1616 – 1664
Die Texte
folgen der ersten Ausgabe von 1639
Abweichungen
späterer Ausgaben werden teilweise unten aufgeführt.
I. Am tage des Apostels Andreae. Matth. 4.
Es fahre vvas mich helt! es
fahre schiff und netze!
Es fahre gunst undt ruhmb! es
fahre pracht undt geldt!
Es fahre schein undt ehr! es
fahre pracht undt geldt!
Hoch gros und herlich nent!
vvas acht ich ihrer schätze?
Mein schatz, auf den ich hab,
gutt, hertz, undt geister setze,
Ist einig meine lust! ob schon
der Himmel felt,
Doch vvill ich durch ihn
stehn, vvas acht ich ob das zelt
Der Erden mir zu eng, undt ob
man schvverter vvetze
Auf dis mein irdisch fleisch?
ihr feinde schnaubt und thutt
VVas grim und has euch lehrt!
vergiest die handtvol blutt
Zureist den schvvachen leib,
zutrent dis matte leben!
O seelig, vven ich frey von
dieser glieder bandt,
Durch dis vvas sterben heist,
dir IESV in die handt,
Zum pfandt verlibter trevv,
vverdt meine seele geben.
II. Am tage Nicolai. Matth. 25.
O König, der du mir dein
pfundt vertravvet,
Gieb das ich embsig, vveil du
aussen bist,
Mein ampt versorge: sterck zu
aller frist.
Dis zarte fleisch dem stets
fur arbeit gravvet.
Ja stevvr dem feinde der nur
einig schavvet.
VVie er durch faule knecht,
durch blinde list,
Durch grimme macht dir deine kirch
vervvüst.
Hilff das durch mich dein
vvechsel vverd erbavvet:
Damitt ich entlich in der
ernsten stunden
In der du Herr die rechnung
hegen vvirst,
Bey deiner ankunft vverde
trevv erfunden.
Las mich mitt allen die fur
dir bestehen
Zu deiner grosser frevvd o
lebens furst
Nach so viel müh, undt harter
sorg eingehen.
Auf den Tag Nicolai. Matth.
25.
Auff! steckt die Lichter an!
umbgürtet eure Lenden
Das, wenn der Herr kommt man
alsbald auffthu
O selig! die er nicht aus
fauler Ruh
Wird in die grausam Angst der
stetten Marter senden,
Wol dem der embsig wacht, der
mit geschwinden Händen
Ihn wenn er klopfft: es sei
denn oder zu,
Die Thür entschleust. Er rufft
ihm frölich zu
Du treuer Knecht ich wil dein
langes Dinen enden!
Er wird zu seinem Tische
setzen,
Er wird mit höchster Lust
ergetzen
Diesen, der auf seine Zukunfft
immerdar sich fertig machet.
Wir können nicht die Stund’
außsprechen;
Doch wird er unversehns
einbrechen:
Menschen ach seyn
unverdrossen, eur Heil ligt hieran, wachet!
III. Am
tage Thomae. Johan. 20.
VVelt rase vvie du vvilt! hier
hab ich Christi vvunden,
VVorin ich, vven mich creutz,
angst, hell undt todt ficht an,
Vndt sundt und Teufel trotzt,
die Seel verbergen kan,
Die Sel, so einig hier
gevvundschte ruh gefunden.
O der du dich mitt mir von
evvikeit verbunden.
Mein Herr, und auch mein Gott,
mein grosser vvunderman,
O zeig auch mir vvie du hast
Thomae aug gethan
Dein offen hertz und handt,
und fus zur selben stunden
In der der vveite kreis, der erden
mir zue klein,
Vndt dis mein schvvaches haus,
der leib, vvird sincken ein,
Sprich Fride frid vven ich
vverd mitt dem tode kämpfen:
Reis alle zvveifelstrick mitt
starcker faust entzvvey
Die angst und Sathan knüpft
brich ihre pfeil entzvvey,
Vndt hielff durch deinen sig,
die hellenscharen dämpfen.
IV. Am tage Stephani. Actor 6. Matth. 23.
Der festen himmelburg, von
Gottes grim verschlossen,
Ist hutt undt riegel frey,
dort seh ich IESVM stehn,
Zur rechten, evvig hoch,
starck evvig, evvig schön.
Ich kenn’ die enge bahn, die
fur und fort begossen
Mitt purpurrotem blut, das
strömen gleich geflossen
Von ihm, und dehn mein hertz,
die itz schon oben gehn
Vor angst itz frevvdenvoll,
vvelt spotte, spey und höhn
Die keine noth, und schmach
undt folter hier verdrossen,
Sindt aus der angst zum trost,
vom todt zue Gott gefuhrt,
Vndt mitt der ehren cron von
CHRISTVS handt gezihrt.
Trotzt ihr Tyrannen trotzt!
jagt mich aus evvren thoren!
VVens himmelsthor aufgehn,
vverft diesen cörper ein!
Zubrecht vvas irdisch ist, dis
fleisch, die arm undt bein!
Mein schatz, der drin’
vervvahrt, vvirdt dennoch nicht verlohren.
