1836-1898
Von den einhundertfünfzig 1864 unter dem Pseudonym „Carl
von Birkenbühl“ veröffentlichten
Sonetten wurden nur103, bearbeitet und in anderer
Reihenfolge, in die späteren Ausgaben
unter Klarnamen übernommen. Die Reihenfolge folgt hier
der Ausgabe von 1864.
1864 |
1873 |
Strom im Meer Wir fuhren auf der großen Wasserwüste, So weit das Auge reichte, spiegeleben; Kein grünes Eiland, keine ferne Küste, Sogar kein Wölklein im Vorüberschweben! Wie nun mein Herz sein großes Sehnen büßte! Die weite Leere macht’ es zaghaft beben, - O daß mich einer von den Bergen grüßte Der Heimat, die so stolz zum Himmel streben! Doch horch, ist’s eines Stromes Rauschen nicht? Die träge Flut durchwühlt des Dampfers Rad Und mächt’gem Strome gleicht der Wasserpfad. Aufperlend kühlt der Schaum mein Angesicht – Ich seh’ auf Wellenspiel, so brausend, schäumend, Von deinen Wassern, grüne Heimat! träumend. |
Meerfahrt I. ... ... ... ... ... ... ... Die kühn zum heimatlichen
Himmel streben! Doch horch, ist’s eines
Flusses Rauschen nicht? ... ... Aufperlend kühlt der Schwall
mein Angesicht; Ich starr’ in’s Wellenspiel,
so kraus und schäumend, ... |
An die Möwen Seid
mir gegrüßt! Ich folge gleichem Drang. Das
Meer beschaut ihr euch im raschen Fluge, Die
Flügel kühlend in der Flut, dem Zuge Der
Schiffe folgt ihr unermüdet lang. Wenn
uns vom liebgewordnen Strande zwang Der
Wind, ihr waret niemals im Verzuge; Die
sich zu weit gewagt, die minder Kluge, Umklammert
herzhaft eine Mastenstang’. Ihr
mahnet uns an nahe Sturmesstunde, Wenn
ängstlich euer Flug und schrill der Pfiff. Und
silberhell nicht glänzen eure Schwingen; Ihr
bringt uns nahen Landes frohe Kunde, Ihr
warnet treu uns vor dem falschen Riff Und
vor den Fluten, die das Wrack verschlingen. |
Meerfahrt II. ... ... Und netzt das Flügelpaar und
folgt dem Zuge der kühnen
Menschenschifflein gern und lange. Ob plötzöich vollsten Wind
das Segel fange, Ihr, Möwen, seid doch
niemals im Verzuge. ... ... Ihr mahnt uns an die nahe
Sturmesstunde ... Und matter glänzen eure
Silberschwingen. Ihr bringt von Land und
Hafen frohe Kunde Und warnt uns treulich vor
dem falschen Riff. Und vor den Wirbeln, die das
Wrack verschlingen. |
Hafenrast Es
naht der Dampfer, rein vom Ruß’ und Fette. Bald
rasseln laut der Ankerkette Glieder, Geschäftig
eilen Barken hin und wieder Und
zeichnen Bahnen auf die Spiegelglätte. Es
schlingt vom Boote sich der Rede Kette Zum
Deck hinan und vom Geländer nieder; Matrosen,
schmuck gekleidet, summen Lieder Und
rühmen ihre Fahrten um die Wette. Sonntäglich
heiter ist die Hafenrast Und
freudig schwankend tritt der Fuß an’s Land, Wenn
festlich sich verbrüdern Stadt und Mast. Wen
Stadt und Freunde nicht zum Molo riefen, Der
schaut in’s dunkle Meer vom Schiffesrand Und
schaut des Mondes Feuerhieroglyphen. |
Meerfahrt VII. Der Dampfer naht, vom Ruße
rein und Fette, Zum Grunde fährt die
dreigezungte Hyder, ... ... Vom Boote rankt sich der
Begrüßung Kette Zum Deck hinan, vom Deck zum
Boote nieder, Matrosen, schmuck gewichste,
summen Lieder ... ... ... ... und wenn dich keinerlei
Sirenen riefen, Belausch das Meer und schau
vom Schiffesrand Des Mondes Bild in
Flammenhieroglyphen. |
Addio! Es
dämmert; zögernd stoßt das Boot vom Lande. Wie
nahgerückt hier Gruß und Abschied sind! Der
Dampfer raucht, den Rauch entführt der Wind Und
ächzend steigt der Anker auf vom Sande. Addio!
