1817 – 1875 1839
– 1840
Ich habe nie mein Elend mir vergoldet,
Stets seine Dolche schärfer
noch gespitzt
Und blutig, blutig auf mein
Herz geritzt;
Ich habe nie den Reim als Arzt
besoldet.
O, daß ihr endlich es mir
glauben wollet,
Wie tief der Tod mir in der
Seele sitzt,
Wenn es in meinem Liede flammt
und blitzt –
Ihr reichet mir die Hand,
statt daß ihr grollet!
Ihr wisset ja: Gewitter machen
kalt;
So werd’ ich denn vor meinem
Winter alt –
Was griff ich auch so frühe in
die Saiten?
Allein – kein Menschenleben
braucht’s zum Glück!
Ich fühle oft, es ist ein Augenblick,
In dem wir uns die Ewigkeit
erstreiten.
1817 – 1875
Die Lust war groß, drum ist das Leid unsäglich;
Ganz Deutschland sprang begeistert auf vom Sitze
Und grüßte träumend seiner Schwerter Spitze:
Das Wort klang prächtig, doch die Tat blieb kläglich.
Was bargen jene Wolken, die
sich täglich
Zu Wettern ballten bei der jähen Hitze?
Für Knaben windige Theaterblitze -
Pfui! die Komödie wird unerträglich.
Von alten Heiligen ein kleines Rudel -
Und darum die Berliner gar so kindisch?
Und darum so viel Wochenblattsgesudel?
Ein bißchen Griechisch und ein bißchen Indisch -
O schöner Kern von einem solchen Pudel! -
Ich dacht' es gleich; er wedelte so hündisch.
1817 – 1875
Ja, ich bekenn's, die Stimme
Gottes ist
Des Volkes Stimme! und wer ihr vertraut,
Der hat sein Haus auf Felsen sich gebaut,
Indes der Zorn des Herrn die Frevler frißt.
Dem Sänger Heil, der ihrer nie
vergißt,
Dem nur des Volkes Schmerz vom Auge taut,
Der nicht im eignen Jammer sich beschaut
Und selbstgefällig seine Sünden mißt!
Doch sollt' er drum nur
W a f f e n t r ä g e r
sein,
Der
d i e n e n d hinter seinem Heere steht
Und, wenn es not tut, reicht ein Schwert hinein.
Der nicht v o r a n ein Feuerzeichen, geht,
Und S e h e r ist wie sonst? Ich rufe: Nein!
Und dreimal: Nein! und stimme für
P r o p h e t !
1817 – 1875
Du siehst den Himmel sich mit
Purpur schmücken,
Doch alsbald, wie herauf die Sterne
steigen,
Sich hinterm Berg hinab den
Purpur neigen,
Denn er verschmäht’s, mit
ihnen sich zu sticken.
Soll ich das Herz mit seinem
Haupte flicken? –
Wenn abends stolz sich die
Gedanken zeigen,
Dann wird das Herz, krank, müd
und todwundt, schweigen,
Sein flammend Mal entziehn den
Zweifelblicken.
Nacht ist’s, ob tausend Stern
am Himmel stehen,
nacht, trotz des Hauptes
blitzenden Gedanken,
Tag, wenn vorm Frühlicht beide
erst vergehen,
Wenn in des Morgens Purpur sie
ertranken,
Das Herz läßt seine roten
Fahnen wehen
Und in ihm unter die Gedanken sanken.
1817 – 1875
Ich
habe nun ein freies Land gefunden;
Doch
nirgends wird auf Rosen uns gebettet,
Und
ist der Leib nicht eben angekettet,
Bleibt
ewig uns die Seele doch gebunden.
Ich
fühl es heiß in meinen schönsten Stunden:
Eit
mein grollend Herz zu viel verwettet,
Ich
habe nur die Liebe mir gerettet,
Der
Haß ist an der Grenze längst entschwunden.
O
tretet ein in diesen kleinen Erker,
Ihr
alle, die noch unversöhnt geblieben,
Und
lernet wieder eure Heimat lieben.
Hier
schmacht ich wie Kolumbus in dem Kerker,
Ich
habe hundert Segel vor den Blicken
Und
muß die Lust zum Steuern wohl ersticken!
