Andreas Gryphius                   Sonn- und Feiertags-Sonette

1616 – 1664

                                                               Die Texte folgen der ersten Ausgabe von 1639

                                                               Abweichungen späterer Ausgaben werden teilweise unten aufgeführt.

 

 

 

I.             Am ersten Sontag der zukunft Christi. Matth. 2.1.

 

Kom König, kom den ihr hat Zion oft begehret;

Kom Davids Kind und Herr; kom übergroßer Gott

Vnd zarter menschen Sohn; kom vvende doch die noth,

Dehr, so gesetz und zorn, und sunden-last beschvveret.

 

Erfrische, vvas die glut’ der Hellen hat versehret.

O leichter lebensthavv. erquicke was der todt

Mitt hartten fussen trit’! Kom susses Himmelbrodt,

Vnd labe, die der durst und hunger gantz verzehret.

 

Kom unverfälschte Lust des den der Teufel schreckt:

Kom licht und scheine dehm, den nacht und gravven deckt.

Kom Friede des den angst und creutz und pein bekigen!

 

O Held und Helfer kom! den aller Völker schar

Zum haupt und Fursten vvundscht: und zeig’ uns offenbar

Das, vver dir vvidersteht mitt spot mus unten liegen.

 

 

Auf den Sontag des sanftmütigen Königs.

Oder den I. der Zukunft Christi. Matth. 21.

 

Kom den offt dein Zion hat begehret;

Kom Davids Kind und Herr, Gott, Helfer in der Noth

Vnd zarter menschen Sohn! Reiß aus dem Sünden-Koth

Die Seelen, die Gesetz und zorn, und sunden-last beschvveret.

 

Erfrische, vvas die glut’ der Hellen hart verheeret.

O leichter lebensthavv. erquicke was der todt

Mitt hartten fussen trit’! Kom susses Himmelbrodt,

Vnd labe, die, die Durst und hunger gantz verzehret.

 

Kom unverfälschte Lust wenn uns der Teufel schreckt:

Kom licht und scheine dehm, den nacht und gravven deckt.

Kom Friede!  Kom zu den, die Angst und Pein bekrigen.

 

O Held und Helfer kom! den aller Völker schar

Zum haupt und Fursten vvundscht: und zeig’ uns offenbar

Das, vver dir vvidersteht mitt spot mus unten liegen.

 

 

 

 

II.           Am anderen Sontag der zukunft Christi. Luc. XXI.

 

Schavvt, schavvt ihr volker schavvt die schvveren vvunderzeichen

Das grosse Firmament, der Himmel kraft zubricht.

Der monden steht vol blut: es schvvindt der Sternen licht

Man sicht bey hellem tag die klare Sonn’ erbleichen,

 

Die aufgeschvvelte See vvill schier den bergen gleichen!

VVer hört der vvinde grim, der lüfte rasen nicht:

Ein ieder mensch verschmacht, und vveis nicht vvas er spricht

Vor grosser herizens angst; man schavvt die Felsen vveichen.

 

Auch zittert berg und thall. O Herr der Herrlikeit

Der du im fevvr die vvelt zu richten dich bereit;

Hilff das ich ja mein Hertz mitt laster nicht beschvvere.

 

O las mich sorgen frey, und frisch, und vvacker sein,

Das vven du selbst nun vvirst von VVolken brechen ein.

Mich nicht dein donnerstral und lichter zorn verzehre.

 

 

 

Auff den Sonntag des wider erscheinenden Richters

 

Schavvt, schavvt ihr volker schavvt die schvveren vvunderzeichen

Das grosse Firmament, der Himmel kraft zubricht.

Der monden steht in blutt: es schvvindt der Sternen licht

Man siht die klare Sonn in hellem Tag erbleichen,

 

Die aufgeschvvelte See vvill über bergen reichen!

VVer hört der vvinde grim, der lüfte rasen nicht:

Ein ieder mensch verschmacht, und vveis nicht vvas er spricht

Vor grosser herizens angst; die rauhen Felsen vveichen.

 

Auch zittert berg und thall. O Herr der Herrlikeit

Der du in Feur die vvelt zu richten dich bereit;

Hilff das ich ja mein Hertz mitt sünden nicht beschvvere!

 

Weck auff Herr, wenn mich Sorg und Sicherheit einwigt.

Daß, wenn dein harter Zorn der Erden Bau bekrigt.

Mich nicht der Donnerstrahl des letzten Tags verzehre!.

 

 

 

 

III.         Am dritten Sontag der zukunft Christi. Matt. II.

 

Das löesegeldt der VVelt; der Väter langes hoffen,

Komt noch den augenblick, und schleust die ohren auff,

So taub und fest verstopft; er läst der stummen hauff’

Erzehlen seine vverk, ihm stehn die gräber offen.

 

VVer  blindt war, siht das itzt gar eben zugetroffen

VVas manch Prophet’ versprach: vvas laam, helt graden lauff,

Der aussatz mus vergehn, hier vvird ohn thevvren kauff,

Dehn trost geschenkt, so vor in threnen gantz ersoffen.

 

O selig den von hier kein ärgernus abtregt

Den keiner wwolust wwindt gleich leichtem schilf bevvegt,

Den keiner Feinde trutz, kein grauses keten klingen

 

Kein Herrlikeit noch pracht, kein vveiches purpurkleidt,

Kein angesetztes schvverdt; kein gutt noch grimmes leidt

Kein reichtumb, kein geschenck, kein armutt ab-mag-dringen.

 

 

 

Auff den Sontag des gegenwertigen Messias

 

Das löesegeldt der VVelt; der Väter langes hoffen,

Komt noch den augenblick, und schleust die ohren auff,

Die Taubheit hat verstopfft, der nicht mehrstummen hauff’

Erzehlet seine Werk, ihm stehn die gräber offen.

 

VVer  blindt war, siht und sind’t wie eben eingetroffen

VVas imal Gott versprach: Er schaut der Lamen lauff,

Der aussatz mus vergehn, hier vvird ohn thevvren kauff,

Dehn trost geschenkt, die vor in threnen schir ersoffen.

 

O selig den von hier kein ärgernus abdringt

Den keiner wwolust wwindt gleich leichtem schiffe zwingt,

Den kein Tyrannen Trutz, kein Schwerdt in Feindes Händen

 

kein Kärker! keine Schmach! kein weiches Purpurkleid,

Auch keiner Höfe Pracht, kein gutt noch grimmes leidt

Kein reichtumb, kein geschenck, kein armutt ab mag wenden.

 

 

 

 

IV.          Am virdten Sontag der zukunft Christi. Johan. I.

 

VVas furcht mein fleisch sich doch, dich Jesu zu bekennen?

Ich bins ja, der recht geist’ und mutt’ und eyvers vol

Gott in dem vvusten thal’ der VVelt ausruffen sol,

Vnd dich mitt hoher stim’ vor aller ohren nennen.

 

Auch vveis und glaub ich fest, das mich von dir abtrennen,

VVeil du im mittel stehst, kann vveder vveh noch vvol:

Verley nur das ich mich an dir mein schutz erhol

Vnd las mich recht vom fevvr darmit du taufst entbrennen

 

Zeuch selber in mein hertz, dir ist der vveg bereit,

Mach eben vvas erhöht; vertreib das stette leidt.

O Schlangentreter trit’ die itz dir vviderstehen;

 

Erheb vvas nidrig ist; vergleiche vvas nicht recht:

Reumb ab, vvas hindern kan, und las mir deinem knecht,

Den glantz der Herrlikeit, o lebens Sonn’ aufgehen.

 

 

 

V.           Am tage der Geburt des Herren. Lucae 2.

 

Schavv, höchster König schavv, vvie hart mich hat geschätzet

Der Furst der funsternus, mitt vveh’, ach, angst undt leidt!

Schau vvie mich hatt umbhült die nacht der traurikeit,

Vnd vvie ich bin in Stall der trubsal eingesetzet!

 

VVird den mein hertz nicht auch durch diese frevvdt ergetzet,

Die durch dich allem Volk der grosse Gott bereit?

Gebier dich nevv in mir, mich in dir; vveil die zeit

Des nevvgebehrens dar, mich hat die furcht verletzet

 

Vom Himmel lichten plitz. Drumb lass mich hören an

Das ich durch deinen fridt dem vvolgefallen kan,

Der, das er menschen schuf, sich oft so hoch beschvveret.

 

Ich fuhl du vvirst es thun. Ihr Himmelscharen singt

Ehr dem, der uns die Freudt und Friden vviderbringt,

Vnd alles schvvinden lest, vvas seinen zorn empöret

 

 

 

Auff die selige Geburt des herrn. Luc. 2.

 

Schaue, höchster König schaue, wie unmässig mich geschätzet

Der ergrimmte Fürst der Erden, mit Weh’, Ach und Angst und Leid,

Schaue, wie mich itzt umbhüllet hat die Nacht der Traurigkeit

Schaue, wie ich in dem Stalle der Bedrängnuß eingesetzet.

 

Wird denn nicht mein blödes Hertze durch die süsse Freud ergetzet

Die von allen Völkern abnimbt Schrecken, Pein und Zwang und Streit?

Werd’ in mir doch neu gebohren. Herr, diß ist die rechte Zeit.

Weil die Furcht mich Hart.bedrängten, hat bis auff den Tod verletzet.

 

Umb mich blitzt der Himmel Flamme, kaltes Zittern fällt mich an.

Zeige, daß durch deinen Frieden ich nun dem gefallen kan

Der, daß er die Welt erschaffen, sich so hefftig offt beschweret.

 

Wol! ich seh’ er ist versöhnet, singt; ihr Engel-Schaaren sing’t

Dem sey Ehre, der uns Frieden, der uns Freude wider bringt,

Und den heissen Zorn ausleschet, der wie leichte Glut verzehret.

 

 

 

 

VI.          Vber die Menschwerdung JESV. Johan. I.

 

Das vvesentliche VVort, das eh die Evvigkeit

Vnd eh’ die zeit hub an, Gott vvar, und Gott geschavvet

Das VVort durch das Gott hatt’ der Erden haus gebavvet

Vundt vvas der Himmel schleust; Das leben so uns leit’

 

Durch seiner klarheit glantz, vven glidt und fus entgleit;

Das licht, so dunckel trent; vor dem der Hellen gravvet

Vnd vvas mehr finster heist, hatt sich der VVelt vertravvet

Vnd gantz in unser fleisch, doch ohne sünd’ verkleidt.

 

Es ist vom ehrenthron ins threnenthal ankommen

Vnd hatt dis leibes zelt zum vvonhaus eingenommen.

VVivvol sein eigenthumb, sich stets ihm vvidersetzt.

 

VVer dis zum nachbar hatt, vvird augenblicks erkennen

VVie herlich seine gunst; er vvird von lieb entbrennen

Die evvig ihn im schlos der herrlikeit ergetzt.

 

 

 

VII.        Am Sontag nach der Geburt JESV. Luc. 2

 

O vvunder! Gott ist mensch, die mutter hatt gebohren

So Jungfravv ist, und bleibt: der aller kräfte bindt

Durch seiner VVorte kraft, ligt als als ein schvvaches kindt

Im engen VVindelband, und hatt doch nicht verloren

 

VVas gros und Göttlich heist: der heldt, so längst verschvvoren

Er bavvet vvas zustört; und vvas er durstig findt,

Das hatt er ihm zum sitz der Herrlikeit erkohren.

