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Sándor Reményik: Archimedes
#1
Ungarn 
Reményik Sándor
ungarischer Dichter
Siebenbürgen - heute Rumänien

Archimedes

Denn unser ganzes Leben ist nur ein trauriges Spiel...
Rauch vom Altar, welcher sich ins Nichts verirrt.
Aber hundertmal glücklicher ist die spielende Seele,
sanft schaukelt sie auf den Wogen ihres traurigen Feensees...
Ihr Spiel ist ihr wertvoller als das Leben.
Der träumenden Seele ist der Weg nicht dornenvoll.
Ins brennende Haus rennt sie zurück,
um ein farbloses altes Pergament zu retten,
nur aus Gewohnheit - einfach so - aus Zeitvertreib -
mit Gleichmut wischt sie sich das Blut vom Gesicht,
nichts ahnend von einer Wunde,
weil sie in Gedanken versunken nachdachte.
Der Tod, der ihr entgegenkommt, ängstigt sie nicht...
Sie blickt weder nach vorn noch nach hinten...

Selbst wenn schon sichtbar die geschliffenen Dolche
des Feindes im Mörderlicht gefährlich blitzen -
spricht sie kühl: "Verletze meine Kreise nicht!"


Übersetzung und copyright - Fallada
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#2
Grüß dich Fallada,

Dies ist zwar kein Sonett, aber dennoch ein interessanter Text. Kannst du mehr über den Autor verraten, vielleicht sogar zu der Entstehungsgeschichte des Gedichtes? Ungarn ist zwar nicht so sehr weit weg, aber die Sprache für einen normalen Deutschen doch recht exotisch. Bist du selbst Ungarin? oder hast du einen besonderen Bezug zum Land?

LG ZaunköniG

P.S.: Kennst du mich aus einem anderen Forum? Dein Nick kommt mir bekannt vor.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
ZaunköniG schrieb:Grüß dich Fallada,

Dies ist zwar kein Sonett, aber dennoch ein interessanter Text. Kannst du mehr über den Autor verraten, vielleicht sogar zu der Entstehungsgeschichte des Gedichtes? Ungarn ist zwar nicht so sehr weit weg, aber die Sprache für einen normalen Deutschen doch recht exotisch. Bist du selbst Ungarin? oder hast du einen besonderen Bezug zum Land?

LG ZaunköniG

P.S.: Kennst du mich aus einem anderen Forum? Dein Nick kommt mir bekannt vor.

Lieber Zaunkönig,

ich bin seit kurzem Mitglied im Philosophie Forum (Philo-Welt) und dort als Fallada registriert --- sonst wüsste ich nicht woher??? Aber es gibt ja sicher noch andere, die denselben Nicknamen haben...
Meine erste Frage hast du schon beantwortet... das Gedicht ist also, wie ich vermutet hatte, kein Sonett.

Ja, ich bin Ungarin.
Der Autor ist mein Lieblingsdichter und neben Albert Wass ("Die Hexe von Funtinele"--- auch mein Lieblingsdichter) der wichtigste Vertreter Siebenbürgens.

Nur wenige wissen, dass die linke Hälfte Rumäniens bis vor den Weltkriegen Ungarn war. Siebenbürgen ist das deutsche Wort für Erdély, was soviel bedeutet wie "alles von Wald bedeckt" und diese Bezeichnung schließt auch einen großen Teil der Karpaten mit ein. Es war noch vor gar nicht so langer Zeit das Herz Ungarns... Ceausescu hat dann ordentlich dafür gesorgt, dass das heute niemand mehr weiss... Der Dichter lebte um die Jahrhundertwende und erlebte den Beginn des Verfalls bereits mit. Diese Trauer um "das versunkene Atlantis" wie er es nennt, schwingt in seinen Gedichten mit. Er war tief religiös, aber nicht auf die herkömmliche Art --- mehr wie ein Einsiedler im Einklang mit sich selbst und der Natur.

Fallada
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#4
Hallo Fallada,


Ich habe inzwischen das mutmaßliche Original entdeckt.
http://mek.oszk.hu/01000/01052/html/vers...archimedes
In Ermangelung eigener Spachkenntnisse kann ich zwar keine Metrik bestimmen aber es ist wohl ein gereimtes Gedicht. Sollten wir versuchen, deine Übertragung auch in der Form anzugleichen?