ruft das Volk vom Molorande, Hurrah,
der Antwortruf, verhallt geschwind. Wie
rasch an Ruderkraft das Schiff gewinnt! Nur
lichte Punkte grüßen noch vom Strande. Und
wie nun aus der Bucht der Dampfer biegt, Das
Land wie Schatten in der Ferne liegt – Da
läßt das Auge selbst vom Schatten schwer. Noch
weidet sich der Blick an hellem Strahle, Auf
Klippen steht das leuchtende Fanale, - Dann
herrscht nur Nacht und Schweigen auf dem Meer. |
Meerfahrt IX. ... Wo Gruß und Scheiden sich zu
nahe sind; Schon qualmt der Schlot, den
Rauch entführt der Wind, Der Anker reißt sich ächzend
los vom Sande. Hurrah! vom Bord, Addio! her
vom Strande, Und Gruß um Gruß verweht,
verhallt geschwind; Der Ferne Dunkel macht das
Auge blind, Nur Punkte flimmern noch vom
Molorande. Und wie nun aus der Bucht
das Schifflein biegt, Nur noch ein Schatten auf
den Schatten liegt, Doch selbst vom Schatten
läßt das Auge schwer. ... Des über Klippen ragenden
Fanale, Dann dehnt sich Nacht und
Schweigen übers Meer. |
Delphine Der
Himmel grau und grau die Meeresbreite, Nur
silberweiß der Wellen krauser Saum! Man
unterscheidet Meer und Himmel kaum, Und
grauer Nebel hemmt den Blick in’s Weite. Doch
siehe, welch’ possierliches Geleite! Delphine
tauchen aus dem Wellenschaum; Sie
schlagen manchen kühnen Purzelbaum Und
weichen nicht von uns’res Schiffes Seite. Vielleicht,
um uns an nahen Sturm zu mahnen – Selbst
Möwen flogen rascher heut vorbei, ihr
Flug war scheu und gellend war ihr Schrei -; Auch
mögen sie, den alten Ruf zu wahren, Schiffsfreundlich
und gesellig sich gebahren – Wie,
sollten sie an Bord den Sänger ahnen?! |
|
Regen Es
rauscht ringsum; ein Sündflutregen fällt, Und
ihn empfängt des Meeres weites Becken; Den
Himmel schwarze Wolken dich bedecken, Von
keinem Sterne wird die Nacht erhellt. Der
Seele bangt, der Mut ist all zerschellt, Wenn
Tropfen, plätschernd auf das Deck. dich wecken: Was
dich umgibt – ringsum derselbe Schrecken, Es
sinkt ein zweites Meer vom Himmelszelt! Das
Meer, träuft auch der Regen schwer und dicht, Es
wächst von Milliarden Tropfen nicht: Hui!
da erstarret der Gedank’ im Hirne, Und
kalter Schweiß entpreßt sich deiner Stirne, Und
Ahnungsschauer rieselt durchs Gebein – Unendlichkeit!
– Wie ist der Mensch so klein! |
Meerfahrt III. Die Nacht ist schwarz, von
keinem Stern erhellt, Kein Blick durchmißt der
Finsternisse Strecken; Es braust und prasselt,
Sündflutregen fällt, Es saugt ihn auf des Meeres
weites Becken. Weil Tropfen, plätschernd
auf das Deck, dich wecken, Erbangst Du, Herz, und ist
dein Mut zerschellt? Mehr ängstigt dich: ringsum
derselbe Schrecken, Es rauscht ein zweites Meer
vom Himmelszelt! Wer denkt es aus mit
menschlichem Gehirne? Das Meer, und rauscht der
Regen voll und dicht, Es wächst von Milliarden
Tropfen nicht! Hu, kalter Angstschweiß
rieselt von der Stirne Und Ahnungsschauer fröstelt
durch’s Gebein: Unendlichkeit! – o Mensch,
wie bist du klein! |
Begegnung Wenn
Meer und Himmelswölbung sich berühren Und
eine Linie kaum die Grenze zieht: Wie
schweift das Aug’! Ob es sich müde sieht, Kein
Halt ist ob den Wassern zu erspüren. Entmuthigt
sinkt der Blick. Doch sieh, es führen Schiffsleute
Gläser an das Augenlid: Es
naht ein Punkt, der wieder jäh entflieht, Doch
deutlicher sich bald beginnt zu rühren. „Ein
Schiff in Sicht!“ Und alle Blicke langen Nach
ihm, und weiße Segel, Masten, Stangen Erscheinen
nun, die stolze Flagge vorn’. Ein
Schiffergruß! Als Antwort scholl ein zweiter; dann
glitt der Segler haltlos, ruhig weiter, Ein
Riesenschwan, nach Stambuls goldnem Horn. |
Meerfahrt V. ... ... ... Kein Halt ist ob den Wassern
aufzuspühren. Entmuthigt sinkt der Blick
... doch siehe, führen Schiffsleute Gläser nicht
ans Augenlid? Es naht ein Punkt der wieder
schnell entflieht, ... ... ... Erscheinen und die stolze
Flagge vorn. ... ... ... |
Morgen-Nebel Ein
Meer von Nebel auf dem Wassermeer! Es
ist das eine naß, das andre feucht; Das
eine braust, indeß der Dampfer keucht, Das
andre woget lautlos drüber her. An
deinen Wimpern hängt es trüb und schwer. Wo
weilt das Licht, das Nacht und Nebel scheucht? Der
Mast, er ist nur mehr ein Strunk; dich deucht, Es
