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Joanna Baillie: Song of the Outlaws
#1
Gb-Schottland 
Joanna Baillie

Song of the Outlaws

The chough and crow to roost are gone,
The owl sits on the tree,
The hush’d wind wails with feeble moan,
Like infant charity.
The wild-fire dances on the fen,
The red star sheds its ray,
Uprouse ye, then, my merry men!
It is our op’ning day.

Both child and nurse are fast asleep,
And clos’d is every flower,
And winking tapers faintly peep
High from my lady’s bower;
Bewilder’d hinds with shorten’d ken
Shrink on their murky way,
Uprouse ye, then, my merry men!
It is our op’ning day.

Nor board nor garner own we now,
Nor roof nor latched door,
Nor kind mate bound by holy vow
To bless a good man’s store;
Noon lulls us in a gloomy den,
And night is grown our day,
Uprouse ye, then, my merry men!
And use it as ye may.

Orra, 1812

Joanna Baillie

Lied der Gesetzlosen
Ü: Josef Riga

Die Krähen liegen faul im Nest,
Die Eule sitzt im Zweig,
Ein Wind sich schwächlich spüren lässt,
Wie’n Kleiner-Jungen-Streich.
Das Moor wird heut’ zur Flammenbeute,
Mars steht im Himmel drin.
Steht auf, nur auf, ihr lust’gen Leute!
Für uns ist Schichtbeginn.

Das Kind, die Amme schlafen immer,
Blumen hat’s hingerafft;
Es blaken Kerzen, oben, im Zimmer
Meiner „lieben“ Ladyschaft.
Verwirrtes Wild sieht man heute,
'S find’ seinen Weg nicht hin.
Steht auf, nur auf, ihr lust’gen Leute!
Für uns ist Schichtbeginn.

Uns fehlen Schrank und Vorratseimer,
Auch Herd und feste Riegel,
In unsern Reihen ist nicht einer,
Wo’s Wort auch taugt zum Siegel.
Tags ratzen wir bei uns’rer Beute,
Die Nacht ist unser Tag.
Steht auf, nur auf, ihr lust’gen Leute!
Und macht’s nach eu’rem Schlag.


.
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#2
Hallo Josef,

In Zeile 4 wundert mich, dass du "infant charity" als Jungenstreich übersetzt hast.
Ich sehe den Wind hier als Amme, die ihre obdachlosen Kinder wiegt.

Ich denke, dass in Zeile 6 eher eine blutrote Sonne gemeint ist.
"drin" als Reimwort ist auch nicht das Gelbe vom Ei.


In der zweiten Strophe
schlafen Kind und Amme fest, nicht (für) immer
und auch die Blumen hat es nicht dahingerafft, sie haben wohl nur am Abend die Blüten geschlossen.

Der dritte Teil ist dir besser gelungen,
besonders "ratzen" als Slangbegriff finde ich fast treffender als das "lulls" im Original


Gruß
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Hallo Josef,

das könnte man als Introgesang für jeden Robin-Hood-Film verwenden. Die Stelle mit dem Streich hat mich auch verwundert.

Ich lese diese Stelle aber so, als ob der Wind mit kaum einem Rest von Mitleid (= kaum einer Spur Barhmherzigkeit) ächzt. Hier meine Version:

Die Raben ruhen schon im Nest
kein Käuzchen hält mehr Wacht,
der Wind ächzt gleicht dem letzten Rest
von Mitleid in der Nacht.
Ein Gluthauch hüllt die Heide ein,
die Sonne sinkt in Rot,
lasst, Jungs, den Schlummer Schlummer sein:
Nehmt, was der Tag euch bot.

Das Kind samt Amme hält der Schlaf
die Knospen schließt ein Traum,
kaum dass ein Lichtstrahl mich noch traf
aus meiner Lady Raum.
Das Rotwild findet sich nicht ein,
irrt wegelos in Not,
lasst, Jungs, den Schlummer Schlummer sein,
Nehmt, was der Tag euch bot.

