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John McCrae: In Flanderns Fields
#1
GB 
John McCrae 1872-1918

In Flanders fields the poppies blow
Between the crosses, row on row,
That mark our place; and in the sky
The larks, still bravely singing, fly
Scarce heard amid the guns below.

We are the Dead. Short days ago
We lived, felt dawn, saw sunset glow,
Loved and were loved, and now we lie
In Flanders fields.

Take up our quarrel with the foe:
To you from failing hands we throw
The torch; be yours to hold it high.
If ye break faith with us who die
We shall not sleep, though poppies grow
In Flanders fields

Auf Flanderns Fluren blüht in rot der Mohn,
rahmt Kreuze ein, ein jedes spricht davon
was uns verblieb. Am hohen Himmel singen
die Lerchen tapfer, doch die Lieder dringen
kaum erdwärts her durch der Kanonen Hohn.

Wir sind die Toten. Karger Lebenslohn:
ein Dämmern, Licht und Lieben, dann kam schon
die lange Nacht und wir vergingen
auf Flanderns Fluren.

Führt fort, was unser war, den Kampf, die Fron.
Die uns entglitt, tragt hoch davon,
die Fackel. Bleibt getreu uns, die schon gingen,
sonst finden wir nicht Frieden, blüht auch Mohn
auf Flanderns Fluren.
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#2
Hallo Sneaky,

Ein starker Text, und der blutrote Mohn, der dort auf den ehemaligen Schlachtfeldern blühte ist auch ein starkes Bild. Erst die Tage hatte ich daran gedacht, bei einer der vielen Gedenkanlässe.

Du hast dir in eine Hebung mehr pro Zeile gegönnt, was die Stimmung etwas elegischer macht, weniger treibend oder bedrängend als im Original. Trotz mehr Platz in den Zeilen bist du aber an manchen Stellen etwas weit abgewichen, was wohl dem engen Reimschema geschuldet ist. Deine letzte Strophe ist übrigens eine Zeile zu kurz geraten.

Gleich in Zeile zwei schreibst du von Kreuzen in einfacher Mehrzahl. Ich habe dort ein Grüppchen von 3 oder vielleicht 5 vor Augen, während das Original von Kreuzen Reihe um Reihe spricht, was das Massensterben viel eindringlicher in Szene setzt.

In Zeile 6 hast du die kurze Zeitspanne unterschlagen, die das Geschehene näher an den Leser heranrückt.

Es könnte ein Anti-Kriegsgedicht sein, doch die Schlußzeilen die gemahnen den Kampf fortzuführen, damit all die Toten nicht umsonst waren - sind doch recht bitter.
Weißt du in welchem Kriegsjahr das Gedicht entstand?

Gruß
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Hallo Zaunkönig,

ich bin auch nur per Zufall über dieses Gedicht gestolpert, Anlass war wie bei dir eine Gedenkfeier anlässlich der Reichskristallnacht.

Das Gedicht ist am 03.05.1915 geschrieben worden, anlässlich der Beerdigung eines guten Freundes des Autors, der im Zuge der zweiten Schlacht um Ypern gefallen ist,

Bezüglich deiner Kritikpunkte schau ich nochmal nach, wo ich nachbessern kann.

Danke und Gruß

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#4
Viel Möglichkeiten gibt's ja nicht bzw. finde ich nicht um den Text zu ändern.

John McCrae 18.11.1872-28.01.1918
Mohnblumen blühn auf Flanderns Flur
um Kreuz an Kreuz, der letzten Spur
von uns. Am hohen Himmel klingen
zwar Lerchenhymnen, doch ihr Singen
durchdringt kaum der Kanonen Dur.

Wir sind die Toten, lebten nur
ganz kurz im Licht und Liebe pur,
dann kam die Nacht in die wir gingen
auf Flanderns Flur.

Tragt nun die Fackel mit Bravour,
die uns entglitt, trotzt der Tortur
des Kampfs. Bleibt uns im Ringen
getreu, weil wir sonst untergingen
dass uns kein Frieden widerfuhr
auf Flanderns Flur.
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#5
Hier die erste Version überarbeitet:

Auf Flanderns Flur umweht der Mohn
zehntausend Kreuze, zeugt davon
was blieb. Am blauen Himmel singen
die Lerchen Hymnen doch durchdringen
sie kaum den Lärm, den Schlachtenton.

Nun sind wir tot nach kargem Lohn:
nach kurzem Licht und Lieben schon
nahm uns der Tod, uns zu verbringen,
auf Flanderns Flur.

Besteht den Feind, besteht die Fron.
Die uns entglitt, tragt hoch davon,
die Fackel. Bleibt uns treu, die gingen,
sonst flieht uns Schlaf, blüht auch der Mohn
auf Flanderns Flur.
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#6
Hallo Sneaky,

Beide Versionen finde ich besser als deine Erstfassung. Seltsam ist der Kanonen Dur. Das passt weder auf die reale Tonlage noch taugt es als Metapher. Da war die Reimnot wohl besonders groß. Auch der Hohn in der anderen Fassung klingt eher nach einem gesuchten Reim, kann man aber leichter durchgehen lassen.