sei das Schiff ein halbes Schiff nur mehr. Wie
schnell in Nebel Jener sich verlor, Und
schritt ja doch nur wen’ge Schritte vor! – Bleibt
eng und traulich auf dem Deck geschaart; Umgeben
oben, unten, ringsumher Von
dichten Nebeln, grausem Flutenmeer Ist
ganz und gar auch unsre Lebensfahrt. |
Meerfahrt VI. ... Das ein’ ist naß, das andre,
leichtre, feucht; Das eine braust zum Bord
empor, der keucht, Das andre wälzt sich lautlos
drüber her. An allen Wimpern hängt es
trüb und shwer, ... Sieh hin und sag, was Schiff
und Mast dich deucht. Der Mast ein Strunk, das Schiff ein Wrack nur mehr. Bleibt eng und traulich auf
dem Deck geschaart- Wie Jener schnell im Dämmer
sich verlor, Und schnitt von uns nur
wen’ge Schritte vor! Wie diese, so des Menschen
Lebensfahrt, Umgeben oben, unten,
ringsumher Von grauen Nebeln, grausem
Flutenmeer. |
Das war die schönste Nacht der Wasserfahrten Das
war die schönste Nacht der Wasserfahrten! Auf
breitem Decke sich die Freunde schaarten Entflohen
den Cajüten, dumpfigschwer; Es
lag ein gold’ner Regen auf dem Meer. Und
nur ein Rückstrahl war’s, den wir gewahrten, Von
neuen Sternen, die sich offenbarten. – Bald
strömten deutsche Chöre, sinnig, hehr, Das
Wasser rauscht’, als ob’s der Nachhall wär’. Und
Lied um Lied; man ließ zu heit’ren Weisen Von
Hand zu Hand die Mandoline kreisen: Ein
feurig Lied, wie an Neapels Strande! Und
ein’s in prächtig spanischem Gewande! Zuletzt
des Griechenliedes helle Töne Gemahnten
mich an Hellas’ Licht und Schöne. |
|
Maris stella Ich
lag auf stillem Decke, zugekehrt Den
wachen Blick den gold’nen Sternengleisen; Gen
Norden scheint die Lichterschar zu reisen, Indes
der schwarze Dampfer südwärts fährt. Die
schnelle Fahrt, wie lange sie doch währt! Die
Sehnsucht eilt voraus auf Schwingen, leisen, Die
Nacht vermag sie nicht zurückzuweisen – Dort
liegt das Land der Bibel, sonnverklärt! – Vom
Maste strahlt ein Lichtlein in die Nacht, Zum
Baume wird der Mast mit Raa’n und Tauen, An
dessen Rindenbrust ein Bild zu schauen, Ein
heilig Bild, davor das Lämpchen wacht! Da
staunt das Aug’ und betend lallt der Mund: „Du
gibst dich, Meeresstern! dem Pilger kund.“ |
|
Quarantaine Wir sind im Hafen. Deutlich unterschieden Am
Molo wogt das Volk in bunter Tracht; Es
grüßt der Thürmchen, Kuppeln heitre Pracht, Es
lockt die goldne Frucht der Hesperiden. Schon
kehren Boote wieder, die erst schieden, Und
nehmen freudig auf der Segler Fracht; - Bei
uns nur legt nicht eines an. Die Nacht Beginnt,
wir sind vergessen, sind gemieden. Auf
uns’rem Decke gähnt die Langeweile; Kein
Kahn, daß er mit uns hinübereile, Wird
losgebunden, keine Brücke sinkt. Die
gelbe Flagge, die vom Maste weht, Erzählt,
wie träg’ ein Tag zu Ende geht, Wie’s
drüben Nachts von tausend Lichtern blinkt. |
Meerfahrt VIII. Quarantaine ... ... Der Thürmchen grüßt, der
Kuppeln heitre Pracht, Und golden lockt die Frucht
der Hesperiden. Die Boote kehren wieder, die
geschieden, ... ... ... ... ... ... Der gelbe Wimpel, der vom
Maste weht, Gibt kund, wie träg uns hier
ein Tag vergeht, Der drüben noch in tausend
Lichtern blinkt. |
Idylle I. Wie
horcht ich auf mit innigem Behagen! Aus
schönem Munde schöne deutsche Laute! Ein
blaues Auge mir entgegenschaute, Als
ich „Aus Deutschland, Sie?“ begann zu fragen. Sie
trat auf’s Deck, sobald der Morgen graute, Und
schritt an meiner Seite ohne Zagen; Wir
hatten viel einander bald zu sagen – Noch
klingt im Ohre mir der Ton, der traute. Wir
sahen auf zur goldnen Schaar der Sterne Und
auf die goldne Saat auf dunklem Meere Und
fühlten vor den Wellen uns geborgen. Wir
sprachen, wie die Heimat nun so ferne, Wir
tauschten „Guten Abend“! „Guten Morgen!“ So
warm, wie’s kaum daheim geschehen wäre. II. Mathilde
stieg nach grauser Sturmesnacht Auf’s
Deck, ihr sanftes Antlitz angstgebleicht, Das
Auge trüb, die Schritte schwankend sacht; Sie
nahm den Arm, zur Stütz’ ihr dargereicht. Der
goldnen Flut entschwebt in stiller Pracht Die
Sonn’, ein Schauspiel, dem kein and’res gleicht; Auf
Wellen glänzt ihr Bild vertausendfacht, Wie
weggehaucht der Nebelschleier weicht! Des
Mädchens feuchtes Auge klärte sich, Die
Wangen prangten wieder schön und jung, Auf
