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Normale Version: Conrad Wilhelm Hase: Christuskirche Hannover
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Christuskirche Hannover

Kein steinerner Wall dominiert hier als Westwerk.
Die Basis der Pfeiler steigt oktogonal,
die stützend flankieren das Kirchenportal.
Als Baldachin wölbt sich am Eingang der Wimperg,

von gierigen Drachen bewacht und Chimären,
dahinter erhebt sich der Glockenturm schmal.
Detailverliebt Wasserspeier und die Fialen,
Rosetten als Sinnbilder göttlicher Sphären,

und Giebel, wo Krabben und Kreuzblumen ranken
erobern sich aufwärtsstrebend den Raum.
Die Väter des alten und neuen Bunds stehen
am Tor und empfangen die Gläubigen. Schlankes
Laub seitlich verwandelt den Kirchturm zum Weltenbaum
um welchen sich Himmels- und Erdkreise drehen.

[Bild: 187.jpg]
Christuskirche Westseite

[Bild: 188.jpg]
Südseite

[Bild: 189.jpg]
Drachen und Krabben (Kriechblumen) am Wimperg
Hallo zaunkönig,

gibts auch Bilder + Gedicht vom Inneren?

Das ist ein eindrucksvoller Rhythmus, hätte nicht gedacht, dass man mit dem ein Sonett bauen könnte. Gefällt mir ausgezeichnet. Ein paar leichte Verzerrungen sind dabei, die im Verhältnis kaum stören bis auf
detailverliebt
rosetten
zweimal hintereinander am Zeilenanfang fällt doch ziemlich ins Gewicht.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang "Westwerk"? westliche Steinmetzkunst, Mauer nach Westen oder Bollwerk nach Westen?
Zeile 3 hätte ich einen kleinen Änderungsvorschlag (satzbautechnisch)
sie stützen flankierend das Kirchenportal

dahinter der Glockenturm, ragend und schmal / Glockenturm schmal schmeckt zu sehr nach Reimzwang.

Weltenbaum würd ich verkürzen zu Weltbaum. Irgendwie klingt mir das dort besser, ist aber nur mein Ohr, das das behauptet, keine Rhythmusanalyse durch X-en.

Z 13 Kirchturm groß und bei Himmels fehlt der Beistrich.

Gruß

Sneaky
Hallo Sneaky,

Ja ein paar metrische Unsauberkeiten haben sich eingeschlichen, aber nicht an den von dir bemängelten Stellen. Was stört dich denn an "detailverliebt" und "Rosetten"?

Das Westwerk ist ein massives Bollwerk im Westen von vor allem karolingischen Kirchen. Es soll symbolisch die Mächte der Finsternis, die im Westen verortet werden abhalten.

Wo siehst du den Unterschied zwischen "stützend flankieren" und "stützen flankierend" ?

http://de.wikipedia.org/wiki/Westwerk


Christuskirche Hannover

kein steinerner Wall dominiert hier als Westwerk.
Die Basis der Pfeiler steigt oktogonal,
die stützend flankieren das Kirchenportal.
Als Baldachin wölbt sich am Eingang der Wimperg,

von gierigen Drachen bewacht und Chiren,
dahinter erhebt sich der Glockenturm schmal.
Detailverliebt Wasserspeier und die Fialen,
Rosetten als Sinnbilder göttlicher Sphären,

und Giebel, wo Krabben und Kreuzblumen ranken
erobern sich aufwärtsstrebend den Raum.
Die ter des alten und neuen Bunds stehen
am Tor und empfangen die Gläubigen. Schlankes
Laub seitlich verwandelt den Kirchturm zum Weltenbaum
um welchen sich Himmels- und Erdkreise drehen.
Hallo zaunkönig

Wo siehst du den Unterschied zwischen "stützend flankieren" und "stützen flankierend

nicht im Sinngehalt der Worte,
aber das "die stützend flankieren" ist sowas wie ne Inversion? Der normale Satzbau wär doch, die Basis der PFeiler, die stützend....

du hast die Reihenfolge gedreht, das empfinde ich als störend. Mit "sie" eingeleitet klingts für mich nach einer Aufzählung, die mich nicht stört.

deTAILverLIEBT les ichs, und dann krachts mit WASSerSPEIer zusammen. Da sind für mich Nebenbetonungen drin.

ok. Rosetten stimmt nach deiner Lesart. Da muss ich geschielt haben.