"Lebenslohn" ist eigentlich der abschließende Lohn für das gegebte Leben, also ein Paradiesversprechen, ein gutes Gewissen oder die Gewissheit etwas hinterlassen zu können. All das was du aufzählst, ist aber mit dem Leben zu ende. "Lohn" passt da für mich nicht.

Durch dfie Vielfach-Reime ist es kein leichter Text, aber es ist dir doch eine Herausforderung, oder?


Gruß
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#7
Hallo Zaunkönig,

bei "dur" war die Überlegung "harter Klang" maßgeblich, und "Hohn" fand ich farbiger als einfach "Ton" zu setzen. Lebenslohn habe ich als "Lohn im Leben" gedacht gehabt, also synoym dafür, den sie während ihrer Lebenszeit nich viel hatten, aber das kann ich gleich ändern "karg war unser Lohn". Ist zwar auch nicht das gelbe vom Ei, aber dann weniger missverständlich. Klar ist das Gedicht eine Herausforderung, aber es wird wohl der Versuch der Quadratur des Kreises bleiben.

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#8
Nachdem ich mich mit meiner Kritik so weit aus dem Fenster gelehnt habe, versuche ich doch auch mal einen Wurf (Verdammt ist das hoch hier...)



In Flandern wogt von Mohn ein Meer,
blüht zwischen Kreuzen ringsumher, -
wo Lerchen in den Himmel stiegen
die tapfer singend höher fliegen.
Sie hörten nicht das Sturmgewehr.

Wir sind die Toten, kaum ist's her,
dass wir dort lebten, fielen, schwer
die Liebsten missten... Heute liegen
wir in Flandern.

Nehmt auf den Kampf dem Feindesheer,
die Fackel, unsrer Hand zu schwer,
sollt ihr zu unsrer Ehre kriegen.
Bleibt uns getreu! Wir sind verschwiegen,
doch schlafen nicht im Mohn ringsher
in Flandern.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#9
Find ich großartig und deutlich besser als meine. Respekt.

Sneaky
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#10
Na... bis auf die billigen und teils identischen Reime.... und das überzählige "wir" in Zeile 9...
Da ist noch genug Luft für weitere Versuche!

wer will noch mal? Wer hat noch nicht?

ZaunköniG
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#11
Hallo Sneaky, hallo Zaunkönig,

von den Schwierigkeiten, die das Gedicht beim Übersetzen bietet, einmal abgesehen, frage ich mich, ob man eine solche "Kriegsfreiwilligenpoesie" überhaupt übersetzen sollte. Mich stört extrem die unverblümte ( trotz Mohnblüten, die dauernd wehen) Aufforderung mit dem Sterben und Morden weiterzumachen. Die poppies sind ja in England (und ich glaube auch teilweise in Belgien und Frankreich?) zum Symbol für den sinnlosen Tod so vieler junger Männer an der Front geworden. Sie werden wohl an Gedenktagen im Knopfloch getragen. Die Rührseligkeit des Gedichts entspricht der in westlichen Ländern weiterhin trotzig behaupteten Notwendigkeit, Kriege zu führen. In diesem Gedicht verkommt aber meiner Meinung nach diese heroische und in vielem zynische Haltung zu einem unerträglich kitschig-verlogenen Postkartenmotiv. Man kennt ja diese Karten aus der Zeit, mit dem Engel der den frisch Gefallenen sanft umschlingt; der hat natürlich noch seinen Kopf und alle seine Gliedmaßen dran und sieht nicht so aus, wie die meisten der "auf dem Feld der Ehre" gebliebenen aussahen. Kurz gesagt, das ist ein Gedicht über das ich mich richtig ärgern kann. Für mich nur erklärlich, wenn es in den ersten Kriegswochen geschrieben sein sollte. Aber wenn der Autor 1872 geboren wurde war er ja mindestens 42 bei Kriegsausbruch! Da kann er doch unmöglich selbst in diesem Landsturmalter in Flandern im Graben gelegen haben, oder? Das macht ja alles noch viel schlimmer!

Gruß
Josef
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#12
Hallo Josef,

Die Fürsten rufen zum krieg, die Dichter aber betrauern die Toten.

So in etwa lässt sich wohl das Selbstbild der Künstler beschreiben. Es gehört aber zur historischen Wahrheit, dass sich auch eine um die Jahrhundertwende weitgehend kosmopolitisch orientierte Intelligenz sehr schnell von der Kriegspropaganda einfangen ließ. In diesen Kontext gehören dann auch Texte wie diese, die so ähnlich auch auf deutscher und französischer Seite entstanden sind - und noch krasser von NS-nahen Autoren wie Schuman und Anaker oder nicht minder verblendet die Stalinhymnen eines Becher, der ansonsten durchaus auch ein passabler Dichter war.
Es stimmt schon, dass solche Gedichte verstörend wirken, aber wir verhindern keinen Krieg wenn wir uns nur schulterklopfend gegenseitig als Gutmenschen feiern. Die eigenen Abgründe zu kennen gehört genauso dazu.