denen erst noch Todesblässe war; Die
Stunde war so hehr und feierlich, So
schwesterlich war uns’rer Seelen Schwung, Als
sollten wir uns trennen nimmerdar. III. Vor
unsren Blicken lag die Hafenstadt* Auf
sanftem, halbmondförmig-grünem Kissen; Die
grünlichblaue Flut war völlig glatt, Kein
Strich am Spiegelbilde zu vermissen. Es
glänzt der Schnee wie Silber, strahlensatt, Vom
Haupte Libanons, aus Seitenrissen; Wie
sehr die Wüste sich genähert hat, Läßt
uns ein schmaler Streifen Goldes wissen. An
fremden Masten, weißen Segeln hing Mein
Aug’ und sog die Licht- und Farbenpracht, - Mathilde
weint, sie fühlt ihr Herz beschwert; O
daß sie von der Heimat Fluren ging! Die
Heimatliebe pocht mit aller Macht – Noch
bist du, Deutschland! solcher Thränen werth. *Beirut |
Meerfahrt IV. Mathilde stieg nach grauser
Wetternacht Auf’s Deck, das Angesicht
noch angstgebleicht, ... Sie nahm den Arm, zur Stütze
dargereicht. ... ... ... ... ... Die Wangen glühten wieder
schön und jung. Zu heller Loh’ erglomm das
blonde Haar. Die Stunde war so reich und
feierlich, So frei, so eins war unsrer
Seelen Schwung, ... |
I. -
Smyrna ist die Stadt der schönen Frauen Schon
längst sind hier verrauscht Homers Gesänge Und
dürftig fließt die ihm geweihte Quelle. O
Himmel! Meer! so schön, wie einst, so helle! O
daß auch noch Alt-Hellas’ Sprache klänge!... „Erst
flieh’ der Frankenstraße laut Gedränge, Dann
zög’re an der Häuser kühler Schwelle; Die
Sonne sinkt, es buhlt mit ihr die Welle, Es
schwebt ein Zephyr durch der Lauben Enge: Das
ist der Frauen süße Plauderstunde. Ihr
Blick, er kommt wie Amors Pfeil geflogen Von
schmaler Brauen ebenschwarzem Bogen. Es
überkommt dich wundersame Kunde Und
Helena ist hundertmal zu schauen – Denn
Smyrna ist die Stadt der schönen Frauen.“ II.
- Die Karawanenbrücke So
kehrten einst von Bagdad die Kamele, Ein
langer, stiller Zug mit reichen Waren! Der
Führer sann, wie er daheim erzähle, Was
Neues er geschaut und was erfahren. – Von
Thälern, denen Nichts zum Eden fehle, Von
Städten dort, wo jüngst noch Zelte waren, Von
Gärten und Palästen, wunderbaren, Erzählt
er, süß berauschend jede Seele. Er
würzt die Nacht in bilderreicher Rede Mit
Märchen, schönen Lippen abgelauscht, Mit
Sprüchen, in den Schulen eingetauscht. Bereichert
ging der Karawanen jede; Doch
weiter drang, als je Kamele kamen Verherrlicht
Harun des Gerechten Namen. |
Smyrna I. ... Und dürftig fließt, nach ihm
genannt, die Quelle. O Meer, O Himmel, ewig schön
und helle, O daß hier noch Alt-Hellas’
Sprache klänge! ... ... ... Zephyre schweben durch der
Lauben Enge. ... ... ... Dich überkomt’s wie
wundersame Kunde Und hundertmal ist Helena zu
schauen, ... II. – Auf der
Karawanenbrücke ... ... Der Führer sann, welch
blumig Wort er wähle Für das, was Neues er
geschaut, erfahren. ... ... Von des Khalifen Haus und
Höflingsschaaren ... ... ... ... ... ... ... |
I. –
Die Palme In
rechter Hand die helle Schifferleuchte, So
stand der Erzcoloß als Hafentor, Daß
unter ihm sich jeder Mast verlor, Der
fernher Wolken gar zu streifen deuchte. ihm
netzte nicht die Hüften Staub, der feuchte, Warf
sich die Brandung zorngemut empor. – Kaum
fand das Felsenpiedestal sich vor, Als
unser Dampfer ankernd hier verkeuchte! Noch
sann ich nach dem ernsten Zeitenspiel, Denn
auch die stolze Kreuzesflagge fiel Vom
Thurm, auf dem sich jetzt der Halbmond wiegt: Da
grüßet mich, verscheuchend meinen Gram, Die
erste Palme, deren schräger Stamm Sich
an die alte Hafenmauer schmiegt. II. – La strada de’ cavalieri Sag
an, wo sind, die dir den Namen gaben? Noch
künden selbst vergeßne Wappenschilder, Steindiademe,
Stern- und Löwenbilder Geschlechter,
längst verschollen, längst begraben. Den
Gang entlang kein muthig Pferdetraben! Kein
Troß und Waffenlärm, kein kampfeswilder! Und
auch kein Hospital, mit christlich milder Geschäftigkeit
die Blutenden zu laben! Die
ganze Gasse – wie ruinenschaurig! Verödet
ist der Saal und stumm und traurig, Drin
Ritter einst beim Siegesmahl gesessen. Erker,
noch immer nicht zu Fall gebrachte! Gewiß,
ihr habt nicht gänzlich schon vergessen Des
Helden, der Soleiman zittern machte. III.