Wol dem, so bey ihm helt’! ob schon das scharfe schvverdt

 

Ihm durch das zartte fleisch und liebe sele fehrt!

Es ist der fels, an dem ein jeder auf kan stehen.

VVeh! vveh! und evvig vveh! vveh, der ihm vviderspricht!

 

Hier ist der fels an dem er haubt und hertz zubricht.

VVer an den stein anstöst, mus schändlich untergehen.

 

 

 

VIII.      Am Tage der beschneidung JESV. Luc. 2.

 

O blut! o reines blut! das meine blutschuld vvendet!

O vvehrtes kind, das mich zum kinde Gottes macht!

O Glantz der Herrlikeit, der die sehr lange nacht

Vnd alte dunckelheit auff diesen tag vollendet!

 

O Schatz den Gott uns selbst, die full des reichtumbs sendet!

O namen! der mir hatt den nahmen vviderbracht,

Das ich des Höchsten bildt, und der mich selig macht,

Vndt herlich, vven mich sund und todt und teufel schendet!

 

O Hochste reinigkeit! mach mich von allem rein

VVas meine Sel’ befleckt! las mich dein eigen sein.

Schneid vveg, vvarmitt ich bin der todten VVelt ergeben.

 

Schneid vveg vvas irdisch heist, pracht, ehrgheitz, frevvd und lust,

Neyd, zvveyfel, angst und furcht! vvasch ab der sunden vvust,

Darmitt ich mög bey dir, vvo nichts den reine leben,

 

 

 

IX.          Am Sontag nach der Beschneidung JESV. Matth. 2.

 

In dem das zartte kind in sanftem schlaffe lieget,

Vnd Joseph ohne sorg, in dem der bluthund vvacht,

Undt rasend, (doch vol furcht) nach wurge schwerten tracht;

Ja schon in seinem mutt, den fridens furst bekrieget;

 

Schavvt Gott, der vveise Gott, der aller sinn’ obsieget.

Auff dieses Feindes ranck, von seinem thron, und lacht.

Auch fehrt sein Engel ab, der eilendt in der nacht

Den Joseph vveichen heist, noch eh’ der grimm sich rüeget.

 

Ob schon das vvilde volck, der blinden Juden land,

Stöst seinen könig aus, mus dennoch Nilus strand

Vnd Pharos trächtig reich, ihm zu gebote stehen

 

Drumb zag ich nimmer mehr vor meiner Feinde macht,

VVen der, so nimmer schläft, noch schlummert, vor mich vvacht:

Baldt vveis ich, vven, vvohin, und vvehm ich soll entgehen.

 

 

 

X.            Am Fest der Weisen aus Morgenland. Matth. 2.

 

VVo soll ich dich mein licht, mein Höchster König finden

VVen auch dein eigen volck nichts von dir helt noch vveis?

VVas hülft des suchens muh? vvas nutzt der frage fleis

Im fall mich gantz verblent die trube nacht der sünden?

 

Doch vvenn du nur nicht lest den hellen Stern verschvvinden

Den deine lieb aussteckt; sol meine selen reisz

Strack fort, undt fur sich gehn, bis das dich Zions preisz

Vnd schönste Sarons blum, ich umb dis hertz mag vvinden.

 

Denn vvill ich dir für gold, mein furst, nicht falsche trevv,

Für Weyrauch andachts fevvr, fur Myrrhen ernste revv’,

Mein Priester, (der du todt und sunde tielgest) geben.

 

O mach’ dis trübe gold durch liebes flammen rein

O las’ mich doch für dir ein susses räuchvverk sein!

Vnd vvenn der Leib gleich fault, so heis die sele leben.

 

 

 

XI.          Am ersten Sontag nach dem Fest der Weisen. Luc 2.

 

Der ist mein hertz den Gott vor allen hatt verehret,

Mit s’ Geistes frevvden oel’, des VVort die hertzen ruhrt.

Gleich als ein stralend fevvr, der aug und zung’ regirt

Die dis was kunftig, spricht, der hier die lehrer lehret.

 

O selig vver den rath des vveisen Vaters höret,

Der in des Herren kraft so hohe reden fuhrt.

Vnd als der Heiden trost, den nevven tempel zihrt,

Den tempel dessen ruhm er gegenvvertig mehret

 

Las Sele, las vvie er, das schlechte Vaterlandt,

Las freunde: stadt und vveg’ las deiner Mutter hand’

Vnd bleib vvo JESVS ihm sein Vatertheil erkoren.

 

Hier such ihn vvenn du vvilt, hier schleust er niemand aus,

Hier ist sein mittag ruh’ und eigenthumblich haus

Hier findt ihn, vver durch nacht undt irthumb ihn verloren.

 

 

 

XII.        Am anderen Sontag nach dem Fest der Weisen. Johan 2

 

Ists so mein Selen trost, das die gevvundschte stude

Der hulffe noch nicht da? ists möglich das ich mus

Noch vveiter trostlos sein? und folgt auf meinen grusz

Mit dem ich an dich schrey, dis VVort aus deinem munde

 

VVasz hab ich mensch mit dir? O grimme selen vvunde!

Doch las ich noch nit ab, und vvart hier ohn verdrus,

Bis du mein Bräutgamb mich erfrvvst mit deinem kus.

Du vvirsts ja endtlich thun, und nach dem alten bunde

 

Die hertzen so bisher mitt lauter gall getrenckt,

Den du den Creutzkelch hast gantz threnen vol geschenkt,

Mit reiner vvollust vvein in evvikeit ergetzen,

 

Bey deinem hochzeit mahl, vven man der schnöden VVelt,

Die truncken voll vom gluck itz stetz ihr frasfest helt,

Vvird heffen, vvermut, gall, und fevvr, und pech vorsetzen.

 

 

 

XIII.       Am III. Sontag nach dem Fest der Weisen. Matth. 5.

 

VVol dem, des hoher sin dich auf dem Berge höret

Von dem vvas selig heist; o selig vver noch kan

Personlich dich im thal’ umb mittel flihen an.

VVenn sich sein aussatz pest, die grimme sunde mehret!

 

Bald lebt in ihm durch dich vvas bis in todt versehret.

Ich bin so stark nicht mehr o grosser vvunderman,

Es ist umb handt und haut umb leib und fus gethan.

Die krankheit hatt mein haus, den Cörper gantz zustöret.

 

Doch IESV vven du vvilt, ist keine noht zu gros,

Du kanst vom laster joch mich eilends machen los.

Ich bin nicht vvehrt das du dich zu mir heim solst finden;

 

Sprich Heilandt nur ein vvortt, bald vvird, vvas itzt mich nacht,

VVas mein gevvissen krenkt, vvas meine Seel’ anklagt,

Vnd aller Teufel macht, im augenblick verschwinden.

 

 

 

XIV.       Am IV. Sontag nach dem Fest der Weisen. Matth. 8.

 

Auf! auf! vvach auf Her Christ! schavv vvie die vvinde toben!

VVie Mast und Ruder knackt! itzt sinkt dein Schief in grundt!

Itzt schäumbt die vvilde flut, vvo flack und segel stundt

Vns mist Compas und raht! bald kracht die Luft von oben!

 

Bald schluckt die teuf’ uns ein! vvird dich den jemand loben

Der ab zur Hellen fehrt! ist dis der feste bundt

Der stets uns hoffen heist, ob gleich der vveite schlund

Der Hellen sich reist auff? VVo hastu hin verschoben

 

VVas deine treu versprach! Hilff eh der kahn sich trent!

Hilf eh’ das schvvache brett’ an jene klippen rent!

Kan den kein Zeterschrein vom hartten schlaff dich vvecken!

 

Auf! auf! schilt flut meer! so bald du auf vvirst stehn,

VVird brausen sturm, undt vvind im augenblick vergehn!

Durch dein VVortt mus vvas uns mitt nöhten schreckt erschrecken.

 

 

 

XV.         Am V. Sontag nach dem Fest der Weisen. Matth. 13

 

Sih’ vvie der grimme feindt, aufs landt das du erbavvet

Sein unkraut hauffig strevvt! in dem die sunden nacht,

In schlaff der sicherheit die trägen menschen bracht,

Den du die VVeitzenfrucht zu hutten anvertravvet!

 

Herr IESV SIH’ vvie voll man alle bete schavvet,

Neid, untrevv, falscher lehr, geschmückter hertzen pracht!

Sih’ vvie der Satan noch so embsig seet undt vvacht,

Und vvie der zartten blutt vor so viel disteln gravvet!

 

Ah sihstu ferner nicht dort jene schar aufzih’n

Die vvider deinen schlus reuft korn und trespen hin!

VVen vvirstu dich selb-selbst zur letzten ernd aufmachen,

 

Kom es ist hohe zeit! liss dein getreide rein,

VVirff vveg vas schädlich ist, fuhr bald die garben ein,

Vnd las des Satans saat im Hellen fevvre krachen.

 

 

Auff den Sontag des langmüthigen Ackermanns.

 

Der Feind streu’t aus auffs Land, das du erbauet,

Sein Unkraut! Herr, in dem die Sünden Nacht

In trüben Schlaff die trägen Menschen bracht

Den du die Frucht zu hütten anvertrauet!

 

Diß, was man nur auff allen Aeckern schauet

Ist falsche Lehr und Neyd und Ketzer Pracht.

Wir schlaffen fest: der Sathan seet und wacht

Der Sathan, dem vor deinem Segen grauet.

 

Ach sihst du nicht, wie jene Schar umbläufft

Die dir zu Trotz so Korn als Tresp ausräufft!

Wenn wirst su dich zu letzter Erndt’ auffmachen?

 

Kom’ es ist Zeit! führ alle Garben ein.

Führ ein die Frucht. Laß in der Flammen Pein

Des Sathans Saat, die nicht mehr taug, verkrachen.

 

 

 

XVI.       Am VI. Sontag nach dem Fest der Weisen. Matth. 13

 

Kein körnlein ist so klein als senf’ für uns zu schetzen:

Doch vven es in die schos der feuchten erden felt,

So vvurzelt’s eilent ein, undt keimet in die VVelt!

Baldt vvirdt’s ein hoher baum, der rundt umb allen plätzen

 

Theilt kuhle schaten aus, dan eilet sich zu setzen

Manch Vogel umb den ast, der sich drauf sicher helt:

VVie hart das vveter braust, vvie scharf man nach ihm stelt,

Doch mag ihn dar kein vvindt, kein jägergarn verletzen.

 

So scheind des Herren vvort in menschen augen klein:

Doch kombts einmal in’s hertz, so nimbts die sinnen ein,

Vnd läst bald stock undt zvveig’, und blutt, und fruchte schavven.

 

VVer unter diesem baum zu truber sturme zeitt

Ihm zuflucht auserkiest, dem darf vor’s vvindes streitt,

Vor’s Teuffels vogel netz, vors todes pfeil nicht gravven.

 

 

 

XVII.     Am Sontag Septuagesimae. Matth. 20.

 

Mich hastu grosser Gott vom marckt der vvelt gesendet

In vveinberg den durchs blut dein Sohn ihm hatt erkäuft.

