Daniel von Czepko                Klingel

1605 – 1660

I. An Lesenden. Mehr dencken, als lesen

 

Hundert Bücher, hundert Leben,

Trag ich, lieber Lesern, dir

In den hundert Reimen für,

Wilt du darauf Achtung geben.

 

Bücher nach dem Ende streben,

Ist der Anfang suchen hier.

Leben: eitel Wonn und Zier

Wird um dein Verständnüs schweben.

 

Aber diese Bücher seyn

Ruh und Frieden im Gewissen:

Dieses Leben, Glantz und Schein

 

Und darinnen Gott genüssen:

Ich wil diese Thür, geht ein,

Dir sechs hundertmal aufschliessen.

 

                               Nichts überhin.

 

 

II. An Forschenden. Alles Eines in Einem

 

Du must, wilt du den Grund beschaun,

Daraus die Weisen Lehren fliessen,

Des Lebens Wasser in dich schliessen,

Und unserm Mittler gantz vertraun.

 

Es wird, wirst du mit mir drauf baun,

Sich in dir dein Verstand ergiessen,

Ja Lebens Ströme werden schiessen,

Und weisre Lehren auf uns thaun.

 

In Ihm ist Gott, Natur und Wir

Und alle Wundersprüch ein Wesen:

Kanst du, er wird ein Geist mit dir,

 

Die Reim aus diesem Grunde lesen.

Doch bist du bloß, wann voll Begier

du darnach lebst, mein Mensch genesen.

 

                                               Ohne Leben Tod.

 

 

III. An Durchdringenden. Das Schönste ist droben

 

Schwinge die Flügel der Seelen empor!

Oben die schönste Gestalt zu beginnen,

Schaue, der Glauben, Vernunft und die Sinnen

Treten wie selber der Engel ihr Chor.

 

Glauben: weil er bey Gott eintig kommt vor,

Die Vernunfft: weil sie gereinigt von innen:

Sinnen: dieweil sie sich können besinnen,

Öffne die Augen, sie öffnen das Thor.

 

Schaue, wie schön dich der Glantz wil bewonnen.

Drinnen die Obigste Selbständigkeit

Überall kommt entgegen geronnen,

 

Sie beschleußt dich schon, und du bist noch weit!

Aber halt an, du verbrennst in der Sonnen,

Du bist des Fluges: sie in dir:, befeyt.

 

                                               Innwendig am Schönsten.

 

 

IV. An Befreyten. Nicht nach den Worten, sondern dem Sinn

 

Welchen der Wahn

Führet in Kethen

Mag ungebethen

Meiden die Bahn.

 

Welcher nicht kan

Oben in Städten

Neben Gott treten

Ist ungethan.

 

Wer du auch bist,

Frey must du gehen,

Wann du hier list,

 

Dan bloß ein Christ

Kan es verstehen.

O tieffe Höhen.

 

                               Diene Gott.

 

 

V. An Innigen. Innig und Einig

 

Mensch, wilt du Innig seyn,

Must du Gott in dich schliessen,

Gott ist, das solt du wissen,

Gut, wahr, gerecht und rein.

 

Wann du Ihm triffst so ein

Im Leben und Gewissen,

Kanst Seiner du geniessen

Und wirst mit ihm gemein.

 

Sey Gut: hab allstets Ruh.

Wahr: beichte deine Sünden.

Gerecht: Sprich Christo zu.

 

Rein: laß dich nichts entzünden.

So bist recht Innig du.

Den Weg wirst du hier finden.

 

                                               Folge Christo.

 

 

VI. An Seligen. Heilige des Sabbath

 

Hier beschleust das Sechste Hundert, nunmehr fält der Sabbath ein:

Sencke Sinnen, Seel und Geist tieff in deines Gottes Willen,

So wird seine Herrlichkeit deines Hertzens Kirch erfüllen.

Die Dreyfaltigkeit wird selber allda gegenwärtig seyn.

