Louis von Arentsschild           Einsam

 

Die Wolke wandelt traurig und alleine,

Und einsam ist der Sturmwind in der Wüste,

Der Palmenbaum im Wellenschlag der Küste,

Das Heil’genbild im stillen Altarschreine,

 

Des Herbstes letztes Blatt im Eichenhaine,

Die Mondesstrahlen auf des Todten Büste,

Der schwarze Sarg auf dunklem Prunkgerüste,

Der tiefe Schlummer unterm Leichensteine,

 

Der Sterbende auf seinem blut’gen Schilde,

Die Muschel auf des Meeres ödem Grunde,

Und einsam ist der Aar im Schneegefilde,

 

Der krank’ in stiller Kammer und der Schmerz,

Und einsam ist die mitternächt’ge Stunde:

Doch ist das Einsamste ein Menschenherz.

 

 

 

 

 

Louis von Arentsschild           Erinnerung

 

Und all’ die jugendlichen Glanzgestalten

Mit schönen Augen, weichgelockten Haaren,

Mit Stirnen, die des Frohsinns Spielplatz waren,

Mit Lippen, die so süß den Kuß vergalten,

 

Und Stimmen, die mit Zauberallgewalten

Verlockt mich in unzählige Gefahren:

Wohin sind jene anmuthreichen Schaaren?

Vorüber, wie des Stromes Wogen wallten!

 

Vorüber auch mit jenen Jugendlichen

Ist meiner Jugend Rosenkranz erblicken,

Der Frühling schwand mit seinem Blüthenkranz;

 

Doch strahlt ein warmer Sommer mir im Innern,

Denn meines Herzens seliges Erinnern

Umgiebt die Schönen mit verklärtem Glanz.

 

 

 

Louis von Arentsschild           Abschied        

 

Ich werde nie die Stunde mehr vergessen,

Als du die Hand zum Abschied mir gegeben,

Da schwand der Lenz hinweg aus meinem Leben,

In Trümmer sank, was ich so froh besessen.

 

Ein Weh fühlt ich mein Herz zusammenpressen,

Mein ganzes Sein im tiefsten Grund erbeben,

Mein letzter Wunsch, des Herzens einzig Streben:

Ein tiefer Schlaf im Schatten der Cypressen.

 

Des Lebens buntverwirrtes Gaukelspiel

Erscheint mir wie des Mimmenschanzes Hohn,

Der kalt vorüberzieht an meinen Wegen;

 

Und todesmüde sehn ich mich ans Ziel

Und horche bang, um bei dem letzten Ton

Der Spielenden mich matt zur Ruh zu legen.