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Shuyturahu - Friedrich - 29.05.2009

Allen, die der Anziehungskraft dieses Gipfels immer wieder aufs Neue unterliegen...


Shuyturahu

Alfred Krejca zugeeignet



[Bild: 800px-Alpamayo.jpg]



Und plötzlich tritt sie vor mich – unverhüllt,
als Traumgebilde, weiß, im Sternenschleier
verrückt, entführt sie mich ins Blaue, freier,
um wie viel freier - tief und weit erfüllt

sie mich, ergreift Besitz von mir, mein Denken,
bereits bizarr zu Eis gefror'n, zerstäubt
sie mir, Lawinen donnern, wach betäubt
im Höhenrausch, ihr Geist beginnt zu lenken

sie führt den Tritt, voll Umsicht, doch mein Blut,
es kocht, ein Flirren, Funkeln, Schillern, Hauch
verschneit, ich atme schwer - mit allem Mut

die Rinne, Firn verhangen, Anker, Schmauch,
ein Seufzer, sie, der Grat, im letzten Schritt
umfängt sie mich, ihr Kuss – er nimmt mich mit…





© Friedrich 2009

Bildquelle: Wikipedia




RE: Shuyturahu - ZaunköniG - 30.05.2009

Hallo Friedrich,

schön wieder von dir zu lesen.

Du redest den Alpamayo weiblich an. Hast du deshalb den indigenen Namen Shuyturahu gewählt?
In Zeile 4 hast du einen kleinen Ruckler. "weiter erfüllt"

Zitat:Und plötzlich tritt sie vor mich – unverhüllt,
als Traumgebilde, weiß, im Sternenschleier
verrückt, entführt sie mich ins Blaue, freier, -
um wie viel freier! Tief und weit erfüllt

sie mich, ergreift Besitz von mir, mein Denken,
bereits bizarr zu Eis gefroren,

Die Grammatik ist etwas unübersichtlich mit so vielen Kommata. Man weiß nicht genau was Aufzählung ist und was Einschub.

Verstehe ich den Schluß "Ihr Kuss - er nimmt mich mit" richtig, daß eine Lawine ihn mitgenommen hat? Das wäre mir zu romantisch formuliert für ein so dramatisches Ereignis.


LG ZaunköniG


RE: Shuyturahu - Friedrich - 30.05.2009

Hallo ZaunköniG,

zunächst vielen Dank für Deinen Hinweis und Vorschlag - ich habe ihn zum großen Teil aufgegriffen. Ja, der indigene Name ist der Grund. Bei der Annäherung an die Thematik interessierte mich der besondere Aspekt der Faszination, die beim Anblick eines Gipfels ausgeht, im Speziellen dann, wenn man ihn zwar schon von Bildern kennt, aber sobald man wirklich davor steht und plötzlich die verhüllenden Schleier weggezogen werden, man wie vom Blitz getroffen wird. Das Gefühl von einem Besitz ergreift: Da muss ich oben stehen! Es wird unmittelbar zur leidenschaftlichen Liebesbeziehung...
Daher endet sie oben, am Ort der Erfüllung, auch nicht zwingend mit dem physischen Ende (auch wenn dies eine klassisches Motiv wäre), sondern mit einem Moment der der Transformation.
Formal habe ich dem Drang, der nach oben zieht, mit der aufgerissenen Grammatik (Interpunktion) Rechnung getragen. Die Beistriche zwingen zum unaufhörlichen Nacheinander. Mir ist bewusst, dass das Ganze dann nicht nur beim Lesen, sondern besonders interpretorisch-sprechtechnischer Hinsicht zu einer gewissen Herausforderung wird.

LG Friedrich