Sonett-Forum

Normale Version: Lionel Pigot Johnson: The Dark Angel
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Lionel Pigot Johnson
1867 - 1902 Großbritannien


The Dark Angel

---------------------------------------------Der Schwarze Engel

Dark Angel, with thine aching lust
To rid the world of penitence:
Malicious Angel, who still dost
My soul such subtile violence!

---------------------------------------------Schwarzengel mit der Schmerzenslust,
---------------------------------------------gebietest aller Buße Halt.
---------------------------------------------Cherub der Laster, wieder tust
---------------------------------------------du meiner Seele so Gewalt!

Because of thee, no thought, no thing,
Abides for me undesecrate:
Dark Angel, ever on the wing,
Who never reachest me too late!

---------------------------------------------In ales Denken, alle Dinge,
---------------------------------------------sich mählich die Verderbnis schleicht.
---------------------------------------------Schwarzengel, der auf schneller Schwinge
---------------------------------------------mich stets und überall erreicht!

When music sounds, then changest thou
Its silvery to a sultry fire:
Nor will thine envious heart allow
Delight untortured by desire.

---------------------------------------------Erklingt Musik, verwandelst du
---------------------------------------------den Silberklang in schwüles Feuer.
---------------------------------------------Von blankem Neid erfüllt wirst du
---------------------------------------------heillose Wünsche mir erneuern.

Through thee, the gracious Muses turn,
To Furies, O mine Enemy!
And all the things of beauty burn
With flames of evil ecstasy.

---------------------------------------------Durch dich lernt man dier Musen kennen
---------------------------------------------als Furien, oh du mein Feind!
---------------------------------------------Und all die schönen Dinge brennen
---------------------------------------------in deiner bösen Glut vereint.

Because of thee, the land of dreams
Becomes a gathering place of fears:
Until tormented slumber seems
One vehemence of useless tears.

---------------------------------------------Durch dich wird selbst das Träumeland
---------------------------------------------zu einem Stelldichein von Alben,
---------------------------------------------bis Schlummer jedem Wahn verwandt,
---------------------------------------------die Tränen nutzlos allenthalben.

When sunlight glows upon the flowers,
Or ripples down the dancing sea:
Thou, with thy troop of passionate powers,
Beleaguerest, bewilderest, me.

---------------------------------------------Wenn Sonnenlicht auf Blüten scheint,
---------------------------------------------wenn Wellen tänzeln auf dem Meer,
---------------------------------------------belagert und verwirrt, verneint
---------------------------------------------mich deiner Leiderschaften Heer.

Within the breath of autumn woods,
Within the winter silences:
Thy venomous spirit stirs and broods,
O Master of impieties!

---------------------------------------------Im Wald, den Herbstes Atem trifft,
---------------------------------------------in Winters Schweigen weit und breit,
---------------------------------------------schwärt schon dein Geist als süßes Gift,
---------------------------------------------oh, Meister der Gottlosigkeit.

The ardour of red flame is thine,
And thine the steely soul of ice:
Thou poisonest the fair design
Of nature, with unfair device.

---------------------------------------------Dein sind der Flamme warme Töne,
---------------------------------------------Dein ist der Seele kalter Schliff.
---------------------------------------------Vergiftet hast du alles Schöne
---------------------------------------------in der Natur mit sichrem Griff.

Apples of ashes, golden bright;
Waters of bitterness, how sweet!
O banquet of a foul delight,
Prepared by thee, dark Paraclete!

---------------------------------------------Der Esche Äpfel, goldig-seiden,
---------------------------------------------und Bitterwasser, süß umweht:
---------------------------------------------Die Tafel voller fauler Freuden
---------------------------------------------von dir, mein finstrer Paraklet,

Thou art the whisper in the gloom,
The hinting tone, the haunting laugh:
Thou art the adorner of my tomb,
The minstrel of mine epitaph.

---------------------------------------------der flüsternd sich ins Dunkel gab
---------------------------------------------und der mich wie Gelächter traf.
---------------------------------------------Du bist der Schmuck auf meinem Grab
---------------------------------------------und singst mir noch mein Epitaph!

