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Monatsthema 9/10: Chimären
#1
Chimären, -

Ist das Sonett nun selbst eines, zusammengesetzt aus Quartinen und Terzinen, oder ist es hervorgegangen aus der Kanzonenstrophe? Ein Sonett kann auch als Rondell erscheinen, aber damit sind der Phantasie noch keine Grenzen gesetzt.

Das Monatsthema für September ist also ein Technisches:
Ein Sonett das auch einer anderen Gedichtgattung zugeschrieben werden kann, oder andere Gedichte enthält, Mischformen ect....
Beispiele für integrierte Haiku und Limericks gibt es bereits im Forum. Mal schauen, was euch sonst noch einfällt.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Hallo Zaunkönig,
das finde ich ja interessant. Ich habe schon lange keine Lust mehr, die "üblichen Formen"
zu nutzen. Da ist dies doch mal eine Aufgabe. Mir schwebt auch schon was vor....

Bravo cameleon

P.S.: wo kann ich denn die Sonette lesen, die zu den vergangenen Monatsthemen verfasst wurden?
Gibts die irgendwo als Zusammenfassuing?
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#3
Hallo Cameleon,

Unter der Forenankündigung "Monatsaufgabe" sind Links zu den einzelnen Monatsthemen.
Empfehlenswert sind die Threads zu Halloween und Van Gogh oder die Tenzonen ...
Mal schauen was aus diesem Thema wird, so vage schwebt mir auch schon etwas vor.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#4
Danke lieber Zaunkönig,
bin froh, dass ich hier nach längerer Abstinenz mal wieder gelandet bin.
Schon auf den 1. Blick sind sehr interessante Werke dabei rausgekommen.
Muss mich erstmal durchlesen. Besonders gefällt mir der Impressionismus.

LG cameleon
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#5
Dann mache ich doch mal den Anfang.
Dem Haiku hatte ich mich zwar schon einmal gewidmed indem ich es in ein klassisches Sonett eingebettet habe, hier aber ein anderer Ansatz: Die einzelne Zeile ist nicht mehr metrisch gegliedert, sondern syntaktisch nach dem 5-7-5 Schema des Haiku:


Brautflug

Er liegt in der Luft - Ein gewitterschwangerer ..Aufbruch ins Blaue.
Auf warmer Brache: Ein ausgeklügelter Bau; Speichel und Krume
locker angehäuft, zwischen Wegerich Gräsern ..und Flockenblume,
dort noch ein Häuflein - und noch eins, ungezählte ..Ameisenbaue.

Hinaus, nur hinaus - auf ein geheimes Zeichen ..schwärmt ein Gewimmel
über Stock und Stein. ..Das große Krabbeln beginnt. ..Ein hektischer Tanz,
Flügelgezerre - Ungeduld in den Gliedern - asphaltschwarzer Glanz.
Ein Drohnenleben.. nur für diesen einen Flug.. am tiefen Himmel.

Völkerwanderung: - Was fliegen kann, erhebt sich, .. dringt allenthalben
auf die Halmspitzen.. und schraubt sich in die Höhe. - Königinnentag.
Umschwärmt und umschwirrt - Liebestoll aufwärts taumelnd - Ein Fest für Schwalben

und ein Neuanfang. - Die Flügel abgebissen - in Wiese und Hag
zehrt sie sich fast aus, - wird, wenn sie es überlebt - Mutter der Nation
bis im nächsten Jahr.. die neue Generation.. auffliegt und davon-
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#6
Hallo Zaunkönig,
das gefällt mir. Eine ganze Geschichte in Haiku- und Sonettform.
Und da überwiegend in "Haikusprache" - neue Begriffe in jeder Zeile - wirkt das Ganze sehr bildhaft auf mich.
Was da alles so krabbelt und fleucht... toll... Bravo
Für mich ein Anstoß, als erstes auch mal zu versuchen, Haiku und Sonett zu kombinieren.
Denn alles, was mir bisher als Kombi vorschwebte, entpuppt sich als sehr schwierig.
Jedenfalls für den Anfang.

LG cameleon
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#7
Hallo, ist zwar schon woanders zu lesen ( http://www.leselupe.de/lw/titel-Draussen...-98654.htm ), aber vielleicht passt es ja zum Monatsthema

Das Weltgebälk erbebt - Was liegt da in der Luft
und öffnet tiefe Schrunden, - und schenkt mir diese Lüste?
zerfurchte Hiobskunden, - Sind's Deine festen Brüste?
die Balken sind verlebt - Ist's Dein so feiner Duft?

Am Grab der Erde steht - Soll ich Dich nicht verwöhnen
die alte, morsche Eiche, - mit Alabastercrem,
die Wurzeln bis zur Leiche, - Dich betten ganz bequem?
bis Ölgeruch verweht - Dich will ich mir versöhnen.