Betracht ich vvie der tag so schnel zum abendt läuft,

Vnd vvie ich meine zeitt so ubel angevvendet:

 

Bald vvird mir angst und vveh! mein morgen vvard geendet

Mit leichtem mussug gehn: nun sich die arbeit häuft,

Druckt mich die mittag last: vvie hab ich mich vertäuft,

In vorvvitz, ungedult, und vvas die seele schendet,

 

O streck mein schvvaches fleisch! das vven die trübe nacht,

Der unverhofte todt nun letzte feyre macht;

Ich nicht vom gnaden lohn mich ausgeschlossen finde.

 

VVehrt bin ichs vvarlich nicht! doch vveil du auch nimbst an,

Die nur in deinem dinst ein stundlin Herr verthan,

Kanstu den groschen ja nicht vvegern deinem kinde.

 

 

Auff den Sontag des himlischen Weingärtners

 

Der Höchste rufft uns von dem Marckt der Welt,

In den Weinberg, den sein Sohn hat mit Schweiß und Blutt genetzet,

Den er unablässig baut, der so werth vor ihm geschätzet

Daß er davor sich in den Tod gestellt.

 

Doch wir sind die, den müssig gehn gefällt

Unsers ersten Morgenslicht ward mit nichts-thun hingesetzet:

Itzt nun uns der Mittag druckt, hat uns Hitz’ und Last verletzet

Und was noch mehr von fleissig-sehn abhält.

 

Auff Menschen auff! gebt Acht! auff eure Sachen

Die Nacht bricht an, der Tod will Abend machen.

Denckt, wie werden wir bestehen, wenn Gott selbst wird Rechnung hegen?

 

Er siht zwar den, und mehr denn gnägig an,

Der eine Stund ihm fleissig dienen kan

Doch er heist auch von ihm gehen, die, die seinen Grimm erregen.

 

 

 

 

 

XVIII.    Am Sontag Sexagesiminae.

 

VVie das kein Mensch nicht hört! vven CHRISTVS selbst heist hören?

VVie das der vvehrte saam im augenblick verschvvindt?

Ich seh’ der Hellen raab raubt vvas er liegen findt

Im nicht geflugten vveg. VVie soll das VVort sich mehren

 

VVens nie ein sin’ versteht! ob’s gleich viel hertzen ehren.

VVen tavv und regen felt, die vven versuchung bindt’

Vnd trubsals hitze sticht ohn safft und vvurtzel sindt.

Ihr Mammons knecht unb sonst! vvas sind die zahrten lehren

 

Bey harten sorgen gutt! vven schon die bluet’ kombt vor,

Dringt evvre distel doch mit aller macht empor.

VVas geitz und lust erstöckt, kan nimmer mehr bekleiben.

 

VVirff IESV von mir aus, dorn, unkraut, heck und stein.

Richt durch dein Creutz mich zu, strevv dein geheimnus ein,

Die durch gedult ausgehn undt evvig fruchtbar bleiben.

 

 

 

Auff den Sontag des guten Seemans

 

Ich höre nichts, wenn du mich heissest hören!

Dein wehrter Samen bringet wenig Frucht

In mir! Ach Herr, der Höllen Vogel sucht

Dein Wort in mir, arglistigst zu versehren.

 

Wenn sich die Blüt in meinem Geist wil mehren,

Kränckt mich die Hitz und (was ich oft verflucht)

Der Sorgen Angst, (Ach! scharffe Dornen Zucht!)

Erstöckt in mir schir alle gute Lehren.

 

Schrecke die Vögel Herr, die mich berauben

Laß mich auch in der Versuchung dir glauben.

und reiß die Disteln aus die gantz mein Hertz umbgeben.

 

Laß mich durch Regen der Gnaden erquicken,

Schicke Gedult wenn das Creutze wil drücken

Das an der Dornen statt dein Wort mög in mir leben!

 

 

 

XIX.       Am Sontag Quinquagesiminae. Lucae 8.

 

O lieb ohn mas! o gunst der nirgendt nichts zu gleichen.

Die Gott vom thron ins Creutz, vom Creutz zu tode tregt!

Das sich der lebensfürst selbst in die schantze schlegt,

Kan kein’ vernunft verstehn, und kein verstand erreichen.

 

Ach! sol das zarte fleisch in schmach undt geissel’ streichen

In schvverer sunden last, die meine schuldt auf-legt

In hel’ entbrandtem grimm, dehn Gottes Fluch erregt.

Vnd Moses satzung sterckt, verschmachten und erbleichen!

 

O das ich doch, mein Hertz, so grob’ und blind noch bin!

O dass ich doch mit dier nicht vvillig hin vvil zihn

VVo du durch angst und Creutz in Himmel ein vvirst gehen.

 

O IESV Davids Sohn! o licht erbarm dich mein.

Sei still und schavv mich an, denn vverd ich sehend sein,

Vndt deine Bruder trevv undt liebe recht verstehen.

 

 

 

XX.         Am Sontag Invocavit. Matth. 4.

 

VVeg, vveg du stoltzer Geist! im fall mir schon die vvusten

Drin Gott mich prüfen vvil nichts als nur steine vveist:

VVirdt doch mein matte Seel durch dessen VVortt gespeist

Der brott undt speise schafft. VVie tief du mich mit listen

 

In abgrund sturtzen vvilt, so starck kan ich mich fristen

Durch allmacht des, der stets im vvege bleiben heist

Der durch der Engel hutt den seinen beistandt leist,

Vndt nicht versucht vvill sein. Du vvirst doch keinen Christen

 

Der IESVM trevvlich meint, durch herlikeit der VVelt,

Durch schön geschminktes nichts, durch vvollust pracht und geldt

Bevvegen das er Knie und Hertzen vor dier neige.

 

Versuche vvie du vvilt, ich vvill durch dessen raht

Der deine vverk zerstört, undt dich zutreten hat

Dier vviderstehn, bis er die Ehrenkron mir zeige.

 

 

 

Auf den Sontag des versuchten Sohnes Gottes

 

Weg! weg! hinweg du stoltzer Geist! dafern wir schon die rauhe Wüsten

In welcher Gott mich prüfen wil, nichts als nur harte Steine weist;

Wird meine matte Seele doch durch dessen kräfftigs Wort gespeißt.

Der alles Brodt und Speise schafft. Dafern du gleich mit schlimmen Listen

 

Mich in den Abgrund stürtzen wilst, wird mich doch dessen Allmacht fristen

Der für die Seinen treulich sorgt, der in dem Weg uns bleiben heist,

Der durch der Engel starcken Schutz, den seinen festen Beystand leist.

Und nicht von uns versucht wil sein! du wirst doch (glaub ich) keinen Christen

 

Der seinen Jesus treulich meynt, durch tolle Herrligkeit der Welt,

Durch prächtig auffgeschmücktes Nichts, durch Wollust und vergänglich Geld

Bewegen, daß er Knie und Hertz, ohnmächtig Wunder! vor dir neige?

 

Kom an! versuche wie du wilst! Ich wil, weil Jesus für mich batt

Der deine gantze Macht zustört, und dir den Kopff zutreten hat.

Dir Erbfeind widerstehn, biß er die Ehren-Kron mir endlich zeige.

 

 

 

XXI.       Am Sontag Reminiscere. Matth. 18

 

Ich hoch betrübtes hertz, ich schavvplatz aller plagen,

Schrey fur und fur umbsonst, auf den ich je’ und eh’

Mein Hoffnung grunden lies: verhült sich (ach und vveh!)

In stille gravvsambkeit! vvas helffen meine klagen?

 

Ich mus, vvie schvver’s auch ist, des Teufels schläge tragen.

Je mehr ich mich mitt ernst zu beten untersteh,

Je frembder stelt er sich! Hilff eh ich gantz vergeh!

O der du keinem noch hast beistandt abgeschlagen!

 

Ob zvvar ich schnöder hundt nicht deiner gaben vvehrtt,

Hastu den hunden doch offt kinderbrott beschertt.

Nun vvol! ich vverd auch nicht besturzt vveg von dir gehen.

 

Vielleicht hastu bisher ein kröstlin mir versagt,

VVeil du mich (vvenn ich nun in trubsal müd gejagt)

Entschlossen bist zum tisch der ehren zu erhöhen.

 

 

 

XXII.      Am Sontag Oculi. Luc II.

 

O der du dich vom thron der evvigkeit begeben

Ins raubschlos dieser VVelt! das du die starcke macht

Mit der der Hellen Printz der furst der schvvartzen nacht

Sein rusthaus hatt verschrenckt, vvolst brechen und aufheben:

 

Schavv, schavv, in vvas fur furcht, in vvas fur angst vvir schvveben!

In dem der starcke feindt schier augenblicklich tracht

VVie er durch grim undt list, durch vvolust, pein und pracht

Nem’ aller sinnen ein; und mach ihm recht undt eben,

 

VVas du dir selbst ervvehlt. Treib den verterber aus

Der mordet undt verstrevvt. Zeuch in mein Seelenhaus.

Las Herr mich eins mitt dir’ in lieb und glauben bleiben.

 

VVirff aus vvas teuflisch ist, gib’ das ich deine Lehr

Die einig seelig macht, mitt ernster andacht hör:

Vnd möge vvas ich hör ins hertz mir einverleiben.

 

 

 

XXIII.    Am Sontag Laetare. Johan. 6.

 

Ach willtu dich noch mehr betrübte Seel betruben.

Geht dir dein Ascherbrod zue ravv und bitter ein?

Vndt muss dein tranck vermischt mitt herben threnen sein?

Der kan nicht, der dich kan auch bis zum tode lieben

 

VVenn sonst nichts helffen mag, den milden rath aufschieben.

Der niemandt hungern lest, vvird dir in hungers pein

Bescheren vvas du vvundscht. VVas erstlich nichts und klein,

Macht baldt sein segen gros. VVen er Philippum üben

 

Vndt ander speisen vvill, so mus verzug’ undt noth

Vor angehn: vvenn er sich das vvahre lebens brodt

Dier gibt im abendtmall, mustu vor Hunger spüren.

 

VVenn kein Prophet mehr lehrt, vvenn Salem Menschentandt

Von Mosis Cantzel hört, denn lehrt er stadt und landt,

er pflegt zur Engelspreis, die hier verschmacht, zu fuhren.

 

 

 

XXIV.    Am Sontag Judica. Johan. 8.

 

Nun kan ich, vven ich sol, vol frevvt die augen schliessen,

Vnd sagen, VVelt ade! VVer Christi vvorten travvt

Schleft, vven er sturbt, nur ein: vver irdisch ist dem gravvt

Im fall er soll zu letzt dis todte leben grüssen.

 

Dis leben, drin vvir schmach und steine leiden mussen.

Vnd nichts den teufel sein. O selig vver baldt schavvt,

Drob Abraham sich frevvt, undt auf den grundstein bavvt,

Der Gott die vvarheit selbst, die alles kan durchsüssen

 

VVas menschen savvr geht ein! Mich treugt dis hoffen nicht,

Ja mus ich schon ins thal der finsternus: mein licht

Mein IESVS, vvirdt mich recht auf rechtem vvege leiten,

 

Er ist das leben selbst; mein leben ist nur noth,

Ein schatten rauch und vvindt, ein tausendfacher todt.

Drumb ist mein sterben nichts als recht ins leben schreiten.