V. Am tage Johannis des Euangelisten. Johan. 21.
Sagstu der vvelt ade? sol
CHRISTVS gantz allein
Der grundt sein, drauf du vvilt
die keusche liebe setzen?
So mus dich, vven er ruft undt
fragt, kein travvren letzen,
Du must der Menschen hass, du
must die grimme pein,
Schmertz, plagen streich und
schmach, du must schläg band und stein,
VVormitt der Teufel pocht, fur
lauter vvollust schätzen,
Ja vven die feind auf dich,
gleich alle länder hetzen.
Doch mustu trevv im ampt, und
unerschrocken sein.
Vor da dein junger geist vom
fevvr der vvelt entbrennet:
Bistu baldt hin baldt dort in
eigner lust gerennet,
VVo frevvdt undt eitel ehr, die
strasse dir gezeigt.
Itzt tritt den ravven pass,
undt lern in keten gehen,
Hin vvo der holtzstos brent,
vvo hohe creutze stehen,
Ja stirb dem der fur dich vom
holtz sein haubt abneigt.
VI. Am tage der unschuldigen Kindlin. Matth. 2.
Nicht’ klage Rachel nicht! ob
gleich die zartte reben,
Dein schönste Kinderlin, im
früling ihrer zeit
Von mehr als grausen sturm,
der schvverter abgemayt
Doch ist’s noch gantz nicht
aus! ach travvre nicht! sie leben.
Die lämblin so ihr blut furs
vvehrte lamb gegeben,
Sindt itz nach kurtzer angst,
und kaum erkandtem leidt,
Im evvig festen sitz der
grossen herlikeit,
In der sie Gottes raht, undt
hohes lob erheben.
O selig, vver noch eh der
mundt kan Christum nennen,
Die glieder vor ihn gibt, vver
aus der mutter schos
Die märter cron ergreift, und
tritt ins himmels schlos!
O selig vver noch, eh er
seinen feindt kan kennen,
Schon übervvunden hatt, vver
eh er sunde spürt
Vnd eh er veis vvas todt, von
beiden triumphirt.
VII. Am tage der Taufe IESV. Matth. 3.
Der mehr als engelrein, dem
aller himmel heer
Mitt zittern ehr erzeigt, lest
sich aus Jordans flüssen,
Zur reinigung der vvelt,
durchs dieners handt begissen
Vnd stift ein vvasserbadt, ein
nevves gnaden meer.
Hier mus vvas garstig ist, hier
mus vvas eisenschvver
Auf unsern hertzen liegt,
alsbaldt zue grunde schissen.
Dis ist der seelen brun’ den
IESVS auf mus schlissen.
Das uns kein grevvel schlam,
kein laster mehr versehr,
Doch vvil er nicht allein mitt
vvasserströmen tauffen,
Er vväscht mitt fevvr undt
geist, den ihmb ervvehlten hauffen.
VVer zvveifelt denn, das er
der erden Heiland sey?
Es zeugt der vvahre geist! man
hört in lüften schallen,
Das dieser selbst der Sohn,
der einig Gott gefallen,
Der vvas der Sathan bindt
macht sauber frisch und frey.
VIII. Am tage der bekehrung Pauli. Matth. 19. Act. 9.
Der, do der menschen hertz eh
als man meint, vervvendt,
Hatt oft der feinde zorn, undt
ungestümes pochen,
Vndt das schon blosse
schvverdt im augenblik zubrochen.
VVer seine stachel leckt,
nimbt schnel ein bluttig endt!
Ob gleich der grimme saul vor
lauter toben brent,
Hatt doch, eh den er recht der
Christen blutt gerochen,
Sein mutt sich unversehns vor
Gottes plitz verkrochen.
Sein schnarchen ligt im staub,
sein augen sindt verblendt!
Ja, vvas noch mehr, der
mensch, so mitt creutz, bandt und plagen,
Sich vvieder Christum setzt,
lernt nichts als Christum sagen,
Vndt breitet Christi ruhm vor
allen printzen aus.
So sturtzt der grosse Gott
auch alle die dich letzen,
Vndt vvil dir hundertfach,
vvas ihr geitz raubt, ersetzen.
Drumb leid, und las fur ihn,
kindt, vater, freundt undt haus.
IX. Am tage der reinigung Mariae. Luc. 2.
Mein Herr, auf den ich travv,
der du den blinden scharen!
Dem armen heiden volck, hast
deine trevv ervveist,
Vndt vvas dein vvahrer mundt
versprochen, kar geleist!
Las nun den müden knecht in
stillem fride fahren.
Bind meine Sele los, las nach
den trüben jahren
Mich selig schlaffen ein, vvie
mich dein gnadengeist
Versichert vveil ich nun, dis
vvas der Himmel preist
Vnd vvas die Seelen heilt, die
kranck in sunden vvahren,
Mitt diesen augen schavv. Ich
schavv den mittler an,
Ich schavv die frevvden quell
die mich erquicken kan.
Vnd die mitt vollem strom
durch alle lande dringet.