I fight thee, in the Holy Name!
Yet, what thou dost, is what God saith:
Tempter! should I escape thy flame,
Thou wilt have helped my soul from Death:

---------------------------------------------Ich kämpf' mit dir in Gottes Namen,
---------------------------------------------doch was du tust, tust du für Gott.
---------------------------------------------Versucher! Flieh ich deine Flammen,
---------------------------------------------schützt dies die Seele vor dem Tod.

The second Death, that never dies,
That cannot die, when time is dead:
Live Death, wherein the lost soul cries,
Eternally uncomforted.

---------------------------------------------Sie geht dem zweiten Tod nicht ein,
---------------------------------------------dem, toter Zeit stets unerlösten.
---------------------------------------------Doch die Verlorene wird schrei'n:
---------------------------------------------Auf ewig wird sie niemand trösten.

Dark Angel, with thine aching lust!
Of two defeats, of two despairs:
Less dread, a change to drifting dust,
Than thine eternity of cares.

---------------------------------------------Schwarzengel mit der Schmerzenslust!
---------------------------------------------Ich bin zum Niedergang bereit.
---------------------------------------------Ich wähl ihn lieber, und bewußt,
---------------------------------------------statt deines Kummers Ewigkeit.

Do what thou wilt, thou shalt not so,
Dark Angel! triumph over me:
Lonely, unto the Lone I go;
Divine, to the Divinity.

---------------------------------------------Tu was du willst, doch siegst du nicht.
---------------------------------------------Ich bin zu diesem Gang bereit.
---------------------------------------------Einsamer! Ins All-Ein geh ich,
---------------------------------------------gleich Gott in seine Göttlichkeit.
Schwarzengel, dessen Lust voll Schmerz
die Welt vom Büßergang befreit,
Boshafter Engel, der in Herz
und Geist subtile Schändung streut:

Ein jedes Denken, jedes Ding
bleibt mir nicht rein von dir, wird wund,
der Schatten deiner Schwingen fing
mich immer ein zur rechten Stund.

Erklingt Musik, verdrehst du sie
vom Silberklang zur Lohe hin,
dein Herz voll Neid gewährt uns nie
die Freude ohne Gier darin.

Die Musen gehen, Feind, durch dich
stets als Eryinnien einher,
was schön ist brennt auf ewiglich
im düsterlohem Flammenmeer.

Das Reich der Träume wird verhext,
zum Alp durch den man furchtsam irrt,
bis jeder Schlaft zur Qual erwächst,
zum Tränenmeer der Ohnmacht wird.

Fällt auf die Blumen Sonnenlicht,
erglänzt das Meer unterm Azur,
greifst du zu allen Listen, Wicht,
belagerst und verwirrst mich nur.

Im Odem eines Walds im Herbst,
dem Schweigen, das im Winter ist,
mischst du das Gift, das du vererbst,
mit dem du Herr der Frevel bist.

Des Feuers rote Brunst, die quält,
der Biss des Eises, sie sind dein,
du impfst der Schönheit dieser Welt,
voll Tücke Gift ins Mark hinein.

Du reichst der Esche Frucht goldhell,
schenkst ein den Kelch voll Bitterkeit,
zum Fest der Fäulnis, das du grell
uns eindeckst, Geist der Dunkelheit!

Bist Wispern, das im Düstern spricht,
ein Echo, das gleich Toten stöhnt,
die Hand, die meinen Grabstein bricht,
das Lied, das meinem Sterben höhnt.

Im Namen Gottes halt ich stand,
doch handelst du nach Gottes Schluss:
Versucher, flieh ich deinem Brand,
entgehe ich des Todes Kuss,

dem großen Tod, der ewig währt,
hindurch selbst durch den Tod der Zeit,
in dem der Seele widerfährt,
ein Sterben voller Ewigkeit.