– Das Meer Ein
halber Thurm! Wie früh, wie spät es sei, Das
künden dir am Zifferblatte keine Belebten
Zeiger. Wildgehäufte Steine Und
Schutt ringsum, und Säulen, längst entzwei! Zuweilen
schleicht vermummt ein Weib vorbei, Zuweilen
streckt ein Hund von sich die Beine, Und
wärmt ein Esel sich am Sonnenscheine, Zuweilen
dringt aus Knabenmund ein Schrei. – Das
Meer behielt den alten Rauschegruß; Die
Wellen nah’n, von größ’ren überholt, Und
netzen deinen allzukühnen Fuß. Und
ob das Aug’ an Trümmern sich entsetze, Stets
neue Segel werden aufgerollt, Und
bald erblühen neue Stapelplätze! IV.
– Vier Bildchen Das
mußte mich mit der Cajüt versöhnen! – Im
gastlich off’nen Hafen liegen wir, Durch
der Cajüte Seitenluken vier Erglänzt
die Stadt in hellen Farbentönen; Und
Wölklein zieh’n, den Anblick zu verschönen, ihr
letztes Gold verstrahlt die Sonne schier: Da
bieten reizend sich vier Bildchen mir, Wie
solche jedes matten Stiftes höhnen: Das
Fort mit seiner Flagge, farbenprächtig – Und
die Moschee mit Thürmen, hoch und schmächtig – Der
Landungsplatz, der volk- und waarenreiche – Der
Mühlen geisterhaft bewegte Speiche! – Wohl
wären die ovalen Bildchen hier Im
kahlen Zimmerchen die schönste Zier. - |
Rhodus I. – Die Ritterstraße ... ... ... ... ... Kein Troß im Hof, kein Lärm,
kein kampfeswilder, Kein stilles Hospital,
bedacht mit milder Behendigkeit die Blutenden
zu laben! ... ... ... Doch Erker, einzig nicht zu
Fall gebrachte!! ... Des Häufleins, das den Islam
zittern machte. II. – Schutt und Leben Ein halber Thurm... ob früh,
ob spät es sei, Verkünden auf dem
Zifferblate keine Belebten Zeiger ... ringsum
Schutt und Steine, Draus manche Säule ragt,
doch längst entzwei! ... Im Schatten streckt der Hund
von sich die Beine, Indeß sich Langohr wärmt am
Sonnenscheine, Zuweilen dringt aus
Kindermund ein schrei. Doch horch dem Meer, dem
alten Rauschegruß! So hat es schon gelockt und
so gegrollt, Als noch der Gischt genetzt
Aubusson’s Fuß. Ob dort das Aug’ an Trümmern
sich entsetze, Hier werden neue Segel
aufgerollt, ... |
Die Cedern Die
Cedern auf dem Libanon, sie trauern, Den
Winden klagen sie ihr tiefes Leid: „Als
Mahner an die alte, goldne Zeit, Wer
hieß uns hier Jahrtausend’ überdauern? In
Schutt, gebrochen liegt der Trotz der Mauern, Die
Häfen gähnen, und dem Meer, so weit Es
blaut, erzählt kein Bruderstamm, geweiht Der
Flut, von Libanon’s erhab’nen Schauern. Jehova’s
Tempel sank, als dessen Stützen Wir
von den Bergen eilten; die Propheten, Die
Könige ruh’n mit festgeschloß’nem Munde; Ihr
Lied und unser Ruhm verklang. – Was nützen Uns
ew’ge Jugendsäfte? Völker treten Vom
Schauplatz, echogleich verhallt die Kunde!“ |
Die Cedern auf dem Libanon ... Den Winden klagen sie das
tiefe Leid: „Als Mahner an die starke,
goldne Zeit ... ... Der Hafen gähnt – dem Meer,
so weit und breit Erzählt kein Bruderstamm,
als Mast gefeit, Von uns, von Libanons
erhabnen Schauern! Dahin Jehova’s Haus, als
dessen Stützen ... Die Kön’ge ruhn mit längst
geschloßnem Munde; und unser Ruhm erstarb mit
ihnen – nützen ... ... |
So
rauschte wie ein Königsmantel, blau, Das
Meer, - ein goldner Saum der Dünensand – Als
Sydon noch, des Meeres Fürstin, stand Und
Schätze fernster Länder bot zur Schau. Von
Tyrus, das den stolzen Mutterbau Beschämt’
und Alexandern widerstand, Nun
an dem kahlen, wellenförm’gen Strand Nur
wen’ge Hütten melden, ärmlich grau. – Ich
stand an einer Palme durrem Schaft Auf
einem Todtenacker, eingehegt Von
längst geborst’nen und zerfall’nen Mauern. Vom
Genjus der Geschichte hingerafft Fühlt
sich in ernstes Sinnen, tiefes Trauern, Wer
um den Glanz der Vorzeit ihn befrägt. - |
Sydon und Tyrus Noch rauscht das Meer, ein