Ich schavv der erden trost!
ich schavv das helle licht,
Das durch die finster nacht
des schvvartzen todes bricht,
Vndt das zum himmelschlos mich
vveg vom irvveg bringet.
Herr! der du dich der Menschen
blinden Schaaren,
Die Nacht und Tod erschrecket
Nunmehr entdecket,
Laß deinen Knecht in stillem
Fride fahren:
Herr nim’ mich hin: Laß nach
den trüben Jahren
Mich loß! weil der erwecket
Der, was beflecket
Abwäscht und heil’t, die, die
schon auff der Bahren.
Mein betrübtes Angesicht
Siht das edle Lebens.Licht
Das du bereitest hast: es siht
die neue Sonne!
Den Trost, der uns erquicket
Wenn Noth, und Sterben drücket
Es siht Israels Ehr, und aller
Völcker Wonne.
X. Am tage Matthiae. Matth. II.
Hört vvie die vveisheit ruft,
hört vvie die liebe schreit:
Kombt alle, komt, die angst,
die ach undt vveh verzehret,
Ihr die die hartte last der
grossen schuldt beschvveret;
Kombt die ihr bebt in noht,
undt sinckt in travvrikeit.
Kombt die ihr irre geht, in
schvvartzer dunckelheit.
Kombt die der grimme zorn, des
höchsten scharf versehret!
Hier vvirdt euch labsal,
trost, frid, frevvde, lust, bescheret,
Hier ist der freystadt schlos:
hier ist evver heil bereit.
Nembt vvillig auf mein joch,
undt lernt nach meinen sitten.
Sanft gegen menschen sein, in
demutt Gott erbitten
So vvirdt gevünschte ruh umb
evvre seelen sein.
Dis joch ist mehr als süss,
die last ist leicht zu tragen:
Doch hatt die kluge vvelt mein
lehren ausgeschlagen.
Drumb zeig ich mich der schar,
die arm, schlecht schvvach und klein.
XI. Am tage der verkundigung Mariae. Luc. I.
Nun jauchtze, vvas vol angst!
nun frevv sich, vvas vol schmertzen!
Der Vater aller ding hatt
seinen eid bedacht!
Sein Engel hatt die post der
keuschen mutter bracht.
Sein Engel der nicht mehr die gantz
erstarten hertzen
Vom paradis ausjagt. VVas Eva
zu verschertzen
Im gartten vvillig vvar,
bringt durch des höchsten macht
Die Jungfravv vvider vor, die
meiner sunden nacht,
Gebiert die gnaden Sonn, und
Himmellichte kertzen.
VVeil Adam vol von stoltz,
vvolt gleich dem Höchsten sein:
VVirdt uns der Höchste gleich,
undt zeucht bey menschen ein,
Vol demutt, freundlikeit,
zvvar arm, doch reich von gaben.
O Jungfravv vol von ehr! vol
gnad! vol heilikeit!
O spigel reiner zucht! o blum
der letzten zeit!
VVie hatt, vvas nidrig vvar,
der Herr an dir erhaben.
XII. Am andern Ostertag.
Hertz libster IESV schavv,
vvie schon der tag erblast,
Die Sonne rent ins Meer, der
abendt ist vorhanden,
Man sicht die vverk der nacht,
die teufel schvvartzen schanden,
Mit hauffen brechen an, man
fuhlt der plagen last:
VVeich doch nicht lebens licht
bleib deiner kirchen gast.
VVer vvirdt von deinem Creutz,
von deinem todt undt banden,
Vom leiden vvas verstehn, undt
vvie du auferstanden,
Im fall die finsternus nun
alle landt umbfast.
Ach eyle doch nicht vveg, du
kanst uns klärlich lehren,
VVie du versprochner Helt,
durch schmach zu hohen ehren,
Durch’s creutz zur cron, durch
schmertz zur freud gegangen ein:
Baldt vvirdt, vvas kalt vvie
eis, von deiner lieb entbrennen:
Baldt vvirdt dich unser sin in
rechter andacht kennen.
VVir vverden klug in dir, undt
durch dich lebendt sein.
XIII. Am III. Ostertag.
VVie ost, mein licht, vvie oft
umbringt mich angst und vveh!
VVie oftmals vvill mir trost, undt
glaub, undt mutt zerrinnen?
VVie oftmals kan ich mich vor
schmertzen kaum besinnen.
VVie oftmals ruff ich schon,
mein leben nun Ade.
Doch vven mich deucht, vvie
ich im elendt itz vergeh,
Vndt meine das mich vvirdt
kein mittel retten können
So vverdt ich deiner hulff und
gegenvvart recht innen,
Den zeigstu mir die handt drin
ich geschrieben steh:
Den sagstu vvie der zorn des
höchsten abgelehnet
VVie Gott im fridt mitt mir,
und vvie du mich versöhnet.
Den lern ich das ich fleisch,
gleich deinem fleische sey.
Las, vven ich nichts mehr
schavv, mich deine vvunden schavven,
Vndt vven dem blöden geist
vvirdt vor dem tode gravven,
So schrey mir friden zu, und
mach mich jammers-frey.
