1617 – 1679
Mit starkem Krachen brach der
Bau des Herren ein,
Die Pfeiler gaben nach, die
Balken mußten biegen,
Die Ziegel wollten sich nicht
mehr zusammenfügen:
Es trennte Kalk von Kalk und
riß sich Stein von Stein.
Der Mauern hohe Pracht, der
süßen Orgeln Schein,
Die hieß ein Augenblick in
einem Klumpen liegen,
Und was itzund aus Angst mein
bleicher Mund verschwiegen,
Mußt abgetan, zersprengt und
ganz vertilget sein.
O Mensch! dies ist ein Fluch,
der nach dem Himmel schmeckt,
Der dieses Haus gerührt und
dein Gemüt erweckt.
Es spricht der Herren Herr: du
sollst mich besser ehren!
Die Sünde kommt von dir, das
Scheitern kommt von Gott,
Und ist dein Herze Stein und
dein Gemüte tot,
So müssen dich itzund die toten
Steine lehren.
von Hofmannswaldau
1617 – 1679
Ist
dieses schnee? nein , nein , schnee kan nicht flammen führen.
Ist dieses helffenbein? bein weiß nicht weis zu seyn.
Ist hier ein glatter schwan? mehr als der schwanen schein
Ist weiche woll allhier? wie kan sich wolle rühren?
Ist alabaster hie? er wächst nicht bey saphiren
Ist hier ein liljen-feld? der acker ist zu rein.
Was bist du endlich doch? weil schnee und helffenbein
Weil alabaster , schwan , und liljen sich verlieren.
Du schaust nun , Lesbie , wie mein geringer mund
Vor deine schultern weiß kein rechtes wort zu finden
Doch daß ich nicht zu sehr darf häufen meine sünden
So macht ein kurtzer reim dir mein gemüthe kund:
Muß Atlas und sein hals sich vor dem himmel biegen
So müssen götter nur auf deinen schultern liegen.
Christian Hoffmann Beschreibung vollkommener
Schönheit
von Hoffmannswaldau
1617 – 1679 Ein Haar so kühnlich trotz der Berenice
spricht,
Ein Mund, der Rosen führt und
Perlen in sich heget,
Ein Zünglein, so ein Gift vor
tausend Herzen träget,
Zwo Brüste, wo Rubin durch
Alabaster bricht,
Ein Hals, der Schwanen-Schnee
weit weit zurücke sticht,
Zwei Wangen, wo die Pracht der
Flora sich beweget,
Ein blick, der Blitze führt und
Männer niederleget,
Zwei Armen, derer Kraft oft leuen
hingericht,
Ein Herz, aus welchem nichts als
mein Verderben quillet,
Ein Wort, so himmlisch ist, und
mich verdammen kann,
Zwei Hände, derer Grimm mich in
den Bann getan,
Und durch ein süsses Gift die
Seele selbst umhüllet,
Ein Zierrat, wie es scheint, im
Paradies gemacht,
Hat
mich um meinen Witz und meine Freiheit bracht.
von Hofmannswaldau
1617 – 1679
Ich
eilte, Lesbien aus Kurzweil zu erwecken,
Als gleich Aurorens Glanz um ihr Gesichte stund,
Die Rosen krönten ihr die Wangen und den Mund,
Durch weißes Elfenbein ließ sich der Hals bedecken.
Ich wollte meine Hand auf ihre Brüste strecken,
Es tat ein nasser Kuß ihr meine Geilheit kund.
Es rufte Lesbie: Ist dein Verstand gesund,
So führe keine Brunst in meine keusche Hecken.
Ich war darob bestürzt und fluchte dem Gelücke
Und fuhr den Himmel an und seine reichen Blicke,
Ich sprach: Wo Rosen stehn, da müssen Dornen sein.
Weil mich denn ihr Befehl
verjaget und vertrieben,
So hab ich dieses Wort in ihr Gemach geschrieben:
Auf Morgenröte folgt gar selten Sonnenschein.
1617 – 1679
Ich finde keinen Rat, die Liebe
wächst alleine
Und wenig neben mir, es sei
denn meine Not,
Die Brunst bestricket mich,
warum nicht auch der Tod?
Frißt jene Mark und Fleisch, so
fresse der die Beine.
Was aber hilft mein Wunsch, was
hilft’s mich, daß ich weine?
Der Tod hört nicht viel mehr,
als sonst der Liebesgott;
Wo sollte meine Qual und meines
Lebens Spott
Nun besser sein bedeckt als
unter einem Steine?
Und bin ich endlich tot,
vergraben und verscharrt,
So schwatzt die Grabschrift
noch, daß dieser Mensch genarrt,
Und sagt: Hier liegt ein Narr
und läßt nicht wenig Erben.
