Paul Fleming                              An einen Ring

1609 – 1640

So reise denn auch du, du freundlicher Smaragd,

Zu meiner Freundin hin und lasse dir behagen,

Daß eine solche Hand dich förderhin soll tragen,

Die auch, wie keusch du bist, dich doch noch keuscher macht.

 

Sei um sie, wenn sie schläft, sei um sie, wenn sie wacht.

Oft wird sie dich von mir und meiner Liebe fragen.

Halt andrer Steine Brauch, die nichts nicht wiedersagen;

Schweig, was du siehst und hörst und nimm dich selbst in acht.

 

Geschicht es etwan denn, daß sie dir in Gedanken

Ein feuchtes Küßlein reicht, so heb es auf für mich

Bis morgen gegen Nacht. Und wollten etwan sich

 

Die Lüfte, die es sehn, hierüber mit dir zanken

Und mir es bringen eh, als ich mich stellet ein,

So send es mir durch sie und laß es heimlich sein.

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              Als er sie schlafend funde

1609 – 1640

Hier liegt das schöne Kind, in ihrer süßen Ruh,
Sie bläst die schöne Luft, von welcher ich mich quäle
bis an die Seele selbst, durch ihre süße Kehle;
Hier liegt das schöne Kind, und hat die Augen zu.


Streu Rosen um sie her, du sanfter Zefir du,
mit Nelken untermengt, daß ihr Geruch vermähle,
mit ihrem Atem sich, dieweil ich leise stehle
so manchen Kuß von Ihr. Silenus sprich kein Muh!


St! Satyr, weg, Sylvan!
Geht weit von diesem Bache
daß meine Seele nicht von eurer Stimm' erwache.
Klatscht in die Hände nicht, ihr schlüpfrigen Napeen.


Schlaf, Schatz, ich hüte dein. Schlaf, bis du selbst erwachest,
So wirst du wachend tun, was du im Schlafe machest.
Mir auch träumt jetzt mit dir, als sollt ich vor dir stehn.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              Als er wieder mit ihr ausgesöhnet war

1609 – 1640

Der Nebel ist vorbei. Die Sonne scheinet wieder.
Mein Lieb, das zornig war, das lacht mich freundlich an.
So daß ich von sonst nichts als Freude sagen kann.
Ich fühle noch den Tod durch alle meine Glieder.


Die Wangen wurden blaß, die Augen sunken nieder.
Das Herze ward mir Blei. Nun denk' ich zwar daran,
doch bin ich zwiefach froh, daß dieses ist getan:
von altem Trauern matt, von neuen Freuden müder.


Der Zucker meiner Not, das Labsal meiner Pein,
und was dem Kranken sonst pflegt recht gesund zu sein,
das alles ist mir, Schatz, dein güldnes Angesichte.


O Sonne meiner Lust, schein' ewig so wie jetzt.
Du bist die süße Glut, die meinen Geist erhitzt.
Von dir, Glanz, nähm' ich Schein; Von dir, Licht, werd' ich lichte.

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              Als das holsteinische Schiff “Friedrich”

1609 – 1640                                                 wieder an die Persische Flotte gelangete, von der es

                                                         wegen widrigen Windes in die dritte Woche abgewesen war

 

1636 den 3. Sept. 150 Werste über Zariza

 

Mach nun die Focke voll und schwängre den Meisan,

o günstiger Nordwest! Hol Atem aus dem Grunde,

blas unsern „Friedrich“ an mit voller Brust und Munde,

der deiner weiter darf als bis auf Astrachan.

 

Blas hurtig, wie du tust. Dort ist die Karawan,

die sich nun wieder zeigt nach mancher bösen Stunde,

so unsern Lauf hielt auf. Wir sind in einem Bunde

und hoffen bald zu sehn mit ihr ihr Isphahan.

 

Eilt, steckt die Flaggen auf, rührt Trummeln und Trombetten,

gebt Feuer alsobald aus allen Falkenetten,

löst die Musketen ab, ihr Brüder, und ruft laut:

 

Glück her! Glück allzeit her! Wir reisen mit Verlangen,

die Tochter des Gestirns bald fröhlich zu empfangen,

die unser Holstein ihm erwählt zu einer Braut

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              Als der Kunstreiche Johann Rudolff Stadeler

1609 – 1640                                    aus der Schweiz auf dem Meydan zu Ispahan

in Persien jämmerlich niedergesäbelt ward.

 

Dein tapfrer Christenmut, du werter Schweitzer du,
ist ewig Lobens wert: Denn da du konntest leben,
Hast du dich willig hin in deinen Tod gegeben.
Was deinen Leib bringt um, das ist ein kurzes Nu.


