Brasserie del Sol 01
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Nun schaut sie ihm mit festem Blick entgegen.
Er weicht ihr aus, zunächst wohl irritiert.
Ich frage mich, was ist zuvor passiert,
doch ist mir nicht nach langem Überlegen.
Ich sehe gerne den Verliebten zu.
That's all. Das erste zögerliche Werben,
das große Glück, scheint etwas abzufärben,
Ich bin mit diesem Glück bald selbst per Du.
Es grüßt mich, denn wir kennen uns vom Sehen,
doch hat es grad woanders viel zu tun.
Und mancher scheint auch für sein Glück imun.
Die beiden hier beginnen zu verstehen.
Ein guter Ort, die Brasserie del Sol.
War das ein Lächeln? Das gefällt ihr wohl.
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War das ein Lächeln? Das gefällt ihr wohl.
Sie schielt nach etwas Glück vom Nachbartisch,
wo zwei sich in die Augen sehn... Wie frisch
verliebt. Frisch widerscheint auch die petrol-
türkise Bluse aus entspanntem Blick:
Nein. - nicht entspannt, - viel eher hoffnungsvoll!
Er weiß bald nicht, wohin er schauen soll ...
Er schaut, - verspannt greift er sich ins Genick
und fahndet nach Entspannung hinterm Tresen:
"Könn' wir nochmal?" - "Für Dich nochmal das Gleiche?"
"Jaa... - War doch schön, als wir zusammen waren!"
Und er: "Es ist nicht alles schlecht gewesen,
doch wird es wohl auch dieses Mal nicht reichen...
Die beiden kennen sich seit vielen Jahren.
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Die beiden kennen sich seit vielen Jahren.
Sie kennen jede Schlaufe, jeden Strick,
den Zauber und auch jeden faulen Trick
um miteinander auch die viertelgaren
Gelegenheiten, sich zu unterhalten,
beim Schopf zu packen. Diese war schon halb-
und souverän erlegen sie den Skalp.
Die Politik, die kauzigen Gestalten,
die an der Fensterfront vorüberwehen
mit aufgesetztem, lässigem Gebahren;
Ihr feiner Spott trifft alle Welt und jeden.
Sie schweigen nicht, auch um sich einzureden,
dass sie sich eigentlich ganz gut verstehen,
seit sie in einen Plausch geraten waren.
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Seit sie in einen Plausch geraten waren,
sie fragte nur nach einem Taschentuch,
er saß allein am Tisch, denn sein Besuch
hat ihn versetzt, genießen sie die raren
Momente, die sie füreinander haben
und sie erinnern sich, wie 's damals goss,
wie ein verregneter Touristentross
mit dunklen Mänteln wie ein Pulk von Raben
bald jeden freien Stuhl im Saal besetzte.
Er gab das Taschentuch und ein Menthol-
bonbon. - Zwei Kaffee und eine geschätzte
Monsunzeit später, saß man noch zusammen,
die Unbill ihres Schicksals zu verdammen,
bei Wein und überbacknem Blumenkohl.
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Bei Wein und überbacknem Blumenkohl,
mediterran gewürztem Salzgebäck
und Ingwertee ist es ein guter Fleck,
ein etwas überheizter Gegenpol
zum nieselnassen kalten Grau der Straßen.
Die Sandsteinoptik und der Kegelbuxus
vermitteln einen bürgerlichen Luxus,
der sich wie Urlaub anfühlt. Sie vergaßen
die Zeit und irgendwie hat es sich gut
so angefühlt. Die große Standuhr schlägt
nicht mehr, zur Gin-Vitrine umgebaut.
Auf einem freigebliebnen Stuhl legt traut
ihr Schaltuch sich um seinen nassen Hut;
Sie haben ihre Freundschaft eingehegt.
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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.02.2019 09:05 von ZaunköniG.)
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