Es droht Defektgewimmel, - Ich mache Dir das Frühstück,
den Quanten Inflation, - Du magst doch Milchkaffee?
die Soden saugen Schimmel, - Was steht denn auf dem Keksglück?
dem Allkristall droht Fron - Vielleicht doch lieber Tee?
Zerrissen sind die Himmel, - Was uns ins rechte Gleis rück,
wir stehn am Chaosthron - ist warmer Babysee.


Versuch eines parallelen Doppelsonettes, bei dem es noch nicht gelingt, dass man die Zeilen auch jeweils inhaltlich durchgängig als zu _einem_ Sonett gehörig verstehen kann. Diese Form "der Sonnette im Sonett" finde ich aber interessant. Variationsmöglichkeit wäre ein "antiparalleles Doppelsonett" (links aufwärts, rechts abwärts zu lesen).

es grüßt
der.hannes
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#8
... und während ich hier noch angestrengt vor mich hin "hainette", ist der hannes mir zuvorgekommen
mit einem durchgestylten "Doppel-Sonett". Da werde ich mein ofenwarmes Werk
auch mal posten:

das meer in uns

auf dem wolkenturm - aeolus, gott des windes - im sonnensegel
kreist er den weiher - stockt das salz auf den lippen - schaurig sein flehen
draußen im nebel - wanderer am nordseestrand - unter dem pegel
watende schemen - in gedanken verloren - beim muscheldrehen

der alte leuchtturm - ächzend unter den jahren - schickt einen kegel
flutlicht aus dem all - meine suchende seele - kann ihn nicht sehen
der auf den dünen - mit mir den sonnenkreis tanzt - wider die regel
schmerzende glieder - verweigern den liebesdienst - was ist geschehen

auf sanften wogen - möcht dein lächeln ich tragen - sag, bist du bereit
jeder ist einsam - hör ich dich sagen, komm mit - in mein inselhaus
folge den spuren - lass uns lachen und weinen - sieh, die ewigkeit

hoch im starenbaum - letzte töne des sommers - zarter ohrenschmaus
von see weht der wind - verwunschene oasen - geschluckt von der zeit
wohin ich ahne - lebt das meer in den liedern - atmet ein und aus

© karin rohner 2010
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#9
Hallo Cameleon,

Da ist dir ein stimmungsvolles Stück gelungwen, aber als "Hainett" weist es noch einen kleinen Formfehler auf:

umkreist er den weiher = 6 Silben


LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#10
Danke, Zaunkönig,

das "Hainetten" hat richtig Spaß gemacht.
Da kann ich mich schon mal verzählen. Rolleyes Ich habe das "um" gelöscht.
Mal sehen, was man noch so in einen Topf werfen kann...
Ich dachte zuerst an Sonett und Triolett - oder Sonett und Ritornell...
Aber wir haben ja noch Zeit für weitere Experimente.

LG cameleon
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#11
Mischsalat
Kaufe dir Mais, das in Blättern verpackt,
hol dir Tomaten und leg sie zum Tisch,
nimm dir auch Gurken, noch knackig und frisch,
schliesslich dann Grünzeug, nur ja nicht zerhackt.

Nun putze den Mais, den du nachher erwärmst,
und wasch dir die Roten, dann teil sie in Scheiben,
die Gurken in kaubare Grössen zerschneiden,
die Blätter zum Schluss, wo du Untier entfernst.

Nimm Mayo und Senf für die passende Sauce,
mit Würze und Kräutern vermengen zur Masse,
dann mische mit Kuhmilch, Balsamico, Öl.

Nun decke den Tisch dir mit Kerze und Rose,
mit Teller, Bestecken und Weinglas statt Tasse,
und kau das Sonett zum Salat mit Gegröl.
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#12
ich hab mal was probiert - ob außer einem Sonett noch eine
andere Form drin steckt - vielleicht ein Rondeau...
... man mus es schon ganz speziell betonen... Fluestern

mein schwein eulenspiegel Icon_redface

mein schwein eulenspiegel
teurer augenstern
wenn ich sacht dich striegel
mein schwein eulenspiegel
dann wirst du zum igel
doch ich hab dich gern
mein schwein eulenspiegel
teurer augenstern

kein grund zu verzagen -
arglist liegt dir fern
du grunzt vor behagen
statt um dich zu schlagen
mein schwein eulenspiegel
teurer augenstern

cameleon 2010
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#13
Hallo Cameleon,

Vielleicht eher ein Triolett?