Kein Obdach, keine Scheuer wirbt,
kein Dach und keine Tür,
kein Eid, dass nie die Liebe stirbt,
erheitert unser Hier.
Tags lädt ein Tal zum Schlaf uns ein,
das Dunkel nährt wie Brot,
lasst, Jungs, den Schlummer Schlummer sein:
Das ist der Nacht Gebot.
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#4
Lied der Geächteten


Die Krähen ruh'n. Verstummt ihr Krächzen.
Der Kauz hockt im Geäst.
Der Wind ein Wiegenlied mit Ächzen
von sich hören lässt.
Und auf der Heide loh'n die Gluten
auf denen Dämmern lag.
Frisch auf zur Tat ihr Bagaluten
und macht die Nacht zum Tag.

Kind und Amme schlafen tief;
Sie tuns den Blumen nach.
Doch mich ein Kerzenflackern rief
in meiner Braut Gemach.
Die scheue Hinde muß sich sputen,
das Dunkel wird schon arg.
Frisch auf zur Tat ihr Bagaluten
und macht die Nacht zum Tag.

Nicht Tisch, noch Schrank ist unser eigen;
wir leben unbedacht.
Es wird sich niemand bei uns zeigen,
der uns ehrbar macht.
Faulheit mag uns tags durchfluten,
drum macht die Nacht zum Tag:
Frisch auf zur Tat, ihr Bagaluten,
ein jeder wie er mag.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
Wie gut, dass es Torfrock gibt mit der Erläuterung.

Es gibt die Bösen und die Guten, dazwischen sind die Bagaluten. Dein Nacht zum Tag Kehrreim bringts.

Allerdings haperts mit der Logik am Schluss? TAgs soll uns Faulheit durchfluten, also macht die Nacht zum Tag, würde rein logisch weitergesponnen heißen, dass sie auch Nachts faul sind, oder nicht?

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#6
Sprache ist nicht immer logisch. Ich glaube schon, dass es richtig verstanden wird. Wink
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#7
Hallo Zaunkönig, hallo Sneaky,

ich habe versucht, die etwas ruppige Sprechweise des Outlaws im gesamten Gedicht wiederzugeben. Deshalb schien mir infant charity zu puppig-harmlos zu sein. Aber ihr habt recht, das Bild ist etwas schief und unverständlich. Deshalb habe ich es so abgeändert, dass man den Wind spüren kann, wie einen Kleinen-Jungen-Streich, nicht hören, was wenig Sinn ergibt. Das Zarteste, was der Outlaw sich in der Nacht unter dem Eindruck des sanft wehenden Windes vorstellen mag, ist immer noch eine kleine Rempelei, eben ein kleiner Jungenstreich (dichterische Freiheit meinerseits ...). steht im Himmel drin..: Slangausdruck, passend zu der leicht brutalisierten Redeweise. Diese Art der Wahrnehmung seiner Umwelt setzt das lyrische Ich in der zweiten Strophe fort, in dem es die geschlossenen Blumen ( die wahrscheinlich auch beim Herumschleichen der Diebesbande umgetreten werden!) als hingerafft bezeichnet.
The red-star sheds its ray ist m. E. nicht die Sonne, sondern der Mars, eine Metapher für die gewaltbereite Stimmung, die auch im Moorbrand ausgemalt wird. Die Sonne ist längst untergegangen, wenn diese Leute sich auf den Weg machen. Es muss sich um den späten Abend, wenn nicht die Nacht handeln. Soweit meine Verteidigung.

Hallo Zaunkönig,

ich denke, dass hier keine Lady Chatterly-Wildhüter-Story erzählt wird. Die lady ist die Grundherrin und nicht die Geliebte, in deren Zimmer es ihn zieht. Ginge das Lyrische Ich auf Freiersfüßen hätte die Aufforderung an die Genossen, sich auf den Weg zu machen wenig Sinn. So wie die Amme und das Kind nicht stören, weil sie längst schlafen, kann auch die Herrin umgangen werden, obwohl noch Licht aus ihrem weit entfernten Zimmer dringt.

und Sneaky

der Tag steht zu Gebot? Es ist eben nicht Tag, wenn die Gesetzlosen zu ihrer Arbeit aufbrechen; in der letzten Strophe kommst du der Wahrheit näher.

