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William Shakespeare: 012
#1
Gb-England 
William Shakespeare
1564 - 1616 England

12

When I do count the clock that tells the time,
And see the brave day sunk in hideous night;
When I behold the violet past prime,
And sable curls all silver'd o'er with white;

When lofty trees I see barren of leaves
Which erst from heat did canopy the herd,
And summer's green all girded up in sheaves
Borne on the bier with white and bristly beard,

Then of thy beauty do I question make,
That thou among the wastes of time must go,
Since sweets and beauties do themselves forsake
And die as fast as they see others grow;

And nothing 'gainst Time's scythe can make defence
Save breed, to brave him when he takes thee hence.



12

Die Uhr zeigt mir die Frist, wenn ich sie seh’.
Ich seh’, der Tag fällt in die finstre Nacht,
da ich zuerst das Purpurlicht erspäh’
und Zobelweiß bald alles silbrig macht.

Ich seh’ die stolzen Bäume ohne Laub,
die erst die Tiere vor der Glut bewahrt
und überall war frisches Grün, statt Staub
und Stoppeln auf den Feldern grau und hart.

Die Frage stellt sich bei dem höchsten Stand,
ob Du zur besten Zeit wohl gehen musst,
da Dir, sobald die neue Saat im Land,
die eigne Schönheit nichts ist als Verlust.

Nichts schützt Dich vor der Zeitensense Schneid,
wenn doch aus Dir nichts folgt dort weit und breit.



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Purpurlicht und Zobelweiß, sehr schön!

12

Die Zeiger, seh ich, spiel’n ein Weilchen Fangen,
der Tagesmut wird nächtens zahm versinken,
ein letztes Blau erlischt auf Veilchenwangen,
seh Lockenschwarz sich wundersam verzinken,

schau, wie der stärksten Bäume Blätter weichen,
noch Schutzschild vor der Hitze, auch der Herde;
wenn sommergrüne Garben Wetter bleichen
zum Stoppelbart im Todeshauch der Erde -

Dann stell ich deiner Schönheit trübe Fragen:
Was, wenn die Zeit auch dich entsorgen mag,
wird all dein Selbstwert in der Früh betragen?
Sieht sie sich sterben, was wächst morgen, sag?

Nichts trotzt der Zeit, des Sensenblattes Hieb;
nichts - außer das, was Nachwuchs hat: es blieb.
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#3
Hallo Zaunkönig,

für V 2, Zeile 8 hätte ich einen Vorschlag, weil mir das "das grau und hart" ein wenig nachklappert.
" und Stoppeln auf den Feldern, grau und hart" passt in seiner Abfolge "grau/hart" sehr gut zu "Staub/Stoppeln".

In V 3 bist du mMn ein wenig zu weit weg vom Sinn. Das LI stellt keine Frage, ob zur besten Zeit gegangen werden soll" sondern stellt die Schönheit ds LI in Frage, das in den Öden der Zeit (ver)gehen muss.

Hallo Rohrer,

ist mir schon länger ein Bedürfnis, den virtuellen Hut zu lüpfen. Ich finds klasse, wie du immer wieder diese Übertragungen auch noch geschüttelt schaffst. Ich hab mich ein zweimal an einem Schüttelsonett versucht, aber das war dann auch schon alles, also wie gesagt meine Hochachtung.

Bei deiner Übertragung hätte ich einen Vorschlag zu V 1 Z 4


seh Lockenschwarz sich wundersam verzinken. Würde das "sable" in einer Farbvariante aufgreifen.

und in V 2 Z 3 ist die Formulierung etwas missverständlich,
"wenn sommergrüne Garben Wetter bleichen"
da könnte ein Doofus wie ich auf den ersten Blick lesen, dass die Garben die Wetter bleichen.