Königsmantel blau – Ein goldner Saum daran der
Dünensand - , Wie damals, da die Veste
Sydon stand ... Von Tyrus, das der stolzen
Mutter Bau Beschämt’ und Alexandern
widerstand, Am kahl gefegten
wellenförmgen Strand Nur Fischerhütten melden,
ärmlich grau. Ich stand auf einem
Friedhof, eingehegt Von Dorngestrüpp und
halbzerfallnen Mauern, Und lehnt’ an einer Palme
dürrem Schaft. Wer nach der Vorzeit Glanz
und Heimat frägt, Der fühlt in Sinnens Ernst
und großes Trauern Vom Geiste sich der
Menschheit hingerafft. |
Die Pyramide I. O
Königspyramid’! Im Morgenschein Bist
du ein Erzkolossus im Erglühen; Geschmolzen
Erz, d’raus Lichtesfunken sprühen, Die
Wüste rings, und Erz das Felsgestein! Ein
Nebelschleier hüllet Nachts dich ein, Der
rosig leuchtet in den Tagesfrühen Und
jeden Abend purpurn will verblühen; Er
weicht dem S’mum, der Mittagsglut allein. Es
dehnt dein Schatten, ist der Mond erwacht, Sich
über starre Fluten Sandes hin, Als
wolltest du dem bleichen Licht entfliehn. Wahrhaftig
groß bist du in Mondesnacht, Und
hehr und werth, o Pharaonenmal, Daß
sich verdopple deiner Jahre Zahl. II. Erklettert
hab ich deine Stufenwände, Wie’s
Andre freventlich vor mir gewagt; Dahin
sind längst, die ehrfurchtsscheu gezagt Dem
Werk zu nahen ihrer frommen Hände! Ich
grüß euch, Palmen, die ihr Datteln tragt, Dich
Nil, verborgner Gottheit Segenspende, Oasenland,
dich reiches Stromgelände, Dich,
Stadt, von hundert Kuppeln überragt! Könnt’
ich den Stift in eu’re Farben senken, Und
wollt’ ein Genius die Hand mir lenken, Ich
schüf’ ein Bild zu Aller Augenweide: Des
Niles Eden rechts, und links die Wüste, Und
hingestellt als Markstein zwischen Beide Der
Pyramide riesig Schaugerüste. |
Die Wüste Die Pyramide I. ... Ein erzener Kolossus im
Erglühen! ... Ist rings der Sand und Erz
der Felsenrain. In leichte Schleier hüllt
der Nil dich ein, Die rosig dämmern in den
Tagesfrühen Und purpurn mit dem
Abendroth verblühen; Die Mittagssonne schaut dein
nackt Gestein. Dein Schatten dehnt sich,
ist der Mond entfacht, Weit über starre Fluten
Sandes hin, ... Bist wahrhaft groß in
solcher Vollmondsnacht ... ... II. ... ... Denn Staub sind längst, die
frommen Sinns gezagt Dem größten Werk zu nahn der
eignen Hände. Ich grüß euch, Palmen, so
ihr Datteln tragt, ... ... ... ... ... Ich schüf ein Bild zu
schönster Augenweide: ... ... ... |
Die Sphinx I. Am
Nile lebt’ – es sind viel tausend Jahre – Ein
Mädchen schön, mit kunstgewob’nen Flechten, Mit
Augen, Sternen gleich in dunklen Nächten, Mit
stumpfem Näschen, süßem Lippenpaare. Und Alles
hielt gebannt die Wunderbare. Doch
sie zerriß mit Künsten, grausam schlechten, Jed’
Herz, in Lieb entbrannt, in Zucht und Rechten, Und
warf es hin wie Tand, wie leichte Waare. Sie
ward zu Stein dafür; ein riesig Bild Ist
sie, bewehrt mit grausen Löwenklauen, Am
glühend heißen Wüstensaum zu schauen. Jahrtausendlang
nun schon der Zauber hielt! – O
Mädchen, nimm dies Schicksal dir zu Herzen; Mit
treuer Lieb’ ist niemals gut zu scherzen. II. Sahara’s
Kind und Königin zugleich! Du
hast die Wüsten unruhvoll durchzogen; Der
königliche Leu war dir gewogen, Dein
Pfühl war die Oase, kühl und weich. Doch
hehre Lust befiel die Liebe gleich Dein
Herz, zu schauen, wo am Himmelsbogen Empor
der Sonne frühste Strahlen flogen, Zu
schau’n der Sonne lichtes Freudenreich. Die
Sehnsucht trieb dich an den Wüstensaum; Hier
sahst du Menschen, Menschen-Thun und –Sitte, Des
Landes Pracht, den Nil in seiner Mitte – Das
war der Sonne Reich! das war dein Traum! Dein
Herz, wie konnt’ es solch’ Entzücken tragen? Wie
sollt’ es länger noch in Sehnsucht schlagen? - III. Du
trägst ein frohes, lichtes Menschenhaupt, Des
Segens Fülle bergen deine Brüste; Doch
