1810 – 1876
I.
Von Nassau's Burg der edle
Herr vom Steine
Und noch ein Wackrer, derb und turnerfahren,
Ein Bürgerkind mit langen Burschenhaaren
Die fuhren einst zusammen auf dem Rheine.
Wie war er grün von
Wallnußlaub und Weine!
Wie grau von Trümmern, die sonst Vesten waren!
Anschaut' in seinem Spiegel sich, dem klaren
Raubnest um Raubnest, schroff, in rost'ger Bräune!
Dem Stein, wie billig, schwoll
die Freiherrnader:
„O Glück, ein Kind sich des Geschlechts zu wissen,
Das also trotzig Quader hob auf Quader!"
Der Andre drauf: „Meins hat
sie abgerissen!
Und das ist mein Stolz - doch darum kein Hader!" -
Der Freiherr hat die Lippe sich gebissen.
II.
O, drückt' auch uns nur
landlos ein Johann!
Kein größer Heil, bei Gott, als solche Johne!
Ihr wißt, wie Kühnheit zorniger Barone
Die Freiheit Englands Jenem abgewann!
Ein schlaffer König und ein
feiger Mann,
Schmachvoll vom Papste hielt er Land und Krone;
Trieb sich umher auf blut'gem Wanderthrone,
Zu gleicher Zeit ein Schwächling und Tyrann!
So schafft' er sich und seinem
Volke Noth,
Bis jach ein Herr vor seinem Zelte scharrte,
Bis ihn sein England wild die Stirne bot.
O, wie beredt war dessen Kriegsstandarte!
Geht mir mit „guten Fürsten!" - ein Despot
Gab Englands Männern ihre große Charte!
1810 – 1876
So ist es recht! Noch einen
wackern Schwaben
zur lustgen Fehde wider
Niederland!
Willkommen, Paule! Gruß und
Druck der Hand
Laß dir gefallen von mir altem
Knaben!
Noch ist es Zeit! Auf denn,
ins Feld zu traben!
Nachdrücklich sei der
Nachdruck heut berannt!
Was gilt es, Freund? bald
zappelt er im Sand, -
Dann magst du forschen
wiederum und graben.
Magst deinen Alten ins Gebirg
entfliehn,
Durch alter Städte graue Tore
ziehn,
Auf Burgen stehn, ein sinniger
Viator!
So wehrst du Schwabens, mehrst
du deinen Ruhm!
Nur tief hinein in „Kunst und
Altertum,“ –
Baumeister, Dichter,
Landeskonservator!
* Antwort auf ein Sonett von
Eduard Paulus, den der Dichter aufgefordert hatte, sich seinem Protest gegen
den holländischen Nachdruck anzuschließen.
1810 – 1876
Nur leis’ bewegt vom lauen
Uferwinde,
Roth noch vom Abend, dem erst halb verglühten,
Dein friedlich Dörfchen friedlich zu behüten,
Wie stehst du schön am Rheine da, 0 Linde!
Nun wird es Nacht! Nun eilt
mit ihrem Kinde
Die junge Bäurin unter deine Blüthen!
Nun kühlst du auch, die sich am Tage mühten,
Den alten Winzer und sein Hausgesinde!
Der Gute spricht von längst
verfloss’nen Jahren;
Er hat als Kind den Freiheitsbaum umsprungen,
Und der warst du - so melden die Berichte.
Nun spielt dein Wehn zahm mit des Greises Haaren
Abtrünnige! Noch hast du nicht geschwungen
Dein letztes Laub! Vorwärts geht die Geschichte!
1810 - 1876
Es
meldet uns die heilige Geschichte
Wie Abraham
den Sohn nahm bei den Ohren,
Den
er dem Herrn zum Opfer wähnt erkoren;
Doch
brach´ der Herr es gnädig in die Richte.
Wo
aber melden Klio, wo Gedichte,
Daß
eine Mutter grausam sich verschworen,
Den
Herzenssohn, den schmerzvoll sie geboren,
Mit
eigner Hand zu schleppen vor Gerichte?
Der
Neuzeit war die Blutthat aufbehalten;
Das
Messer zuckt, - o grausenhaftes Walten!
Kannst,
Mutter, Du im eignen Blute schalten?
Doch,
Götter! - welch ein Wunder ist geschehen!
Den
Sohn - im Unterrock alsbald wir sehen
Als Primadonna nun auf Reisen gehen.
1810 – 1876
Den ersten Frost des Winters
hab’ ich gerne,
Wenn unterm Fuß des Jägers
knarrt der Schnee,
Wenn auf die Felder krächzend
zieht die Kräh’,
Und wenn der Dammhirsch Reif
trägt im Gehörne!
Jetzt nach Paris! – Jüngst
kehrt’ ich aus der Ferne
In seine Mauern! Ernst aus
ihrer Höh’
Sahn Säul’ und Louvre, Nebel
zog am Kai,
Drin glommen rötlich Fackel
und Laterne.
Wie liebt’ ich diese graue
Zeit! – die Seine
Begrüßt ich jubelnd, die in
ihrem Bette
Wie eine Fürstin
normandiewärts schwamm!
Du ja warst in Paris! - Ho,
eine Träne? –
Daß sich ihr Herz so bald
geändert hätte,
Wie konnt’ ich es denn wissen
auch, Madame?
1810 – 1876 1843
Wo sind die Adler, die mit
kühnem Feuer
Aus unsern Wäldern auf zur
Sonne flogen?
Und die gesangreich prächt’ge
Kreise zogen,
Wohin entflohn die Schwäne
doch vom Weiher?
Wo sind die süßen Nachtigallen
heuer?
Und wo die Lerchen? Haben zorn’ge
Wogen
Um ihre Rückkehr neidisch uns
betrogen?
Zerbrach ein Sturmwind ihrem
Flug das Steuer?
Sie sind verstummt, ach! oder
sind gestorben!
Kein Adler mehr in deutschen
Dichterhainen!
Schwan, Lerche, Sprosser – hin
sind ihre Tage!
Ein neu Geschlecht doch haben
wir erworben:
Es brüstet sich mit gallischen
Refrainen
Ein Gimpel Berangers auf jedem
Hage!