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Paradiesesfragen
#1
Paradiesesfragen

Ich will nicht mehr!
Ich hab das Leben satt!
Ich will zur Herberge fahrn!

Zu Walvater will ich fahrn nach Walhall,
Ins wohlgebaute, wo auf Walnussbänken
Die Wackeren wachen, um Wotan geschart.
Wo Walküren wallen, mit wärmender Hand
Mir willig Wein zu verkosten voll Wonne.
Schön schlürft’ ich den süßlichen Seim
Aus den Schädelschalen erschlagener Schelme –
Doch weh mir, was sag ich, wenn Wotan fragt:
Wo warst du, Wicht, sprich, in der Welt,
Was war dein Werk, weissage uns,
Wohlan, wohlgemuth, in deiner westfälischen Mundart!
Wieviel Schelme schlugst du mit Speer und Schwert,
Wieviel Gewaltige mussten weichen deiner Wut?

Blass und bibbernd wie Birkenlaub muss ich bekennen:
’s war allzeit Fried im Land,
Hab’s Kindlein gewickelt und’s Breilein gekocht,
Das Häuschen geputzt und pünktlich die Steuern bezahlt –

Mann! Mehr nicht, vermurkste Missgeburt?
Gleich mit dir in die Küche, zu den Kötern krauch,
Und kaue bei Knechten und Kebsweibern
Kalte Kartoffeln und Knochen als kärgliche Atzung!

Ach, da wend ich mich dem Christenhimmel zu,
Wo die Seligen ohn´ Unterlass und Ruh
Halleluja singen.
Doch das himmlische Gedröhn
Ist zwar ausgesprochen schön,
Aber immer kann’s das auch nicht bringen.
Die Ewigkeit, es tut mir leid,
Die findet halt kein Ende,
Trompetenknall und Jubelschall
Und hellgetünchte Wände.
Ich hab kein Bock auf das Barock.
Und dann noch für Äonen.
Ich sehne mich, ganz sicherlich,
Dorthin, wo Menschen wohnen.

Drum kehr ich mich, nun ohne Ruh,
Dem Paradies der Muslims zu.

Dort aber find ich Quellen der Reinlichkeit,
Hier überwind ich kleinliche Peinlichkeit.
Voll Trauben hängen alle die Gärten ganz,
Mädchen bedrängen uns in der Sinne Glanz.
Ränge und Titel, die sind hier sehr verpönt,
Hier gilt nur der viel, der sich mit Gott versöhnt,
Worte sind weise, wenn sie von Allah sind.
Knaben, so leise, dienen ihm auch geschwind.
Schönheit, nicht eitel, da sie den Herrn verehrt,
Locke am Scheitel, die unsre Lust vermehrt.
Kein Fanatismus, alles bleibt ganz für dich,
Dem Organismus öffnet die Seele sich.
Auf Blumenmatten liegen die Menschen hier,
Dürfen sich gatten, zwei oder drei, auch vier,
Keiner blickt neidisch, jeder hat’s allzumal,
Vögel ziehn eilig hoch übers stille Tal.
Fische im klaren Fluss, Hering in Tonnen,
Nirgendwo Priesterstuss, nirgendwo Nonnen.
Nicht Text- noch Bilderflut gibt’s zum Anschauen,
Alles ist einfach-gut, selbst Ehefrauen.
Das wär’s, was ich erträumt’, für’s ewge Leben,
Doch ob man mir’s einräumt, ich werd’s erleben …
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