XIV. Am tage Philippi und Jacobi. Johan 14.
Schlag alle trübe furcht aus
deinen sinnen,
Du kleiner hauff! vver seinem
Christo travvt,
Dem ist die sicher vvohnung
schon gebavvt,
In Gottes haus, die keine
schvvefel rinnen,
Vndt Hellensturm, und Teufel
brechen können.
Alsbaldt dir von den
donnervvolcken gravvt,
Alsbaldt dein aug, der feinde
rüstung schavvt:
Fleuch strack, undt halt dich
steif, in diesen zinnen.
Dein IESVS ist der vveg, du
kanst nicht irren:
Er ist die vvarheit, so dich
nimmer mehr
Mitt falsch-ertichten VVorten
kan vervvirren.
Drumb glaube fest, dein IESVS
ist das leben,
Ob gleich der todt raubt
dieser glider ehr
Er vvird dir dort die schöner
vvidergeben.
XV. Am andern Pfingstage. Johan 3.
Der evvig trvve Gott, hatt die
nichts vvehrte vvelt
Aus heisser lib so hoch, in
seinem sin geschätzet,
Das er sein einig kind dafur
in todt gesetzet,
Zum heil, trost, raht und
schutz, zum tevvren lösegeldt.
VVer sich mitt festem ernst an
diesen mittler hält,
Den vvird kein untergang, kein
hellensturm verletzen,
Er vvird im frevvden schlos
des himmels sich ergetzen
VVen nun der erden bavv im
letzten fevvr verfelt.
Gott hatt uns nicht sein kindt
zur straffe senden vvollen,
Sein kindt, durch das vvir
frevvdt und heil erlangen sollen,
VVer standthaft auf ihn
travvt, den schreckt sein urtheil nicht.
VVer diese hulff ausschlegt,
undt sich mitt groben sunden
Dem printz der fünsternus noch
fester vvil verbinden,
Bleibt evvig schvver verdampt,
und schavvt kein himmels licht.
XVI. Am dritten Pfingstag. Johan. 14.
VVer durch die thur nicht
kombt, vver ander vveg erdencket,
Vnd hintervverts steigt ein,
thut vvie ein rauber pflegt,
Der vvütend umb sich greift,
und in die herde schlegt,
Der geitz und rasens voll
manch schaff zu tode kräncket.
VVer aber recht zum thor, sich
unerschrocken lencket,
Der der ist’s auf des vvort
sich jedes lämblin regt,
Der ist’s der rechte lieb zu
meiner herden tregt,
Der furht sie, vvol vol gras
der berg ins thal sich sencket.
So sprich des Höchsten Sohn,
der selbst die rechte thur.
VVer durch ihn eingeht, lebt
und vvirdt auch fur und fur
Gevvundtschte Seelen ruh und
gutte vveide finden.
Vver vor, undt ohn ihn kombt,
thutt vvie die vvölffe thun,
Die vvurgen, vveil bey nacht
die muden Hirten ruhn,
Vndt vven der tag bricht an,
aus furcht der straff, verschvvinden
XVII. Am tage
Johannis des Tauffers. Luc. I.
Der lichte morgenstern dringt
durch die trübe nacht!
Die gnaden Sonn ist nah! last
uns den höchsten loben,
Der unser freyheit lust nicht
länger hatt verschoben,
Vnd uns ein horn des heils in
Davids haus gemacht.
VVas seiner prister mundt,
vvas manch Prophet vorbracht;
VVirdt vvar, er bricht
entzvvey der stoltzen feinde toben
Itz funckelt seine gunst, undt
jamrig sein, von oben,
Er hatt den tevvren eidt, des
bundes pfand bedacht.
Ihm dint, so lang euch scheint
die helle lebenskertzen,
Von furcht undt banden frey,
mitt heilig-reinem hertzen.
Geht vor ihm her, undt bähnt
der ravver vvege pfadt.
Ruft: schavvt das Heil ist
dar, der abgrund höchster gutte
Steckt seine stralen aus. Geht
von der todten hutte
Itzt, vveil der tag bricht an,
in Gottes fridenstadt.
XVIII. Am tage Petri undt Pauli. Matth. 16.
Nicht irgendt ein Prophet,
nicht der ans Jordans strande
Mitt vvasser hat getaufft,
nicht der en Himmel schlos,
Vndt lichte flammenström auf
seine feine gos,
Den Gott im fevvr abholt,
bricht deine schvvefelbande.
Des Höchsten grosser Sohn gibt
selbst sich dir zum pfande,
Vndt burgt fur alle schuldt.
Er läst des Vatern schos.
Er macht durch seine pein dich
deiner straffen los.
Sein spott tilgt deine
schmach, sein mangel deine schande.
Dis ist der rechte fels, drauf
seine kirch gegrundet,
Die nicht der hellen reich,
die nicht der Teufel macht
Je übervvinden kan, vor der
der feinde pracht,
List, toben, neid und sturm,
hass, pochen, trotz verschvvindet.
dis ist der Himmel selbst.