Ach! daß den schwarzen Leib das
erste Wasserbad,
So mir die Mutter gab, nicht
bald ersäufet hat,
so dürft ich jetzt allhier nicht
wie ein Narr verderben.
1617 – 1679
Ist dieses deine
Schuld, mein Jesus, daß der
Schein,
Dem keine Sonne gleicht, dem alle Sternen weichen,
Dem Hölle, See, und Lufft die stoltzen Scepter reichen,
Muß schmertzlich ausgelescht und fast verduckelt seyn?
Ist dieses deine
Schuld, mein Jesus? Warlich
nein!
Daß ich nicht sterben darff, so wilst du selbst verbleichen.
Du wilst den Liebes-Strich durch meine schulden streichen,
Und setzest dich für mich zum wahren Bürgen ein.
Was soll ich doch
itzund für Eiter, Stanck und Schaden,
Fast gäntzlich angefüllt, beschweret und beladen,
Beginnen oder thun? Mein Wesen ist zu schlecht;
Die Thränen stelle ich zu deinen treuen Füssen,
Laß meine Dürfftigkeit dein Leiden auch geniessen:
Du bist ein starcker GOTT; ich bin ein schwacher Knecht.
von Hofmannswaldau
1617 – 1679
Es
gieng die Lesbia in einem schäfer-kleide
Als Hirtin / wie es schien / der seelen / über feld /
Es schaute sie mit lust das auge dieser welt /
Es neigte sich vor ihr das trächtige gedraide;
Es kriegte meine lust auch wieder neue weyde
Von wegen dieser brust / da Venus wache hält;
Der schultern / wo sich zeigt der lieblichkeit behält;
Und dann der schönen schoos / des hafens aller freude.
Ich sprach: ach Lesbia! wie zierlich geht dein fuß /
Daß Juno / wie mich deucht / sich selbst entfärben muß /
Und Phöbus dich zu sehn verjüngt die alte kertze;
Nicht glaube Lesbia / daß du den boden rührst /
Und den geschwinden fuß auf graß und blumen führst /
Es geht ein ieder tritt auf mein verwundtes hertze.
1617 – 1679 Dich
Lesbia und mich trug nechst ein geiler wagen,
Gleich als die
Cynthia begonnt den lauff der nacht,
Die Flora hat ihn
selbst zu ihrem fest erdacht,
Und der verbuhlte
gott das holtz herbey getragen.
Die farben, so mit
fleiß allhier begraben lagen,
Die sagten: Adons
blut hat uns hieher gebracht;
Die Venus hatte
selbst die esse heiß gemacht,
Als ihn mit gutem
stahl ihr krummer mann beschlagen.
Und hat ihn dazumal
ein schwartzes tuch umhüllt,
Schwartz störet
keinen schertz und stört die liebe nicht,
Man schaut wie
mancher stern aus schwartzen wolcken bricht,
Und itzt ein wahrer
reim aus schwartzem munde quillt:
Man soll kein
wildes pferd nicht ferner mehr bemühen,
Den geilen wagen
soll die geile taube ziehen.
von Hofmannswaldau
1617 – 1679
Es
dachte Lesbie, sie säße ganz allein,
Indem sie wohl verwahrt die Fenster und die Türen;
Doch ließ sich Sylvius den geilen Fürwitz führen
Und schaute durch ein Loch in ihr Gemach hinein.
Auf ihrem linken Knie lag ihr das rechte Bein,
Die Hand war höchst bemüht, den Schuh ihr zuzuschnüren,
Er schaute, wie das Moos zinnoberweiß zu zieren,
Und wo Cupido will mit Lust gewieget sein.
Es rufte Sylvius: Wie zierlich sind die Waden
Mit warmem Schnee bedeckt, mit Elfenbein beladen!
Er sahe selbst den Ort, wo seine Hoffnung stund.
Es lachte Sylvius. Sie sprach:
Du bist verloren
Zum Schmerzen bist du dir und mir zur Pein erkoren:
Denn deine Hoffnung hat ja gar zu schlechten Grund.
von Hofmannswaldau
1617 –
1679
Es wird der bleiche Tod mit
seiner kalten Hand
Dir endlich mit der zeit umb
deine brüste streichen
Der liebliche
corall der lippen wird verbleichen;
Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand
Der augen süsser blitz , die kräffte deiner hand
Für welchen solches fällt , die werden zeitlich weichen
Das haar , das itzund kan des goldes glantz erreichen
Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
Der wohlgesetzte fuß , die lieblichen gebärden
Die werden theils zu staub , theils nichts und nichtig werden
Denn opfert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen
Dein hertze kan allein zu aller zeit bestehen
Dieweil es die natur aus diamant gemacht.
