1876 – 1934
In hellen Sälen ist ein
Tagesglanz erglommen.
Das Morgenrot beschauert mich
in Prachtgardinen.
Der Tau ist in Geschmeiden
mancher Frau erschienen:
Ich sehe mir die Dämmerung entgegenkommen.
Wie ward das dunkle Blau aus
unsrer Nacht genommen?
Wer bringt den Morgen dar in
klaren Apfelsinen?
Wie uns die stillen
Traumgestalten hold bedienen!
Wie bin ich vor des Tages
Nahgesicht beklommen!
Die Damen können uns den Tag
entgegentragen.
Aus jedem Fächerfächeln weht
ein Scherzversprechen:
Im Wandelgange atmet morgendes
Behagen.
Das lila Licht befiehlt den
Farben aufzubrechen.
Nun sind sie da und führen
manches Paar zum Tanze:
Auch die Musik verzaubert sich
im bunten Glanze.
*
Das stillste Mondlicht spenden
zauberhafte Hände,
Denn feine Damen fächeln sich
in weiten Reihen,
Um holde Kühle ihren Büsten zu
verleihen.
Und sie entflammen lächelnd
kalte Farbenbrände.
Das Licht zerperlt um Luster
und betaut die Wände.
Die blassen Brüste können sich
mit Glanz beschneien,
Der Mond in Frauenhand
verleiblicht Marmorweihen,
Es ist, als ob ein Fächelspiel
die Form empfände.
Wird alle Huld und jeder Hauch
zu Schmelz verglasen?
Es fängt die Shönheit sichtbar
an im Saal zu kreisen,
Schon kann die Angst vor ihrem
Nahen sacht verblassen.
Wie wunderbar die schlichten
Einfälle vereisen!
Wir sind zu eigner Anmut ohne
Furcht gekommen:
Das ist ein guter Mond: Wer
atmete beklommen?
*
Der Marmor strahlt, erstrahlt,
er kommt zu den Matronen.
Das Bogenlicht will seine
Mondheit offenbaren:
Ein stilles Silbern siegt,
verspinnt sich in den Haaren
Und blaut wie Milch so milde
über schweren Kronen.
Wie wehmutsvoll die Frauen
unter Farben thronen:
Am Atmen kann man Art und Adel
sanft gewahren.
Wie sich die Regungen um ihren
Anstand scharen
Und hold die marmorne
Vollendetheit betonen!
Wir können lila Schnee aus
warmer Hand zerstäuben.
Er schleiert auf und fiebert
über unsern Fingern,
Der Schläfen blasses
Nervenperlen zu betäuben.
Wie leise sich der Flechten
Blauheiten verringern
Und wie sich Farben wieder
blau und bleich beschneiden:
Es kann der Marmor kalt vom
Farbenwahn befreien.
*
Der Marmor ward in lila Licht
zum Alabaster.
Die Standbilder versuchen
traumhaft zu verschäumen,
Und alte Luster gleichen
taubestäubten Bäumen:
Wie eine Glitzerspinne
leuchtet eine Aster.
Sie scheut, und so verscheucht
sie heimlich die Betaster.
Und tierhaft staunen Blumen in
den blauen Räumen,
In denen Perlen fiebern und
zum Monde träumen.
Und aus satanischen Smaragden
flackern Laster.
Das ist ein Garten, wo die
Pflanzen blaß verglasen,
die Regenbogen und der bunte
Tau beharren:
Im Marmorsaale wird der Samt
zum roten Rasen.
Wie farbenfern die Antlitze
nach Rang erstarren!
Der lila Marmorstrahl umblaut
sie auch beim Tanze:
Ein Fürstenstern umadelt und
mit bleichem Glanze.
*
Die Morgengüte bleibt in
Blumen und in Kindern,
Bei hohem Wunderblau zu Mittag
voll erhalten.
Sie können frohe Worte in den
Werkgang schalten,
Die Mädchenlieder ernste
Zweifelfurcht vermindern.
Ihr sollt die Blumen nicht an
sanftem Tuen hindern:
Es kann ihr Adel auch am Abend
nicht erkalten:
Die Knaben dürfen alte
Zuversicht verwalten
Und Duftigkeiten unsere
Bestimmtheit lindern.
Der Sang ist in die Welt am
Morgen eingezogen.
Beim Dämmern hat er sich den
Wolken angeschmeichelt,
Nun bleibt er auch den
Mittagsmeeren hold gewogen.
Er hört nicht auf, bevor die
Luft um Ulmen streichelt,
dann kann er abermals zu
klarer Pracht gelangen:
Mit Knabenstimmen wird der
Abend angefangen.
