Manfred Drewitz

 

   Die Frauen schau ich an wie schöne Tiere.

Fern leben sie, und lassen sich den Blick,

Der sie berührt, gefallen. Ohne Trick

Scheint Näherung unmöglich. Schiere

 

   Lust lässt manchmal Nähe wachsen.

Dann fühlen Leiber temporäres Glück.

Die Seelen aber bleiben weit zurück,

Sie lügen nicht und ihre Achsen

 

   Zerwühlen andre, schwerbegriffne Lager,

Und brauchen Nahrung. Ihre Haut

Blüht auf durch unbedingtes Ja. Zu mager

 

   All das ängstliche Vielleicht. Ich quäle

Fremde Wesen, so daß keins sich traut

Und kommt und leckt das Salz von meiner Seele.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Manfred Drewitz

 

    Die Hoffnung spinnt im ewig jungen Spiel

Des Anfangs das Vergessen ins Gebaren.

Gedankenresistent seit tausenden von Jahren

Umgarnt sie ihre Klientel. Kein Ziel,

 

   Kein Argument wirft Widerstände in

Die unbestimmten Bahnen ihres Wachsens.

Sie übetönt das Jammern allzu laxens

>Lass-Mich-Doch< mit ihrem eignen Sinn.

 

   Sie zaubert Asse aus dem Ärmel, treibt

Müde Lust in Lebensabschnittsbetten

Das neue Lieben in den alten Frust. Es bleibt,

 

   Wenn Paarungstaumel regressiv vergurrt,

nach jedem Übergang vom Sein ins Hätten,

Der Traum vom Morgen, ist er auch absurd.

                                   

 

 

 

 

 

 

 

 

Manfred Drewitz

 

   Ein liebevoller Blick kennt kein Erbarmen.

Zwar ist er stumm, doch nimmt er alles wahr,

Die kleinsten Falten, schlafzerwühltes Haar,

Und wird nicht satt, will alles stets umarmen.

 

   In seinem Kreis geschieht kein Wertvergleichen,

Kein Vorhang der Pupille selektiert.

Was er im Seinsgewühle registriert,

Wir eingeordnet ohne Norm. Sein Zeichen

 

   Ist das bittre Sprechen von der Wahrheit,

Die ihm im Schweigen keine Grenze setzt.

Er stottert lieber, statt lucider Klarheit

 

   Will er Gefühltes in das Handeln weben.

Sein traumerprobtes Offensein benetzt

Das Glück und fängt im Herzen an zu leben.

                                 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Manfred Drewitz

 

   Liebst du mich? Dann lass mich, wo ich bin!

Nimm mich nicht mit auf deine Seelenreise.

Dein Dortsein will ich hüten. Und beweise

Dir nichts, mich hasse nicht dafür. Ich sinn

 

  So lange schon, bin für die Welt verloren.

Sind in der Welt nicht Haus und Brot und Pein?

Das eine brauch ich, alles andre hindert.  Schein

Ich Dir klein? Ich bin sehr klein geboren.

 

  Bin kaum gewachsen an den langen Wegen.

Auf einem Auge blind, such ich die Pforte,

Die hinter alle Sätze führt. Es hegen

 

  Die Stummen den Verdacht, im Sprechen sei viel Lüge,

Die Wahrheit läge jenseits aller Worte.

Ich hüte meinen Mund, dass ich dich nicht betrüge.

 

 

 

 

 

Manfred Drewitz                      Auf ein Bild

© beim Autor

du schaust mich an und weiter in die ferne,
siehst künftiges, das uns behutsam presst.
wie auftakt singt dein blick von einem fest,
dass ungetanzt verklingt, obwohl wir gerne,

im weiterleben, peu à peu, der sterne
verliebtes licht genossen hätten. lässt
dein auge los, was mich, den kargen rest,
ins morgen treibt, dass ich dich lieben lerne?

du blickst von fern auf mich und ich begreife,
als totes bild wirst du sehr schnell verblassen.
dein schöner leib nährt einen traum, ich streife

mir zukunft übers haupt. wir kugelwesen,
sind wundgeliebt, kein sehnsuchtswurf will passen.
kann ich durch einen, deinen blick genesen?

 

 

 

 

 

Manfred Drewitz                             verblendet

© beim Autor

von all dem, was du tust, will ich nichts wissen,
denn all dein tun entfernt dich nur von mir
und träufelt neid und angst und stumme gier
ins aufgespannte herz. den hindernissen,

bequem ins ungenormte glück verbissen,
rotz ich ein nein entgegen, streu dem wir,
trotz börsenlärm herbeigeträumt ins hier
und jetzt, verliebte spreu aufs blütenkissen.

du weißt es besser, spürst den kurzen atem
vernehmlich hochgespülter leidenschaft,
belächelst amüsiert, was akkuratem

sonettzwang futter liefert. sag doch, warben
um dich nicht bessere, um voller saft
am langen seil der illusion zu darben?