Die Seele flog davon. Ihr kam kein Säbel zu.
Nun siehst du um dich her die Serafinen schweben,
schaust auf dies große Nichts, um welches wir so streben,
Lachst deine Mörder aus, und jauchzest in der Ruh.


Hier ist dein Märter Kranz, du redlicher, du treuer,
den nimm mit in dein Grab. Wir wollen deinen Preis
durch die erlöste Welt bei allen machen teuer,


Dein Vaterland soll sein der Erden weiter Kreis.
Wer so, wie du, verdirbt, der bleibet unverdorben;
Lebt, wenn er nicht mehr lebt, und sterbet ungestorben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              Also hat Gott die Welt geliebet usw.

1609 – 1640

Ists müglich, daß der Haß auch kann geliebet sein?

Ja, Liebe, sonst war nichts, an dem du künntest weisen,

wie stark dein Feuer sei, als an dem kalten Eisen

der ausgestählten Welt. Du, höchster Sonnenschein,

 

wirfst deiner Strahlen Glut in unser Eis herein,

machst Tag aus unsrer Nacht. Und was noch mehr zu preisen,

du wirst des Armuts Schatz, des Hungers süße Speisen,

gibst Himmel für die Welt. O Pein der Höllenpein!

 

O Todesgift und Tod! O wahrer Freund der Feinde!

O Meister, der du auch dein Werk dir machst zum Freunde,

wirst deiner Diener Knecht, wirst deiner Tochter Kind.

 

Was tu ich, daß ich doch den Abgrund will ergründen!

Ich weiß so wenig mich in dieses Tun zu finden,

so viel du höher bist, als alle Menschen sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An Anemonen

1609 – 1640

Ich meint', ich hätte dir mein ganzes Herz entdeckt;
mein Lassen und mein Tun, mein Wollen und Beginnen,
So daß ich mich mir selbst nicht besser öffnen können.
Ich war nun nicht in mir; Ich war in dich versteckt.


Was hat denn diesen Haß so bald auf mich erweckt,
daß du mir itzund auch ein Auge nicht willst gönnen?
Besinne dich doch, Lieb, wo du was kannst besinnen,
wie hoch mich dieses schmerzt, wie sehr mich dies erschreckt.


Gedenke doch an dich, willst du an mich nicht denken.
Sei mir feind, und nicht dir, dieweil es Zeit ist noch.
Willst du mich richten hin, so schone deiner doch,


als die um meinen Tod zu tode sich wird kränken.
Nimm einmal dieses dir für allemal gesagt;
Du bist die einige, die ewig mir behagt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An Adelfien

1609 – 1640

Ist’s wahr, Adelfie, als wie man sagt für wahr,
du habest, also bald ich sei von dir gezogen,
mit eines andern Gunst der Freundschaft so gepflogen,
daß du’s ihm zugesagt, und nun auch Braut seist gar.


Ich fürcht', und glaub' es fast. Am allermeisten zwar,
daß etwa dich hierzu mein langer Weg bewogen,
und ein vergälltes Maul dir etwas vorgelogen,
damit du dich und mich so setzest in Gefahr.


Ich fürcht', und glaub' es fast. Nichts wird so hoch versprochen,
das schändlich werde nicht durch Mißtreu' jetzt gebrochen.
War, Schwester, das dein Mut der sich so hoch verschwur?


Hast du mir das getan, so werd' ich einer Frauen
auf ihren höchsten Eid nicht so viel künftig trauen.
Verzeiht mir’s alle denn, die eine macht es nur.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An Amorn

1609 – 1640

Geh, Amor, flieg geschwind, und sag’s ihr eilend an;
Es ist um mich gescheh’n; Ich lieg in letzten Zügen.
Das Blut ist ausgedorrt: Das heiße Mark versiegen.
Ich singe selbst mein Lied, ich Tode naher Schwan.


Geh, eile, sag es ihr, es ist um mich getan.
Die Wichtigkeit der Pein ist über mich gestiegen:
Das müde Herze klopft, ich kann nicht Odem kriegen.
Es ist mir möglich nicht, daß ich mehr leben kann.


Jedoch, verzeich’ noch hier, bis mein gewisser Tod
dich fertigt bald von hier. Dies kannst du hoch bewähren.
Ich brenne lichterloh, und schwimm' in meinen Zehren.