 

Ja du wirst voll Glantz und Gnaden hier dein drey mal heilig schreyn,

Drüber Cherubin den Mund und auch Seraphin verhüllen,

Dieser Sabbath wird dich mehr als sechs hundert mal bestilen:

Höchster, gerne wil ich schliessen, schenck uns nur des Sabbaths Schein.

 

Zu den Hertzen, zu den Kirchen, lege sie verständig an,

Wirst du so viel Schlüssel hier, als viel Reim und Lehren gründen,

Aber Christum must du lieben, sonsten fehlest du der Bahn,

 

Er ist Schlüssel, Thür und Kirch: Er muß dein Gebet entzünden,

Tritt Pythagoras zur Seiten: hier ist der Verwandlungs Mann,

Heil und Leben können wir all in seinem Tode finden.

 

                                                              Denck an Sieben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Daniel von Czepko                Durch Irrtum zur Wahrheit

1605 – 1660                                        Über menschliche Bemühung

 

Ich habe mein Gemüt auf manche Kunst gewandt,

Auf manches Tun gelegt mein Arbeit und Verstand;

Das Licht der Welt hat mir die Bücher, wenn es kommen,

Gegeben in die Hand und wieder draus genommen.

 

Kein Fleiß hat mir gefehlt; zu Rom und zu Athen

Könnt als ihr Bürger ich selbst hin und wieder gehn.

Ich hab aus großer Huld des Himmels viel geschrieben,

Mich in der Heimlichkeit der Weisheit können üben,

 

Getreten zum Gestirn, erforscht, was Tag und Nacht

In Körpern über uns zu ihrem Wechsel bracht.

Die Tür stund mir zu Kriegs- und Friedensdiensten offen.

 

Fragt ihr: was ich zuletzt in diesem angetroffen?

Ich hab, o großes Heil! den Irrtum so erkannt;

Wißt aber, daß zunächst bei ihm die Wahrheit stand.

 

 

 

 

 

 

Daniel von Czepko                Aufwecker  an  die  Reime.

1605 – 1660

Ihr Reime fort:  Ihr Söhne reiner Sinnen,
Du seelge Krafft der anderen Geburt,
Seyd wolgemuth, steigt freudig an den Port,
Ihr Schüler ihr, so Lehrer selbst beginnen.

 

Wenn mancher Geist der Krafft wird werden innen,
Die aus euch strahlt und weist ihm euren Hort,
Denn wird er schreyn:  Auf!  Auf!  Itzt last uns fort,
Itzt wollen wir im Wesen sammt zurinnen.

 

Wer inner sich das ScheideWasser hat,
Dadurch die Seel auflöst die Ding im Wesen,
Wird euern Kern stracks brechen in der That,


Und Gott in Ihm, Natur in ihn sich lesen.
Was hör ich:  Ab:  Gebt den Phaleucus stat,
Wer ihn nicht hört:  Bleibt mit Euch ungenesen!

 

In kurtzen vollkommener.

 

 

 

Daniel von Czepko                Vive, moriendum est

1605 – 1660                                        An Zacharias Allert

               

Was ist des Menschen Thun und Lebenslauf? Ein Spiel.

Was ist vor Music dan darin? Ein Blick der Frewden.

Was vor ein Eingang wird gehalten? Stetes Leiden.

Wer teilt die Masken auf? Natur ohn Mas und Ziel.

 

Wo ziehn wir Kleider an? In unser Mutter Leib.

was ist dan vor ein Platz darin wir spieln? Die Erde.

Was gibts vor Schauer dar? Den Himmel ohn Gefehrde.

Was vor ein Inhalt ists? Ein schneller Zeitvertreib.

 

Was ruft uns auf den Rat zu ein? Die Zeitt.

Was vor ein Umbhangg deckt’s? Das ewige Versehen.

was ist das Spiel? Nur schrein, arbeiten, sterben, flehen.

 

Wer führt uns weiter weg? Der Todt, der uns bereit.

Wo warten wir das End des langen Spiels? Im Grabe.

Wer sagts? (O Mensch heut ist dein Morgenfeir) Das Habe.