 

 

 

XXV.      Am Palmen Sontag. Matth. 21.

 

Schavv Zion, schavv, der Printz, von vvelchem längst geschrieben,

Dein Seligmacher kombt; der vvilligst alles thutt,

VVas Gott sein Vater schleust, in des’ recht sanften mutt

Noch einig rechte trevv (die sonst verschvvunden) blieben.

 

Der ists der Helffer heist, der fevvrig dich zu lieben,

Vndt frey zu machen tracht: der durch sein tevvres blutt

Lescht deiner flüche plitz, und deiner straffen glutt,

Vndt einzeucht das du nicht durfst evvig sein vertrieben.

 

Hosanna Davids kindt! Hosanna höchster Gott!

Lob sey dir, der du dich freimuttig gibst in todt

Der du zum knecht fur mich, mein König, dich erklärest!

 

Lob sey die, der du nimbst die sunden burden an,

Vnd zahlst vvas nimmermehr die Seele zahlen kan,

Vnd mir vor pein viel frevvdt, vor schmach viel ehr gevvehrest.

 

 

 

XXVI.    Am grünen Donnerstage. I. Corinth. II.

 

O Höchster liebe pfandt! O Brunquell guter gaben!

O beste sussikeit! o vvahres engelbrodt!

O edle Seelen speis, darmitt der grosse Gott

VVill mein vervvundes hertz und kran Gevvissen laben!

 

O Schatz, in dem ich mag recht reiche schätze haben!

O evvig lebendt fleisch, das mein schvvach fleisch vom todt,

O gar unschätzlich blutt, das mich von blutschuldt noth

Frank, frey und ledig macht! Fliht, flieht ihr Hellen Raben!

 

Die vvehrte Himmels aas, reitzt nur die Adler an.

Hilff IESV hilff das ich dis vvürdig brauchen kan,

VVas fromen stette frevvdt, undt bösen straff vvird bringen!

 

Gib das die zehrung mir in dieser vvusteney

Im threnenthal der VVelt, ein süss’ erquickung sey,

Bis ich im Vaterlandt dir evvig lob mag singen.

 

 

 

XXVII.   Am gutten Freitage

 

O schmertz! das leben stirbt! o vvunder! Gott mus leiden!

Der alles trägt, felt hin! die ehre vvirdt veracht!

Der alles deckt ist nackt! der alles tröst verschmacht!

Der luft und bäume schuff, mus luft und VVälder meiden!

 

Vndt hatt die luft zur pein! undt mus am holtz verscheiden!

Der glantz der herlikeit verschvvindt in herber nacht!

Der segen vvird zum fluch, die unerschöpfte macht

Hatt keine kräfte mehr! den König aller Heiden

 

Ervvurgt der Knechte Schar! vvas bosheit hatt verschuldt

Zahlt unschuldt vvillig aus! vvie embsig ist gedult,

Vvas vvidervvill verschertzt, auf’s nevv hervorzue bringen!

 

O härtter vveit als stein, den nicht die trevv bevvegt!

Vven Sonn’ undt luft verschvvarzt! vven sich der Erdtkreis regt!

VVon todten auferstehen und hartte fels zue’-springen.

 

 

 

XXVIII. Am Tage der Auferstehung Christi. Marci 16.

 

VVo ist der Hellen raub? vvo sindt des todes pfeile?

VVo ist der sunden nacht? vvo ist der Schlangen zahn?

VVo ist des hochsten zorn, der nur verdammen kan?

Verjagt! erlegt! entzvvey! vvo sind die starcken seyle,

 

Mitt den die sunde bandt? ist in so kurzer vveile

Des Teufels reich zustört? o ja! der vvundermann

Der Levv, und Lamb! der Knecht und König hats gethan!

O leben! sieg! triumph! auf! auf mein Hertz, und eile!

 

Dort liegen meine schuldt, hier ist das lösegeldt!

Schavv dort das leere grab! hier schavv den starcken heldt,

der jedem Petro ruft! O der du hast durchdrungen

 

Grab, siegel, hutt und stein: vvaltz ab die grosse last

Vons hertzens thuer, lös auf das schvveistuch, das mich fast,

Damit ich seh, vvie du den todt im sieg verschlungen.

 

 

 

XXIX.     Am Sontag Quasimodo-Genti. Johan. 20

 

VVas travvr ich? hatt der feind gleich fur undt für gesponnen

Mir zum verterb undt netz! ob gleich mein Kämmerlein,

Dis enge Pilgrams haus mus stets verriegelt sein!

VVas travvr ich obs gleich nacht! die vveil die helle Sonnen

 

Dem Printz der finsternus, dem Sathan abgevvonnen!

Vndt licht und friden bringt! vvenn aller trost vvird klein,

Vndt ich verlassen bin, tritt IESVS bei mir ein.

So baldt er kombt, so baldt ist vvas mich krenkt zerronnen.

 

Er ist mein Herr und Gott! er vveist mir fus undt handt!

Ich schavv durch seine seitt, vvie tiff sein hertz entbrandt!

O abgrundt höchster lib, las Herr mich auch entbrennen

 

Von dieser stralen fevvr! o travvte Sonn löss auff

Dis mein unglaubens eys! das nicht der hellen hauff

Nicht furcht! schmertz, pein und todt, mich ab von dir mög trennen.

 

 

 

XXX.      Am Sontag Misericordias. Joh. 10.

 

O ertz hirtt’ IESV CHRIST. Ich durch blutt’ angst undt sterben

Von dir erkauftes schaff, irr’ itz ohn trost umbher

Im unvveg-ravven VValdt. O steh mir bey, undt vvehr

Dem VVolffe der schon eilt, mich evvig zue verterben.

 

Las nicht vvas du selb-selbst hast mussen savvr ervverben,

Ein raub der levven sein. Hilff das mich nicht verzehr

Der grimmen thiere zorn, vertreib den Hellen beer

Vnd las ein örtlin mich in deinem Stall ervverben.

 

Ich kenne deine stim! mein Heilandt schrey mir zu;

Dir folg ich, vvo du vvilt; du, du bists’ einig, du

Der stets mit hirtten trevv sich hulfreich vvil erzeigen,

 

Vor dem der Teufel fleucht! kein midling helt hier standt,

Kein feig und frembder schutzt. O schreib mich in die handt,

Draus vveder macht, noch lust, noch todt reist, vvas dein eigen.

 

 

Auff den Sontag des guten Hirten

 

Mein Ertzhirt ach! Ich durch dein Blutt und Sterben

Erkaufftes Schaff, irr’ ohne Trost umbher

In wüster Welt, ach stehe bey und wehr

Dem Wolffe, der schon renn’t mich zu verderben,

 

Gib nicht, was du hast müssen fau’r erwerben

Dem Thier zur Beut? Hilff daß mich nicht verzehr

Der grimme Löw. Vertreib den Höllen Beer,

Und laß mich Platz in deinem Stall ererben.

 

Ich kenne dich! mein Heyland, schrey mir zu!

Ich folge dir, du, du bist einig, du

Der mir kan Weyd, und Weg, und Ruhe zeigen.

 

Kein Frembder schützt, kein Miedling hält dir stand

Drumb komm du selbst und schreib mich in die Hand

In die du schleust, was ewig bleibt dein eigen.

 

 

 

 

XXXI.     Am Sontag Jubilate. Johan. 16.

 

O kom und schavv wie ich in lauter threnen flisse!

Kom, den ich hier nicht seh! mein schmertz nimmt uberhandt!

Itzt hatt sich Menschen trevv, und menschen rath gevvandt!

Komb! eh’ ich meine noth mitt letzten seuftzen schliesse,

 

Vndt den gepresten geist, mitt dieser klag ausgiesse.

Gleich vvie ein schvvanger leib, der nun die stundt erkandt,

Die zum gebehren ruft in höchster angst entbrandt

Erbebt: so beb’ ich stets! Mein IESV! kom, durchsusse

 

Dis VVermutt herbe Creutz! die VVelt ist jubels voll,

Vnd vveis nicht vvie sie satt mich armen höhnen soll.

Doch vvirdt ihr kleine frevvdt in langes leidt sich kehren.

 

Hergegen, vvie ein VVeib sich ob der frucht ergetzt

So vvird mein Hertz, das itzt die kurtze plage letzt,

Dich schavvn mitt solcher lust, die evviglich vvirdt vvehren.

 

 

 

 

Auff den Sontag des vor uns verborgenen Helffers

 

Kom’ und schaue doch, wie ich fast in Threnen gantz zuflisse!

Kom’, denn ich nicht sehen kan, kom mein Schmerz nimt überhand

Kom, es hat sich Menschen-Rath, Menschen-Treu’ hat sich gewand

Kom, eh ich die grimme Noth mit dem letzten Seufzer schliffe.

 

Hilff, daß meine Traurigkeit sich in Freud verkehren müsse.

Gleich wie ein hochschwanger Leib, der die herbe Zeit erkant,

Die Ihm zu der Arbeit rufft, schmachtet in der Weh-Muth Band

Also beb’ ich! kom mein Jesu. Kom mein Heyland, kom durchsüsse

 

Dieses Wermuth herbe Creutz! diese Welt ist Freuden voll

Und weiß schir nicht, wie sie recht, mich Verlanßnen höhnen sol;

Doch wird ihre kurtze Lust sich in langes Leid verkehren.

 

Wie sich aber nach der Noth ein Weib an der Frucht ergetzt

Also wird mein mattes Hertz, dem die kurtze Qual zusetzt

Dich mit höchster Wonne schaun, die in Ewigkeit wird wehren.

 

 

 

XXXII.   Am Sontag Cantate. Johan. 16.

 

VVas acht ich travvren, furcht, noth, jammer, grimme schmertzen?

Creutz, plagen, schmach, undt todt! Mein IESVS bricht die bahn

Durch den nicht gleichen steg zum Vater. Ey vvolan!

Dis mehr als kurtze leid ist nichts als lauter scherzen!

 

Nichts als ein trube vvolk! nichts als ein sturm des mertzen!

VVen mir mein König selbst, der rechte vvandersman

Noch seinen tröster schickt, der in dem vvilden plan

Mich ab vom abvveg fuhrt, durch seine vvarheit kertzen!

 

Die zeit ist doch schon dar, in der die blinde vvelt,

Die, vvas nicht irdisch ist, für fluch und scheusal helt,

Vor Gottes richtstul sol die schvvere straffe fuhlen.

 

Die straff, umb das sie nicht mitt festem glauben steht,

Das Christus von ihr zeucht, und das die rach angeht

So ihren Printz verspricht, den schvvartzen abgrund pfulen.

 

 

 

XXXIII. Am Sontag Vocem jucunditatis. Johan. 16.

 

VVie mag ich armer Mensch, ich asch’, mich unterfangen,

O allerhöchster Gott, zu treten her fur dich?

Mein eigen hertz, mein fleisch, mein schuldt verklaget mich!

Der teufel schreitt, umb sonst ist dein verlangen.

 

Kein Sünder darf vor Gott: Gott hatt sein aug umbhangen

Mitt dicker vvolken nacht! Ich fuhl den Schlangenstich,

Der zum verzvveifeln dringt. Mein Vater schavv doch, Ich

Ich dein betrübtes kindt bin schier in angst vergangen.