Dann muß ich ja wohl auch noch eines nachlegen.
Ein Sonett in Distichen
XxxXxxXxxXxxXxxX(x)
XxxXxxX XxxXxxX(x)

zu Ennio Morricones --> Extasy of Gold



Früh das Gegrummel der Trommeln verstummt: Nur ein einziger Ton
So als erwartetest Du - längst schon die Ohren gespitzt -
Solch einen Morgen und horch - Voll Klarinettenklang sitzt
ringsum die Luft. Das Klavier spielt eine Lenzimpression,

"Marsch!" spielt die Trommeleskorte, Gesang in der Dämmerung lag,
Schwebende Geigen, der Chor: schwillt mählich an in ein Raunen -
Jetzt ist der Augenblick, jetzt steigen ein die erwachten Posaunen,
wetteifernd, hastig und laut. Pauken von fern, Schlag auf Schlag.

Durchatmen! - Nur diesen kurzen Moment... Dieses Zittern versteigt
auffordernd sich in Gewalt, bald übertönt den Sopran
Ein infernalischer Bläsersturm: anschwellend, abschwellend, vorn:
Helle Fanfaren im Takt, hinten verhalten das Horn
blendet den Trubel kurz aus wie es Witterung aufnimmt. Da zeigt
jedes sich Hals über Kopf, taumelnd im gierigen Wahn.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#14
Hallo Zaunkönig,

wie schön, ein Sonett in Distichen... hatte schon fast vergessen,
dass es diese kleinen Dinger auch noch gibt... der Rhythmus... unverkennbar...
haben wir vor Jahren im andern Forum bis zum Exzess geprobt...
muss ich auch mal wieder probieren...

Morricones Extasy of gold kenne ich zwar nicht... aber auf Grund Deiner
Zeilen kann ichs mir lebhaft vorstellen... Bravo

es erscheint mir logischer, ein Sonett mit Zwei- oder Dreizeilern zu kombinieren...
aber das mit dem Triolett trifft meine Schweine-Zeilen wohl am nächsten...

Smile cameleon
Des Daseins eigentlichen Anfang macht die Schrift.
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#15
Hallo Cameleon,

Es ist eine Filmmusik aus "The good, the bad and the ugly" deutscher Titel "Zwei glorreiche Halunken" Wenn dir die Musik gerade nicht präsent ist: Ich habe den Titel auch mit einem Link hinterlegt.

LG ZaunköniG
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#16
Hallo ZaunköniG,

ein sehr interessantes Experiment, dein Disticho-Sonett.
Eine Frage dazu hätte ich noch:

In einem daktylischen Distichon endet der Hexameter ja grundsätzlich mit einer Senkung (nicht fakultativ, wie die Klammer in deinem Schema anzudeuten scheint), ebenso wie der Pentameter grundsätzlich mit einer Hebung endet. Diese metrische Form lässt sich bei einer Reihung wegen des Reimschemas a b b a nicht ohne weiteres auf das italienische Sonett übertragen, wohl aber auf die englische Sonettform - mit Ausnahme des Couplets.
Vielleicht aber war dir dieser Punkt im Zusammenhang mit dem ja sehr reizvollen Experiment auch gar nicht so wichtig?

LG Francesco
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#17
Hallo Francesco,

Du hast natürlich Recht, was die Endsilben betrifft, aber wie du selbst angemerkt hast, wäre es auch im englischen Sonett nicht konsequent umzusetzen gewesen.
Ich halte den Wechsel von unbetonter und betonter Endung aber auch nicht für so wesentlich. Mir kam es hier mehr auf den Hebungsprall im Pentameter an, der für mein Ohr mehr Dynamik erzeugt.

LG ZaunköniG
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#18
Hallo ZaunköniG,

rur als winzige Ergänzung: “Hebungsprall im Pentameter“ – dieser Synkopeneffekt ließe sich bei einer Übertragung der Distichenreihung auf die englische Sonettform sogar noch steigern, indem man aus dem Couplet, seinem Paarreim entsprechend, einen Doppelpentameter machte ... Nur so als Idee.

LG Francesco
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#19
Apropos Doppelpentameter:
Da hat sich doch ein Fehler eingeschlichen:

Zitat:Jäh das Gegrummel der Trommeln verstummt: Nur ein einziger Ton
So als erwartetest Du - längst schon die Ohren gespitzt -
Solch einen Morgen und horch - Voll Klarinettenklang sitzt
ringsum die Luft. Das Klavier spielt eine Lenzimpression,

In Zeile 3 muß natürlich wieder ein Hexameter stehen:

Zitat:Jäh das Gegrummel der Trommeln verstummt: Nur ein einziger Ton
So als erwartetest Du - längst schon die Ohren gespitzt -
Solch einen Morgen und horch - Klarinettenklang hellzwitschernd sitzt
rings in der
Luft. Das Klavier spielt eine Lenzimpression,

Dein Vorschlag für ein englisches Disticho-Sonett klingt ganz effektvoll, entfernt sich allerdings wiederum vom reinen Distichon.

ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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