Gottfried Arnold                    Unersättliche Liebe

1666 – 1714

Wer kann, o Lieb’, wohl deinen Ungrund gründen,

Welch Dürsten und welch Trinken schöpft dich aus?

Du tiefstes Meer, davon kein Ziel zu finden,

Du Brunn’ der Kraft in meinem innern Haus,

 

Du Kelch des Heils, bei dem ich stets mich übe,

Den anderen auch die Lieb’ zu preisen an;

Du reine Tauf’, du Abendmahl der Liebe,

Dazu ich heut und immer gehen kann.

 

O laß die Lust stets neu erwecket stehn

Und diesen Quell mir nie vom Munde kommen!

Du mußt in mich stets unverrückt eingehn,

 

Ich habe dich noch lang nicht ganz genommen.

Ich sag es frei: Ich werd nicht eher satt,

Bis sich das Meer in sich verschlungen hat.