Ich weiß nicht, ob das dann noch als Schüttler gilt, weils sehr weit auseinander steht, aber

"wenn Wetter sommergrüne Garben bleichen" wäre mE eindeutig. Aber die Schütteldistanz ist wahrscheinlich das Argument dagegen?

lG euch beiden

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#4
Hallo Sneaky,

Danke für deinen Korrekturvorschlag zu Zeile 8. Ich habe es gleich oben geändert.
Mit der dritten Strophe hast du sicherlich auch Recht. Zumindest ist die nicht sehr elegant gelöst.

Grundsätzlich möchte ich anmerken, dass die Shakespeare-Übersetzungen meine ältesten Nachdichtungen überhaupt sind. Sie stammen noch aus dem letzten Jahrhundert.
Ab und zu streue ich hier mal eines ein, um auch diese Rubrik zu bedienen, aber mein Ehrgeiz ist eigentlich nicht die zweihundertdreißigste Shakespeare-Nachdichtung, wo so viele gute andere Autoren noch unbekannt sind.

Dennoch danke fürs Drüberlesen.

lg ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
Hallo Zaunkönig,

Sie stammen noch aus dem letzten Jahrhundert. BravoBravo

Klingt echt amüsant, auch bei mir hat das Übersetzen zumindest fast mit Shakespeare begonnen. Wenn ich mich recht erinnere, war es Audens As I Walked out, das ich als Übersetzungsübung im alten 4 w Forum verbrochen habe. Danach kann dann schon Shakespeares Nr. 18.

Ich kann daher schwer an solchen vorbei, wenn überhaupt.

lG

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#6
Hallo Sneaky,

etwas spät melde ich mich mit Dank aus der Winterpause zurück. Icon_redface

Eure unermüdliche großartige Arbeit hier ist mir ständiger Ansporn, Beflügelung und Schatzkarte für Ungeborgenes.

Dein Vorschlag "Lockenschwarz" ist klasse, wird mit Freude in die Korrektur übernommen!
Die Bezugs-Verwirrung lässt sich leider nicht ohne Weiteres mit erlaubten Mitteln auflösen, hier muss dann doch der Leser mithelfen.

Auch meine Anfänge reichen 25 Jahre zurück ins Anglistikstudium, als ich zuerst Shakespeare Sonette, meist auf Englisch, parodierte (um damalige Liebesnöte oder auch inhaltlich ganz Lapidares dem Freundeskreis zu mailen.)
Recht ähnlich, wie Didriksens "Pop Sonnets" das heute mit Songtexten tun.
Insofern haben Shakespeares Sonette aufgrund der enormen Verbreitung bis heute ihren Reiz: Auf welche "allgemeinbekannten" Werke kann sich eine moderne Literaturparodie schon noch stützen?

Einstweilen beste Grüße an die kleine feine Gesellschaft!

David
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#7
Auf welche "allgemeinbekannten" Werke kann sich eine moderne Literaturparodie schon noch stützen?

Nun, als allgemein bekannt können im deutschsprachigen Raum wohl Gryphius, Goethe, Schiller, Heine, Droste-Hülshoff, Rilke, Lasker-Schüler, Brecht gelten (um nur die LyrikerInnen zu nennen). International sicher Dante, Baudelaire, E. A. Poe ...
Aber auch weniger bekannte Dichter stechen immer wieder mal mit Einzeltexten hervor, wie Gomringers Avenidas, zu denen es inzwischen auch einige Parodien und Adaptionen gibt, oder Schwitters' Anna Blume oder manche Schullektüre oder Songtext...

Muss sich eine Parodie überhaupt auf ein allgemein bekanntes Werk beziehen? Kann man die Bekanntheit der Vorlage nicht voraussetzen, gibt es immer noch die Möglichkeit eines Parallelabdrucks - und manche Parodie kann durchaus auch als selbständiges Werk bestehen. Ich würde mir da keine künstlichen Beschränkungen auferlegen, auch wenn die ganz großen Namen in der Regel nicht zu Unrecht die ganz großen Namen sind.


Alles Gute
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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