ach, du bist zur Hälft’ ein Tier der Wüste, Dein
Rücken ist vom Wüstensand bestaubt! O
Königsmaid! Ja, wer die Lösung wüßte! Du
starr’test wohl nicht länger sprachberaubt, Ein
Eden sproß’te wieder, kühlbelaubt, Und
du erwachtest, Schöne, Süßbegrüßte! Doch,
steinern Räthselbild, der Zauber hält! Ich
steh’, ein Zwerg, vor dir in tiefstem Sinnen, Die
rechte Deutung such’ ich zu gewinnen: - Cultur,
du Leuchte, die den Geist erhellt, Die
du den Sohn der Wildnis reich gemacht, Du
hast um Freiheit ihn und Kraft gebracht! - |
Die Sphinx I. ... ... ... ... Doch hehre Lust befiel, der
Liebe gleich, Dein Herz, zu schaun, wo
früh am Himmelsbogen Empor der Sonne goldne
Strahlen flogen, ... Die Sehnsucht trieb dich an
der Wüste Saum, Hier sahst du Menschen,
Menschenthum und Sitte, ... Das war der Sonne Reich,
dein schöner Traum! ... ... II. ... ... Und bist zur Hälfte doch ein
Tier der Wüste, Dein Rücken ist vom rothen
Sand bestaubt. Ja, Kind der Wildniß, wer
die Lösung wüste! Du starrtest dann nicht
länger sprachberaubt, ... Du regtest dich, erwachtest,
Süßbegrüßte! O Räthselbild, für ewig
hingestellt, Ich steh, ein Zwerg, vor dir
in ernstem sinnen, Läßt eine Deutung sich dir
abgewinnen? ... Sie, die den Sohn der
Wildniß reich gemacht, Sie hat um Freiheit ihn und
Kraft gebracht. |
Eine
Karawane im Vorüberzieh’n Der
Führer saß auf hohem Dromedar, Auf
bunter Decke, gold- und quastenreich; Der
Turban roth, des Kleides Streifen gleich Und
seidenblau der faltige Talar. Zum
Gürtel floß des Bartes Silberhaar, Das
Antlitz ruhig, ernst und mild zugleich; - Dem
schweigenden Begängniß einer Leich’ An
Ruhe glich der Wüstenwand’rer Schaar. Es
spickten wohl den Gurt Pistolen, Dolche, Doch
drohte mehr der Männer Blick, als solche. Wir
mochten fremd der Karawan erscheinen; Ich
suchte mir ihr Bildnis festzuhalten, Mir
war beim Anblick jenes edlen Alten, Als
schaut’ ich noch der Patriarchen Einen. |
Vorüberziehende Karawane ... Auf rother Decke, gold und
quastenreich, Das Antlitz mächtig, ernst
und mild zugleich, Zum Gürtel floß des Bartes Silberhaar. Vorüber zog der Wüstensöhne
Schaar Auf braunem Sande buntem
Streifen gleich, So feierlich der Trab, so
leis und weich, Als ob sie folgten einer
Todtenbahr. Wohl spickten ihren gurt
Pistolen, Dolche, ... Wie mußten fremd den Fremden
wir erscheinen! ... Mir war beim Antlitz jenes
schönen Alten, ... |
Geier Die
Sonne, blendend hell zurückgestrahlt, Verrieth
und der Kamele schneller Traben, Daß
Wasser nah; wir lechzten, uns zu laben – Ein
fauler Sumpf benahm den Wahn uns bald. Zwölf
Geier, an Gefieder mannigfalt, Mit
nackten Hälsen, die Cystern’ umgaben Und
schlürften aus dem schlammgefüllten Graben, Mißgönnend
unsren Tieren Tränk und Halt. Sie
schwärmen lautlos, wie’s der Wüste eigen, Um
unsre Häupter, und es wirkt beklemmend Ihr
ernstes Kreisen und den Athem hemmend. – Es
führt in träger Luft die Geierschaar, Vom
Aeserfraße satt, den Todesreigen, Der
grauenvoller als die Wüste war. |
Geier ... Verriet uns Wassers Nähe:
schneller traben Die Gäule, wir auch lechzten
uns zu laben – ... ... ... ... ... ... ... Dies dumpfe Kreisen, und den
Athem hemmend. Von Aesern sat vollzog die
Geierschaar In stummen Lüsten einen
Todesreigen, ... |
Mondnacht Zu
fahlem Schimmer wird das heit’re Licht Des
Mondes, über Wüstensand ergossen. Es
wagt der Fuß vom Lager der Genossen In’s
große Schweigen wen’ge Schritte nicht; Dich
schreckt dein Athem, der es unterbricht. Das
Dromedar, es kehrt zurück, verdrossen, Weil
rings umher ihm kein Gestrüpp ersprossen, Und
drängt verstört sich an die Zelte dicht. Ein
ries’ger Todtenacker ist die Wüste, Und
Pyramiden formen Wind und Sand; Bedeckt,
