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E. A. Robinson: Erasmus
#1
USA 
Edwin Arlington Robinson

Erasmus

When he protested, not too solemnly,
That for a world’s achieving maintenance
The crust of overdone divinity
Lacked aliment, they called it recreance;

And when he chose through his own glass to scan
Sick Europe, and reduced, unyieldingly,
The monk within the cassock to the man
Within the monk, they called it heresy.

And when he made so perilously bold
As to be scattered forth in black and white,
Good fathers looked askance at him and rolled

Their inward eyes in anguish and affright;
There were some of them did shake at what was told,
And they shook best who knew that he was right.




Erasmus

Wenn er verkündet, ohne Frömmelei,
daß für der Schöpfung fortbestehn, er ahne
das Heiligtum verkrustet, Nährung mahne,
dann meinen sie, daß dies Erneurung sei;

Doch wenn er selber sieht, die Blicke frei:
Europa fruchtlos, krank, mit schlaffer Fahne
Und wenn er sieht den Mönch in der Soutane, -
den Mann im Mönch; dann ist das Ketzerei.

Wie er so fortfuhr, tollkühn und gefährlich
die Welt in Schwarz und Weiß so aufzuspalten,
blickt Gott auf ihn so trübe und beschwerlich

in Angst um ihn, dies Schicksal auszuhalten.
Doch manchen rührten seine Worte ehrlich,
und war’n erschüttert, - wußten was sie galten.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Hallo Zaunkönig,

hier bist du für meinen Geschmack in Teilen zu sehr vom Original entfernt. Ich schätze, der Protag dieses Sonetts ist Erasmus von Rotterdam.

Du hast recreance im ersten Quartett mit "Erneuerung" übertragen, das geht aber m.E. mehr in Richtung "kindische Spielerei / Zeitvertreib" .

Das black and white in der ersten Terzine dürfte eher eine Anspielung darauf sein, dass Erasmus publiziert hat.

Good fathers mit "Gott" zu übersetzen passt auch nicht. Die Good Fathers dürften die vorgesetzten Mönche und Priester gewesen sein, die nicht mit seinen Thesen einig gingen.

Darum auch der Schlusssatz:

am meisten die, die sahen, dass sie galten.

Gruß

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#3
Ich hab mich auch mal daran versucht. Mein größtes Problem ist wie immer mein Schluss, der ist mau, aber im Moment finde ich nix besseres. Bin dankbar für alle Hilfe, egal ob in den Quartetten oder den Terzinen. Das hier soll mehr meine Lesart aufzeigen, als ein fertige Übersetzung.

Sein leise lächelnder Protest, derzeit
fehle der Welt mehr wahres Licht, das Blei
des Prachtornats ersticke Göttlichkeit,
empfanden sie als Eulenspiegelei.

Europas Siechtum, sagte sein Verstand
liegt weniger am Priester im Talar
mehr an dem Mann im Priester. Mancher fand
dass dies eindeutig Gott gelästert war.

Als er es der Gefahr zum Trotz noch wagte,
sein Denken schwarz auf weiß zu künden
sah ihn der Klerus scheelen Auges an,

obwohl im Inneren der Zweifel nagte.
So mancher zitterte, sprach er von Sünden,
am meisten die, die Wahrheit schlug in Bann.
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#4
Grüß dich, sneaky,

"recreance" hatte ich in meinen kleinen Dix nicht gefunden und daher falsch abgeleitet, aber nach nochmaliger Prüfung bin ich auch mit deinen kindlichen Zeitvertreib, bzw. Eulenspiegelei nicht einverstanden; eher feige, treulos oder abtrünnig. Ansonsten sieht man meiner Übersetzung wohl an, daß ich die englische Sprache nie in freier Wildbahn benutzt habe. Wieder mal bin ich einer Redewendung auf den Leim gegangen, obwohl sie im Deutschen ganz ähnlich ist...