VVehn IESVS hier los spricht.
VVird los, und vven er bindt,
erlangt die freyheit nicht.
XIX. Am tage der Heimsuchung Mariae. Luc. 2.
Auf, auf mein hertz! auf, auf
den Herren zu erheben!
Der brunquell meiner freud sol
Gott der Heilandt sein.
Gott der mit seiner trevv,
mitt seiner gnadenschein
Mich dürftige bestralt, mich
todte heissen leben,
Es vvird mein hoher ruhm in
aller lippen schvveben,
VVeil er so hohe ding mir die
ich arm undt klein
Vom himmel ab ervveist. er
ist’s der gantz allein
In almacht heilig heist, der
fur undt fur vvil geben.
Sein arm reicht treflich
vveilt, undt greift die stoltzen an,
Das sie vvie sprevv vergehn,
vver ist der bleiben kan
VVen er der fursten pracht mit
cron undt thron umbstürtzet,
Vndt vvas im staub erhöht! Er
fült manch vvüstes haus,
Vnd macht die reich sind, arm:
Sein trevv ist keinmal aus:
Ja, vvas er einmal spricht
vvirdt immermehr verkürtzet.
XX. Am tage Mariae Magdalenae. Luc. 7.
Die threnen, so du schavvst
von diesen vvangen flüssen,
Dringt ernste revv, doch mehr
entbrandte liebe vor,
Die, so zu Christi stimb
verstopft hertz mundt und ohr,
Kombt itzt, und felt vol angst
zu seinen zartten füssen.
Die augen, die sie sonst lies
hin undt vvieder schissen.
Schauun travvrig under sich,
und durfen nit empor,
Die har, der geilheit netz,
drin viler laster chor
Manch hertz vervvirrt, lernt
itz die keuschheit selbst einschlissen.
In dem sie Christi fus mitt
heissen zehren netzet,
Hatt Christus aller schuldt
undt sünde sie entsetzet.
Sie macht des Herren füs, er
ihre Seele rein.
Sie rührt den artz kaum an, er
heilet ihre vvunden,
Sie vvindt ihr har umb ihn,
undt vvirdt doch selbst verbunden
Sie salbet seinen leib, er
stillet ihre pein.
XXI. Am tage Jacobi des Apostels. Matth. 20.
Im fall du fröhlich vvilt dort
stets bei Christo sitzen,
So nimb sein harttes Creutz
mitt frischem mutt hier auff.
Den lohn tregt niemand vveg,
der nicht durch schvveis undt lauff
Das vveitte ziel erreicht,
vvehn nicht die dornen ritzen.
Bricht schvverlich rosen ab,
du must im kampfplatz schvvitzen.
Du must der schvverter grimm,
du must der plagen hauff,
Den gall und vvermutt kelch,
die rote marter tauff,
Nichts achten, vvo du trachst
nach dieses berges spitzen.
VVehm hier der blinde neidt
der vvelt zu hertzen geht,
VVehr fleucht vvens streitten
gilt, vver nicht die prob ansteht,
VVer nicht sein eigen fleisch,
und stoltzen geist kan fangen,
VVer nicht in kämpfen sigt,
vver nicht sein haupt aufhebt
Je mehr die angst ihn druckt,
wer nicht im sterben lebt,
VVirdt nicht des glaubens
soldt, die ehrenkron erlangen.
XXII. Am tage Laurentii. Johan. 12.
VVen nicht das vveitzen korn,
ins grab der erden felt,
Vndt sich den schnellen zahn
der fäule läst verzehen.
So kan es keine blutt, auch
keine frucht gevvehren.
Ob’s schon viel samenskraft
und vvachsthumb in sich helt,
Doch vven der ackerman die
reiche saat anstelt.
Vndt es dem boden travvt, mus
eilendts sich verkehren
VVas todt und unvvehrt vvar.
Man schavvt die fetten ähren,
Man schavvt der hälmer zahl
vorkeimen auff die vvelt.
So vver sein liebes fleisch
vor Gott nicht auff- vvil setzen:
VVirdt vvas er schonen vvill
durch höchste noth verletzen.
Hier gib, verleur, und lass
dort bringts Gott reicher ein.
VVer Christo trevvlich folgt,
vver durch schmach angst undt streiche,
Vndt todt ihm ehnlich virdt,
soll dort in frevvdenreiche,
In ehr, lust, frevvd undt
vvonn ihm evvig gleich auch sein.
XXIII. Am tage der Hinfahrt Mariae. Luc. 10.
VVas nutzt es sich mitt sorgen
viel bemühen?
VVas hilfts in stetten kummer
tag undt nacht,
Gespannet sein bis das die
grime macht,
des todes heist ins schvvartze
grab uns flihen
Recht selig ist dem IESVS hatt
verlihen
VVas nötig nur, der vvas die
vvelt hoch acht
Mitt recht erleuchten sinnen
steiff verlacht,
Vndt einig sitzt zu seines
herren knien.
VVer da die höchste vveisheit
höret lehren,
Hatt seiner seel das beste
theil erkiest.
