Hancke
Die schöne Clelia befiehlt
mir, ungesäumt
Ein richtiges Sonett er tempore
zu machen.
Er tempore, mein Kind? Du
zwingest mich zu lachen.
Er tempore? Fürwahr, ich weiß
nicht, ob dir träumt.
Der Pegasus wird nicht so
leichtlich aufgezäumt,
Man lernt die Poesie durch
viele Müh und Wachen.
Es ist nicht etwa so wie mit den
Weibersachen;
Drum ist auch ein Sonett nicht
alsobals gereimt.
Gesetzt, ich wollt es tun, so
find ich neue Sorgen,
Weil mir dein schöner Mund das
Thema nicht entdeckt.
Vielleicht von deiner Brust?
Die bleibt mir stets verborgen.
Von deiner Lippen Pracht? Die
hab ich nie geschmeckt.
Von meiner Liebesqual? Die
suchst du nicht zu heilen.
Doch das Sonett ist da: Es
sind schon vierzehn Zeilen.
Hancke
Du unvergleichlicher und
lobenswerter Knaster,
Erlaube, daß mein Kiel an
deine Kraft gedenkt.
Du bist das süße Kraut, das
uns der Himmel schenkt.
Macht man gleich deinen Dampf
zu einem großen Laster,
So stopf ich doch getrost der
Pfeifen Alabaster,
Und wenn der Sorgen Last mein
müdes Herze kränkt
So rauch ich, bis der Dampf
mich in den Schlaf versenkt,
Und also bleibest du mein
sichres Heilungspflaster.
Dein bald verschwundner Dampf
zeigt mir das Nichts der Welt.
Dein Kraut stammt ebenfalls,
wie ich, aus schlechter Erde,
Und wenn die Pfeife mir aus
meiner Hand entfällt,
So denk ich, daß ich auch
vielleicht bald sterben werde.
Zuleßte, wenn ich nun mein
Pfeifchen ausgefüllt,
So zeigt die Asche mir mein
eignes Ebenbild.
Hancke
Verhaßtes Brüder-Paar!
verdammtes Mein und Dein!
Wie lange soll die Welt dein
hartes Joch ertragen?
Woher kömmt Tyranney mit allen
ihren Plagen?
Woher kommt Krieg und Streit,
als nur von dir allein?
Vor diesem hatte man so Geld,
als Gut gemein,
Da wußte noch die Welt vom
Kummer nichts zu sagen;
Doch da sich Mein und Dein
stets mit einander schlagen,
So ist das Leben nichts, als
Unruh, Zanck und Pein.
Wenn nicht so Mein als Dein
die Welt bezaubert hätte,
So wär kein Advocat und
Richter in der Welt;
Doch da der Zeiten Lauff durch
das verdammte Geld
Die Welt noch mehr erhitzt, so
zanckt man um die Wette.
Drum seht ihr Klugen doch mit
Uberlegung an,
was eine Sylbe nicht vor
Unheil schaffen kan.
Hancke
Man bringt den Zapffen her!
die Vögel sind entflogen.
Ich gucke tausend mahl ins
leere Faß hinein,
Jedoch was hilfft es mich? ich
fühle neue Pein,
Ich such, und finde nichts,
und werde nur betrogen.
Der Zunge heisser Durst hat
mich dazu bewogen,
Daß ich nicht ohne Lust den
Ungarischen Wein
Aus dir, du leeres Faß, zu
zeitig ausgezogen;
Ach wärst du doch so groß, wie
das zu Königstein!
Ihr aber, die ihr noch auf
hohen Schulen lehrt:
Daß sich kein Vacuum auf
dieser Welt befinde,
Ihr, deren offtermahls noch
unerwiesne Gründe
Der Jugend Unverstand als ein
Geheimnüß hört;
Ihr, sag ich, bleibet doch
trotz eurer weißheit dumm:
Guckt in mein Faß hinein; ist
da kein Vacuum?