Gruß
Josef
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#8
Hallo Josef,

Einerseits versuchst du den ruppigen Ton der Gesetzlosen nachzubilden, gestehst ihnen auch keine zärtlichen Gefühle zu, nichtmal als ferne Erinnerung an bessere kindliche Zeiten, andererseits unterstellst du klassisch humanistische Bildung, wenn du die Mars-Metapher verwendest.
Man kann natürlich nicht ausschließen, das die Autorin den Mars meinte, aber der rote Schein der Dämmerung kann auch die gespenstische Stimmung des Moorbrandes ganz bildhaft-konkret unterstützen.
Die sauberste Lösung wäre es freilich wenn man es auch im Deutschen offen ließe und mit dem roten Stern beide Assoziationen erhalten könnte.

Zum Plot der Geschichte. Ich denke nicht, dass dort ein Raubzug stattfindet. In der zweiten Strophe wird doch beschrieben, wie das Lyrich seiner Geliebten nachsteigt, einer vermutlich verheirateten Frau oder der älteren Tochter, aber heimlich wenn Amme und die kleinen Kinder schon schlafen.
Es ist also eher eine romantisierende Beschreibung der Geächteten, wie man sich Robin Hood oder Störtebecker vorstellen mag, mehr Abenteurer als Verbrecher.
Eher pflückt er noch eine Blume als sie niederzutreten.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#9
Hallo Josef,

Mit "der Tag steht zu Gebot" wollte ich ausdrücken, dass das was der Tag so gebracht hat, nun genommen werden kann. Das war wahrscheinlich um eine Ecke zuviel gedacht. Das lässt sich aber ändern.

Nehmt, was sich Tags so bot / Nehmt, was der Tag euch bot" wäre leicht einzusetzen und müsste es auch deutlicher machen.

Bezüglich der Lady tendiere ich auch dazu, weniger die Grundherrin zu sehen. Ich denke, dann hätte es doch eher "the Ladys bower / her ladys' bower" heißen müssen. Und es wäre doch eher sinnwidrig, wenn ein Outlaw von "meiner Grundherrin" spricht, wenn er als Gesetzloser doch keinen mehr über sich anerkennt.

Ich denke aber nicht, dass der Outlaw zu einem Stelldichein gerufen wird. Wie du sagst, wäre es unsinnig, mit der kompletten Bande zum Rendezvous zu erscheinen.

Einleuchten würde mir, dass er seine Genossen zu einem Raubzug auffordert, weil es spät ist und seine "Lady" kaum mehr Licht im Zimmer hat, also quasi schon fast im Bett ist und ihn nicht mehr erwartet.

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#10
Mag sein, dass die anderen auf Raub auf sind, aber die Schlusszeilen sagen doch, dass jeder die Zeit nutzen kann wie er will.
Nach einem gemeinsamen Vorhaben klingt das für mich nicht.

Vielleicht vergnügt er sich auch mit der Hausherrin, während die anderen unten das Haus ausräumen? Da ist noch Spielraum für Interpretationen.
Wenn sie ihn nicht erwartet würde aber vermutlich bei ihrem Gatten liegen. Seine Herzensdame könnte aber auch eine einfache Magd sein, die der Bande die Tür öffnet.
Oder überrascht er die Dame, quasi überfallartig? Ist die scheue Hinde symbolisch zu verstehen, der hier vor dem Schürzenjäger bangt?
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#11
Die letzte Zeile könnte tatsächlich bedeuten, dass sich einer zur Lady davonschleicht. Ganz ausschließen kann man das nicht; "Treib's jeder, wie er's mag" wäre auch ein möglicher Schluss. Da aber das Gedicht von einer Frau stammt, kann ich mir doch nicht vorstellen, dass sie sich das wirklich vorstellen wollte.Aber, wer weiß! Es gehört sicherlich zum Reiz des Gedichtes, dass diese erotische Unterströmung vorhanden ist.

Josef

P.S. bin nochmal drübergegangen. Hätte nicht gedacht, dass das kleine Ding soviel Arbeit macht (fang schon an in Reimen zu reden).
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