1666 – 1738 In
eines andern nahmen
Mein hertze bricht mir schon:
es zittern meine glieder:
Die augen sind umwölckt mit
trüber dunckelheit:
Bringt meinen sarg herbey: reicht
her das sterbe-kleid:
Stimmt, eulen, euren thon:
hebt an die trauer-lieder:
Erscheine blasser todt, setz
bey den sarg dich nieder,
Du solt der marschall seyn von
meinem grab-geleit:
Folgt geister, paar bey paar,
es ist schon hohe zeit:
Folg’ angst als schwester mir,
folg schreck und rach als brüder:
Vesuv und Ätna leucht statt
fackeln mir zur seiten;
Dein brausen, nord-wind, soll
die todten-glocke läuten.
Du aber, armes hertz, sey du
der leichen-stein;
Laß jeden wanders-mann die
bittre grabschrifft lesen:
Charlottens grausamkeit riß
hier mein leben ein;
Ich aber bin ihr treu biß in
den todt gewesen.
1666 – 1738 sondern unter sich
Dein auge solte mir zum tempel
neulich dienen,
Allein der große brand that
meiner seelen weh:
Drum zog sie sich hinab zu
deiner wollust see,
Und kühlte wieder sich mit
nectar und rosienen.
Sie tranck, und ward beräuscht
aus deinen mund-rubinen,
Und taumelte von dar auff
deiner brüste schnee,
Die zweyen bergen gleich, von
wegen ihrer höh,
Am gipffel etwas roth, sonst
gantz beeiset schienen.
Doch, weil hier kälte war, sie
aber nackt und bloß,
So kroch sie endlich gar in
deinen warmen schooß,
Da ward ihr allererst ihr
lager angezeiget.
Climene, zürne nicht. Sie
folget der Natur,
Sie geht den reglen nach, und
hält der liebe spur,
Die mehrmahls unter sich,
nicht aber auffwärts steiget.
1666 – 1738
Die schönheit, welche dir aus
allen gliedern blickt,
Der hals, em helfenbein und
alabaster weichen,
Der mund, vor welchen selbst
der purpur will erbleichen,
Die augen, deren blitz fast
alle welt entzückt,
Und deren keusche glut die
hertzen fest verstrickt,
Die stirne, die den glantz der
perlen kan erreichen,
Die wangen, welchen nie kein
silber zu vergleichen,
In denen lieb und huld ihr
bildniß eingedrückt;
Die wohlgestalte läng, das
anmuths-volle wesen,
Die attlas-weiche hand, die
schnee zuschanen macht,
Der haare kostbarkeit, und
über irrd’she pracht,
und was du sonsten mehr zu
deinem schmuck erlesen,
Macht, daß man dich verehrt
vor andern weit und breit,
Ein fehler bleibt dir nur, der
ist die grausamkeit.
1666 – 1738 und es an rother farbe gebrach.
Was? Künstler, fehlt es dir an
farben zu dem munde?
So rieff ich: als zugleich
Aurora sich erbot
Mit morgen-strahlen ihm zu
helffen aus der noth.
Man sah wie Flora sich mit
rosen fertig funde:
Die Thetis holete corallen aus
dem grunde:
Die müde sonne gab von ihrem
abend-roth
Die purpur-schnecke ging
freiwillig in den tod,
und opfferte ihr blut noch zu
derselben stunde.
Die berge lieferten den
schimmer von rubinen:
Und die granate kam mit ihrem
safft zu dienen,
Sie stellten alle sich dem
künstler selbst zur hand,
Ich aber ließ hierbey mein
rothes hertz erblicken,
Und sprach: hier findest du
glut, flammen, feur und brand,
Diß wird am besten sich zu
deinen farben schicken.
1666 – 1738
Du reist dein bildnis mir
gewaltsam aus der hand,
Und willst mir diesen schatz
durchaus nicht länger lassen.
Was aber soll ich wohl hier
vor gedancken fassen?
Mißgönnst du etwan mir diß
theure liebes-pfand?
Meynst du vielleicht, es sey
bey mir nicht angewandt?
Gewiß, das erste macht mich
vor der zeit erblassen,
Dieweil du als ein feind wilt
meine neigung hassen,
Und dieses letztre hat dein
mund mir selbst bekandt.
Doch du betriegst dich sehr.
Wer eiffert mehr um dich?
Wer sehnt sich mehr nach dir?
wer liebt auch mehr als ich?
Nimmst du mir nun dein bild,
so muß ichs zwar verschmertzen,
Allein, so stoltz du bist, so
glaube nur dabey,
Ich trotze deinen haß, und sag
es ohne scheu:
Du reist mir aus der hand,
nicht aber aus dem hertzen.