Drumb mag ihn keine noth noch
angst versehren.
VVehm sein los schon ein gutt
theil zuerkennet;
VVer CHRISTI leib recht
einverleibet ist,
Bleibt evvig dran verknupft
und unzertrennet.
XXIV. Am tage der verklärung IESV. Matth. 17.
Gleich vvie das heill der
vvelt mitt hellem glantz umbgeben
Auff Thabors spitze steht,
vvie seiner kleider licht,
Mitt klaren stralen blendt der
jünger angesicht,
So scheint, vver Christum
libt, in nevv verklärtem leben.
Hier schavvstu den Thesbith
und Mosen einig schvveben,
Der eilends doch verschvvindt,
dortt flihn die engel nicht,
Dortt ist der Menschen hauff
der nicht von sterben spricht,
Dort sind die Gottes trevv
mitt freyem mundt erheben.
Hier hatt des Himels furst
mitt vvolcken sich umbdeckt,
Hier vvirdt durch seine stim
der jünger furcht ervveckt:
Dort hörtt man vvie er tröst,
dort kan man klar ihn schavven.
VVen hier ein augenblick, so frölich
Petrum macht:
VVas vvird vvol evvig thun?
Drumb eilt ihr leut und vvacht,
Vnd last uns frölich dortt,
nicht hier die hutten bavven.
XXV. Am tage Bartholomaei. Luc. 22.
Las fürsten auff der velt mit
grossen namen prangen:
Ihr diamanten glantz, ihr
rotte purpur zier,
Ihr vvolust, macht und gutt,
ist rauch und dunst fur mir,
Der, vven ein vvind entsteht,
ist augenblicks vergangen
VVer das besternte schlos,
vver kronen vvill erlangen,
Die keine zeit abnimbt; vver
frölich fur undt fur
VVill herrschen; geh den vveg
durch die gedrange thur,
Die uns schleust demutt auff.
Doch vver nur an vvill fangen:
Vnd nicht die reis ausdaurt:
thut vvas er thut umbsonst.
Du must den ravven pfadt, du
must der nebel dunst,
Vndt vvas mehr schrecklich
scheint, mitt starckem mutt ertragen.
VVer CHRISTI blutschvveis
schavvt, schavvt entlich Christi sieg,
VVer trevv helt bis in todt,
soll nach dem savvren krieg
Von frevvde, ruh undt lust,
von lohn undt jauchtzen sagen.
XXVI. Am tage der enthauptung Johannis. Matth. 14.
Ist dis der danck der vvelt,
ist dis der vvarheit lohn:
O Edler Morgenstern! o
höchster der Propheten!
Vnd läst Herodes dich, fur
deine lehre tödten?
Vndt bringstu mehr nicht vveg
als diese märtyr cron?
Ja freylich hier ist nichts,
als kerker, streich undt hohn,
Als undanck fur uns dar, bis
das nach tausendt nöthen,
VVir entlich erdt und scvvertt
mitt unserm blutt erröten,
Gleich solchen die sich mühn
zu sturtzen printz undt thron.
Doch sey getrost mein hertz,
die dich zu plagen dencken,
Thun nichts als das sie
selbst, sich in die helle sencken,
VVer dir die vvelt schleust
zue, schleust gleich den himmell auff,
Zum leben fuhren dich, die dir
dis leben nehmen.
VVer dich auff erden schmäht
mus evvig dort sich schämen.
Dis ist der muden ruh: vvas
mud’, erlost vom lauff.
XXVII. Am tage der geburt Mariae.
Matth. I. Esaiae. II.
Als Jessen grosser stam,
gleich ob er gantz erstorben.
Schier ohne zvveige stundt,
scheust eine rutten vor,
Vndt tregt die hohe frucht das
heil der vvelt empor
Die alles lebendt macht, vvas
bis in todt vertorben.
Auf dieser ruht der geist, der
evvig Gott gevvesen.
Der dreymall vveise geist: der
einig dis versteht
VVas niemandt lernen kan, des
raht die berg erhöht,
Vnd merr undt vvelt gab an,
durch den vvas schvvach genesen,
Durch dehn vvirdt Davids kndt,
nicht nach dem ansehen richten.
Nicht nach des pövels vort, er
vvirdt der armen recht
Der müden tröster sein, er
vvird vvas krumb ist schlecht.
VVas dunckel offenbar, vvas
langsam eilends schlichten,
Er ist der frommen sos sein
scepter schlegt und bricht
VVas gottlos; vvie die ros
vvoll reucht, undt hefftig sticht.
XXVIII. Am tage Matthaei. Matth. 9.
VVie lange vviltu noch im
zollhaus dieser vvelt
Im platz der eitelkeit, des
Teufels sein leibeigen?
Mag dieser treume dunst, die
geitz undt lust dir zeigen,
Der strick undt fessel sein,
drin dich die sündt auffhelt?
Ach eile! reis dich los! itz
kombt der Heiland an!
Itz rufft undt sucht dich der,
so alle vvill befreyen,
Der uns von schuldt entbindt,
der vvillig zu verzeihen,
Der auch vvas kranck undt todt
baldt lebend machen kan.