LG ZaunköniG
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#5
Oh ja!!! Aber wie??? Hab doch keine Ahnung was Du meinst...

Fallada
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#6
Was ich mit Metrik meine?

Nun, im Deutschen und in vielen anderen Sprachen sind die Silben eines Wortes unterschiedlich stark betont. Bei fast allen mehrsilbigen Worten ist auch genau festgelegt welche Silbe stärker betont ist. Wie einsilbige Worte betont werden hängt dann von ihrem Umfeld ab. In deinen ersten beiden Zeilen

Denn unser ganzes Leben ist nur ein trauriges Spiel...
Rauch vom Altar, welcher sich ins Nichts verirrt.

gilt:

unser ganzes Leben trauriges*
Altar welcher* verirrt

* Bei "trauriges" ist die dritte Silbe ambivalent. Je nachdem wie der Satz weiterläuft kann man die Betonung wieder anheben oder unten lassen.
"welcher" ist kein sehr starkes Wort, es kann mit einer betonten Silbe beginnen oder man spricht beide Silben nur schwach.

Meine Lesart wäre also folgende:

Denn unser ganzes Leben ist nur ein trauriges Spiel...
Rauch vom Altar, welcher sich ins Nichts verirrt.

Man kann den Text sicher auch ganz anders betonen. Als Dichter versucht man aber die Sprachmelodie mitzuliefern und einen möglichst einheitlichen oder klaren Rythmus vorzugeben, das Metrum eben.

Jetzt verstehe ich aber gar nichts von der ungarischen Sprache, habe auch ihren Klang nicht im Ohr. Da müßtest du also selbst herausfinden wie die Betonungen im Original laufen. Oder ist im Ungarischen alles mehr oder minder gleich stark betont? Im Griechischen z. B. wird eher zwischen langen und kurzen Silben unterschieden. Die Italiener achten vor allem auf regelmäßige Verslängen. Hat im Original jede Zeile die gleiche Silbenzahl?

Tja, Fragen über Fragen...
aber die sollten doch Lösbar sein.

LG ZaunköniG
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#7
Hallo nochmal,

Kennst du die Philosophie von Archimedes? Kann es sein, daß auch das ungarische Gedicht bereits eine Übersetzung / Nachdichtung ist? Oder wie erklärst du dir den Titel?

Ich habe derweil mal versucht eine gereimte Version hinzubekommen:

Archimedes

Dies öde Leben ist nur vorgegaukelt...
Rauch vom Altar, der sich ins Nichts verliert,
doch glücklich die verspielte Seele flirrt,
die auf den Wogen ihres Feensees schaukelt.

Ihr Spiel ist mehr als dieses Leben wert:
Die Seele spürt des Weges Dornen nicht;
Ins Feuer kehrt sie wieder, loh und licht,
weil sie ein blasses Pergament begehrt.

Nur aus Gewohnheit, keinem Zweck gebunden,
wischt sie ihr eignes Blut sich vom Gesicht,
wird keine ihr bewußt von ihren Wunden,

weil sie gebannt in die Gedanken flieht.
Vom Tod persönlich fürchtet sie kein Leide,
da sie nach vorn nicht, nicht nach hinten sieht.

Und blitzt im Dunkeln die geschliffne Schneide,
selbst wenn der Mörder schon das Messer zieht,
mahnt sie nur, daß er ihre Kreise meide!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#8
ZaunköniG schrieb:Jetzt verstehe ich aber gar nichts von der ungarischen Sprache, habe auch ihren Klang nicht im Ohr. Da müßtest du also selbst herausfinden wie die Betonungen im Original laufen. Oder ist im Ungarischen alles mehr oder minder gleich stark betont? Im Griechischen z. B. wird eher zwischen langen und kurzen Silben unterschieden. Die Italiener achten vor allem auf regelmäßige Verslängen. Hat im Original jede Zeile die gleiche Silbenzahl?

Tja, Fragen über Fragen...
aber die sollten doch Lösbar sein.

LG ZaunköniG

Hallo Zaunkönig Tongue

Also ich versuch's mal...