1617 – 1679 Mich hat ein
schwaches thier zwar zu der welt gebracht,
Doch kan ich thron und kron
durch meine kunst besiegen
Es wird des scepters stab zu
meinen füssen liegen,
Wo ihn der kluge kiel durch
sich nicht schätzbar macht.
Rom war bey aller welt durch
mich so groß geacht,
Daß, wenn sich könige und
fürsten musten biegen,
So stieg ich über diß. Den
lorbeer-krantz von kriegen
Hat eintzig und allein
vermehret meine pracht.
Der himmlische Virgil saß in
Augustus schooß,
Und Cicero hat offt durch reden
Rom beweget.
Itzt wird Germanien noch
tausendmal so groß,
Weil es den helden-muth auff
freye künste leget.
Manch hut, der mich zwar trägt,
wird nur durch mich verstellt,
Weil sich nicht kunst und witz
zu seinem strauß gesellt.
1617 –
1679 Ein
tugend-reicher Geist läßt dieser Erden Pracht
Den schönen Unbestand ihm nicht die Augen binden,
Er kennt, daß offtmals Lust ein Fürniß ist der Sünden,
Und Freyheit dieser Welt die gröste Sclaven macht.
Der Kluge steht getrost, wenn
alles bricht und kracht,
Er kan den rechten Port in vollen Sturme finden:
Sein Loth ist der Verstand, damit er weiß zu gründen,
Der führt ihn aus der Noth, der führt ihn aus der Nacht.
Sein Leit-Stern zeigt sich
nicht, wo andre Sterne gläntzen,
Er ist zu hoch vor sie, und sie zu schlecht vor ihn.
Was Mensch und Sternen schuff, führt seinen Geist und Sinn,
Er lacht, wenn dieser Spruch bedräut der Erden Gräntzen:
Corinne, Krieg und Tod, verbrennt, verzehrt und fällt
Durch Flammen, Schwerdt und Gifft, Gemüther, Land und Welt.
1617 – 1679 Als
Gott, das große Werk der Schöpfung zu beschließen,
Den Adam und in ihm sein
Ebenbild gemacht,
Stand der beglückte Mensch aus
nichts hervorgebracht
Und sah die ganze Welt als Herr
zu seinen Füßen.
Was Erd und Paradies, was Tier
und Vogel hießen,
War alles insgesamt auf seine
Ruh bedacht;
Auch er war höchst vergnügt.
Allein, o kurze Pracht!
Sein Glück war allzu groß, es
lange zu genießen:
Und weil es Gott tat leid, daß
er so ganz allein,
Gab er ihm eine Frau. Konnt
auch was Ärgres sein?
Der Arme lag und schlief und
konnte sich nicht wehren;
Man schuf aus ihm ein Weib, das
brachte man ihm zu:
Er nahms, doch leider nur, sich
ewig zu beschweren!
Sein allererster Schlaf war
seine letzte Ruh!
1617 – 1679 Soll
ich in Lybien die löwen-lager stören?
Soll ich Aetnä schlund
entzünden meine hand?
Sol ich dir nackt und bloß ins
neuen Zembels strand?
Sol ich der schwartzen see
verdorrte leichen mehren?
Sol ich das Luthertum in den
mosqeen lehren?
Sol ich, wenn Eurus tobt, durch
der Egypter sand?
Sol ich zu deiner lust erfinden
neues land?
Sol ich auf Peters stul Calvin
und Bezen ehren?
Sol ich bey Zanziba die jungen
drachen fangen?
Sol ich das gelbe Gifft
verschlingen von den schlangen?
Dein wille ist mein zweck, ich
bin gehorsams voll,
Es höret, geht und folgt dir
ohre, fuß und willen,
Was mir dein mund befiehlt, mit
freuden zu erfüllen,
Nur muthe mir nicht zu, daß ich
dich hassen sol.
1617 –
1679 Als ich
die Lesbie nechst in der kammer fand/
Da sie sich überhin und schläffrig angeleget;
So schaut ich eine brust/ die schöner äpffel träget/
Als iemals vorgebracht das reiche morgen-land.
Die brunst zog meinen geist/ der fürwitz trieb die hand
Zu suchen/ was sich hier in diesem zirck beweget.
Diß hat der Lesbie so grossen zorn erreget/
Dass sie im höchsten grimm ist gegen mich entbrand;
Sie trieb mich von sich weg/ sie stieß mich zu der seiten/
Sie hieß mich unverweilt aus ihren augen schreiten.
Ich sprach/ indem sie mich aus ihrer kammer stieß/
Dieweil ich allzukühn und mehr als sich's gebühret/
Die mir verbotne frucht der äpffel angerühret/
So stößt ein engel mich ietzt aus dem paradieß.