Erzähl’s ihr, was du siehst, von meiner Todesnot.
Ich kann nicht tod-arm sein. Verschonen mich die Flammen,
So schlagt dies Tränen Meer doch über mich zusammen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An Balthien

1609 – 1640

Darf, edle Balthie, ich mich schon hier nicht nennen,
weil dieser kleine Brief sehr weit zu reisen hat,
da List zu Felde liegt mit Neide früh' und spat,
da Vorwitz und Betrug den schmalen Paß berennen.


So wirst du aus der Hand doch meinen Nahmen kennen,
die du, wie deine kennst; Sie, meines Herzens Rat
und stumme Rednerin, bezeugt dirs in der Tat
wie ich von deiner Brunst nicht lasse nach zu brennen.


Bist du, wie ich, gesinnt, so bleibst du unverwandt,
Behältst mir deine Gunst, bis daß ich deine Hand,
die zarte, dermaleins hinwieder werde küssen.


Jetzt muß ich weiter fort. Doch sollst du, meine Zier,
noch dieses wahre Wort von mir zu letzte wissen:
Je weiter ich mich mach', je näher kommst du mir.

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An das Jahr, daß es doch balde verlaufe

1609 – 1640

Zwölf Fürsten dienen dir, Vier Häuptern untertan;
Die Wochen sind dein Heer, als welche du aus Tagen,
aus Stunden diese machst. So fährst du auf dem Wagen,
den Mond und Sonne zieh’n. Die Zeit die fleucht voran,


Heut alles vor ihr um, und macht dir reinen Plan;
So sieht man weit und breit der Sternen-pövel jagen
um, neben, und nach dir. So wirst du hingetragen
ins Haus der Ewigkeit, der niemand folgen kann.


Lauf, Vater Jahr, dies Jahr, lauf mehr, als sonst behende,
und komme noch einmal, so balde zu dem Ende,
O meiner Arbeit Trost! daß ich das schone Tun.


Auf das mein Vaterland in langer Hoffnung denket,
recht führe wohl hinaus. Und die sich jetzt so kränket,
alsdenn mit Freuden mög' in diesen Armen ruh’n.

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An den Abendstern, daß er ihn balde zu ihr bringen wolle

1609 – 1640

Geh auf doch, geh doch auf, du hellester der Sterne!

Der Klytämmennestern Sohn, der müde sieht nach dir.

Komm, Ruhfreund, lös ihn ab. Diana scheint dir für,

daß ihr Volk seinen Gang von deinem Laufen lerne.

 

Tritt, Hesperus, tritt auf und stelle dich ins Ferne.

Die mir um deine Zeit gerufen hat zu ihr,

steht vor dem Fenster schon und wünschet sehr nach mir.

Komm, führe mich zu ihr, bei der ich bin so gerne.

 

Der sinkend Abend fleucht, die dunkle Nacht fährt aus.

Der finstre Schatten schleicht um Thetis’ blindes Haus.

Die müde Welt schläft ein, die muntern Lüfte wachen.

 

Wo bleibst du? Ja, du kömmst. So leite mich denn hin.

Ich werde nicht eh froh, als bis ich bei ihr bin,

die auch die Traurigkeit selbselbst kann fröhlich machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An den Fluß Moskaw als er schiede.

1609 – 1640

Fleuß sanfte, wie du tust, in beiden Ufern hin,
fleuß deine Stadt vorbei, die große, die gepreiste,
die nun das ander mal sich uns so gut erweiste,
durch welcher Urlaub wir nun in den Aufgang zieh’n.


Verbleib' ich so gesund, als wie ich itzo bin,
und komm' ich wieder heim, als wie ich ab verreiste,
So sei dir’s zugesagt mit Mund und ganzem Geiste,
du sollst mir nimmermehr nicht kommen aus dem Sinn'.


Ich will dich so bekannt, als meine Mulde machen,
die itzund über mir nicht allzusehr wird lachen,
weil ich fast nicht denk heim ein halb-verlorner Sohn.


Nimm diese Hand voll Klee, im Mangel der Violen
zu treuen Günsten an. Ich dichte schon den Ton.
Lauf, Erato, alsbald die Zither her zu holen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An den Mond

1609 - 1640

Du, die du standhaft bist in deinem Unbestande,
Steig', Hekate, herab; Ich singe dir ein Lied,
ein Lied von meiner Zier, die jetzt auch nach dir sieht,
ob ich schon bin sehr weit von ihr und ihrem Lande.


Komm, Berezynthie, zu dieses Stromes Rande,
an dem ich geh' herum, da meine Hoffnung blüht,
du weist es, Delie, was jetzt mit ihr geschieht:
Du weist es, wie es steht um meine Salibande.