ARCHIMEDES

Hisz minden dolgunk bús ték csupán,
Ol-ri füst, mely semmi-ségbe ved,
De ját-szó lelke bús tündértaván
Elringatózva százszor boldog az,
Kinek -ka drá-gább, mint az élet.
Kinek álmodva, - nem rögös az út,
Az é- házba aki visszafut
Egy színehagyott vén pergamenért
Csak megszokás-ból, - úgy - szórakozottan, -
Ki le-törli zömbösen a vért
Ar--ról, - nem sejtve, hogy sebet kapott,
Mert eldött, - elgondolkodott.
A halált aki észre sem veszi -
Kinek nincs érkese félni le...
Aki nem néz sem hátra, sem elöre...

Aki, ha villan már a gyilkos fény
Az ellenség fent él-ü rein -
Szól vösen: "Ne bántsd a reim!"

Ach je...:( ich habe bestimmt tausend Fehler gemacht... Tja, und das wäre wohl auch noch nicht alles, denn alle mit Akzent geschriebenen Buchstaben werden lang ausgesprochen - also ebenfalls betont. Leider kann man das hier wohl nicht so gut nachvollziehen, weil ich keine Akzente für lange ö's und ü's auf der Tastatur finden konnte... Vielleicht ist es leichter verständlich, wenn ich es nochmal versuche rhytmisch darzustellen... ich versuch's mal mit da -- daa -- di --- dii... Wink Big Grin

ARCHIMEDES

di daadi daadi daa daadi didaa,
daadaadi di, di daadidi daadi,
di daadaa daadi daa daadaadidaa
daadididaadi, daadi daadi di
daadi daadidi, - daa didi di daa... usw...

... komisch, klingt mir nicht so nach strikter Regelmäßigkeit...
Man könnte diese Sprache auch als eine Art Singsang am Besten beschreiben...
Als die Ungarn noch Nomaden waren, gaben sie jedenfalls ihre Mythen, Legenden und Märchen in Liedern weiter --- dieses "Singen" nennt man im ungarischen "regélni" was ungefähr soviel bedeutet wie "mythensingen"?
Es fällt mir nicht gerade leicht, die richtigen Worte zu finden, weil ich mich nie so genau mit dieser Thematik beschäftigt habe...:(

Kannst Du was mit all dem anfangen???

Fallada
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#9
ZaunköniG schrieb:Hallo nochmal,Kennst du die Philosophie von Archimedes?

Oh... ich glaube unsere Beiträge haben sich überschnitten... lass mich mal nachdenken, ich brauche ein bisschen Zeit...

Fallada
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#10
Zitat:Kannst Du was mit all dem anfangen???

Nun immerhin gibt es die Gegensätze betont/unbetont und kurz/lang.
Es scheint mir aber nach beiden Kriterien recht unregelmäßig.
Meine Version wäre ein Fünfhebiger Jambus, wobei 'Feensees' ist ja metrisch ein unmögliches Wort, weil man sowohl bei 'Feen' als auch bei 'Sees' die E's zusammen oder getrennt aussprechen kann. Wenn die Feen nicht allzu wichtig sind würde ich da gerne ein anderes Wort nehmen, daß eindeutig nur zweisilbig ist. 'Weiher' zum Beispiel.

Gibt es in der ungarischen Dichtung eine bevorzugte Versart?
Im Deutschen wäre es der fünfhebige Jambus: xXxXxXxXxX(x)
Im Französischen der Alexandriner: xXxXxXxxXxXxXx

wobei ein kleines x für eine unbetonte Silbe steht, ein großes X für eine betonte.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#11
ZaunköniG schrieb:Hallo nochmal,

Kennst du die Philosophie von Archimedes? Kann es sein, daß auch das ungarische Gedicht bereits eine Übersetzung / Nachdichtung ist? Oder wie erklärst du dir den Titel?

Grüß Dich Zaunkönig,

es ist weder eine Übersetzung noch eine Nachdichtung. Er hatte sich wohl mit dem Schicksal des Mathematikers Archimedes beschäftigt, wie er sich auch für andere Größen wie Beethoven und zeitgenössischen Dichtern interessierte und ihnen sehr schöne Gedichte widmete. Seine Interessen waren weitreichend, dazu gehörte auch die Alchimie... Eine große Anzahl von wunderbaren Gedichten widmete er der Bibel und er war ein großer Bewunderer des Übersetzers Károli Gáspár, der die Bibel ins Ungarische übersetzt hatte... diesem widmete er auch voller Verehrung für dessen Werk ein Gedicht.

