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E. Spenser: Amoretti und Epithalamion 89
#1
Gb-England 
SONNET. LXXXIX.

LYKE as the Culuer on the bared bough,
Sits mourning for the absence of her mate;
and in her songs sends many a wishfull vow,
for his returne that seemes to linger late.
So I alone now left disconsolate,
mourne to my selfe the absence of my loue:
and wandring here and there all desolate,
seek with my playnts to match that mournful doue.
Ne ioy of ought that vnder heauen doth houe,
can comfort me, but her owne ioyous sight:
whose sweet aspect both God and man can moue,
in her vnspotted pleasauns to delight.
Dark is my day, whyles her fayre light I mis,
and dead my life that wants such liuely blis.



Wie Farbe nackter Zweige hängt die Trauer
um ihren Mann an ihr, der von ihr schied.
Sie schickt ihm ihre Sehnsucht nach als Lied,
doch bis ur Rückkehr wird's noch lange dauern.

Untröstlich muß ich heute von dir weichen,
bewein' mich selbst um den Verlust der Liebe,
daß ich auf meinem Weg allein nun bliebe,
und such der Taube, die da weint, zu gleichen.

Kein Glück das fortan aufsteigt, himmelan,
kann mich erfreuen, noch ihr eigner Blick,
der gottgleich einen Mann bewegen kann

mit ihren unbeschwerten Neckereien.
Mein Tag ist dunkel, miss ich ihren Schein;
und Tod mein Leben, braucht's doch solches Glück.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Hallo Zaunkönig,
ich glaube, mit der Farbe in der Eingangszeile liegst du daneben. Ich hatte gleich beim ersten Lesen den Eindruck, dass müsste ein Vogel sein, und die Taube später bestätigt diesen Eindruck. Nun habe ich es auch noch nachgeschlagen: es heißt Culver, die Waldtaube. Der "Mann" in Zeile 2 ist dann vielleicht auch nicht so gut getroffen.

Im 2. Quartett beweint er nicht "sich selbst", sondern "zu sich selbst", also innerlich den Verlust.

In der 1. Terzine dann kann ihn keine Freude trösten, *nur* ihr Anblick kann ihn, d.h. Gott und den Menschen erfreuen.

Und die letzte Zeile besagt: tot mein Leben, dem solcher Segen fehlt.

Nicht einfach, diese alte Sprache. Manchmal muss man schon raten, was gemeint ist. Hier kannst du also noch ein wenig nachpolieren.

Gruss
Silja
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#3
Hallo Silja,

Bei Culuer war ich schon ziemlich ratlos, aber die Tauber läßt sich unterbringen.
Im zweiten Quartett sehe ich da keinen großen Unterschied zwischen unseren Interpretationen; es ist doch sein Leid, das er beweint.
Und immer wieder dieses 'but' mit seinen tausend widersprüchlichen Bedeutungen...
aber da vertraue ich mal deinem Sprachgefühl. Die Schlußzeile lese ich genauso wie du, aber das formgerecht auszudrücken...
Vielleicht komme ich noch näher dran. - dann...

Erstmal vielen Dank für deine Hinweise.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#4
Wie auf dem kahlen Ast die Taube trauert
um ihren Täuber, der just von ihr schied,
und zu ihm ihre Sehnsucht schickt als Lied,
wenn's auch zu seiner Rückkehr lange dauert,

muß ich, untröstlich, heute von dir weichen,
beweine in mir den Verlust der Liebe,
da
ich auf meinem Weg allein nun bliebe,
und such der Taube, die da klagt, zu gleichen.

Kein Glück das fortan aufsteigt, himmelan,
kann mich erfreuen; nur ihr eigner Blick,
der Gott und Menschen gleich bezaubern kann

mit ihren unbeschwerten Neckereien.
Mein Tag ist dunkel, miss ich ihren Schein;
und tot mein Leben, braucht's doch solches Glück.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
Hallo Zaunkönig,
ja, so ist es sehr viel besser geworden. Jetzt passt das ja richtig alles zusammen. Wie wär's mit "fehlt ihm solches Glück" in der Schlusszeile?

Gruss
Silja
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#6
Ja, 'fehlt ihm solches Glück' ist besser. braucht hat einfach zu viele harte Konsonanten.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#7
So: Noch mal von vorn, -
Immer noch nicht gespensert, aber schon mal über kreuz gereimt:



Amoretti 89

So wie der Taube jammerndes Gegurr
das Fehlen ihres Gatten gut beschreibt,
sie ausschickt manchen heißen Treueschwur,
dass er nicht allzu lang fern von ihr bleibt, -

so kann auch ich mich, nun allein, nicht trösten,
da ich an nichts als meinen Mangel glaube.
Ich wandere allein durch öde Wüsten
und spiel' die Rolle der verlass'nen Taube.

Kein Glück kann sich vor diesem Himmel regen;
nichts tröstet mich, als nur das Ihre Glück.
Was könnte Gott, was kann der Mensch bewegen,
was Ihre frohe Unschuld sanft entzückt?

Mein Tag ist schwarz, bar Ihrem Licht geblieben,
und ohne Ihren Segen tot mein Lieben.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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