem
Paradiese,
Die Stunden nicht sind deiner
Freuden Diebe,
Du bist es selbst, du
unruhvolles Wesen.
1769 - 1860
Den
tiefen Ernst des Lebens zu verkünden
Winkt,
weis’t und spielt die Allmacht uns Geschichten!
Die
Vorwelt einzig darf die Nachwelt richten,
Die
Gegenwart tappt taumelnd fort mit Blinden
Wie
mag den Weg zum Sternenlande finden,
Wer
nicht, wann Wolken sich für Donner dichten,
Auf
Blitzen wagt dahin den Flug zu richten,
Wo Tod
und Leben in einander schwinden.
Drum
strebe, Muth, zum alten Götterhügel,
Dem
strahlenden der Sonnen, welche gingen,
Dem
dämmernden der Sonnen, welche kommen.
Dort
steht mein Bild im ungetrübten Spiegel,
Dort
tragen mich der Muse Aetherschwingen
Empor
in’s Land der Tapfern und der Frommen.
1769 - 1860
Woher,
du süßes Bild aus Licht gewoben,
Um das
dir Schönheit fließet, wie die Sterne
Umfließen
jene Burg der blauen Ferne,
Wo
Gott die Myriaden Geister loben?
Hast
du hierher, mein Engel, dich erhoben,
Daß
ich den Himmel schon auf Erden lerne,
Demüthig
lieb’ und hoff’ und dulde gerne,
Das
heiße Herz sehnsüchtig stets nach oben?
Du
winktest mild, wie Himmelsliebe winket,
Und
weisest auf die ewig hellen Kerzen
Dort
oben, auf die bunten Blumen unten;
Und wie
du, Süße, lächelst, sinkst und sinket,
Wie
Sterne zu dem Meer, ein Licht zum Herzen,
Und in
Entzückung ist das Leid verschwunden.
1769 - 1860
Luna,
du bist einst hinabgestiegen
Aus
dem ewigheitern Göttersaal,
In des
Tmolus süßverborgnem Thal
Irdisch
bei Endymion zu liegen?
Leuchtet
das unsterbliche Vergnügen,
Das
dem Himmel seine Flammen stahl,
Durch
der langen Wehmuth stillen Strahl
Nicht
zuweilen noch in hellern Zügen?
Luna,
deine Lieb’ ist hingegangen,
Und
dein holdes Antlitz geht erblaßet
Durch
die feuchten Nächte um.
Rede,
Göttin mit den bleichen Wangen:
Blüht
nicht unten, was dich einst umfasset?
Blühet
im Elysium?
Wohl
viele sind durch Liebe hoch gepriesen,
Der
Thracier, der mit dem Saitenklang
Den
kalten Orkus selbst zu Thränen zwang,
Und
der, dem Hero durch das Meer gewiesen.
Noch
klinget auf der Sorga Rosenwiesen
Dem
Enkel oft der Laurische Gesang,
Noch
weinet manches Auge süßen Dank
Des
Mitleids Abelard und Heloisen.
Und sie,
die frommste aller frommen Frauen,
Die
durch die Liebe alles überwand,
Geht
ohne Lieder in des Orkus Grauen?
O
schlüge doch die Leyer meine Hand
Wie
der, so vor dem Schattenkönig stand!
Dann
sollten Engel sich in ihr beschauen.