 

Doch IESVS richt mich auff. In IESVS namen ruft

Mein abgematte seel aus dieser todten gruft.

Schavv Vater umb sein blutt, auf dieses threnen rinnen.

 

VVeil mich dein liebster Sohn inständig rufen heist:

Vndt mir ohn unterlos selbst fur dir beystandt leist:

VVird vvas ich bitt, dein gunst mir nicht abschlagen können.

 

 

 

XXXIV.  Am tage der Himmelfahrt des Herrn. Marc. 16.

 

Triumph! der todt ist todt! Triumph ihr Himmelscharen!

TRIUMPH! die Helle ligt. Mein König fehrt nun auf,

Vnd fuhrt in banden schavv der schvvartzen Teufel hauf.

Triumph! die vor verstrickt in sunden keten vvahren,

 

Macht seine freiheit frey, undt den vor so viel jahren

Das Paradies verspert, durch Mutter Evae kauf,

Vndt Adams fraas, holt ein sein vverthe lehr undt tauf.

Triumph! der Herr fehrt auf, mitt tausendt tausend paaren,

 

Itzt sitzt er und regirt bei Gottes rechten handt,

Vndt tritt vvas vor sich fest in seinen has verbandt.

Vor ihm mus Himmel, Erd, und Hell, die fusse neigen.

 

doch bey uns bleibt er auch, so lang die Sonne vvacht,

So lang der Sternen glantz umbringt die schvvartze nacht,

Bis er der erd ihr endt, uns vvirdt den Himmel zeigen.

 

 

 

XXXV.   Am Sontag Exaudi. Johan. 15.

 

Hier bilde dir nichts ein als geissel’, strick und bande,

Als zangen, schvverdt undt todt, im fal du Christo trevv’:

VVer IESV junger ist; vver dieser vvelt ohn schevv’

Die vvarheit sagen vviel, kracht oft im lichten brande.

 

Dein Seligmacher selbst trug nichts den has und schande,

Als schmach undt Creutz zu lohn. VVehn deuchts dan libster nevv’

Das oft der Cristen schar, vvie gantz nichts nutze sprevv’

VVirdt vom verfolgung vvind gesturmet aus dem lande?

 

VVas machts! als das die vvelt, den Vater nie erkent,

Vndt meint; ihr toller zorn, der so pocht, vvurgt undt brent,

Sey dis vvas einig kan den Höchsten Gott ergetzen.

 

Doch sey getröst, der Geist, der alle zeugen lehrt,

Zeugt, das vver bis zum pfal den Herren IESUM ehrt,

Dort sich mitt grossem lohn sol aller pein ergetzen.

 

 

 

XXXVI.  Am heiligen Pfingsttage. Johan 14.

 

VVen Christi lieb entzundt’, pflegt Christi vvort zu trauen;

VVer Christi vvorten travvt, den schleust der grosse Gott,

Der Vater fest ins hertz: und ob in höchster noth,

Ihm schon vor ach, undt angst, und untergang vvil gravven;

 

VVill Gott der drey und eins doch vvohnung bei ihn bavven.

Der Geist, der vvehrte Geist, durch dessen trost der todt

Nicht langer tödtlich ist, der rechte Fridens bott,

VVil ihn die vvahre lust in unlust lassen schavven.

 

Er vvil vvas unser sin durchaus nicht fassen kan,

Erklären, ja er vvil je mehr der feindt setzt an,

Vns von des Herren fluch, und eigner schuldt entbinden.

 

Er vvil vven fleisch undt Seel in sterbensschmertzen kracht,

Vndt vven der matte mensch aufs teufels siebe schmacht,

Durch dis, vvas IESVS spricht, uns helfen ubervvinden.

 

 

 

XXXVII. An Gott den Heiligen Geist

 

O vvahrer liebe fevvr! brun aller gutten gaben!

O dreymal grosser Gott! o höchste Heylikeit!

O meister aller kunst! o frevvdt die alles leidt

Vertreibt! o keusche taub! o furcht der Hellen raben!

 

Die, eh das vvüste Meer mitt berge rings umbgraben,

Vndt eh die VVelt gegrundt, eh das gestirnte kleidt

Dem Himmel angelegt, ja schon vor evvigkeitt

Die zvvey die dir gantz gleich von sich gelassen haben!

 

O vveisheitt ohne mas! dehr, vvas uns dunckel, hell.

O reiner Seelen gast! o tevvre gnaden quell!

Die du den zartten leib Mariens hast befeuchtet.

 

Ach las ein tröpflin nur von deinem lebenstavv

Erfrischen meinen Geist! hilff das ich doch nur schavv

Ein funcklin deiner flamm’, so bin ich recht erleuchtet.

 

 

 

XXXVIII. Am Sontag der Heyligen Dreyfaltigkeit. Rom. II. Joh. 3.

 

O reiche vvissenschaft! vver kan die vveisheit grunden

Durch die man Gott recht kent. mag dieser augen licht

Erforschen seine vveg, begreifen sein’ gericht?

VVer vvirdt des Herren sin’ durch seine sinne finden?

 

Vns mus verstandt undt geist, vor seinen vvercken, schvvinden,

VVir vvissen vvas die erdt, und vvas sie einschleust, nicht.

VVer könte dan verstehn, vvas er vom Himmel spricht

VVie VVasser, Glaub, und Geist, uns ledig macht von sunden?

 

Dem Vater der uns schuf, dehm, so am Creutz erhöht,

(VVie Mosis Schlang) uns hilft, dehm, so von beiden geht,

Vndt durch die nevv geburt uns in das leben führet,

 

Des sin’ kein hertz erkent, dem nimand raht ertheilt,

Der unser leben helt, undt unser schvvachheit heilt,

Sey evvig lob und ehr, die einig ihm gebühret.

 

 

 

XXXIX.  Am I. Sontag nach d. Fest der H. Dreyeinikeit. Luc. 16.

 

O eytel! nichts! o traum! vvorauf vvir menschen bavven!

VVas hilft der Taffel lust, und stoltzer kleider tracht,

VVen nun die arme Seel, im schvvartzen fevvre kracht?

Vndt nimmermehr nicht mag die minste rettung schavven?

 

VVie mag uns doch so sehr fur noth und armutt gravven,

VVenn dehr so hier in angst, ohn allen trost verschmacht,

Auf Gottes ehrenthron vvird evvig gros gemacht?

Mag jemandt in dehr zeit, auf lange jahre travven?

 

VVenn uns der blasse todt im augenblick abnimbt?

Vns ist das vvehrte schloss der evvigkeit bestimbt.

VVehm mag das trübe thal der erden denn belieben?

 

Gott ist’s der unser freund undt höchste lust vvill sein!

VVas acht ich denn nach dehn, so in der Hellen pein

Mitt ihrer gegenvahrt die freunde mehr betrüben?

 

 

 

XL.         Den 2 Sontag nach d. Fest der H. Dreyeinikeit. Luc. 14

 

Ob Gott sein gnadenmaal gleich längst anrichten lassen,

Vndt oft der Menschenhauf von anbegin der zeit

Geruffen, Libste kombt, die speisen sind bereit,

Doch fandt er nirgendts nichts, als sinnen die ihn hassen.

 

Dehn helt sein acker auf, der lest sich s’ VVeib anfassen.

Vnd der, o unverstand! o blindt-! o eytelheitt!

Empfindt von Ochsen mehr, als Gott behäglikeit.

Ja ob er itzt noch schreyt auf aller länder gassen,

 

VVird doch sein haus nicht voll. Drumb zündt sein heisser grim

Ihm rach’ und eyver an, und stöst die donnerstim

Durch seine lippen vor: Die mich nicht vvollten hören

 

Da ich so freundtlich rieff, dehr keiner sol, ich schvver

Zu meinem Frevvdenmaal im elendt kommen her.

VVer mich nicht acht, den vviel ich evvig auch nicht ehren.

 

 

Auff den Sontag des zu der Hochzeit einladenden Königs

 

Gott hat sein Gnadenmal vor längst anrichten lassen

Und die verstockte Welt von Anbegin der Zeit

Gerufen zu der Lust, es ist umbsonst bereit,

Er findet Hohn für Gunst, für Libe rasend hassen!

 

Die hält der Acker ab, die kan das Weib anfassen

Und der, o Vih, o Schmach! Hohn über alles Leid,

Schöpfft aus den Ochsen, nicht aus Gott Behäglichkeit.

Er rufft Er schickt noch aus durch aller Völcker Gassen,

 

Doch bleibt sein Gast Saal leer, drum steckt der heisse Grim

Zorn, Rach und Eyver an und stößt die Donnerstim

Durch seine Lippen vor: Verflucht die mich nicht hören!

 

Wer nicht mein Bitten acht, sol, schwer ich, für und für

In höchster Noth und Schmach verbannet seyn von mir

Ich wil in Ewigkeit, die mich verlacht, nicht ehren.

 

 

 

XLI.        Am III. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Luc. 15.

 

Der engelscharen Furst dehn Gott ihm gleich gebohren,

Durch dehn das vveite schlos der vvunderschönen vvelt

Gegründet; steigt vom thron und seiner Himmel zelt,

Vndt sucht vvas hier auf erdt durch grosse schuldt verlohren.

 

Der König, dehn zur freuudt der Vater ihm erkohren,

Hatt seine lust an uns: der alles gibt und hält,

Kreucht seinen schaffen nach, undt vvirdt das lösegeldt,

Dehr auf die angst undt todt und Helle sich verschvvoren.

 

Hört schaffe die ihr steckt verirrt in mancher kluft,

VVie ernst, vvie trevv, vvie sehr der lebenshirt euch ruft!

Folgt seiner stim undt handt, eh’ euch der VVolff zureisse.

 

VVelch groschen itzt nicht klingt, vven IESVS leucht undt kehrt,

Dehn unter dickem staub der scharffe rost verzehrt,

Taug nichts, als das man ihn vveg sambt dem unraht schmeisse.

 

 

 

XLII.      Den IV. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Luc. 6

 

Soll dich der Höchste Gott mit Vaters trevv anblicken:

So mustu jederzeit auch sanftes Hertzens sein.

VVer nichts als richten kan, vver rach undt grimme pein

Stets auf den nechsten ruft, vvirdt endtlich selbst in stricken

 

Des Sathans, und in strom’ der schvvefelbach ersticken

Gnad ist umb gnaden feill, vver gibt, nimbt häuffig ein,

Vndt vvie du misst, so voll, so richtich fest undt rein,

VVird man auff deinen schos die vvieder kehre schicken.

 

VVer laster straffen vviel, undt selbst verbrechens voll,

Ist als der blinde leutt starblindt recht fuhren soll,

VViltu ins brudern aug nicht kleine splitter leiden,

 

So fange bey dir an, undt nimb die balcken hin,

Die balcken die dir selbst den lichten tag entzihn,

Vndt fleuch zu erst vvas du vvilt ander heissen meiden.

 

 

 

XLIII.    den V. nach dem fest der Dreyeinikeit. Luc. 5.

 

Vmbsonst! mein hertz umbsonst! vver viel bey nacht vvil fangen,

VVen sunden dunckelheit des himmels glantz verdeckt,

VVen gravven, blindheit, furcht, der sternen schar erschreckt,

Mag auch der höchste fleis kein segenszug erlangen.