So entstand auch sein Gedicht Archimedes. Über ihn habe ich folgendes im Internet gefunden:

"Über seinen Tod gibt es folgende Anekdote: Als die Römer Syrakus endlich einnahmen, war Archimedes wieder einmal tief in geometrische Betrachtungen versunken. Zu diesem Zweck hatte er wie üblich geometrische Konstruktionen in den Sand vor seinem Haus gemalt. Als nun ein römischer Soldat vorbeikam, der ihn vielleicht gefangennehmen wollte, herrschte ihn Archimedes nur an: "Störe meine Kreise nicht!" Dies brachte den Soldaten so in Zorn, dass er den alten Mann erschlug. Eine andere Version besagt, dass Archimedes goldene Geräte (vielleicht ein Planetarium) zum siegreichen römischen Feldherrn Marcellus bringen wollte und unterwegs von einem plündernden Soldaten getötet wurde."

Fallada
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#12
Archimedes

Dies öde Leben ist nur vorgegaukelt...
Das "öde Leben" klingt sehr verstimmt und wenig poetisch
Rauch vom Altar, der sich ins Nichts verliert,
doch glücklich die verspielte Seele flirrt,
die auf den Wogen ihres Feensees schaukelt.
schön... aber es heisst doch "trauriger Feensee"

Ihr Spiel ist mehr als dieses Leben wert:
Die Seele spürt des Weges Dornen nicht;
auch schön... aber das "träumende" fehlt
Ins Feuer kehrt sie wieder, loh und licht,
... ins Feuer kehrt sie zurück
weil sie ein blasses Pergament begehrt.
... nicht begehrt... retten will sie das wertvolle - für andere blasse - Pergament

Nur aus Gewohnheit, keinem Zweck gebunden,
wischt sie ihr eignes Blut sich vom Gesicht,
wird keine ihr bewußt von ihren Wunden,

weil sie gebannt in die Gedanken flieht.
Vom Tod persönlich fürchtet sie kein Leide,
da sie nach vorn nicht, nicht nach hinten sieht.
... weiss nicht, erkenne den Geist darin nicht wieder

Und blitzt im Dunkeln die geschliffne Schneide,
... die geschliffenen Dolche sind doch sichtbar und es heisst doch "Mörderlicht"...
selbst wenn der Mörder schon das Messer zieht,
mahnt sie nur, daß er ihre Kreise meide!
... mahnt sie kühl... und es ist doch wörtliche Rede...

Ach je, Du hast Dir ja wirklich ganz viel Mühe gegeben!!! Und ich finde es
auch nicht schlecht, aber es ist halt so in ein Korsett gezwängt und hat nichts mehr
von diesem freien traurigen und so starken mutigen Geist... :(
Ich lasse es so wie es ist. Es ist eben kein Sonnett und passt wohl nicht hier rein. Man sollte nichts erzwingen... Smile

Trozdem vielen Dank für Dein Interesse!!! Ich habe mich so darüber gefreut!!! Tongue Fallada
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#13
ZaunköniG schrieb:
Zitat:Kannst Du was mit all dem anfangen???

Nun immerhin gibt es die Gegensätze betont/unbetont und kurz/lang.
Es scheint mir aber nach beiden Kriterien recht unregelmäßig.
Meine Version wäre ein Fünfhebiger Jambus, wobei 'Feensees' ist ja metrisch ein unmögliches Wort, weil man sowohl bei 'Feen' als auch bei 'Sees' die E's zusammen oder getrennt aussprechen kann. Wenn die Feen nicht allzu wichtig sind würde ich da gerne ein anderes Wort nehmen, daß eindeutig nur zweisilbig ist. 'Weiher' zum Beispiel.

Gibt es in der ungarischen Dichtung eine bevorzugte Versart?
Im Deutschen wäre es der fünfhebige Jambus: xXxXxXxXxX(x)
Im Französischen der Alexandriner: xXxXxXxxXxXxXx

wobei ein kleines x für eine unbetonte Silbe steht, ein großes X für eine betonte.

LG ZaunköniG

Lieber Zaunkönig Tongue

Ich glaube, das alles ist mir zu hoch. Es fällt mir irgendwie schwer, ein Gedicht
so analytisch zu betrachten. Ich fühle es mehr von innen und genieße und trinke die Worte... es ist wie reines Wasser für mich...

