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Deutsche Sprache - schwere Sprache
#2
Die Gegenseite ist mit Peinlichkeiten nicht weniger zimperlich.

Da wäre z.B. Helmuth Karasek. Nach Ranicki wohl der bekannteste deutsche Literaturkritiker. - Sprachgefühl?

Da gab es den legendären Bild-Artikel:

Zitat:Diese 10 Wörter sterben aus!
Prof. Karasek hat mit ihnen noch einmal eine Geschichte geschrieben
Wörter, die wir nie vergessen dürfen

Bestseller-Autor Professor Helmuth Karasek (73) schreibt exklusiv in BILD eine Liebeserklärung aus den zehn schönsten Wörtern (fett gedruckt), die von der Jury des bundesweiten Wettbewerbs
„Das bedrohte Wort“ gewählt wurden.

Sie klingen wie aus vergangenen Tagen:

„blümerant“ (schwindelig), „Kleinod“ (Schatz), „Labsal“ (Erfrischung, Stärkung).

Schließlich sollen unsere Enkel doch auch noch wissen, was ein „Dreikäsehoch“ (vorlautes Kind) ist.



Aus der Ferne

"Du bist mein Kleinod!", dachte er. Aber da
du weit weg bist, wird mir ganz blümerant
vor Sehnsucht. Und ich komme mir winzig
und verlassen vor wie ein Dreikäsehoch.
Nur dein Bild bleibt mir zur Labsal. Ich will dich
nicht bauchpinseln, aber du bist mein einziger
Augenstern. Weil ich dir das nur fernmündlich
sagen kann, flüchte ich in ein Lichtspielhaus.
"Sei mir hold", flüsterte er im dunklen Kino.
Und komm zu mir zurück in deinem süßesten Schlüpfer!

*


Man weiß nicht vor wem man mehr Erschrecken soll: Über die Jury, die die zehn Worte ausgewählt hat, oder über den "Bestseller-Autoren", der daraus diesen Quark zusammengepanscht hatPatsch

Ich will mich hier nicht mit Fehlern in der Handlung oder der Interpunktion aufhalten. Nur kurz meine Meinung zu den Worten:

KleinodEin schönes Wort, aber ist es bedroht?
blümerant Ein Lehnwort aus dem Französischen. Warum steht es auf der Liste bedrohter deutscher Worte?
Dreikäsehoch Die Beispiel ist wohl der Gipfel der Stumpfheit, wenn man mir dies gepanschte Bild einmal nachsehen will. Was denn: Drei Camenbert? oder drei Brie? Der Begriff stammt aus einer Zeit, wo der Käse noch sprichwörtlich zum Bahnhof gerollt wurde. Der Umfang so eines Käserades konnte dann auch scherzhaft als Hilfsmasstab dienen um die Größe eines Kindes zu beschreiben. Der Dreikäsehoch ist nicht einfach aus der Mode gekommen, sondern hat seine Bildhaftigkeit verloren. Bitte nicht wiederwählen!
Labsal kennt man, genau wie "erquickt" nur noch aus alten Texten. Bibelzitate fallen mir da ein. Tatsächlich ein bedrohtes Wort, aber er nennt ja selbst deutsche Alternativen.
bauchpinseln Solche scherzhaften Wendungen unterliegen mehr als andere Worte der Mode. Ganz natürlich, daß solche Worte kommen und gehen.
Augenstern bedroht?
fernmündlich bedroht ja, aber schützenswert? Warum soll man für eine moderne Technik nicht auch ein modernes Wort verwenden? Mir fällt jetzt kein Satz ein, wo "fernmündlich" präziser oder gefühlvoller wäre als "telefonisch" Geht es uns um Wortschutz oder um die treffende Aussage?
Lichtspielhaus Ganz ganz früher gab es Vorführstätten für die Camera Obskura, für Schattentheater, oder es wurden künstliche Fatamorganas erzeugt. Diese Lichtspielhäuser waren auch die natürlichen Kanditaten um die ersten laufenden Bilder vorzuführen. Und anfangs waren noch nicht die erzählten Geschichten die sensation, sondern die neue Technik, die dort zum Einsatz kam. "Lichtspielhaus" erzeugt eine "Atmosphäre", die die Stimmung in den heutigen Multiplex-Kinos für mich nicht richtig beschreibt. "Lichtspielhaus" nicht vergessen, aber bitte sparsam/gezielt verwenden.
hold "hold" kommt vom "huldigen" also im Beispielsatz "Sei mir anbetungswürdig". Er betet seine Geliebte also nicht nur an, wie andere Liebende, sondern fordert sie auf, sich anbetungswürdig, tugendsam zu verhalten. Das ist ein mittelalterliches Minneideal. Mag dem hinterhertrauern, wer mag, aber mit dem alten Frauenbild, verschwinden auch die zugehörigen Atribute aus dem Sprachgebrauch. Wenn solche Worte aussterben bedeutet es keine Verarmung der Sprache, sondern daß die Sprache Schritt hält mit der Gesellschaft.
Schlüpfer Wundert mich, daß dieses Wort auf der Liste steht. Ich höre und verwende es regelmäßig. Und, ähnlich wie bei fernmündlich fällt mir hier kein Satz ein, wo Schlüpfer besser platziert wäre als Slip, das ja den selben Wortstamm hat. bedroht? schützenswert?
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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RE: Deutsche Sprache - schwere Sprache - von ZaunköniG - 28.12.2008, 13:05

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