 

VVer nicht auf Christi vvort ins arbeit schieff gegangen,

Dehm hilft nicht muh noch schvveis, vver drauf sein netz austreckt,

Vnd nicht vol schvvartzer sundt, vol truber vverke steckt,

Dehm hatt der milde Gott viel segen schon verhangen.

 

O vvahre gnaden Sonn’ las deine stral’ aufgehn,

Treib vveg, vvas dunckel heisst, bleib in dem schiflein stehn,

Vndt las durch deine lehr mich reich an tugendt vverden.

 

Lehr mich dem nechsten baldt in nöthen springen bey,

Gieb das ich meiner selbst in demutt indenck sey,

Vnd vvillig, vven du rufst verlas schiff, haus undt erden.

 

 

 

XLIV.     den VI. nach dem Fest der H. Dreyeinikeit. Matth. 5.

 

Dein falscher heuchel schein, dein Phariseer leben

Schleust nimmermehr die burg des grossen himmels auf.

VVer heis entbrandtem zorn nicht bricht den starcken lauf,

Gleicht allen, die zum mordt die grimme faust erheben.

 

VVer seinem bruder flucht, kracht vvie verdorrte reben

Zuletzt im schvvefel fevvr, manch hertz verstockter hauf,

Dem has fur freundschaft libt, thut al zu tevvren kauf,

Vnd zvvingt Gott das er mus ihm recht fur gnade geben.

 

O libster mensch verzeih, vveil noch dis leben vvehrt,

Eh als dein schif an port des schnellen todes fehrt,

Das nicht der feinde klag des richters zorn errege.

 

VVehn dort der urtheil spruch einmall in kercker schickt,

Dehn plagt der straffen last, die unaussprechlich drückt,

Bis das er auch (o vvan!) den letzten scherf ablege.

 

 

 

XLV.      Den VII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Marc. 8.

 

VVen gleich kein mittel mehr, undt aller rath verschvvinde

Vndt ich ohn hulf und trost nur ungepflugtes landt,

Vndt gar nicht fruchtbar holtz, und oeder vvüstensandt,

In höchster hungersnoht fur meinen augen finde:

 

Travvrt meine Seel doch nicht! den könt auch seinem kindt,

Der vor vier tausendt mann hier brodt und speise fandt,

Vndt uberbleiben lies; verschliessen hertz undt handt?

Drum ists umbsonst, das ich mich selbst mitt sorgen binde.

 

Nicht ohn ists, ich bin arm, und mitt viel angst beschvvert:

Doch vveis ich, vver nur stets zu Gott die sinnen kehrt,

Den gantz kein sunden netz, kein zvveifel strick kan fangen,

 

Der gutts zu thun sich müht, der Christum fleissig hört,

Vndt ihn mitt fester trevv, undt reinem leben ehrt,

VVirdt vvas er darf undt vvil, zum uberflus empfangen.

 

 

 

XLVI.     Den VIII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 7.

 

Nicht grosser blätter art, nicht vveiter äste sprossen,

Nicht hoher stämme macht, nicht zarter bluten licht,

Die frucht ists einig, drumb man nach den baumen sicht,

Alsbaldt die reiffe zeit des sommers ist verflossen,

 

Der zvveig verraucht im fevvr, des keiner ie genossen,

So nutzen schöne vvort, undt kluge reden nicht,

VVen Gott den schlimmen VVolff nach seinen thaten richt,

Der Christum zvvar in mundt doch nicht ins hertz verschlossen.

 

Drumb prufe seel die vverck, schavv nicht die kleider an,

Es hatt kein distelstrauch je feigen vorgethan,

Ob schon die vvilde blüt von fern den rosen gleichet,

 

Obschon manch falsch Prophet Herr ohn aufhören schreitt

Vndt vvol den teufel zvvingt, komt doch die hartte zeit,

Drin IESVS zornig spricht! ihr ubelthater vveichet.

 

 

 

XLVII.   Am IX. Sontag nach der H. Dreyeinikeit

 

Ach ubergrosser Gott; vvo vverd ich vor dir bleiben?

Ich dein nichts vverther knecht! mich deucht vvie tag undt nacht,

Die ernste donnerstim, in meinen ohren kracht:

Ich mag nicht langer schavvn dein freches laster treiben

 

Thue rechnung vor leib, geist, vor reden, thun und schreiben.

O der du hast dein ampt so vveislich hier volbracht!

Mein Heilandt sei mein freundt! das vven der zorn aufvvacht,

Sich nicht der klager hauf dörf an die Seele reiben.

 

VVar ists? des höchsten gutt ist liederlich verschvvendt!

Doch find ich baldt vvas mir furcht, angst und kummer trent,

VVen dein volkommen thun vvil vvas mir fehlt ersetzen

 

Las mich vvas irdisch ist, forthin vvol vvenden an,

Vndt vven ich in der vvelt nicht mehr haushalten kan

So thu mich evvig dort in deiner frevvdt ergetzen.

 

 

Auff den Sontag des Rechnung-fordernden Haus- Vaters

 

Herr! aller Herren höchster Gott, wo werd ich armer vor dir bleiben!

Ich dein durchaus unnützer Knecht: Mein Hertz erzittert Tag und Nacht.

Weil mir das ernste Donnerwort durch Ohr und Mutt, und Geister kracht.

Thu Rechnung Mensch, von Leib und Geist, von reden, lesen, thun und schreiben.

 

Wen solte nicht dein harter Spruch in des verzweifelns Abgrund treiben!

Doch wann der, der in Knechts Gestalt vollkommen hat sein Ampt vollbracht

Mir sein Genug-thun selbst anbeutt, wird, wenn der heisse Zorn erwacht

Sich der erhitzten Kläger Schaar umbsonst an diese Seele reiben.

 

Wahr ists, daß ich des höchsten Gutt gar unbedachtsam hir verschwend’t

Doch schau’ ich Licht in dieser Nacht, das alle trübe Wolcken trenn’t.

Wo, was mir feilt dein Uberfluß, mein süsser Jesu wil ersetzen.

 

Gib unterdessen, gib, daß ich dein Gutt so anwend’ in der Welt,

Daß wenn der abgelebte Leib hir nicht mehr Hauß auff Erden hält

Der Geist sich für und für bey dir in ew’ger Hütten mög ergetzen!

 

 

 

XLVIII. Am X. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Luc 19.

 

Mein licht! vvie das ich seh die heisse threnen rinnen,

Von deinen vvangen ab? vvas kränkt dich zartes hertz?

VVo rührt die vvehmutt her? ist dis villeicht dein schmertz,

Das ich der gnadenzeit noch nie bin vvorden innen?

 

Vndt das mich keine red’ noch vvarnen kan gevvinnen?

Ach freilich bin ich blindt undt taub o lebenskertz!

Der ich so liederlich, und unbedacht verschertz,

VVas einig mich am tag des zorns vvird retten können.

 

Doch schavv noch eins mich an, undt treib mit peitschen aus

Die sunden krämerey, dadurch mein hertz dein haus

Zur mördergruben vvirdt: so bald du die gereumet,

 

Vndt drinnen lehren vvirst, vverd ich dem grim entgehn,

Auch vvas zum friden dint, eh den er vveg, verstehn:

Den vverdt ich bringen ein, vvas bisher so verseumet.

 

 

Auff den Sontag des mitleidenden Eyvers

 

Ach mein Licht! wo rührt es her? Daß du dich so hoch betrübest?

Meine Lust? was kränket dich? was beschwehr’t dein sanftes Hertz?

Bin ich schuld an dieser Angst, daß ich unbedacht verschertz

Diese Gnadenzeit, in der du mir raum zur Busse gibest?

 

Ich erkenn’ ich bin nicht wehrt, daß du heimsuchst; das du libest

Meine blind und taube Seel! ach allsichtb’re Lebenskertz!

Ach entdecke mir die Noth, der gehäufften Plagen-Schmertz,

Die mit grimmen Donner tob’t, wenn du Rach und Zorn verübest!

 

Schaue mich dein Zion an, treib mit scharffen Geisseln aus

Meiner Sünden Krämerey, die mein Hertz, dein eigen Haus

Gleich den Mörder-Gruben macht, wenn du diesen Tand geräumet,

 

Wenn du in mir lehren wirst; werd ich aller Rach entgehn

Und was zu dem Fride dint: weil der Fride blüht verstehn

Ach einbringen was bißher, meine Trägheit hat versäumet.

 

 

 

IL.          Am XI. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Luc. 18.

 

Ich bins, Gott ach! ich bins, dehn keine sundt noch schande

Hatt je zu grob dacht sein, der keine frevelthatt,

VVie schvver sie immer war, je unterlassen hatt.

Ich bins, der nevver schuldt aufs nevv sich untervvande.

 

Mich führt’ der Teufel schon, im demant-festen bande.

Mein Vater! schavv doch, schavv undt denck an deinen rath,

Kraft der dich Christus selbst bezahlt an meiner stadt.

Nim seine todes-angst und tevvres blutt zum pfande.

 

Zum pfand undt lösegeldt. Ich darf mein augen nicht

Erheben zu dir auf. ach neige dein gesicht

Zu dem der fur dir liegt. Je mehr du vvirst verzeihen,

 

Je grösser vvirdt dein lob, ist meiner laster viel,

So hatt doch deine lieb, und grsse gnad’ kein ziel,

Die mich von aller angst ohn ende kan befreyen.

 

 

Auf den Sontag des gerechtmachenden Heylandes

 

Ich bins! Gott ach ich bins! den keine Schuld noch Schande

Hat je zu grob gedacht: der rasend eh’ und je

In Lastern sich gewälzt, als ein unsinnig Vih’

Herr meiner Sünd ist mehr als Sand ans Meeresstrande.

 

Mich führt der Teuffel schon in Demand festem Bande:

Mein Vater: schau doch schau’ und denk auff dessen Müh,

Auff dessen milde Gunst, der sterbend mir verzih’

Nim seine Todes Angst und teures Blutt zu Pfande.

 

Zum Pfand und Lösegeld. Ich darf mein Augen nicht

Erheben Himmel an. Ach neige dein Gesicht

Herunter über mich! je mehr du wirst verzeihen,

 

Je grösser wird dein lob, ist meiner laster viel,

So hatt doch deine Lieb, und grosse Gunst kein Ziel

Die öfter, als ein Mensch wird fehlen, kan befreyen.

 

 

 

L.                  Am XII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Marc. 7.

 

VVie gerne vvolt ich dich mein Seligmacher preisen,

VVen meine zungen nicht gebunden, vven mein mundt

Nur offen! ach mein Gott! ich vvolt aus hertzen grundt

Dis vvas du vvilt, und heist, mit freyer that ervveisen,

 

So hör ich leider nicht. VVie kan ich mitt dir reisen,

Besonders von der vvelt, vven mich der sundenbundt,

Vndt fleisch, undt freundschaft helt, kom reis mich diese stundt

Ganz vveit vom pöbel vveg, brich vvas mehr fest als eisen

 

Die stumme lippen schleust! o rühr die ohren an

Die Satan gantz ertäubt, damit ich hören kan,

Dein seufzen, dein gesprech, dein vvarnen, deine lehren.

 

Den vviel ich frevvden vol erzählen deine gnadt

Die alle ding vvol macht, ich vviel die vvunderthat

Hier noch im threnenthal, undt dort im Himmel ehren.