1817 – 1875
Dem Glanz
der Throne bin ich wohl entronnen,
Und niemand sucht mich in den
Schmeichlerchören,
Der bunte Tand, er kann mich
nicht betören,
Um keine kreis ich eurer
Tagessonnen.
Doch hab ich wenig oder nichts
gewonnen:
Nur allen kann die
Freiheit angehören,
Die ganze Welt muß sich mit
dir empören –
Sonst hast du nur ein eitles
Werk gesponnen.
Ich fühl es tief: ich bin
kein freier Mann!
Und ob ich keines Fürsten
Joch mehr schleppe,
So bleibt doch jeder Sklave
mein Tyrann.
Ich flieh umsonst Palast und
Marmortreppe,
Und alls, was ich mir erobern
kann,
Ist Einsamkeit in dieser
Menschensteppe.
1817 – 1875
Der Freiheit Priester, der
Vasall des Schönen,
So wird der Dichter in die
Welt gesandt;
Ein Troubadour zieh er von
Land zu Land,
Das Herrlichste mit seinem
Lied zu krönen.
Die Heldentat gewinn in seinen
Tönen
Für alle Zeiten sicheren
Bestand,
Den eignen Kummer schreib er
in den Sand,
des eignen Herzens mög er sich
entwöhnen.
Ein Gärtner, dem der Garten
nur gegeben,
Für fremde Busen Blumen draus
zu pflücken,
Ein Winzer, der für Frembe
baut die Reben –
Sei all sein Trost, nur andre
zu beglücken;
Dem armen Taucher gleich, wag
er das Leben,
Mit seltnen Perlen seine Zeit
zu schmücken.
1817 – 1875
I. Bei einem Gemälde von
Cornelius.
Die Zeit ist die Madonna der
Poeten,
Die Mater dolorosa, die
gebären
Den Heiland soll. Drum halt
die Zeit in Ehren:
Du kannst nichts Höheres, denn
sie, vertreten.
Hat deine Zeit einmal nicht
Luft zum Beten,
Du wirst sie keines Besseren
belehren!
Warum die Augen ewig rückwärts
kehren?
Im eigenen Jahrhundert dich
verspäten?
Ich achte all dies strahlende
Gelichter
Und deinen ganzen Himmel nicht
sehr teuer,
Obschon du höflichst drein
gesetzt den Dichter.
Nimm einen Lorbeer für die
Ungeheuer
Und für die kolossalen
Bösewichter,
Doch deine Heiligen – die wirf
ins Feuer!
II.
Die Blume überwuchern unsre
saaten,
Drum fehlet uns ein Held von
echtem Korne,
Der tief getrunken aus der
Mannheit Borne
Und helfen kann, wo Tausende
nur raten;
Der sich versteht auf hohe
freie Taten,
Des Auge flammt in hellem
Liebeszorne,
Der die Tyrannen peitschet mit
dem Dorne
Von jeder Rose, so sie uns
zertraten.
Ein Held, des Worte leuchten
in die Runde,
Der unsres Vaterlands
zersprengte Teile
Zusammenzaubern kann zu neuem
Bunde;
Ein Held, der, wo die Not
erheischet Eile,
Die Waffen in der Hand trägt,
statt im Munde,
Zum Schwert greift, statt nach
Pinsel oder Feile.
1817 – 1875
O heiß mich nicht von deinem
Antlitz fliehn,
Auf dem der Liebe heilige
Gedanken
Gleich goldnen Sternen auf-
und niederschwanken,
Die still und furchenlos am
Himmel ziehn!
Hier ist mein Tempel und hier
will ich knie’n,
Um diesen Altar meine Arme
ranken,
In diesen Armen meinen meinen
Göttern danken,
Daß sie mir ihre Seligkeit
verlieh’n!
Bist du, mein Herz, selbst
wider dich im Bunde?
Was soll der volle schäumende
Pokal,
Was die Unendlichkeit dem Mann
der Stunde?
Begehre nicht die Herrlichkeit
zumal!
Bitt’ um Ein Wort nur aus dem
lieben Munde,
Ein halbes Lächeln, Einen
Sonnenstrahl!