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Antonio Machado: El Viajero - Druckversion

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Antonio Machado: El Viajero - ZaunköniG - 15.11.2014

Antonio Machado
1875 - 1939 Spanien


El Viajero

Está en la sala familiar, sombría,
y entre nosotros, el querido hermano
que en el sueño infantil de un claro día
vimos partir hacia un país lejano.

Hoy tiene ya las sienes plateadas,
un gris mechón sobre la angosta frente;
y la fría inquietud de sus miradas
revela un alma casi toda ausente.

Deshójanse las copas otoñales
del parque mustio y viejo.
La tarde, tras los húmedos cristales,
se pinta, y en el fondo del espejo.

El rostro del hermano se ilumina
suavemente. ¿Floridos desengaños
dorados por la tarde que declina?
¿Ansias de vida nueva en nuevos años?

¿Lamentará la juventud perdida?
Lejos quedó —la pobre loba— muerta.
¿La blanca juventud nunca vivida
teme, que ha de cantar ante su puerta?

¿Sonríe al sol de oro
de la tierra de un sueño no encontrada;
y ve su nave hender el mar sonoro,
de viento y luz la blanca vela hinchada?

Él ha visto las hojas otoñales,
amarillas, rodar, las olorosas
ramas del eucalipto, los rosales
que enseñan otra vez sus blancas rosas

Y este dolor que añora o desconfía
el temblor de una lágrima reprime,
y un resto de viril hipocresía
en el semblante pálido se imprime.

Serio retrato en la pared clarea
todavía. Nosotros divagamos.
En la tristeza del hogar golpea
el tic-tac del reloj. Todos callamos.



Der Weitgereiste


Im schattigen Gesellschaftsraum
nun der geliebte Bruder steht,
den ein verklärter Kindheitstraum
zeigt, wie er in die Welt rausgeht.

Die Schläfen sind versilbert (fast)
und in die Stirn fall'n graue Stränen.
Im Blick, der kühl und ohne Rast
ist, kann man die Zerstreutheit wähnen.

Herbst: Durch die alten Gärten treiben
die letzten welken Blätter und
in unsren feuchten Fensterscheiben
färbt sich der Abend. Und im Grund
des Antlitz' sich ein Leuchten zeigt,
ganz sanft. Enttäuschen, die waren,
verklärt der Abend, der sich neigt?
Oder der Sog von neuen Jahren?

Wo ist die Jugend, die verlor'ne?
fürchtet er noch, daß diese tote,
verblichne Wölfin, nier gebor'ne,
zuhause mit Geheul im drohte?

Ob er die güldne Sonne ahnt,
des Landes, das er nie gesehen?
Sein Schiff, das ihm die Wege bahnt?
Sein Segel, das die Winde blähen?

Er sah die Herbstesblätter, lose
sich drehend, Eukalyptuszweige
so aromatisch. - Und die Rosen,
die nochmals ihre Blüten zeigen.

Sein Schmerz steht ihm wie Scheu zur Seit,
die ihre Tränen nicht erträgt
und (Maske seiner Männlichkeit)
das viel zu blasse Antlitz prägt.

Sein stolzes Abbild prangt indes
dort an der Wand. Wir schaun uns um.
Wir hörn in heimischer Tristess
das Uhren-Ticken - und sind stumm.


RE: Antonio Machado: El Viajero - ZaunköniG - 18.11.2014

Und dann reiche ich doch die Terzinen-Version noch nach....



Globetrotter


Nun sehn wir ihn in unsrer dunklen Stube Mitte:
Den lieben Bruder aus den Kindheitsträumen, jenen
den wir in fremde Länder lenken sahn die Schritte.

Versilbert schimmern seine Schläfen und die Strähnen
über der schmalen Stirn; in rastlos kühlen Blicken
kann man vielleicht die weit schweifende Seele wähnen.

Der Herbst kommt in den Park, die Blätter fort zu schicken,
die falben, welken. Hinter nassen Scheiben waren
die Wahrheiten zu sehen, die uns nun zunicken.

Da huscht ein Glanz durch sein Gesicht. Lässt er nun fahren
den Kummer, den das abendliche Licht verklärt?
Drängts ihn zu neuem Leben in den nächsten Jahren?

Betrauert er die Jugend? Sie ist längst verzehrt;
Die arme Wölfin tot - und wird nicht auferstehen.
Ob er noch immer ihren Klageliedern wehrt?

Gilt einem Land sein Lächeln, das er nie gesehen?
Sieht er sein Schiff die aufgewühlten Wellen spalten,
dem guter Wind und Sonnenlicht die Segel blähen?

Er sah die Blätter in den herbstlichen Gewalten,
wie sich im Wind der Eukalyptuszweig zerschlägt
und wie die Rosen neue Blütenpracht entfalten.

Und dieser traurige, sein scheuer Schmerz erträgt
die Tränen nicht, dass er sich hier für uns ermannt,
was seinem Antlitz einen blassen Zug aufprägt.

Ein stattliches Portrait schaut auf uns von der Wand.
Wir schweifen ab. Die heimische Tristesse ringsum
zertickt die alte Standuhr und wir werden stumm.


RE: Antonio Machado: El Viajero - Sneaky - 24.11.2014

Hallo Zaunkönig,

so genau habe ich noch nicht die Zeit gehabt um selber zu übersetzen. Aber mir gefällt die Terzinenausführung rein klanglich deutlich besser. Bezüglich des Inhalts meine ich, dass der in S 1 angesprochene kindliche Traum eines klaren Tages der Traum des Bruders war, also im Sinne von eines schönen Tages machte sich der Bruder infolge eines Kindertraumes auf.....

Für den Rest brauche ich mehr Zeit, mein Spanisch ist den Kinderschuhen bisher nicht richtig entwachsen.

Sneaky


RE: Antonio Machado: El Viajero - ZaunköniG - 24.11.2014

Hallo Sneaky,

Es ist die Geschichte eines Auswanderers der in seinem neuen Leben gescheitert ist und wieder zurückkehrte.

Dass es seine Träume waren, die dort zerplatzt sind ist schlüssig, aber die Vorstellung und Bewunderung, dass einer der unseren den Sprung gewagt hat in der weiten Welt sein Glück zu suchen, macht genauso Sinn - und die Desillusionierung ist im Grunde die Gleiche, weil sie sich auf das gleiche Schicksal bezieht.

ich wäre aber gespannt, wie du den Text umsetzt, - inhaltlich und metrisch.

ZaunköniG