1617 – 1679 Die
lange Lesbia/ so meine freyheit bindet
Erkühnte sich nechst hin zu
schreiten auf ein pferd.
Trug gleich ihr schöner leib
nicht bogen/ spieß und schwerdt/
So führte sie doch blitz/ der
alle welt entzündet.
Ein etwas/ so man fühlt und
keiner recht ergründet/
Dem kein Bucephalus sich recht
und wol erwehrt/
So Alexandern selbst und seinen
muth verzehrt/
Macht dass ihr Pferd den trieb/
der himmlisch ist/ empfindet;
Wie wirstu Heldin denn itzund
von mir genant/
Der ich das erste mahl durch
deine gluth entbrant/
Ich/ dessen asche noch soll
deine wahlstatt zieren.
Reit/ reit/ Amazonin/ getrost
durch wald und feld:
Doch wiltu dass dein knecht die
sehnen steiff behält/
So mustu/ merck es wol/ die
brüste nicht verlieren.
1617 – 1679 Zwey
cronen zeigten sich an meiner liebsten ohren/
Von westen kam ihr gold/ von
ost ihr diamant;
Diß alles war vermählt durch
eine kluge hand/
Und für die Lesbia zu einem
schmuck erkohren.
Ich weis nicht wie mir war
gelegenheit gebohren/
Dass ich das götter-bild in
einem garten fand/
Alß Flora neben ihr/ Pomona vor
ihr stand/
So hab ich dieses wort/ so
diesem folgt/ verlohren:
Gecrönte Königin/ von mehr als
tausend hertzen/
Die kräfftig sind entbrannt von
deiner augen kertzen/
Du bist des himmels kind/ und
führst des himmels schein/
Was sag ich Königin? O göttin!
Sollen cronen
Die liebes-märtyrer/ die du
gemacht/ belohnen/
So müsten ihrer mehr denn
tausend tausend seyn.
Gantz
traurig/ halb entzückt und mit geschränckten füssen/
Saß Sylvius und sprach: Ich
fühle todes-macht/
Die so mich in das joch der
süssen pein gebracht/
Die weiß ich diesen tag nicht
billich zu begrüssen.
Ach dass die stunden nicht wie
meine thränen flüssen!
Dass das verhängniß nicht mit
mir ein ende macht/
Weil alles über mir in einem
nun erwacht/
Und mein verdammtes licht kann
keinen trost geniessen.
So saß er und entschlief/ die
augen fielen zu/
Er war ohn allen trost/ er ruht
ohn alle ruh.
Er schlief dem auge nach/ es
wachten pein und schmertzen/
Ihm stieß ein süsser schall die
matten augen auf:
Mein Sylvius getrost und hemme
deinen lauf.
Nicht suche Lesbien/ sie wohnt
in deinem hertzen.
Hat das
verhängniß mir den steg zu dir verzehrt/
Kann ich/ o Göttin! Nicht dein
rein altar berühren/
Soll auf dein heiligthum ich
keinen finger führen/
So hat mir doch die pflicht
noch keine zeit verwehrt.
Mein geist muß opfer seyn/ mein
hertze wird der herd/
Ich thue/ was ich kann/ und was
sich will gebühren/
Ich weiß/ du wirst itzjnd mehr
als gnug verspüren/
Was vor ein reiner dampf zu
deinem throne fährt.
Ich ehre dich allhier/ zwar
ohne licht und kertzen/
Durch einen heissen trieb/ aus
einem reinen hertzen/
Die flamme brennet zwar itzt
durch verdeckten schein/
Und beug ich keine knie/ so
beug ich das gemüthe/
Acht wörter rühren mir itzunder
mein geblüte:
Die Gottheit will geehrt/ und nicht geschauet seyn.
1617 – 1679
Wenn
dein rubienen mund die eitelkeit der welt,
den
ungegründen glantz unß vor daß ohre leget,
So
schaudt man, wie dein thon die stimme selbst beweget,
Und
durch dein sußes bandt den geist gefangen hält.
Der
honigsäum, so jetz von deiner zungen fällt,
Wirckt,
daß der reine zugk deß himmels sich beweget.
Der
zucker, so dein trieb den wolcken gleiche träget
Wird
dem, waß göttlich ist, zum opffer vorgestelt.
Mich
dünckt, die engel selbst die fahren auff und nieder,
Und
hören gantz bestürtzt die angenehmen lieder.
Ihr
nectar ist, was itzt aus deinen lippen fährt.
Ich
fürchte gar gewiß, sie werden dich entführen,
Mit
deiner liebligkeit ihr reines chor zu zieren.
Denn
deiner weisen ist kein irrdish ohre werth.