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Lyrikleben
#1
- für meine Töchter -

Im Lyrikleben bin ich sanft, sensibel,
kein Mann von Härte, sondern der Gefühle.
Ich müh mich redlich, schreibe schön, penibel,
Sonett, Poem und der Balladen viele.

Im echten Leben ist der Mensch von Übel,
das Ich nicht nur ein lyrisches Gespiele.
Kein Regen fällt aus Goethes goldnem Kübel,
die wahre Wolke macht Morast und Kühle.

Wär unsre Sprache reines Versgeklingel,
und könnt mein Herz wie jene Helden lieben,
ihr lebtet ohne Zweifel frei wie Engel.
Ich aber bin von Niederem getrieben.

Doch würdet ihr nicht unten bei mir bleiben,
nicht eine Silbe könnte ich mehr schreiben.
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#2
Hallo Silvan,

Die Form (Reim / Metrum) sitzt ja bei dir, aber manche Bilder oder Vokabeln finde ich nicht so angebracht.

"Lyrisches Gespiele" oder "Versgeklingel" klingt für mich zu negativ, irgendwie nach hohlen Phrasen, nicht nach einem ,wenn auch uneinlösbarem Ideal.
Auch in Zeile 7/8: "Regen" klingt mir auch zu negativ um als Gegensatz zu "Morast und Kühle" zu taugen, da fehlt vielleicht ein Atribut wie "Frühlingsregen" oder Warmer Regen", außerdem suggeriert die Formulierung, daß eben kein Regen fällt, woher aber kommen Morast und Kühle? Es muß hier deutlicher werden, daß sehr wohl Regen fällt, aber aus weniger freundlicher Quelle.

Liebe Grüße

ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Lieber ZaunköniG,

danke für die Beschäftigung mit dem Sonett eines Forum-Neulings.

Bezüglich des Regens ist schlicht gemeint, dass dieser in der Lyrik aus "Goethes goldnem Kübel", also geschönt, fällt, im Leben dagegen aus der "wahren Wolke". Vielleicht habe ich das aber nicht deutlich genug ausgedrückt.

Die anderen angesprochenen Vokabeln (lyrisches Gespiele, Versgeklingel) habe ich durchaus mit negativem Touch beabsichtigt, der sich für mich daran festmacht, dass das Lyrikleben - so schön es ist - mit dem Leben unter Umständen nicht viel gemein hat, eine Realität neben der Realität darstellt.

Liebe Grüße
Silvian
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#4
Lieber Silvian,

Ich will ja nicht bestreiten, daß es einen Unterschied gibt zwischen Lyrik und Realität, aber gerade die großen unserer Zunft haben, wo es angebracht war auch immer wieder drastische Worte gefunden, ob in der Ilias von Hiomer, in Dantes Inferno, in Gryphius Menschliches Elende oder auch in Goethes Goetz von Berlichingen...
und wenn es speziell um Regenstimmungen geht, dann denk mal an den Erlkönig, an den Knaben im Moor oder die Regenballade....
Denke an Brecht oder an die Lyriks moderner Rocksongs.

Lyrik ist weit mehr als die vergoldeten und überzuckerten Verse aus Poesiealben. Ich bin zwar kein Goethe-Fan, aber hier tust du ihm Unrecht.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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