 

 

Auff den Sontag des Gutthätigen Wandermans

 

Wie kan ich Herr, dein Lob vermehren,

Weil mir die Zunge Sprachloß ligt?

Daß sich mein Hertz nicht nach dir fügt:

Kommt weil die Ohren gar nicht hören.

 

Wie sol ich dich mein Heyland ehren

Weil mich die tolle Welt betrigt:

Wer hat den Lastern obgesigt,

Der nichts nicht weiß von deinen Lehren?

 

Ach führe mich weg von der Schaar

Rühr an die Zunge, die so gar

Dein Feind, mein Schöpffer, hat gebunden!

 

Thu auff mein Ohr daß ich verspür,

Wie wol du dis gemaht, was wir,

Arm, dürsstig, taub und stumm gefunden!

 

 

 

LI.          Am XIII. Sontag nach der H. Dreieinikeit. Luc. 10

 

Gantz bis in todt vervvundt, zerfleischt, durchhavvn, zuschlagen,

Ohn labsal lieg ich hier! vvie bin ich zugericht!

O vveh! ich mus vergehn! mein mattes hertz zubricht!

Der schvvache geist verschvvindt, in tausendt fachen plagen.

 

Die augen brechen schon. der mund kan mehr nicht klagen

Vor alzu grosser noth! ich vveis schier selber nicht

VVie tief die vvunden sindt. O vvahres lebens licht

Herr IESV, vviltu auch so vvenig nach mir fragen,

 

Als Priester undt Levit? kom Samarite kom

Vnd floes mir oel und vvein, den blut- und wasserstrom,

Aus deiner seiten ein! die ravven vvusteneien

 

Der mördervollen vvelt vermehren nur die noth.

Ich vviel ins Kirchenhaus, drin man auf dein gebott,

Durch VVort und Sacrament, mich kan vom todt befreyen.

 

 

Auff den Sontag des liebreichen Samariten

 

Biß auff den Tod verwund’t, zerfleischt, zumalm’t, zuschlagen

Verschmacht ich und vergeh, itzt schwindet mein Gesicht,

Der schwache Leib erstirbt, mein mattes Hertze bricht;

Der müde Geist vergeht in tausendfachen Plagen.

 

Die Adern starren schon, der Mund kan nicht mehr klagen.

Der Tod schwebt über mir, ich weiß schir selber nicht,

Wie schwer der Schmertzen sey! O wahres Lebens Licht!

Herr Jesu wilst du auch so wenig nach mir fragen.

 

Als Priester undt Levit? Ach Samarite kom

Und geuß mir Oel und Wein, den Blut- und Wasserstrom,

Aus deiner Seiten ein! die rawen Wüsteneien

 

Der mördervollen Welt vermehren nur die Noth.

Ich viel ins Kirchenhaus, da man auff dein Gebot,

Durch Wort und Sacrament, mich kan von dem Tod entfreyen.

 

 

 

LII.         Am XIV. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Luc. 17.

 

VVo sol ich armer hin, vvo sol ich hin noch eilen.

Ich aas, das lebend todt, ich schevvsal aller vvelt,

Auff das der sunden soldt mitt schvveren plagen felt.

Hier nimbt mein aussatz zu, je mehr ich thu vervveilen:

 

Dort brent der Himmel an, undt geht mit donner keilen

Hoch schvvanger auf dis Haupt. VVie bin ich doch verstelt

Vor Gottes bildt itz so, das aug und mundt verhelt

Vor mir vvas athem zeucht! Doch kan mich IESVS heilen.

 

Er spricht ein einig vvort, und macht zehn siechen rein.

O vvahres heil der vvelt! o artzt erbarm dich mein,

Vndt vvende dein gesicht auf meiner Seelen schvvere.

 

Dis heischt dein priester ampt. hier hilft kein fremdes blutt,

Kein oel noch vvasserbadt, nur deine seitenflutt,

Die ist’s die ich von dier ohn unterlas begehre.

 

 

 

LIII.       Am XV. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 6.

 

VVeg vvelt! vveg travvrig sein! vveg teufel, fleisch und zagen!

VVeg eitelkeit undt furcht! vveg vvas mich oft so krenckt!

Mein Vater, der, kraut, gras, blum vih’ undt vvildt bedenckt,

Der vvirdt mir vvas ich darf zu keiner zeit versagen.

 

Der für die vögel sorgt, mus ja mehr kummer tragen

Vor mich sein ebenbildt, der mir dis leben schenckt,

Schenckt vvas zum leben dient, der mich noch speist und tränckt,

VVird meiner blöss ein kleidt ja nimmer hier abschlagen.

 

Drumb vveg, vvas irdisch ist, vver stets nach erden tracht,

Vnd nur den Mammon ehrt, mag forthin tag und nacht

Sich kummern, vvie er mög ihm selbst ein ell zusetzen.

 

Ob schon die vvelt geht hin, vven mir der Himmel bleibt,

Das schlos der evvikeit, das mir Gott selbst verschreibt,

So bin ich evvig reich, un evvig gros zu schetzen.

 

 

 

LIV.       Am XVI. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Luc. 7.

 

Schavv, mich hatt lebendt schon die letzte noth verschlungen.

O grosser lebensfürst, mein hertz ist oedt undt kalt

Von deiner liebe geist: mein fleisch vvird ungestalt

In stettem vveh undt ach! ich habe längst gerungen

 

Mit grimmer sterbens angst, vvie stammelt meine zungen,

VVen ich dich preisen vviel! ob zvvar mein blutt noch vvalt,

Start doch der schvvache leib! obs gleich im ohr noch schalt,

VVen du dich hören lest, doch bin ich gantz durchdrungen

 

Von dem vvas sterben heist, Selbst bin ich meine bahr!

Selbst trag ich mich zum grab die matte sinnen schar

Läuft travvrig umb mich her, vviltu mich nicht erlösen?

 

O IESV sprich ein vvortt, so vverdt ich baldt aufstehn

Vndt in die stadt der lust, von dieser gruft vveggehn,

Ja beben vverd ich dir, undt sterben – ab dem bösen.

 

 

 

LV.         Am XVII. Sontag nach der Dreyeinikeit. Luc. 14.

 

VVie untrvv ist die vvelt? vvie vol neidt, grim, und triegen?

VVie vvirdt mir jedes vvort noch auf der zung vervvendt?

VVie hält man doch auf mich? ich mus an allem endt

Ihr kleines lichtlin sein, undt mich zur Erden schmiegen.

 

Sie fehret gros daher! ich mus zu fussen liegen,

Man stöst mich fur undt fur: die so ich freunde nent,

Sind vvol die ersten, die mir fleisch und seel durchtrent

Mitt ihrem läster-maul, doch demutt sol obsiegen!

 

Mein IESVS heilet mich! vven sie die Teufelszucht

Zubersten druber solt, mir vvirdt die sunden sucht.

VVie sehr sie truber tobt, und neidet abgenommen,

 

Ob sie gleich itz auch ruht, und ich in arbeit bin,

Bricht doch mein Sabbath an, ihr frevvdlin fehrt dahin,

Mein ehr undt ruh undt lust, vvird nicht zum ende kommen.

 

 

Auff den Sontag des Herren des Sabbats

 

Heyland, welchem nichts verborgen! Gott, der Hertz und Nieren kennet,

Schaue wie viel falsche Sinnen auff mich lauren Tag und Nacht

Mich, den jedermann zu fällen unter Freundschafft Nahmen tracht:

Mich, den man so hündisch neydet, weil du mich dein Kind genennet.

 

Mir wird durch vergiffte Zungen mein stets blutend Hertz zutrennet.

Dein’ und meine Feinde jauchzen! Ihrer stolzen Geister Pracht

Wird die große Welt zu enge, weil mich ihrer Hoffart Macht

Aus der letzten Unterstelle in den Staub zu Boden rennet.

 

Doch ich weiß! der wird erröten, der wird Schanden voll noch stehn,

Der in Hochmut itzt ersoffen, wil auff aller Köpffen gehn.

Wenn du wirst, was klein: erhöhen, und was hoch zu grunde stürtzen

 

Gönnt der Welt die kurtze Wonne, die ein Augenblick verkehrt

Unser Sabbath wird anbrechen! in dem ihre Lust hinfährt,

Wird der keuschen Seelen Freude keine Zeit kein Ende kürtzen.

 

 

 

LVI.       Am XVIII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 12.

 

O grosser Himmels furst! o König aller dinge!

O Davids Sohn undt Herr! des macht doch sieg und feldt

Im mittel grimmer feindt undt scharffer list erhelt,

Vndt evvig herschen vvirdt! nimb vvas ich fur dich bringe:

 

Mein hertz, umb das dein Hertz an Creutzes galgen hinge:

Mein seel, umb die zur pein du deine Seel gestelt,

Vndt dich in todt betrübt: die kraft, o lebens heldt,

Für die dir alle kraft in sterbens angst verginge,

 

Vndt als ein scherb verdort. Nim vvillig libster an

VVas in der frembden vvelt ich einig geben kan.

Hilff das ich gleich als mich dich undt den nechsten liebe,

 

Vndt vvas mich itzund kränkt, die grimme teufel-schar

Zur rasch (vven dein gevvalt vvirdt richten offenbahr)

Mitt unter deinen fus, o schlangen-treter, schiebe.

 

 

Auff den Sontag des Herren und Sohns Davids

 

O du grosser Himmels Fürst! Jesu! König aller Ding,

Jesu! Davids Sohn und Herr! dessen Macht doch Sig und Feld

So im Mittel grimmer Feind’: als gespitzter List erhält:

Und unendlich herrschen wird, nim an, was ich vor dich bring:

 

Nimm mein Hertz, umb das dein Herz an des Creutzes Galgen hing

Nimm die Seel an, umb die du deine Seel in Tod gestellt,

Nimm die Krafft, für welche dir alle Krafft, o Krafft der Welt,

Da du an dem Holtz verschmacht in verfluchter Angst entging.

 

Libster nimm an mein Geschenck.   König nimm die Gaben an,

Die in diser frembden Welt deine Braut aufbringen kan.

Hilff, daß ich doch gleich, als mich, Gott und meinen Nechsten libe,

 

Daß ich, was mich jetzund kränckt, der ergrimmten Feinde Schaar

Welche dich und mich verletzt (wie dir alles offenbar!)

Unter deiner Füsse Stull, grosser Schlangentreter, schibe

 

 

 

LVII.      Am XIX. Sontag nach der H. Dreieinikeit. Matth. 9.

 

Dünckst iemandt frembd, das ich in kranckheit so verschvvinde,

Das tevvrer mittel fleis, undt vverther kräuter macht,

Das vveiser ärtzte vverck, mir noch nicht vviderbracht,

VVas schmertz und angst verzehrt, die grimme sucht die sünde.

 

Greifft mich von innen an. Mein Heilandt, ich befinde

Das alles doch umbsonst, vvornach ein krancker tracht,

VVeil diese gift noch vvehrt; kom eh ich ganz verschmacht:

Kom sunden tilger kom! kom eilendt undt entbinde

 

Mein fest umbstricktes hertz, das so vol bosheit steckt,

Drin roh undt sicher sein, seuch uber seuchen heckt.