Las dein erkratztes gutt, undt
die nicht rechten schätze,
Fleuch den verfluchten stand,
drin Gottes huldt verschertzt,
Fleuch der nicht fromen raht,
der ubertretter plätze.
VVehn aber der verlust nichts
gutter gütter schmertzt,
VVer nicht vven Christus
rufft: kom folge mir, auffsteht,
VVird hören das er schreyt,
ihr übelthäter geht.
XXIX. Am tage Michaelis. Apoc. 12. Matth. 18.
VVer dortt im höchsten thron
im schlos der Herlikeit
VVill über alle gehn: mus hier
der kleinste heissen.
Die sich der demutt nicht mitt
gantzem ernst befleissen:
Vertäuffen ihre Seel in
tausendtfaches leidt.
VVen schon der rotte drach,
sambt seinen scharen streitt,
Vndt vvieder Gott sich lehnt:
mus seine kraft zureissen.
Man schavvt vvas an ihm hing
mitt ihm vom himmel schmeissen,
In abgrundt aller angst, auf
evvig stette zeitt.
Drumb mach dich selbst nicht
gros, schavv das du keinem schadest,
Vndt durch dein ärgernus dir
freme schuldt aufladest:
So vvirdt der Engell hauff umb
deine demutt sein,
Der Engel, die dir hier in
demutt dinst ervveisen.
Drumb, so du vvilt ins haus
der reinen Geister reisen,
So nimb auch demutt an, und
vverd’ hier Engel rein.
XXX. Am tage Simonis Judae. Joh. 15.
VVen dir der Erden volck mitt
heis entbrandtem neidt,
Mitt überhäufftem hass, mitt
mordt undt schvverdt zusetzet,
Denck frölich das sie hat den
Herren gleich verletztet.
Man schenckts den knechten
nicht, vven auch der Meister leidt.
VVie vviltu ruhig sein, vvo
nichts als scharffer streit?
VVen fleisch, vven augenlust,
vven hoffart dich ergetzet,
So vvürde freilich vvoll dein
ansehn hoch geschätzet:
Nun bistu nur ihr spill, ihr
nichts, ihr eitelkeit,
Doch dis geht alles vor das
sie nicht IESVM kent,
Vnd niemals kan verstehn, das
IESVS selig nennt,
Die hier ein jammerspiel, ein
fluch undt schevvsal scheinen.
Die sindt recht
jammers-vverth, den Christus ihre noth,
Ihr blindt, ihr irrig sein,
ihr freveln vvider Gott
So eigentlich entvvirfft, und
doch sich selig meinen.
XXXI. Am tage aller Heiligen. Matth. 5
O selig vver recht arm, auf
Christum einig travvet!
Sein ist der Himmel reich! o
selig dessen mutt
Vol sanfter geister liegt!
sein ist der erden gutt.
O selig dem hier stets vor schvveren
straffen gravvet,
Der nichts als klagen kan!
Gott der sein elendt schauuet.
VVischt endtlich von ihm ab
die herbe threnenflut!
O seelig den nur dürst in
allem vvas er thutt
Nach recht und heilig sein,
der nur auff tugend bavvet!
Sein vvündtsch vvirdt
reichlich voll. O seelig vvehm die noht
Des nechsten bricht durchs
hertz! sein jammert vvarlich Gott,
Gott, den ein reiner Geist von
angesicht vvirdt kennen,
Gott, der vvas friden libt,
sein kindt heist, der sein schlos
Dem aufschleust, der hier offt
umb varheit leidt anstos,
Gott, der vvas man hier
schlegt, und schmäht, vvird selig nennen.
XXXII. Am tage der Kirchvveie. Luc. 19.
VViltu die gnaden Sonn, den
Herren IESU sehn,
So las die zölnerbaud, die
vverckstadt trüber sünden.
Er last sich nirgendt sonst
den, auf dem creutzvveg finden.
Auf, auf, las hoff undt stadt,
vveil’s zeit ihn anzuflehn.
Ob glaub undt fleisch vvol
klein, ob gleich die heuchler schmehn,
Steig seinen Creutzbaum auf,
baldt vvirdt vvas hindert schvvinden,
Baldt vvirdt er dich anschreyn
und aller schuldt entbinden,
Baldt vvird an deinem haus und
seelen heil geschen.
Doch mustu vol von revv, vvas
unrecht gantz vveglegen,
Vnd vom betrug abstehn vvofern
sein reicher segen
Sol geben vvas dir fehlt, und
abthun vvas dich kränkt.
Schavv doch o lebens licht
auff meine bus undt zehren,
Eyl in dis enge haus des
hertzens einzukehren,
Drauf sonst kein vvechter
schavvt, undt Abraham nicht denckt.
XXXIII. Hofnung last nicht zu schanden vverden. Rom. 5.
VVelt ruhme vvas du vvilt! ich
mus die Trbsal preisen,
Die trübsal die uns lehrt voll
sanfter sinnen sein.