Über Jahrhunderte war der Krieg nicht nur Schreckliches Morden sondern hatte immer auch seine heroische Seite. Die findest Du in der Illias, in Rückerts geharnischten Sonetten oder auch im von Dir übersetzten Casabianca.
Erst durch die bis dahin unvorstellbaren Materialschlachten und den Einsatz erster Massenvernichtungswaffen im Verlauf des 1. Weltkriegs hat der Krieg seine Maske des Heroischen abgelegt. - Zumindest zeitweise in Mitteleuropa.

Bei einer Lesung oder in einem Buchmanuskript steht ein solcher Text natürlich nicht isoliert. Auch ohne ihn zu kommentieren stünde er im Kontext mit anderen Dokumenten, die mit fortschreitendem Kriegsverlauf immer erschreckter und pazifistischer würden.


Liebe Grüße
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#13
Hallo Zaunkönig,

ich gebe dir recht, dass 1914 viele Intellektuelle völlig verblendet den Krieg als Befreiung begrüßten, teilweise ihre Auffassung dann aber an der Front korrigieren mussten. McCrae als einem Sanitätsoffizier, der seinem Rang nach (Oberstleutnant) sicherlich auch keine Tragbahren aus der vordersten Linie schleppen musste, mag man eine gewisse elegische Sentimentalität zugestehen. Das ist ja immer das Problem, wenn Leute schreiben, denen die Kugenl nicht selbst und direkt um die Ohren geflogen sind. Ich bleibe aber dabei, dass es ein Gedicht hart am Rande des Kitsches ist; das ist auch der Grund, warum es sofort in alliierten Kreisen so populär wurde. Es verniedlicht das Grauen und vielleicht kann Lyrik in diesem Zusammenhang auch gar nicht "wahr" sein. Dem Trost über das sinnlose Sterben muss eine Prise romantischer Ästhetik übergestülpt werden, damit der Schmerzensschrei in der Brust sich sinngebend patriotisch löst. Es ist in seiner Art tatsächlich ein Zeitzeugnis und auch von einer gewissen literarischen Qualität. Nicht umsonst ist es das einzige Gedicht, das man noch von McCrae kennt.

Ich habe ein Kriegsgedicht, das 100 Jahre früher, 1803, entstand ins Forum eingestellt. Es ist von Th. Campbell, der den Krieg noch ganz traditionell als notwendiges Übel der Politik ansieht. Auch dieses Gedicht "Hohenlinden" ist von der Feldherrenperspektive" erzählt. Ich finde aber, Campbell ist es gelungen, die schicksalshafte Unentrinnbarkeit für den Soldaten, zwingend darzustellen.
Wie gesagt, Campbell stellt den Krieg nicht in Frage, er thematisiert nur die Unausweichlichkeit des Opfers unter diesen Bedingungen. Dami,t denke ich, ist er auf der Höhe der Zeit. Mehr war damals an Kritik noch undenkbar, oder irre ich da?

Gruß
Josef
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#14
Hallo Josef,

Campbell sah den Krieg noch traditionell, wie die Kabinettskriege eben geführt wurden. Als Konflikt zwischen Dynastien, nicht unter Völkern. Die Großreiche der Perser, Griechen, Römer, Mongolen, Seldschuken und auch das Frankenreich waren Vielvölkerstaaten. Eine National-Bindung war nicht besonders ausgeprägt, was schon Alexander zugute kam in seinem Kampf gegen die Perser, aus ein Großteil der feindlichen Truppen einfach überlief als sie sahen wie schwach ihr eigener Anführer war.

Deutsche und italienische Kleinstaaterei beruhte auf diesem dynastischen Denken, dem Ehrgeiz der Kleinfürsten aber auch dem langen festhalten an der alten päpstlich-kaiserlichen Ordnung. Dagegen hatten es die Franzosen nie verwunden, dass in der Nachfolge Karls die Kaiserkrone an die deutsche Seite gefallen ist.

Mit der französischen Revolution verbinden wir Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, aber spätestens Napoleon hat ganz gezielt die nationale Karte gespielt, einerseits um die eigenen Truppen zu sammeln, aber auch um die Vielvölkerstaaten ringsum zu zerrütten. Vor allem das Habsburger Reich, aber auch Preußen war seinem Ursprung nach mehr slawisch als deutsch und noch in diesem Jahr konnten wir sehen das auch Großbritannien keine echte Nation im Wortsinne ist.

Diese zunächst von Frankreich geschürte nationalistische Welle fachte aber nicht nur den Unabhängigkeitskampf der Polen und Süd-Slawen an sondern einte letztlich die Deutschen im Kampf gegen Napoleon. Die Geister die er rief....

Campbells Text klingt moderner, aufgeklärter weil er auf völkische Rhetorik verzichtet, aber er tut es vor einem anderen Hintergrund mit einem anderen Selbstverständnis als spätere Antikriegs-Dichter.

Das "unausweichliche Opfer" würde man wohl heute "alternativlos" bezeichnen. Bedeutet die Überwindung des Nationalismus, dass wir in vor-willhelminisches Denken zurückfallen?
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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