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Wenig wissend
#1
Ein dummer Mensch bin ich, und halb verloren
in einem Leben, das bald wild, bald trübe,
in dem ich mich in Nichtigkeiten übe
und zürne allen, die mir falsch geschworen.

Nur weil ich mehr weiß als so mancher andre,
bin ich noch lang nicht klug, erst recht nicht weise,
bewege mich auf trügerischem Eise
und weiß nicht wo, wohin, wozu ich wandre.

Wie um mein Wissen Dümmre mich beneiden,
so neide ich ihr Wissen wahrhaft Klugen,
das Wissen, das mir fehlt und das ich liebe,

das keimt auf mir verschlossnen fernen Weiden,
das fällt durch meines Hirnes grobe Siebe,
das welkt in meines eignen Geistes Fugen.
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#2
Hallo Sonettista,

mir sind ein paar Geschmäcklichkeiten beim Lesen aufgefallen, die ich einbringen möchte. Je nach Gusto kann man natürlich gekappte Verben als Stilmittel ansehen oder nicht. Mein Fall ist das nicht so, auch wenn ich diese Sünde selber schon oft genug begangen habe und begehe.

Wenns möglich ist, versuche ich das aber zu lassen und in deinem V 1 wärs auch ohne weiteres möglich, etwa so:

Ein dummer Mensch bin ich, und halb verloren
in einem Lebensmix aus Wild und Trübe,
in dem ich mich in Nichtigkeiten übe
und allen zürne, die mir Falsches schworen.

Nur weil ich mehr weiß als so mancher andre,
bin ich noch lang nicht klug, erst recht nicht weise,
bewege mich auf trügerischem Eise
und weiß nicht wo, wohin, wozu ich wandre.

Hier gefällt mir das "wo, wohin" als Abfolge nicht so sehr. Die Frage "wo wandere ich und wohin" ist mir persönlich zu dividiert. Wenn ich nicht weiß, wo ich bin, weiß ich auch nicht wohin. Das ist eins für mich, auch wenns als tiefgründige Nabelschau passend ist.

In V 3 Z 1 könnte man der Elision vielleicht an den Kragen
So wie die Dümmeren nun mich beneiden, (dadurch fällt dir einmal Wissen weg, aber das ist mir persönlich zuviel Wiederholung).
Hinter "Klugen" würde ich einen Punkt setzen und in der nächsten Zeile groß beginnen.

Im letzten Satz könnte "eignen" eliminiert werden. Dass das der Geist des LI ist, muss mE nicht extra betont werden. das welkt in meines Geistes (Adjektiv ) Fugen.

Gern gelesen und wie gesagt an sich nur Geschmäcklichkeiten.

Gruß

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#3
Dank fürs Lesen und Kommentieren. Immer wieder gut zu lesen, wie etwas bei anderen ankommt!
Ich mag gekappte Verben gern - nicht allzu häufig, aber gelegentlich. Über andere Änderungsvorschläge denke ich nach; mir ist im Moment allerdings eher danach, es so zu lassen.
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#4
Meinem Geschmack würde es entsprechen, es so zu lassen. Ich respektiere jegliche formale Mängel, wenn sie daraus entstanden, dass der Regung unverzüglich Form gegeben werden musste, der "Umweg" über die Anpassung an formale Ideale für die Trance des Schreibens vielleicht zu erstickend gewesen wäre. Will heissen: Ich hatte grosse Freude, das Sonett zu lesen.
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#5
Das freut wiederum mich sehr!
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