Komm, Föbe, Tag der Nacht, Diane, Borge-licht,
Wahrsäg’rin   Lieder-Freund; Komm, Lune, säume nicht;
Die ganze Welt die schläft. Ich wache dich zu loben.


Strom-Fürstin, Jäger-Frau, Nacht-Auge, Horn-Gesicht',
Herab; Jetzt fang' ich an das süße Lob-Gedicht'.
Und kommst du nicht herab, so hör es nur dort oben.

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              An den Ort, da er sie erstlich umfangen

1609 – 1640

Es muß ein ew’ger Lenz mit steten Favoninnen,
auf dein gepüschtes Haupt und blumig Antlitz weh’n,
die reich-betaute Brust den Perlen gleiche steh’n,
und deine feuchte Schoß mit kalten Brunnen rinnen,


So sollen jährlich auch hier meine Kastalinnen
mit Zweigen vom Parnass' um dein Gehege geh’n,
und deine Trefflichkeit durch solch ein Lied erhöhn,
daß du nur würdig bist, und die uns lieb gewinnen.


Die Hamadryaden, die sollen dir für Schaden,
für Wild-behüter sein die rauchen Oreaden.
Und daß dir kein Silvan, kein Satyr nicht sei Feind


So will ich diese Wort' an deinen Eingang schreiben,
die wieder Sturm und Schlag und Jahre sollen bleiben:
Wer dieses Ortes schont, der ist des Himmels Freund.

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Fleming                             

1609 – 1640

Ich that es, Svavia, ich wartete nach dir,

Die ganze halbe Nacht, so wie du mir versprochen,

Wie kams denn, daß du mir die Treue so gebrochen?

Inmittelst starb ich fast für schmerzlicher Begier.

 

Zuletzte ließ ich dir noch einen Kuß allhier,

Vor dem hast du dich auch aus Uebermuth verkrochen,

Wie sehr er dich gesucht bey einer halben Wochen.

Itzt kommt er wieder matt und ohne Trost zu mir.

 

Die Ursach, hör ich itzt; dir sey zu Ohren kommen,

Als hätt ich Amnien in meine Gunst genommen.

Mein Licht! nein, glaub es nicht. Es leugt sich itzo viel.

 

Wie oft wird mir gesagt, du meynest mehr als einen?

Ich höre, was ich muß, und glaube, was ich will,

Du wirst es nimmermehr, ja nicht so böse meynen.

 

 

 

 

Paul Fleming                              An beide Hochzeit-Leute / Braut und Bräutigam

1609 – 1640

Die warme Frühlings-Lufft macht ihren Himmel klar.

Seht, wie das gülden Liecht der Sonnen heller blicket;

der Felder schwangre Schos ist zur Geburt geschicket;

die grüne See geht auf, die stark gefroren war.

 

Die Qvellen springen vor; der Blumen bunte Schaar

mahlt ihre Gärten aus; die Felsen steht erqvicket,

die Thäler aufgeputzt, die Auen ausgeschmücket;

der Berge Zierrath glätzt; den Wäldern wächst ihr Haar.

 

Seh ich diß alles an, so acht ich unvonnöthen,

daß heut am Hochzeit-Fest, von emsigen Poëten,

hochwehrtes Paar, so viel Bedienung werd gethan.

 

Euch geht es glücklicher: dann, Himmel, Sonne, Felder,

See, Qvelle, Gärten, Fwelß, Thal, Auen, Berge, Wälder,

die stimmen euch ietzund ein süßes Braut-Lied an.

 

 

 

 

 

Paul Fleming                              Über eine schöne, doch unverständig-

1609 – 1640                                     und unfreundliche Dame

 

Ich muß es ie gestehn, du gleichst am Glanz und Schöne

der schönen Cyprie. Wie zierlich ist das Haar?

Wie wunder-freundlich blitzt das muntre Augen-Paar?

so sieht Thaliens Mund dort bei der Hipocrene:

 

So schwillt der Pallas Brust, die alle Musen-Söhne

mit Herz und Mund verehrn als einen Liebs-Altar.

Betracht ich ferner dich, so ist es freilich waar,

daß du noch schöner bist als meine Basilene.

 

Ach solten Pallas Geist, Thaliens kluge Sinnen,

Der Venus Freundlichkeit, die Huld der Charitinnen,

bewohnen diese schön- und zarte Leibes-Stadt!

 

Es hätten sich schon längst viel Buhlen dir verschrieben:

Nun aber lobt man dich, und will dich niemand lieben:

Was ist der schönste Leib, der keine Seele hat?