Ich kann Dir auch gar nicht sagen, was in Ungarn die bevorzugte Versart ist :(

Fallada
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#14
Hallo Fallada,

Jede Übersetzung oder Bearbeitung ist irgendwie auch eine Interpretation. Ein anderer Leser wird vielleicht noch ganz andere Aspekte finden oder unterschlagen. Natürlich sind manche Verschiebungen dem 'starren' Korsett geschuldet, aber das macht den Dichter aus, daß er sich diese Formen dienstbar macht, statt sich ihnen unterzuordnen. Dies war doch nur ein erster Wurf, sicher kommt man noch näher dran.

Wie interpretierst du das 'traurige Leben' ? In Zeile 2 schreibt er von Rauch, der sich auflöst, daher habe ich es in Bezug auf Vergänglichkeit = Sinnlosigkeit gelesen. Da finde ich, passt öde ganz gut. Ich dachte auch an 'arm(selig)' aber arm an Seele ist es ja gerade nicht.

Ich verstehe auch den Feensee nicht recht, muß ich gestehen. Der See ist doch die Metapher für das Leben und die Seele schwebt darüber oder darauf. Bei einem 'Feensee' gehe ich aber davon aus, daß der See selbst beseelt ist.

Daß er das blasse Pergament retten will. sehe ich auch so, da bin ich wohl nicht deutlich genug.

Wie ich deine Version lese, ist der Dolch nur sichtbar, weil er im Mörderlicht blitzt. Aber was ist Mörderlicht? Ein Licht das vom Mörder selbst ausgeht? Ich denke nicht. Vermutlich eher ein gedämpftes Zwielicht, wo Mörder und Messer eben nur noch andeutungsweise erkennbar sind. Das ist finde ich aber gar nicht so wichtig. Entscheidend finde ich, daß die Seele ihren Mörder sehr wohl erkannt hat und dennoch furchtlos bleibt.


Ich werde mich die Tage nochmal dranmachen und wenn sonst nichts hilft: Mit 2 Silben mehr pro Zeile steigen die Ausdrucksmöglichkeiten rapide an.

LG ZaunköniG.
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#15
Wie interpretierst du das 'traurige Leben' ?
Meinst Du "trauriges Spiel"? Ich glaube, damit meint der Dichter sich selbst,
sein einsames Spiel mit den Worten, die er schreibt. Denn ein Spiel ist es doch wohl --- aber eben ein einsames, das er auch mit niemandem teilen kann...


In Zeile 2 schreibt er von Rauch, der sich auflöst, daher habe ich es in Bezug auf Vergänglichkeit = Sinnlosigkeit gelesen. Da finde ich, passt öde ganz gut. Ich dachte auch an 'arm(selig)' aber arm an Seele ist es ja gerade nicht.
Ich glaube, der Rauch, der vom Altar aufsteigt, ist die Seele oder noch besser: der Geist, der nach dem Tod sich aus seinem Körper löst und aufsteigt. Deshalb benutzt er wohl auch das Bild des "Altars", sinnbildlich für das "Heilige Mysterium des Todes". Dass der Rauch sich ins Nichts verirrt, könnte auch bedeuten, dass der Dichter aus Bescheidenheit nicht sagen möchte: "Zu Gott" --- obwohl er Ihn doch laut seinen Gedichten liebt... aber er ist sich vielleicht noch nicht ganz sicher, was mit ihm in diesem Moment sein wird --- eben weil er so demütig ist...

Ich verstehe auch den Feensee nicht recht, muß ich gestehen. Der See ist doch die Metapher für das Leben und die Seele schwebt darüber oder darauf. Bei einem 'Feensee' gehe ich aber davon aus, daß der See selbst beseelt ist.
Ach ja...Big Grin Der Feensee ist eine eher unschöne Bezeichnung für "tündértaván". In den ungarischen Märchen spielen die Feen eine sehr große Rolle. Meistens sind sie die Führer, die Helfer in der geistigen Welt --- selten sind sie "Verführer". Ich denke aber, dass hier eher die "Vizitündérek", die Wasserfeen/Nixen gemeint sind, die in dem See leben...

Daß er das blasse Pergament retten will. sehe ich auch so, da bin ich wohl nicht deutlich genug.

