Annette von                           Stammbuchblatt I

Droste-Hülshoff

1797 -  1848                                        Mit Lauras Bilde

                                                               Im Namen eines Freundes

 

Um einen Myrtenzweig sich zu ersingen

Schickt seinen Schwan Petrarka Lauren nach,

Mit Lorbeerreisern füllt er das Gemach,

Doch kann er in den Myrtenhain nicht dringen.

 

Da zieht er durch die Welt mit hellem Klingen,

Schlägt mit den Flügeln an das teure Haus,

Man reicht ihm den Zypressenkranz hinaus,

Allein die Myrte kann er nicht erringen.

 

Mein Freund, wohl ist der Lorbeer uns versagt,

Doch laß uns um den schnöden Preis nicht klagen,

Von Dornen und Zypressen rings umragt.

 

Will es in einer Laura Blick mir tagen,

Dann hab’ ich gern dem schweren Kranz entsagt,

Die kleine Myrte läßt sich leichter tragen.

 

 

 

 

 

 

Annette von                           Walter

Droste-Hülshoff                     Widmung. An meine liebe Mutter

1797 -  1848

Als ich des Liedes Blütenkranz geschlungen,

Da wollt’ ich manche schöne Blume pflücken,

Die freundlich dir und heiter sollte nicken,

Vom bunten Garten der Erinnerungen.

 

Nur einen Namen hab’ ich dir gesungen,

Vielleicht aus dunkler Vorzeit hell dich grüßend,

Doch in dem Strom, durch ferne Reiche fließend

Hat manche fremde Welle sich gedrungen.

 

Nur eine Quelle hat mich nicht betrogen,

Und ungemischt teilt sie des Liedes Wellen,

Stark wie der Rhein des Bodensees Wogen.

 

Die Augen sind des Börnleins klare Quellen,

Das Börnlein Liebe heißt, ein stilles, lindes,

Und fließt im Herzen deines treuen Kindes.

 

 

 

 

 

 

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