Hängst du an dem Westwerk? kein steinerner Wall steht im Westen als Bollwerk? Ist das ein tradierter Begriff? Falls ja, hab ich hier gleich zwei neue Worte dazugewonnen. Wimperg kannte ich auch nicht.


Gruß

Sneaky
ja, Westwerk ist ein tradierter Begriff, speziell in der Kirchenarchitektur.
Da die Christuskirche selbst keines hat, muß das Westwerk nicht unbedingt sein, aber dann würde ich kein Synonym suchen, sondern die Zeile ganz anders füllen.

Ja einige Begriffe habe ich auch erst durch dieses Thema gelernt. Neben dem Wimperg auch die Krabben und Fialen.

LG ZaunköniG
Hallo Zaunkönig,

die Zeile anstatt mit Westwerk mit was anderem zu füllen, halte ich für eine gute Idee.

Das Gedicht soll doch mehr Leser erreichen. Wenn andere dann so wie ich den Begriff nicht als terminus technicus erkennen, taucht schon in der ersten Zeile ein geistiges "?" auf.

Der Begriff ist ja nicht sofort als Fachbegriff erkennbar. Auch wenn die Beschreibung stimmt, dass es an der Kirche nicht vorhanden ist, würde ich doch lieber was lesen, was da ist. Auch die Besonderheit mit dem Schutz nach Westen - danke für deine Erklärung übrigens - bei anderen Kirchen ist vielleicht nicht jedem so präsent wie dir.

Wie auch immer, denk einfach noch mal drüber nach

Gruß

Sneaky
Hallo Sneaky

Zitat:Der Begriff ist ja nicht sofort als Fachbegriff erkennbar. Auch wenn die Beschreibung stimmt, dass es an der Kirche nicht vorhanden ist, würde ich doch lieber was lesen, was da ist. Auch die Besonderheit mit dem Schutz nach Westen - danke für deine Erklärung übrigens - bei anderen Kirchen ist vielleicht nicht jedem so präsent wie dir.

Das Westwerk gibt es auch an vielen gotischen und neugotischen Kirchen. Hier wurde nicht nur auf das Westwerk verzichtet, sondern der Turm sogar ins Mittelschiff zurückversetzt, womit im Westen gar keine einheitliche Front mehr besteht. Mangels einem Antonym zum Westwerk habe ich es eben als Verneinung formuliert. Da es wirklich eine architektonische Besonderheit dieser Kirche ist, möchte ich auf diesen Punkt aber auch nicht ganz verzichten.

Zitat:Wenn andere dann so wie ich den Begriff nicht als terminus technicus erkennen, taucht schon in der ersten Zeile ein geistiges "?" auf

Die Assoziation Westwerk=steinerner Wall steht ja so im Gedicht, da kann man wohl auch als architektonisch unbedarfter Leser etwas mit anfangen. Da fände ich andere Begriffe wie Wimperg, Krabben oder Fialen eher erklärungsbedürftig.

Natürlich wäre es mir lieb möglichst viele Leser zu erreichen. Aber wenn Verständlichkeit auf Kosten der Präzision geht, was ist dann wirklich erreicht?

LG ZaunköniG
Heute ist das "Mittendrin" zu mir ins Haus geflattert.
Der Gemeindebrief der ev.-lut. Nordstätdter Kirchengemeinde, zu der auch die Christuskirche gehört.

Auf Seite 5 ist dieses Sonett abgedruckt, als einer von mehreren Beiträgen zum Kirchenjubiläum. (150 Jahre)


Dies ist nun schon die 3. Veröffentlichung, die ich primär diesem Forum zu verdanken habe. Es hat angesichts der wenigen aktiven Mitglieder doch eine erstaunliche Reichweite.