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Rudyard Kipling: September
#1
Indien 
At dawn there was a murmur in the trees,
A ripple on the tank and in the air
Presage of coming coolness- everywhere
A voice of prophecy upon the breeze
Up leapt the sun and smote the dust to gold
And strove to parch anew the heedless land
All impotently as a king grown old
Wars for the empire crumbling `neath his hand

One after one the lotus-petals fell
Beneath the onslaught of the rebel year
In mutiny against a furious sky
And far off winter whispered: “ It is well”
Hot summer dies. Behold your help is near
For when mens need is sorest then come I.

Im Morgenrot verflüsterten sich Bäume,
auf den Bassins lag Kräuseln, kühle Luft,
als ein Prophet, der in der Wüste ruft.
Dann schmolz der Sonnenaufgang diese Träume,
trieb seinen heißen Goldglanz in den Staub,
versengte neu die Flur mit Flammenstreich
gleicheinem alten Kaiser der sein Reich
selbst im Zerfall noch halten will durch Raub.

Das aufständische Jahr riss voller Wut,
die Lotosblätter eins ums andre ab
als es dem Zorn des Himmels Antwort gab
und ein noch ferner Winter sprach „`Nur Mut,
die Hitze stirbt, die Rettung nähert sich,
ist eure Not am größten spürt ihr mich".
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#2
Hallo Sneaky,

Kipling könnte man fast als Indischen Autoren zählen, aber ich lasse ihn mal hier.

Ein paar kleine Anmerkungen zum Text:

Der Wassertank in Zeile 2 erinnert mich an Regentonnen. Ich denke aber, daß hier eher ein Becken gemeint ist.

Die Zeilen 7/8, lese ich "...wie ein ohnmächtiger alternder König, der kämpft nur um sein Reich zu zerstören (crumbling - zerbröckeln)." "um" beschreibt meiner Meinung nach aber nicht die Absicht des Königs, sein Reich mit in den Untergang zu reißen, sondern die Folgerichtigkeit seiner Handlung. Also ein tragischer Verlauf. "stützen" mag die Absicht des Königs/Kaisers sein, aber das tragische Ende kommt bei dir nicht mehr vor.

In Zeile 12 gefällt mir das verkürzte "'S ist gut" nicht.
Wie wäre: Von fern der Winder füstert "Es ist gut!"

Du nimmst die letzten Zeilen mit in die wörtliche Rede?
Ich bin nicht sicher ob da wirklich noch der Winter spricht.
Die Not ist doch eher im Winter am größten. Ich meine, daß da eher der Frühling als kommender König gemeint ist.

Weißt du wo dieser Text entstanden ist?
Einerseits spricht er von Lotosblüten, andererseits von Winter - das irritiert mich ein bischen. Oder meint Kipling mit dem Winter den Monsun? Dann wäre er tatsächlich die Rettung für das ausgedörrte Land. Den Begriff Winter würde ich dann allerdings vermeiden.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Hallo zaunkönig,

die Lesart 7/8 bei mir ist die, dass ein alternder KJönig um sein Land noch kämpft, obwohl es ihm unter der Hand zerbörckelt, vergeblicher Kampf, so wie der Sommer vergelbich darum kämpft, sein Reich zu erhalten.

Bei den letzten Zeilen hab ich geschlampt und das Anführungszeichen ganz am Schluss vergessen. DAs ist also als wörtliche Rede gekennzeichnet. ICh verorte das Gedicht in Indien, vermutlich in der heißen JAhreszeit entstanden. Winter ist Winter, bezogen auf den Standpunkt des Betrachters. Was für uns kein Winter wäre, sit es dort sehr wohl. Es ist halt "Winter in Indien".

Gruß

Sneaky
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#4
Hallo Sneaky,

Zitat:Winter ist Winter

Das sehe ich nicht ganz so. Wenn eine wörtliche Übersetzung in der Zielsprache völlig andere Assoziationen auslöst als in der Quellsprache, dann ist es falsch übersetzt.
Wir leben heute in einer Welt, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell globalisiert ist. Ich nehme an, daß Kipling die Notwendigkeit sah den Begriff "winter" zu verwenden, weil "monsun" damals kaum jemand verstanden hätte.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
Hallo Zaunkönig,

ich war auf dem Sprung, deshalb hab ich nur kurz geantwortet. Jetzt etwas ausführlicher. Das Sonett ist aus den Collected Poems von Kipling, teilweise sind die Gedichte datiert, teilweise nicht, so wie dieses auch. Aber da die Datierung wenn sie da ist, chronologisch läuft, dann ist das Gedicht in den "1880-gern" entstanden. Da war er mW Korrespondent für eine englische Zeitung in Allahabad und für diese Zeitung in Indien auf Reisen. Wasser in Tanks zu sammeln war dort damals mW nicht ungebräuchlich, eine Art "einfache Dusche" wobei deine Lesart Becken auch was für sich hat. Aber da bleibe ich lieber beim Tank, er ist mir einprägsamer. Die Verkürzung "s ist" nehme ich raus danke.

Bei Winter gibts ein Schmankerl aus dem real life. Meine damalige Freundin war in der Regenzeit in Indien auf Urlaub bei einer Freundin. Die Haushälterin dieser Freundin lief in Strickjacke in der klimatisierten Wohnung rum und fragte meine Freundin, warum sie denn ausgerechnet im Winter Urlaub in ihrem schönen Land mache.

Eine andere Alternative wäre, dass Kipling hier auf das Hochland (Teile des heutigen Pakistan) anspielt, das er auch bereist hat. Dort ist echter Winter durchaus möglich. Monsun könnte man im Hinblick auf den Lotus auch vertreten, ist ein Zweisilber wie Winter, sogar ein Jambus im Gegensatz zum trochäischen Winter Smile

Gruß

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#6
Zitat:Eine andere Alternative wäre, dass Kipling hier auf das Hochland (Teile des heutigen Pakistan) anspielt, das er auch bereist hat. Dort ist echter Winter durchaus möglich.

Ich habe mal etwas der Lotosblume nachgeforscht.
Zwar gibt es heute auch Sorten die in unseren Breiten im Freiland gehalten werden können, aber dies sind Züchtungen, vermutlich Kreuzungen mit dem Amerikanischen Lotos. Was mich in meiner Einschätzung bestärkt, das echter Winter und Lotos nicht in die selbe Landschaft gehören. Nun, zumindest beim Winter sind die Grenzen fließend, und konkrete Angaben, was die (wilde) Lotosblume verträgt habe ich nicht gefunden.
Schade, daß wir das nicht abschließend klären können, aber wenn ich die Anekdote von deiner Ex lese, scheint mir die Deutung als Monsun / Regenzeit einfach plausibler.

Mach was draus.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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