Schwarzgeist, mit deiner Lust, die brennt,
da zweifach Übel mich bedroht,
zieh ich es vor, dass Staub mich kennt,
vor deinem Leid, das ewig loht.

Nach deinem Willen tu an mir,
du schwarzer Geist, mich brichst du nicht,
ich gehe einsam, doch dafür,
als Funke Gottes ein ins Licht.
2 sehr eindrucksvolle Übersetzungen des Gedichts. Schwer zu sagen, welche "besser" ist. Die Einsamkeit am Ende bezieht sich sicherlich mehr auf das Lyrich als auf den Engel. Aber vielleicht ist der auch "lonely", wer weiß? Woher kommt eigentlich dieses Motiv des Dunklen Engels? Mir ist das nicht bekannt und ich kenne auch kein deutschees Gedicht, das davon handelte.

Gruß
Josef
Hallo Josef,

In Altertum und Mittelalter wurden gefallene Engel und Dämonen tatsächlich eher als Chimären dargestellt. Dunkle Flügel oder komplet dzunkle Engel scheinen eine Erfindung der Schauerromantik zu sein, vielleicht abgeleitet von den damals neuen Vampirgeschichten und den ikonografischen Fledermausflügeln, die bis heute zum Genre gehören.

"Einsamkeit" - Deine und Sneakys Lesart ist schlüssig, aber nicht zwingend. Als gefallener / verstoßener Engel passt die Empfindung des Einsamsein auch auf den "Versucher". Auch das Lyrich ist Einsam und nur dadurch verführbar, will sich die Hoffnug aber nicht nehmen lassen, doch ins Licht zurückzukehren.
Ja, da ist jetzt viel Interpretation...
Hallo Zaunkönig,

"lonely" ist ein Adjektiv und im Englischen werden Adjektive eher nicht substantiviert verwendet oder wenn doch, dann mit dem Zusatz "one" Oh great one etc. Ich hab das "lonely" so gesehen, dass LI den letzten Weg allein gehen muss, bis er sein Ziel erreicht. Wie du sagst: Viel Raum für Interpretation
Wenn ich "lonely" normal als Adjektiv lese, macht das Komma an der Stelle wenig Sinn. Eigentlich lese ich auch die Schlußzeile so, dass er als Göttlicher im Göttlichen aufgeht, aber das klingt mir im Deutschen dann doch etwas anmaßend. Die Endsilbe -lich die bei anderen Adjektiven eine Ähnlichkeit ausdrückt wird bei göttlich synonym zu gottgleich, was an der Stelle nicht geht.
Ich denke, das Komma setzt nochmals einen Akzent, ebenso in der Zeile drunter. Und ja, es klingt anmaßend wenn man das divine auch so liest. Aber die Alternative wäre, das dann als Anrede an den Versucher nehmen zu müssen, wie es deine Interpretation mit dem "Lonely" tut.

Das "divine" ist mE gesetzt um den Punkt einzubringen, dass der Mensch als Schöpfung Gottes eben eine Spur von Göttlichkeit trägt. Und die nimmt er mit, wenn er in dem "lone" dem Ganzen aufgeht.
"Das "divine" ist mE gesetzt um den Punkt einzubringen, dass der Mensch als Schöpfung Gottes eben eine Spur von Göttlichkeit trägt"

Sehe ich genauso,
das Göttliche, Die Göttlichkeit.... sind ja vom Adjektiv göttlich abgeleitet. Die Parallelität beider Zeilen ist der Knackpunkt. Aber auf den hast du dich gar nicht eingelassen.

Um den Preis mich in der 1 Zeile des Schlussquartetts zu entfernen versuche ich nochmal, mich dieser Parallelität zu nähern:

Du siegst nicht, will's Dir auch so scheinen:
Ich bin zu diesem Gang bereit.
Einamer, komm ich zum All-Einen,
werd göttlich teil der Göttlichkeit.
Hallo Zaunkönig,

ich ändere mal meine Schlusszeilen ebbes ab,

Ich geh im Ganzen auf, allein,
ein Funke nur von Gottes Sein.