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D. G. Rossetti: The Kiss
#1
GB 
Dante Gabriel Rossetti

The Kiss


What smouldering senses in death's sick delay
Or seizure of malign vicissitude
Can rob this body of honour, or denude
This soul of wedding-raiment worn to-day?
For lo! even now my lady's lips did play
With these my lips such consonant interlude
As laurelled Orpheus longed for when he wooed
The half-drawn hungering face with that last lay.
I was a child beneath her touch,--a man
When breast to breast we clung, even I and she,--
A spirit when her spirit looked through me,--
A god when all our life-breath met to fan
Our life-blood, till love's emulous ardours ran,
Fire within fire, desire in deity.



Der Kuss

Welch weich Gefühl mag in der Todesstunde schwelen;
Welch ein Gefühl würd' uns nach Schicksalsschlägen fehlen;
Was könnte je dem Körper seine Ehre stehlen,
entrisse je das Brautkleid einer treuen Seele?

Da meiner Dame Lippe gerade, wie man sieht,
an meinem Mund zu einem Zwischenspiel gelangte,
ganz wie es Orpheus als er selber litt verlangte,
mit ausgezehrter Miene, mit dem letzten Lied.

Ich bin ein Kind, rührt sie mich wieder zärtlich an;
Umklammern wir uns Brust an Brust, bin ich ein Mann.
Ich bin ein Geist, durchweht mich ihres Geises Lächeln,

und wir sind Götter uns den Atem zuzufächeln.
Im Lebensblut läuft unsre heiße Glut zusammen,
ein Brand, entfacht von göttlicher Verlangen Flammen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Hallo Zaunkönig,

schwere Kost bei Rossetti, aber das ist ja nix neues. In den Quartetten bist du nach meiner Lesart vom Sinn weg. ICh stell mal meinen Ansatz dazu, dann kannst du deine Version nochmals überprüfen. Die Terzette gefallen mir, vor allem das Atem zufächeln ist ein starkes Bild.


Und welches Ringen in den Todesstunden,
welch Schlaganfall von fürchterlicher Schwere,
raubt diesem Körper Hochzeitsglanz und Ehre,
nimmt meiner Seele, was sie heut gefunden?
Denn meiner Liebsten Mund hat sich verbunden
mit meinem und ein Lied der reinsten Lehre
erklang, wies Orpheus spielte in der Sphäre
des Hades für sie, die schon fast entschwunden.

Berührt sie mich bin ich ein Kind, -- ein Mann
in der Umarmung, reiner Geist
sieht ihre Seele mich; ein Gott im Bann
des Feuers, das zu einer Einheit schweißt,
wenn es das Lebensblut zum Lodern zwingt,
zum Brand, der göttliche Verheißung bringt.
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#3
Hallo Sneaky,

Das erste Quartett habe ich noch etwas modifiziert und beide Quartette zu einem Satz zusammengezogen, aber ich denke daß es Dir eher um das zweite ging. Zumndest sehe ich da die größeren Unterschiede.

Wo siehst du das Lied der reinen Lehre?

Orpheus gilt zwar als der beste aller Dichter und Sänger, aber in der Situation, da er seine Eurydike verloren hat, da verstummten alle Vögel und die ganze Welt spürte sein Leid durch sein Lied. Harfe2
Es spielt hier eben nicht die perfekte Harmonie, sonst wäre es wohl eich ein vokaler Gesang geworden. Aber Dante bekam die Antwort, nach der sich Orpheus gesehnt hat.


Der Kuss

Was für Gefühle in der Todesstunde schwelen;
und was uns auch für Schicksalsschläge streifen;
was könnte nach der Ehre unsrer Körper greifen,

entrisse je das Brautkleid einer treuen Seele,

da meiner Dame Lippe gerade, wie man sieht,
an meinem Mund zu einem Zwischenspiel gelangte,
ganz wie es Orpheus, als er selber litt, verlangte,
mit ausgezehrter Miene, mit dem letzten Lied.

Ich bin ein Kind, rührt sie mich wieder zärtlich an;
Umklammern wir uns Brust an Brust, bin ich ein Mann.
Ich bin ein Geist, durchweht mich ihres Geises Lächeln,

und wir sind Götter uns den Atem zuzufächeln.
Im Lebensblut läuft unsre heiße Glut zusammen,
ein Brand, entfacht von göttlicher Verlangen Flammen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#4
Hallo Zaunkönig,

das erste deiner Quartette stimmt nun zu meiner Lesart. Beim zweiten sehe ich da den Unterschied in dem ausgezehrten Gesicht. DAs ist nach meiner Lesart Eurydikes Gesicht, nicht seins. Wenn es sein Gesicht wäre, dann hätte Rossetti mit Sicherheit nicht "the..Face" sondern "his face" genommen. Das zum einen, zum anderen heißt wooed umwerben, nicht verlangen. Das spielt mE auf die Sage an, in der er vor Hades mit einem trauernden Lied warb, um sie wieder zu bekommen. Und das ist dann auch mein Lied der reinen Lehre. ICh sehe da keine andere Lesart, aber vielleicht sagt Silja auch noch was dazu, das Licht auf diese Stelle wirft.

Gruß

Longshanks
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#5
Hallo Ihr beiden,
in der Tat wieder einmal schwierig. Ich vermute, man sollte sich zuerst den Hintergrund betrachten. Die Geschichte ist mir gerade nicht mehr so ganz präsent, und ich habe auch im Moment nicht die Muße, mein Gedächtnis aufzufrischen, aber Rossetti hat doch den ganzen Band seiner Gedichte/Sonette seiner Liebsten ins Grab gelegt, die aus irgendeinem Grund Selbstmord begangen hatte. (Diesen Band hat er dann später - zum Glück - wieder ausgegraben.) Ich vermute also, dass es hier doch darum geht, dass die Liebste buchstäblich nicht mehr da ist und er ihren Tod beklagt und darüber sinniert, daher das Bild von Orpheus. Die beiden Terzinen sind bei ihm darum in der Vergangenheit, bei euch beiden dagegen im Präsens.

Kann euch das vielleicht ein wenig weiterhelfen?

LG Silja
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#6
Hallo Silja,

Die Geschichte mit dem Selbstmord seiner Geliebten kannte ich nicht. Mit einem so konkreten Todesfall als Bezug liest es sich dann doch etwas anders. Zumindest die Vergangenheitsform ist dann doch wichtig.
Vielen Dank für den Hinweis!



Der Kuss

Was für Gefühle in der Todesstunde schwelen;
und was uns auch für Schicksalsschläge streifen;
was könnte nach der Ehre unsrer Körper greifen,
entrisse je das Brautkleid einer treuen Seele,

da meiner Dame Lippe gerade, wie man sieht,
an meinem Mund zu einem Zwischenspiel gelangte,
ganz wie es Orpheus, als er selber litt, verlangte,
mit ausgezehrter Miene, mit dem letzten Lied.

Ich war ein Kind, so zärtlich rührte sie mich an;
Umfingen
wir uns Brust an Brust, war ich ein Mann.
Ich war ein Geist, durchweht von ihres Geises Lächeln,

wir waren Götter uns den Atem zuzufächeln.
Im Lebensblut lief unsre heiße Glut zusammen,
ein Brand, entfacht von göttlicher Verlangen Flammen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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