© bei der Autorin
1
Und wie es mir denn geht? Ich
kann nicht klagen.
Zwar ist es schwer, in Worte
nichts zu fassen
(für mich, die ich die leeren
Worte hassen
und meiden soll), doch meine
Freunde schlagen
sich auf die Seite derer, die
nichts wagen
und viel verraten. Stumm bin
ich. verlassen
wird ich mich doch auf die
nicht. Aufzupassen
ist besser und kein Wort von
dir zu sagen.
Denn dass ich dich hab, doch nicht
ich dich habe
Zu klagen denen, wär Verrat.
Ich schwatze
Jetzt so wie sie. Jedoch nicht
lange mehr.
Zahlt sich der Wortschatz aus,
nach dem ich grabe,
zahl ich’s auch ihnen heim mit
jedem Satze.
Und dann wird’ ich auch klagen.
Laut und sehr.
2
Ich bin nicht lieb und schön.
Ich bin. Und schreibe
Auch das dir zu, dass ich nicht
mehr vergehe
Vor Scham darüber, wie ich
selbst mich sehe
Und dass ich nun vergnügt mein
Wesen treibe.
Zu gleichen keinem Bild von
einem Weibe
Ist nämlich kein vergnügen
sonst. Ich stehe
Die Angst nur nicht mehr aus in
deiner Nähe
Vor dem, was ich erfuhr am
eignen Leibe:
Dass harte Strafen stehen auf
die Treue,
die man sich selber hält. Die
Strafen alle,
für die ich dem Gerücht nichts
schuldig blieb.
Denn dir ist Recht, dass ich
sie nicht mehr scheue.
Du findest schön, dass ich so
oft missfalle,
und dir ist, was ich für ein
Weib bin, lieb.
3
Ach, Lust, Mensch, hatt ich
schon. Was ich entbehrte,
war doch nicht die. Bei Leibe
nicht. Ich brannte
auf Liebe aber. Und mich
übermannte
fast nichts von allem, was das
Herz begehrte.
Und Liebe? Die, nach der ich
mich verzehrte?
Wenn mich schon mal wer seine
Liebe nannte,
dann war es einer, der nicht
mich erkannte,
sich dafür aber mir sehr schön
erklärte.
Ich liebte nicht bisher. Nicht
wie wir sollen.
Und wär doch gern wem ganz
bekannt gewesen.
Ich lieb erst jetzt. denn jetzt
erst kann ich’s sein.
Du hast dir nichts vom Leibe
halten wollen.
Du hast das Herz, du ja, in mir
zu lesen.
Und dein, Mensch, bin ich. Dein
und ich und dein.
Zuerst veröffentlicht in „Auswahl
80“
Berlin, Verlag Neues Leben“ 1980
Das vierte Sonett von I. für J.
Komm, du, soll ich im Ernst
Entwürfe machen,
den Geist, des Kind ich bin, im
Ernst vertreten,
im Ernst das Wort dem Übermorgen
reden,
dem Leben nämlich, dem
milliardenfachen,
und allen Ernst, geht es ums
Leben, machen
doch Fleisch und Blut (Was
zeugt denn gegens Töten
wenn nicht bei Sinnen sein, bei
schön beredten!) –
ja sprechen so, du, Taten und
Tatsachen,
dann, dass ich höre, rieche,
schmecke, sehe
und dass ich fühl, wie sich in
uns so vieles
entgeistert allem Enden
widersetzt,
fang oft so an, dass ich durch
deine Nähe
schon bald den bittren Ernst
des süßen Spieles
vergesse, fast besinnungslos,
im „Jetzt!“
zuerst veröffentlich in
„Temperamente. Blätter für junge
Literatur“, Heft 4 / 1982
© bei der Autorin Antwort
auf Bert Brecht
Vom Vögeln schreibt uns Brecht hier
und er denkt
Ja wahrlich schlecht nicht von
der Kunst der Männer
(Die wir zu schätzen wissen).
Aber wenn er
Uns keinen Luxus zuspricht –
stimmt’s? Das kränkt.
„Der Männer Luxus aber ist, zu
lachen.“
Als würden uns, wenn wir die
Beine spreizen,
Nicht auch gelegentlich die
Wörter reizen.
Als würden wir uns deshalb
Sorgen machen!
Und überhaupt: Nicht Wörter
sind gemein.
Was immer auch uns nass macht –
es ist gut.
Gemein ist’s, wird kein Geist
uns zugeschrieben.
Doch könn’n wir denken, könn’n
wir auch verzeihn.
Zumal dem Brecht. Macht der
doch sonst uns Mut.
Und schließlich ist der Menschen Luxus: lieben.
veröffentlicht in:
Kebir, Sabine: Ein akzeptabler Mann
Streit um Brechts Partnerbeziehungen.
Berlin: Buchverlag Der Morgen, 1986