Bevor ich meine Überarbeitete Fassung einstelle, noch ein paar Anmerkungen zu deiner Nachdichtung:

Die Eulenspiegelei habe ich oben schon erwähnt. Sie ist für mich auch keinekindliche Dummheit oder Albern´heit, sondern ein Schelmenstück, eine Art 'Realsatire'. Ich habe doch meine Zweifel ob das der Geisteshalung von Erasmus entspricht, oder ob er so wahrgenommen wurde.

In Zeile 13 hast du die Sünden hinzugedichtet. Ich denke nicht daß 'Sünden' der passende Ausdruck für die Fehler des Klerus ist, ging es Erasmus doch um eine Säkularisierung des Weltbildes. Vielleicht bin ich hier aber auch zu pingelig.

Die Schlußzeile ist grammatikalisch arg gebeutelt. Im Gründe müßte da noch ein drittes 'die' stehen, aber das geht ja stilistisch überhaupt nicht.
Wie wätre es mit:

"Er schlug sie durch die / mit der Wahrheit in den Bann."


LG ZaunköniG,
meine neue Fassung folgt dann in Kürze...
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
Hallo zaunkönig,

mit dem recreance hast du recht. Feigheit, Drückebergerei in diesem Sinn stimmts. Ich habs auch falsch abgeleitet, aber ohne dix, einfach aus dem Kopf. Was hältst du von Heuchelei?

Die Sünden habe ich synonym für "Fehler" benutzt, mir ist beim Übersetzungsversuch in der Zeile was von "ihre Sünden geißeln" im Kopf rumgespukt. Das hab ich aber nicht umsetzen können. In dem Zusammenhang sind sie nicht gut, weil das von der Thematik her irreführen kann in Richtung biblische Sünden.

Die Terzinen werde ich komplett über den Haufen schmeißen. Das "scattered" des Originals ist mit "künden" auch schlecht übertragen, ich denke verbreiten kommt da besser hin.

Im zweiten Quartett werde ich die dritte Zeile auf
mehr an dem Mann im Priester. Mancher fand
abändern.

Bin gespannt auf deine neue Version.

Gruß

Sneaky

P.S.
Auch mein Englisch wird nicht in freier Wildbahn geübt. ICh lese halt gern, seit ca. 20 Jahren eben auch Englisch. Von daher ist mein passiver Wortschatz gut, aber wie das recreance beweist, erst gucken, dann andere kritisieren. Nix für ungut, hm?
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#6
Hallo Sneaky,

Nee, Heuchelei, gefällt mir da gar nicht. Heuchelei ist doch ein Lippenbekenntnis. Brav seine Gebete heruntersprechen, aber ganz anderes denken und handeln. Selbst seine böswilligsten Kritiker werfen ihm doch eher das Gegenteil vor: Seine Sünden nicht zu bereuen oder vertuschen sondern sie öffentlich für rechtens zu erklären.

Natürlich ist verbreiten im Wortsinne dichter an scattered als künden, das halte ich aber noch für im zulässigen Rahmen. Wenn du sie Sünden aber ohnehin verwirfst, bin ich mal gespannt auf deine neue Version. Hier erstmal mein zweiter Näherungsversuch:


Erasmus

Hört man ihn ohne Frömmelei verbreiten,
warum das Gut der Schöpfung heut verendet,
die Kruste angestrengter Heiligkeiten
nicht nährt, so nennen sie den Mann verblendet.

Und wenn er mit den eignen Augen sieht*
Europa fruchtlos, krank, mit schlaffer Fahne,
und wenn er sieht den Mönch in der Soutane, -
den Mann im Mönch; dann sei das Häresie.

Wie er sich trotz der Warnung weiter anschickt
sein Denken zu verkünden schwarz auf weiß,
war es der Klerus der ihn mürisch anblickt,

unwillig solches länger auszuhalten.
Und es durchschauert manchen kalt und heiß,
in dem Bewußtsein, was die Worte galten.




*Die Brille halte ich an der Stelle für entbehrlich, oder ist mit Glases wieder etwas anderes gemeint? Man müßte mehr über Erasmus selbst wissen...
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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