Sprich sey getrost mein kindt: ich habe dir vergeben

 

VVormitt du mich erzurnt, ich habe deine noht

Gevvendet, ja dein Creutz geendet, und den todt

Verschlungen, das du nun kanst evvig fur mir leben.

 

 

 

LVIII.    Am XX. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 22.

 

Mein Seelen Bräutigamb, der du mich stets gelibet,

Vndt schon vor evvikeit, zu deiner braut ervvählt,

Vndt dich mitt mir in fridt und glauben fest vermählt,

Ja da ich dich mitt schandt undt lastern hoch betrübet,

 

Vndt sunden hurerey, ohn unterlas verübet,

Mich durch dein reines blutt von schulden los gezehlt,

Hilff das, ob gleich der feindt ohn unterlas mich quält,

Vndt spott, schmach, angst undt todt, mir hier zum Brautschatz giebet,

 

Doch vvanckelhaft nicht sey. Hilff das kein schvverdt noch pein

Mög stärcker als die glutt der keuschen liebe sein,

Bis du mein höchster trost mich vvirst zur hochzeit fuhren.

 

Da vverdt ich schön geschmuckt mich frevvn in evvigkeit,

VVen dis, vvas unrein ist, im fevvr undt herbem leidt,

In hunger, hohn undt hitz ohn unterlas vvird frieren.

 

 

 

LIX.        Am XXI. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Johan. 4.

 

Mitt mir ist’s doch geschehn! mein Heilandt vvil nicht hören,

Kein einig Mensch vveis raht! der Teufel lacht mich aus!

Der todt spant schon die Sehn! undt vvil dis schvvache haus,

Den leib, dehn augenblick zubrechen undt zustören.

 

Mein geist, undt leben schvvindt, vveil sich die schmertzen mehren.

Die glider sindt verdort, vvie ein durchbrandter graus,

Der glaub vvirdt klein undt sinckt! ich fühle schon den straus

Der hofnung und vernunft so anders nichts kan lehren,

 

Als das mein stündlin hin, o Himmelsusse trevv!

Herr IESV, deine gnadt vvirdt ja noch täglich nevv.

VVie kanstu den vvas ich so sehnlich bitt abschlagen?

 

Kom eilendt! eh der todt mich mitt dem pfeil durchschmeist,

Vndt aus dem krancken fleisch die mude seele reist!

Heis leben umb den du dein leben müssen vvagen.

 

 

 

Auff den Sontag des Wunder würckenden Helffers

 

Ach! Erden gute Nacht, Mein Heyland will nicht hören,

Hir nutzt kein Menschenrath, ich geh die letzte Bahn!

Der Tod spannt schon die Sehn: und will den schwachen Kahn,

Den Leib auff dieser Klipp zuscheitern und zustören.

 

Mein Leben fährt dahin: weil sich die Schmertzen mehren,

Und Geister untergehn, es ist mit mir gethan

Die Augen brechen mir, der Höllen scharffer Zahn

Wird mich in dieser Angst, wenn Niemand hilfft, versehren!

 

Ach! yll ich denn ins Grab! O Himmelsüsse Treu

Herr Jesu deine Gunst wird augenblicklich neu!

Wie kanst du denn, was ich so sehnlich bitt’, abschlagen

 

Kom eilend, ehr der Tod die scharffen Pfeil abscheust,

Ehr als das siche Fleisch, die müde Seel außgeust

Heiß leben, umb den du dein Leben müssen wagen.

 

 

 

LX.         Am XXII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 18

 

O aller Herren Herr! o geh nicht ins gerichte

Mitt deiner Hände vverck! das nicht bestehen kan,

Im fall du rechten vvilt! o blicke doch nicht an

Die menge meiner sundt mit grimmigem gesichte.

 

VVas vviltu vveiter noch mitt deiner augen lichte

Durchsuchen hertz und geist! bekendt doch jederman

Das auf zehntausendt pfundt er sich in schuld verthan.

Ja noch viel mehr und mehr. Dis sindt die schönen früchte

 

Die unser vvillen tregt. Im fall ich gleich auch vvolt

Verkauffen vvas ich hab, reicht doch kein gutt noch goldt,

Vnd vver es mehr den sandt, zu zahlen diese summen.

 

O schavv den vveisen knecht! der diese schrift cassirt

Vndt uns mitt seinem blutt aus solcher angst gefuhrt,

Sonst mus ich auf dein buch, undt auspruch stracks erstummen.

 

Auff den Sontag des von Schuld lossprechenden und verdamenden Königs

 

Geh! aller Herren Herr, O geh nicht ins Gerichte

Mit deiner Hände Werck’ das stracks verzagt,

Dafern dein Grimm zu rechnen uns außtagt,

Und unser Schuld beschaut mit heissen Angesichte

 

Was überlegst du Herr, mit scharffer Augen-Lichte,

Den grossen Rest, der mein Gewissen nagt

Hörst du den an, der mich so hoch verklagt?

Ich bin dir schuldig, ach! die Hauptsumm und die Früchte.

 

Dafern ich auch verkauffen wolt,

Was ich besitze; wird kein Gold

Kein Geld, kein Blutt den Außstand Herr, erreichen.

 

Ein Bürg, ein Zahl-mann steht für mich,

Der durch den Tod versöhnet dich.

Das Blutt, das von ihm fleust, kan deine Schrifft außstreichen.

 

 

 

LXI.        Am XXIII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 22.

 

Geht, geht ihr feinde geht! beschliesset raht und rencke.

Damitt ihr Christum fangt! seid fleissig drauf bedacht!

Legt falstrick, netz undt garn, ja sinnet tag und nacht:

Ihr richtet doch nichts aus, vvie hoch es auch euch kränke.

 

Mein König, dem ich mich erb undt leibeigen schenke,

Acht keinen Heuchelschein, auch keiner vvaffen macht,

Auch keiner menschen list, auch keiner zungen pracht,

Er mercket vvas ihr dicht, und kennet vvas ich denke.

 

Der tag ist nicht mehr vveit, drin evvr vermumbter hauf

Im anblick aller vvelt vvird mussen zeigen auf,

VVes bildt undt uberschrift er an sich hier getragen.

 

VVeh dem, und evvig vveh! so dort nicht vvirdt bestehn

Den unser König vveg vvird heissen von sich gehn

In abgrundt ernster angst, undt nicht erdichter plagen.

 

 

 

LXII.      Am XXIV. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 9.

 

Schavv, libster schavv! vvie ich mitt bluttschuldt sehr beflecket,

Veracht von aller vvelt, mitt travvrigkeit beschvvert,

Gantz hilflos, matt, und sich von schmertzen bin verzehrt:

Schavv vvie der todt mich schon mitt schvvartzer nacht umbdecket!

 

VVie oft, vvie oft hab ich den schvvachen arm gestrecket

Nach deinem gnaden kleidt! vvar ist’s ich bins nicht vvehrt,

Doch bin ich gleich vvol auch ein Schäfflin deiner heerdt.

Drumb bitt ich, stevvre doch dem Teufel, der mich schrecket

 

In letzter sterbens angst, undt vveil ich dich nicht kan

So rühre du mich selbst mitt gnaden händen an:

Vndt reis mich aus der noth in der ich itz verschvvinde.

 

VVo nicht: so las mich sanft undt selig schlaffen ein,

Vnd gieg das nachmals ich, dis mein fleisch, haut undt bein,

VVen du mich vvecken vvirst, verkläret vviederfinde.

 

 

 

LXIII.    Am XXV. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 24.

 

Ist jemals, vveil der bavv der grossen vvelt gestanden,

So grimme Tyranney, undt grevvel auch erhört?

Ist vvas, das nicht durch krieg, schvverdt, spies, und fevvr zustört!

Ist solche gravvsambkeit? sind so viel sundt und schanden

 

Gantz ohne straff verubt? nun redlikeit in banden

Vndt Heilikeit verjagt: nun sich die sunde mehrt,

In dem der vviederchrist in Gottes tempel lehrt,

Vndt schvvere ketzerey sich heckt in allen landen.

 

Ah! vvie vvird deiner schar Her IESV CHRIST so bang!

Verkürtze doch die Zeit, und sey nun mehr nicht lang!

Das nicht der sathan uns in vvahn undt irthumb bringe.

 

Gib das ich unter des, o vvahre Seelenspeis,

Mich von der faulen vvelt, und ihrer lust abreiss,

Vndt ohn verzug zu dir, mitt adlerflügeln schvvinge.

 

 

 

LXIV.     Am XXVI. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 25.

 

Der printz der evvikeit, der richter aller sachen,

Heegt urtheil, reis entzvvey, o erden fels undt meer.

Ihr klufte thal und see, gebt evvre todten her,

Ihr todten kombt nun vor, kombt aus der Hellen rachen.

 

Ihr feinde Gottes kombt, kombt vor ihr alten drachen,

Vndt hört den letzten spruch der euch so herb und schvver,

Den fromen liblich felt. Gib das mich nicht versehr

Die scharffe donnerstim’ mitt der du vvirst ankrachen

 

Der schvvartzen böcke schar, Mein IESVS, las mich sein

Ein schaff zur rechten handt, und fuhr mich frölich ein

Ich reich der Herlikeit, das du mir hast ervvorben.

 

Ach vveh! und evvig vveh! dem so von dir mus gehn!

O vvol undt evvig vvol, dem so da vvird bestehn!

Recht selig vvird er sein, und jener recht verstorben!

 

 

 

LXV.      Am XXVII. Sontag nach der H. Dreyeinikeit. Matth. 25

 

O schönster bräutigamb, der du mein hertz geruhet

Mitt deiner liebe pfeil, gieb das ich jederzeit,

Ja jeden augenblick sey fertig undt bereit,

Damitt ich, vven du kombst als einer braut gebühret.

 

Dir mög entgegen gehn, mitt diesem schmuck gezihret,

Den du mir selbst erkauft. Gib das mein hochzeit kleidt

Sey unbefleckt und rein, undt ich zur seelikeit,

Mitt heel entbrandtem licht vverdt von dir eingefuhret.

 

In der ich fur und fur aufs himmels frevvdensaal

Einnehmen sol vol lust dein herlich abentmal.

Gib das ich nicht mitt dehn, die faul und gantz verdrossen

 

Ob deinem aussen sein nicht nahmen sich in acht,

Den ihre lamp verlosch, die erst umb mitternacht

Einkauften oel undt schmuck, vverd evvig ausgeschlossen.

 

 

Auff den Sontag des Himmlischen Bräutigams

 

Auff! Jungfern auff! auff Freundin! wacht! erwacht!

Auff auff vom Schlaff! der Bräutigam wird erscheinen

Ich seh er komt! zwar über mein vermeinen:

Auff! auff! er komt! es ist gleich Mitternacht!

 

Die Braut zeucht ein in ihrem Hochzeit Pracht

Gezirt mit Gold und Seid’ und edlen Steinen

Der Bräutgam glänzt umbgeben von den seinen

Von Herrligkeit und ewig hoher Macht.

 

Ergreifft die Lamp’ auff! es ist mehr denn Zeit!

Euch mangelt Oel! auff! Freundin, wer bereit

Der folge mit zu diesem Freuden-Feste.

 

Die lauffen hin und kauffen Lichter ein!

Ach viel zu spät! O Schmertz! O grimme Pein!

Der Bräutgam kent kein ungeschickte Gäste.