Otto Christoph Eltester          Der sterbende liebhaber.

1666 – 1738                                        In eines andern nahmen

 

Mein hertze bricht mir schon: es zittern meine glieder:

Die augen sind umwölckt mit trüber dunckelheit:

Bringt meinen sarg herbey: reicht her das sterbe-kleid:

Stimmt, eulen, euren thon: hebt an die trauer-lieder:

 

Erscheine blasser todt, setz bey den sarg dich nieder,

Du solt der marschall seyn von meinem grab-geleit:

Folgt geister, paar bey paar, es ist schon hohe zeit:

Folg’ angst als schwester mir, folg schreck und rach als brüder:

 

Vesuv und Ätna leucht statt fackeln mir zur seiten;

Dein brausen, nord-wind, soll die todten-glocke läuten.

Du aber, armes hertz, sey du der leichen-stein;

 

Laß jeden wanders-mann die bittre grabschrifft lesen:

Charlottens grausamkeit riß hier mein leben ein;

Ich aber bin ihr treu biß in den todt gewesen.

 

 

 

 

Otto Christoph Eltester          Die liebe steigt nicht über sich,

1666 – 1738                                        sondern unter sich

 

Dein auge solte mir zum tempel neulich dienen,

Allein der große brand that meiner seelen weh:

Drum zog sie sich hinab zu deiner wollust see,

Und kühlte wieder sich mit nectar und rosienen.

 

Sie tranck, und ward beräuscht aus deinen mund-rubinen,

Und taumelte von dar auff deiner brüste schnee,

Die zweyen bergen gleich, von wegen ihrer höh,

Am gipffel etwas roth, sonst gantz beeiset schienen.

 

Doch, weil hier kälte war, sie aber nackt und bloß,

So kroch sie endlich gar in deinen warmen schooß,

Da ward ihr allererst ihr lager angezeiget.

 

Climene, zürne nicht. Sie folget der Natur,

Sie geht den reglen nach, und hält der liebe spur,

Die mehrmahls unter sich, nicht aber auffwärts steiget.

 

 

 

 

 

Otto Christoph Eltester          An die vollkommenheit seiner Solime

1666 – 1738

Die schönheit, welche dir aus allen gliedern blickt,

Der hals, em helfenbein und alabaster weichen,

Der mund, vor welchen selbst der purpur will erbleichen,

Die augen, deren blitz fast alle welt entzückt,

 

Und deren keusche glut die hertzen fest verstrickt,

Die stirne, die den glantz der perlen kan erreichen,

Die wangen, welchen nie kein silber zu vergleichen,

In denen lieb und huld ihr bildniß eingedrückt;

 

Die wohlgestalte läng, das anmuths-volle wesen,

Die attlas-weiche hand, die schnee zuschanen macht,

Der haare kostbarkeit, und über irrd’she pracht,

 

und was du sonsten mehr zu deinem schmuck erlesen,

Macht, daß man dich verehrt vor andern weit und breit,

Ein fehler bleibt dir nur, der ist die grausamkeit.

 

 

 

 

 

 

Otto Christoph Eltester          Als sie sich mahlen ließ,

1666 – 1738                              und es an rother farbe gebrach.

                                                              

Was? Künstler, fehlt es dir an farben zu dem munde?

So rieff ich: als zugleich Aurora sich erbot

Mit morgen-strahlen ihm zu helffen aus der noth.

Man sah wie Flora sich mit rosen fertig funde:

 

Die Thetis holete corallen aus dem grunde:

Die müde sonne gab von ihrem abend-roth

Die purpur-schnecke ging freiwillig in den tod,

und opfferte ihr blut noch zu derselben stunde.

 

Die berge lieferten den schimmer von rubinen:

Und die granate kam mit ihrem safft zu dienen,

Sie stellten alle sich dem künstler selbst zur hand,

 

Ich aber ließ hierbey mein rothes hertz erblicken,

Und sprach: hier findest du glut, flammen, feur und brand,

Diß wird am besten sich zu deinen farben schicken.   

 

 

 

 

 

Otto Christoph Eltester          Sie nimmt ihm ihr bildniß weg

1666 – 1738

Du reist dein bildnis mir gewaltsam aus der hand,

Und willst mir diesen schatz durchaus nicht länger lassen.

Was aber soll ich wohl hier vor gedancken fassen?

Mißgönnst du etwan mir diß theure liebes-pfand?

 

Meynst du vielleicht, es sey bey mir nicht angewandt?

Gewiß, das erste macht mich vor der zeit erblassen,

Dieweil du als ein feind wilt meine neigung hassen,

Und dieses letztre hat dein mund mir selbst bekandt.

 

Doch du betriegst dich sehr. Wer eiffert mehr um dich?

Wer sehnt sich mehr nach dir? wer liebt auch mehr als ich?

Nimmst du mir nun dein bild, so muß ichs zwar verschmertzen,

 

Allein, so stoltz du bist, so glaube nur dabey,

Ich trotze deinen haß, und sag es ohne scheu:

Du reist mir aus der hand, nicht aber aus dem hertzen.