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Panorama - pumukel - 03.03.2010 2006 Zucker Hin und her weht es dich, zerstreut, verstoben auf dem Tisch, von sanften Fingern umfahren, gestaltet in lieblich Spiralen, gescheffelt und gehäuft, im Schweiss des Duftes ersäuft, lebst du, stirbst du, machst du, Genuss, oder Überfluss. und dem Wunsch zu sein wie du, kommt der Ruf nach Liebe hinzu. Du bleibst haften ohne Müh, deine Hänglichkeit bemerkt man früh, mit Befreiung wäscht man dich ab, Sauberkeit, trocken und luftig ists dann, doch mein Leben ist genauso knapp, und ich will nicht fragen – wann? 2007 Genot zu schwach, um zu schreiben, zu müde, die Feder zu treiben, zu arm um die Ärmer’n zu leiden, zu stolz um die Bess’ren zu neiden. es fällt der Himmel auf den Grund, es fliegt die Erde aus dem Schlund, es schlägt die Seele selbst sich wund, es gibt der wohlgeformte Mund die Leiden seines Herren kund. in Liebe sucht er Glück und Schmerz, um Friede ist bemüht sein Herz, so frei und rein kann er doch sein, den Tod aus Not hat er gelobt. tief im Innern gräbt er Schätze, sein Kopf, sein Geist betreiben Hetze, und hat einmal ein Gut geruht, so braucht er wieder Wut genug. denn leben muss er ohnehin, für ihn macht sterben keinen Sinn, denn Leben wird das Ende sein, der Tod sucht ihn bestimmt nicht heim. wirft die Meuchler über Bord, nimmt all den Lügnern schnell ihr Wort, lässt den Dreck am Boden liegen, wird auch dich und mich besiegen. und wenn all das Werk vollbracht, wird es zärtlich in der Nacht, werden Geister und Dämonen, in der neuen Mutter wohnen. Licht der Welt! Licht der Welt! lass dich blicken, lass es strömen und versickern. Licht der Welt, das Licht behält! tränk die Rosen samt den Dornen, meine Hosen wasch ich Morgen. 2008 Schau hinaus durchs Fenster schau hinein: Gespenster schau voran noch ist’s nicht wahr schau zurück: nun nicht mehr da schau zum Grund, stets bleibt er fest schau hinauf, soweit’s dich lässt. schaue nicht und Bilder bleiben schau halt doch und bleib am Leiden das was ist ist was vergisst und was du frisst ist seine List solange wie du sterblich bist 2009 Ein schönes Gedicht Dichter, ich sag’s dir gleich in’s Gesicht: Schreib mir ein schönes, kurzes Gedicht! Du meinst, so schön wie Frauenkörper? Du meinst, so schön wie klingend Wörter? Du meinst, so schön wie Bienenhonig? Du meinst, geniessend ohne Vorsicht? Du meinst, so schön wie Tanzmusik? Ganz recht! Genau, wie dir beliebt! 2010 Kreise Stets aufs neue geh ich kreise Immer auf dieselbe weise Mach ich meine kleine reise Wo der anfang liegt das ende Wos beginnt wirds wieder leise Wos entspringt und durch die fremde Wandert und nach jeder wende Wieder heimkommt, ich entsende Mich entsendets immer wieder Wie des engels leicht gefieder Immer wieder stests dasselbe Ewig schön die selben lieder Fall ich durch sie da hernieder Immer an demselben funken Wo der anfang stets mag prunken Ist das ende doch ertrunken Kreise werden immer weiter Doch ich werde nur gescheiter Werde niemals weiser meister Bleibe unberührt, mal heiter Bleibe nur ein unbefreiter suchend sehnend singender bleicher blasser bringender trauernd trüber tragender wahrlich wenig wagender fortan freilich fragender kalter kleiner klagender falle immer wieder wieder immer wieder immer wieder immer immer wieder wieder immer wieder fall ich nieder singe immer wieder lieder bringe immer wieder lieber worte mit für die geschichte worte mit und schreib gedichte worte womit ich errichte worte, worte, ich berichte und auf die ich nie verzichte weil sie in mir widerhallen echos aus geleerten hallen weil sie sind wie scharfe krallen fäuste, die sich kräftig ballen wellen, wieder widerwalllen fallen, fallen, fallen, fallen worte, immer stets die gleichen bilder, die mir nie entweichen klänge, die durch sänge schleichen leben lobend lachend leichen immer wieder macht der zeichen sie verführt mich, mich erreichen mich berühren, mich vergleichen, mit den armen, mit den reichen mit den harten, mit den weichen mit den blumengartenEichen mit den farben, die erbleichen wenn sie sterben, blaue