Wie ich deine Version lese, ist der Dolch nur sichtbar, weil er im Mörderlicht blitzt. Aber was ist Mörderlicht? Ein Licht das vom Mörder selbst ausgeht? Ich denke nicht. Vermutlich eher ein gedämpftes Zwielicht, wo Mörder und Messer eben nur noch andeutungsweise erkennbar sind. Das ist finde ich aber gar nicht so wichtig. Entscheidend finde ich, daß die Seele ihren Mörder sehr wohl erkannt hat und dennoch furchtlos bleibt.
Im ungarischen heisst es ganz wörtlich: Der, wenn schon das mordende Licht aufblitzt auf den scharfen Messern des Feindes... (das Wort "Mörderlicht" stammt von mir, ich dachte es passt...Rolleyes)


... tja... da bin ich aber gespannt... Big Grin

Fallada
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#16
ich habe gerade die Lebensdaten ermittelt:

Reményik Sándor (1890-1941)

damit fällt der Text noch bis einschließlich 2011 unter Urheberrechtsschutz (Bis Ablauf des 70sten Kalenderjahres nach dem Tod des Urhebers), was auch für Übersetzungen und Bearbeitungen gilt. Nun habe ich zwar keine übermäßige Angst kontrolliert oder gar bestraft zu werden, aber da ich selber Künstler bin schützt dieses Gesetz auch meine Rechte. Daher habe ich den Text mal hier in die "Verschlußsachen" verschoben. Zugang haben nur Registrierte Forenmitglieder, die selbst eine Übersetzung geliefert oder konstruktive Kritik geübt haben. Die Freischaltung erfolgt manuell durch mich. Mit diesen Eingeschränkten Zugriffsrechten, denke ich, ist es keine Veröffentlichung mehr im Sinne des Urheberrechtes.
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#17
Hallo Fallada,

die Archimedes-Legende habe ich gerade erst entdeckt.
Sie erinnert ein Wenig an die Anekdote eines anderen griechischen Philosophen. Ich glaube es war Diogenes, dem Alexander der Große aus Anerkennung und Bewunderung einen Wunsch erfüllen wollte, der aber wünschte nur: "Gehe mir aus der Sonne!"

LG ZaunköniG
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#18
ZaunköniG schrieb:Hallo Fallada,

die Archimedes-Legende habe ich gerade erst entdeckt.
Sie erinnert ein Wenig an die Anekdote eines anderen griechischen Philosophen. Ich glaube es war Diogenes, dem Alexander der Große aus Anerkennung und Bewunderung einen Wunsch erfüllen wollte, der aber wünschte nur: "Gehe mir aus der Sonne!"

LG ZaunköniG

... das ist ein wunderbarer Vergleich! Du hast Recht, es ist genau dieselbe Botschaft!

Tongue Fallada
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#19
Hallo Fallada,

Ich habe die Beiträge zum Urheberrecht mal als eigenes Thema ins 'Cafe' geschoben, damit es diesen Tread nicht zerreißt, dort ist sicher noch nicht alles gesagt.

Nun aber wieder zu Archimedes:

Zitat:Man könnte diese Sprache auch als eine Art Singsang am Besten beschreiben...

Bei 'Singsang' fiel mir spontan mal der Daktylus ein,
xXxxXxxXxxXx
den ich hier mal vierhebig versucht habe:



Archimedes

Dies traurige Leben ist nur vorgegaukelt,
Altarrauch, der sich in die Leere verliert,
doch glücklich der Geist, der beim Wellenspiel flirrt,
der sanft überm traurigen Feensee schaukelt.

Sein Spiel ist viel mehr, als der Lebenshauch wert;
Die Dornen am Wege beachtet er nicht,
geht zurück in das brennende Haus, loh und licht,
weil ein blasses Papyr er zu retten begehrt.

Wie er es gewohnt, keinem Zweck je verbunden,
wischt er sich das eigene Blut vom Gesicht,
hegt keine Gedanken an eigene Wunden,

schon längst in die Welt der Ideen geflohen.
Er fürchtet vom Tode persönlich kein Leide;
Er richtet nach vorn nicht, noch rückwärts die Sicht,

Und funkelt schon auf die geschliffene Schneide,
selbst wenn ihm die Messer der Mörder schon drohen,
so mahnt er nur: "Stör' meine Kreise jetzt nicht!"
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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