*
Die Bräute tragen ihrer Träume
Schleier
Am Mittag vor den ragenden
Altar.
Als Opfer bringen sie die
Blässe dar,
Denn Morgenwolken lüften sich
zur holden Feier.
Doch was geschieht? Da steht
die Nacht: der Freier!
der Herr am Mittag bindet den
Talar.
So wird, was eins, auch
urgesondert war:
Die Hochzeit überragt das
Schicksal dreier.
Du Braut, des Bräutigams Hut
entnommen,
Dich wird die Liebe wieder
überkommen:
Ihr sollt das Wesen mit dem
Leibe zieren.
Ihr müßt nur kurz das Ich zum
Schein erborgen:
Der Tag ist bloß ein
Aufenthalt aus Sorgen,
Den Frieden durch die Sonne zu
verlieren.
*
Die Kühle schreitet zaghaft
über große Plätze.
Zypressenwände wachen vor dem
frühen Winde.
Ein Obelisk erstrahlt, als ob
er Glück empfinde:
Er fühlt den Abend und begrüßt
die Glutgesetze.
Jetzt macht der goldne Tag die
kurzen Kupfersätze,
Du fürchtest dich, daß er nun
allzu schnell verschwinde.
Wie still ersprüht des
Obelisken Schimmerrinde:
Er blutet wandellos in dieser
roten Hetze.
Der Platz vermag gar rasch den
Abend zu umarmen.
Nun soll er auch an seiner
alten Pracht erwarmen,
Damit die Brunnen ihr geheimes
Fühlen flüstern.
Die Straße überkommt das
Lilawerden lüstern
Und fängt es an mit grellen
Lichtern anzusprechen,
Wenn sich die Platzschwärmer
noch lang mit Glut bezechen.
*
Der Purpurabend schreitet über
Kupferstufen
Die Hügel weiter zum erhabnen
Meererstaunen,
Und Glocken mahnen an die
alten Schlachtposaunen.
Ihr Läuten scheint auf große
Treppen zu berufen.
Bestaunen wir ein Wunder, das uns
Menschen schufen!
Auf einmal tragen Stufen, aus
barocken Launen,
Durch Wind und Bäume, die von
Nachterwachen raunen,
Zum schwarzen Wahn auf rotem
Hengst mit Kupferhufen.
Ein hoher Obelisk ist über dir
erstanden.
Er hat sich Palmen aus Ägypten
mitgenommen.
Die Heiligen sind westwärts
über See gekommen.
Hier kann die volle
Sternenbarke landen,
Die Obeliskenwarte macht ihr
rotes Zeichen:
Nun wird dich gleich ein
Sternenaugenblick erreichen.
*
Ach könnte mich nur eine Nacht
an dich erinnern,
Vermöchtest du der einzgen
Nacht dich zu besinnen,
So wäre unser Wesen ein
verzücktes Minnen:
Doch du bist du, und ich bin
still in meinem Innern.
Wir blicken zu den Sternen,
den Geschickverspinnern.
Gestirne sucht mich auf,
erblickt mich weiter innen!
Die Seele blieb allein, so
kann ich mir entrinnten:
Ich soll zu euch, zu euch, den
ewigen Gewinnern!
Mein Platz auf Erden kann
verwandten Wandlern frommen.
Sie werden Rauschen wie von
großem Regen finden!
Ihr Künftigen sollt gut zu
meinen Brunnen kommen!
Das Rauschen aber wird in
keiner Nacht verschwinden.
Ich forschte lange nach dem
Segen meiner Sorgen.
Mich hat die Nacht: das
rauscht und rauscht nun fort am Morgen.
*
Mein Geist hat sich an einen
Obelisk gebunden.
Wenn alle Schleier herrlich
über mir vergehen,
So bleibt der Obelisk im
Sternen strahl bestehen.
Die dunklen Brunnen rauschen
meine guten Kunden.
Ich habe einen Platz in meinem
Ei gefunden:
Die Dinge, die sich ewig um
den Dichter drehen,
Sind still im Kreise
dargebracht, um sie zu sehen.
Du staunst, wie weise dich die
Einsichten umrunden.
Ich habe meine Stadt im Geiste
mitbekommen,
Was ich besaß, im Wandel
willig angenommen:
Wie leicht hat das Geschick
meine Geburt gefunden!
Gar wunderbar muß die erwählte
Zukunft munden.
Mir ist der eigne Umfang
mittags aufgegangen.
Ich kam zur Welt, um Grenzen
fühlbar zu erlangen.