VVen aller plitzen macht felt
häufig bey uns ein,
VVenn schier die matte seel
vvill aus dem leibe reisen,
VVen uns die feinde nichts als
fevvr undt räder vveisen,
Den schavt ein stiller geist
im mittell seiner pein,
VVie die ihm Gott erkiest
nicht evvig stehn allein,
Vndt vvie er sie nicht stets
mitt threnen pflägt zu speisen.
VVer den des Höchsten trevv
einmall in angst erfährt,
Hofft jede zeit auff hulff, ob
gleich der jammer vvehrt,
Obgleich das schvverdt
entblöst, obgleich der holtzstos brennet.
VVer fest im unfall hofft,
hatt, vven er frey, betracht,
Das hoffnung nimmermehr den
Geist zu schanden macht,
Den Geist, den keine furcht,
noch lust von Gott abtrennet.
XXXIV. VVir haben allenthalben trubsall. 2.Cor. 4.
VVas haben vvir doch hier als
trubsall, ach, undt bande?
Doch schmacht die seel in
angst undt stettem travvren nicht,
Ob schon uns hertz und fleisch
vor bangikeitt zubricht;
Reist kein verzvveifeln ein.
VVir sindt der Menschen schande,
Man stöst als böse leutt, als
dieb uns aus dem lande,
Vndt kränckt uns hier undt
dar, doch vvill des Himmels licht,
Im Elendt bey uns sein, ob
auch die vvelt uns richt,
Vndt gantzlich unterdruckt,
doch leben vvir im brande.
VVir kommen keinmall umb, ob
gleich des Herren todt
Durch so viel grimme pein,
durch so viel grause noth,
Durch nicht erhörten zvvang
stets an uns vvird ernevvet:
Soll doch, das herlich sein,
das Christi Creutz ervvarb,
Der auch in groster quall im
höchsten jammer starb
Nevv endtlich an uns sein, dis
ists vvas mich erfrevvet.
(Später eingefügtes Sonett)
Pocht auff eur Gold, auff die
nichts wehrten Schätze!
Pocht Menschen auff eur nicht beständig
Gutt!
Auff eure Macht die über Erd
und Flutt
Den Zepter streckt, wie bald
fällt ihr Gesetze!
Ein andrer jauchtz’, ein
andrer rühm’, und wetze
Sein stolzes Schwerdt auff
schwacher Leiber Blutt
Und jener rühm’ aus
dünckel-vollem Mutt
Daß ihm die Weißheit selbst
die Kron auffsetze!
Vergest der hohen Wort’ und
zarten Schönheit nicht
Sucht eur’ Uhrahnen vor, und
wo euch was gebricht
So last gelehrte Händ’ auffs
prächtigst euch außstreichen!
Mir ist auff Erden nichts als
dessen Creutz bekant
Der sterbend sich durchs
Creutz’ am Creutz mit mir verband
Und mir sein Creutze schenckt
zum treuen Libe-zeichen.
XXXV. Beschlus Sonnet.
Vmbringt mitt höchster angst,
vertäuft in grimme schmertzen,
Besturzt durch schvverdt und
fevvr, durch libster freunde todt,
Durch blutvervvandter flucht
und elendt, da uns Gott
Sein vvort, mein licht,
entzog: als toller feinde schertzen
Als falscher zungen neidt
drang rasend mir zue herzen,
Schrib ich, vas itz kombt vor,
mir zvvang die scharffe noth,
Die federn in die faust. Doch
lästermäuler spott
Ist als der erste rauch umb
hell entbrandte kertzen.
Ihr neider belt undt nagt,
vvas nicht der vvindt anficht;
VVas nicht der regen netzt
bringt selten reiffe frucht,
Die ros ist immer dar mit
dornen rings umbgeben.
Manch baum, der itz die äst,
hoch in die luft aufreckt,
Lag als ein unnutz kern, zuvor
mitt erdt bedeckt,
So, vvas ihr unterdruckt,
vvirdt vven ihr todt seidt leben.
Andreas Gryphius
Uber seine Sontag- und
Feyrtags Sonnette.
In meiner ersten Blüt’, ach!
unter grimmen Schmertzen
Bestürtzt durchs scharffe
Schvverdt’ und ungeheuren Brand
Durch libster Freunde Tod und
Elend, als das Land
In dem ich auffging fil’, als
toller Feinde Schertzen,
Als Läster Zunger Spott mir
rasend drang zu Hertzen,
Schrieb ich diß was du sihst
mit noch zu zarter Hand
Zwar Kindern, als ein Kind,
doch reiner Andacht Pfand,
Tritt Leser nicht zu hart auff
Blumen Erstes Mertzen.
Hir donnert, ich bekenn, mein
rauer Abas nicht,
Nicht Leo, der die Seel’ auff dem
Altar außbricht,
Der Märtrer Helden-Muth ist
anderswo zu lesen:
Ihr die ihr nichts mit Luft
als frembde Fehler zehlt
Bemüht euch ferner nicht: Ich
sag’ es was mir fehlt
Daß meine Kindheit nicht
gelehrt doch fromm gewesen.