veilchen weil sie nur ein kurzes weilchen am falschen ort das falsche wort zur falschen zeit das falsche leid beim falschen menschen das falsche denken dem falschen leben das falsche geben und im rechten existieren alle falschheit doch verlieren 2011 Dunst der alten jungen Zeiten, leg dein Nebelmeer auf mich, Dunst aus den Gemeinsamkeiten, mach ein Regen ohne Licht, Dunst du kannst dich vorbereiten, denn bald lässt du mich im Stich, Dunst du alter bist zum zweiten Mal gescheitert, so wie ich. 2012 Stadtteichtage 4 Er schenkt mir den Tag Und raubt mir die Nacht Seit Monaten Schweissnächte In die ich die verlorenen Stunden des Tags flechte Die täglich Neugeborenen sie kommen Schlag auf Schlag Und was sie nicht können Ist was sie macht Und was sie sich gönnen Sind Splitter des Tageslichts Und sie merken: Das ist aber nichts. Und sie suchen in Werken Doch sie finden nichts Sie sind sich Hindernis Sehen die Finsternis In ihr wandeln sie hinter sich Und bringen des Tages Leuchten er fragt es Euch denn seid ihr die Seuchen? Könnt ihr auch heucheln Oder nur wach sein So: zieht der Tag ein. 2013 Landmine Die Knüppel schlagen aufs Fleisch und da eine Dame, die kreischt. Die Kinder verkriechen sich unter die Fensterrähmen der Keller. Die Kirchen, sie lieben dich unendlich, während sie Stellen streichen. Dort spritzt Blut auf den körnigen Asphalt der Strasse. Unglaublich, wie sie in sich ruht, diese gottlose Farce. Französisch, fuck die Aussprache. Ich will nur die Revolution. Und sei es mein letzter Ton: ich hulde nur einem Thron ohne väterlich führenden Sohn. Das Eisen glüht ganz rot, gerieben, explodiert. In den Gassen liegen die Menschen tot, dort hineingetrieben und exekutiert. Die Beamten wischen den Schweiss von der Stirn, denn es ist heiss unter der Sonne. Und putzen den Dreck von den Waffen. Sie nehmen das Besteck und essen ihren Frass von der Kantine. Was schon jeder vergass: die Landmine. Von damals, als sie noch streunten. Sie rennen davon, die mageren Beine. Ein falscher Tritt, ein Zug an der Leine. Sie fliegen in die Luft. Ein Springbrunnen. Und wir hören die Leichen den Sinn summen. 2014 Wo sind sie, diese Heulereien? Von Ohnmacht und von Schwärze. Von Leere und von Nichtgedeihen. Von Angst und Tod und kalter Kerze. Wo sind sie, diese Jammerzeilen? Von Einsamkeit und fehlend Sinn. Von atemlosen, langen Weilen. Vom Hass zum Wesen das ich bin. Es wird nicht über sie geschwiegen, bloss sind sie halt bereits geschrieben. Sie sind nicht etwa weggestorben, du musst zur alten Zeit hinhorchen. Es ist bloss so: dass sie nun klingen nach Dingen die Gewinn nicht bringen. Sie sind kein Wert mehr für das Schreiben. Sie sind noch Worte, doch nicht Zeichen. Keine Hoffnung Trauergrund? Keine Hoffnung ist gesund! Keine Liebe zum Beklagen? Keine Liebe kann dich tragen! Keine Zärtlichkeit tut weh? Keine Zärtlichkeit ist Schnee, der dahinschmelzt wenn sie brennt, die Sonne die dich besser kennt. Klagelieder—schön und gut. Ich zieh vor dieser Zeit den Hut. Aber nieder tret ich diese trocken-ausgesaugte Wiese. 2015 Andermatt verzerrt, durchkreuzt und tausend Narben stehst du Bergmassiv noch hier Kriegsangst schiesst dir Löcher tief in deine Seele und Touristen legen dich in Ketten, Schienen, Stahlseil und Sawiris Segen reisst die Reuss erneut auf immer wieder neue Wege muss sie bahnen wie die Andermatter Ahnen wo die Kugelhülsen flogen liegen jetzt die Golfparzellen keine trägt das Kreuz wie du schau vom Norden in den Süden Teufelsbrücke, Gotthardpass schau vom Westen in den Osten Furkagrotte, Oberalp Fadenkreuz, Kompassachse mit dir zieht man sich zurück auf die Scheibe, die sich dreht, weil vom Tal der Wind raufweht Kaum zu glauben: du warst Gletscher du warst unberührtes Grün, nicht weils andere nicht waren, sondern weil du noch so sprichst. 2016 Nicht mal ein Jahr. Diagnose – Urne. Deine Charakterzüge sind purpurne. Sie waren: jetzt Präteritum. Aber usque ad extremum spiritum. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, bis die Welt wieder in Ordnung ist. Und was du für ein Wort nun bist: du liegst gar weit vor uns. |