entblößt liegt bleichendes Gerippe: O
Schauder! Wenn ich hier verderben müßte!... Im
Zelte kreis’te hell von Lipp’ zu Lippe Der
Cyperwein, und jedes Schreckbild schwand. |
Eine Mondnacht Zu fahlem Dämmer bleicht das
heitre Licht ... Kein Schatten kommt in’s
Schimmergraun geflossen, In’s große schweigen nur
dein Athem bricht. Dein Fuß, er wagt vom Lager
der Genossen Ins Oede, Leere wen’ge
Schritte nicht, Und wie dein Adlerblick zu
Boden kriecht, Dem doch Unendlichkeit sich
rings erschlossen! Ein weiter Totenacker ist
die Wüste – Wie lange harrt das nackende
Gerippe, Daß ihm den Hügel schichte
Wind und sand? ... ... ... |
Der
Kakusin Dem
Goldstaub’ glich der Wüste feiner Sand, Die
Sonne streifte scheidend d’rüber hin; Doch
keinen Ruhepunkt das Auge fand – Ein
endlos Einerlei, das tödtend schien! Da
plötzlich nordwärts ohne Widerstand Mit
heißen Schwingen stürmte Kakusin; Ein
Leben, kühn, gestaltungsreich, entwand Der
starren, todten Wüste sich durch ihn. Das
Körnlein Staub rückt nachbarlich zu andern, Sie
eilen arabeskenartig fort; Ja,
mehr noch! Ganze Hügel Sandes wandern, Sie
wachsen, hier zerstäubt, zum Berge dort. Doch
was er heut’ gethürmt und aufgerichtet, Das
hat der Stürmer morgen schon vernichtet. |
Der Kakusin Wie Goldstaub war der Wüste
feiner Sand, ... ... ... ... Mit heißen Schwingen raste
Kakusin, Ein Leben, kühn,
gestaltenreih, entwand Der regungslosen Wüste sich
durch ihn. Ein Körnlein rückt erst
nachbarlich zum andern, Dann eilen in Mäandern
tausend fort, Und mehr noch, mehr, Lawinen
Sandes wandern! Doch was er heut entführt
und aufgeschichtet, Die Wellenhügel hier, die
Berge dort, ... |
Die
Beduinen I. Wie
Sturmesmöwen über Meere fliegen, Durchjagt
der weiße Burnus braune Strecken, - Der
Wüste Poesie, ihr großer Schrecken Gleich
jenen Zelten, die im Thale liegen. Noch
weiden Rinder auf der Trift und Ziegen; Du
wirst sie morgen kaum mehr hier entdecken. Geplündert
melden jene Dörfer, Flecken Vom
Zug der Wüstenmänner, ihren Siegen. Sich
zinsbar halten sie die ganze Welt, Mit
ihrem Lager zieht vom Saatenfeld Das
zarte Grün, die Frucht, der Erntesegen. Doch
heilig wird der Handschlag noch geachtet, Und
wenn der Wand’rer einsam schier verschmachtet, Sie
laben ihn auf ihren schnellen Wegen. |
Beduinen ... ... Der Wüste Poesie, der Wüste
Schrecken – Im Wady seine dunklen Zelte
liegen. ... Der Morgen wird sie kaum
mehr hier entdecken, ... ... ... ... Das zarte Grün, der Ernte
reifer Segen. ... ... ... |
II. Ein
reiches Dromedar wird vorgeführt, Gefeit
mit Talisman und Amuletten; Die
Jungfrau ist’s, die sich das Thier erkürt, Des
Stammes Schönste will darauf sich betten. Sechs
Männer sind der Jungfrau Hort und Hürd’, Bereit,
sie aus der Feinde Schaar zu retten, Das
Leben gar an ihr Geschick zu ketten In
Huld, wie’s einer Königin gebührt. Die
Stammgewählte sitzt im Rath der Männer, Zu
Boten wählet sie die schnellsten Renner Und
ihrem Worte lauschet jedes Ohr. Der
schmählich seine Königin verlor, Geächtet
ist der Stamm, verfehmt, verbannt; Sein
Name wird fortan nicht mehr genannt. |
Eine Wüstenkönigin ... Mit Talisman gefeit und
Amuletten, Des Stammes schönste will
darauf sich betten, Wie stolz das Thier die
stolze Last verspürt! Sechs Männer sie zu Schutz
und Diensten kürt, Bereit, sie durch der Feinde
Schwarm zu retten Und Gut und Blut an ihren
Wink zu ketten, Sie wissen, was der Königin
gebührt. Die Heldenjungfrau sitzt im
Rath der Männer, Zu Boten ordnet sie die
schnellsten Renner Und ihrem Worte horcht der
weisen Ohr. ... Geächtet ist der stamm,
verfehmt, gebannt, ... |
Sieg
über Amalek II. Mos. 17. In
Raphidim kam Amalek zu streiten Mit
Israel. Und Moses stieg bergan Mit
Hur und Aaron, hob zu beten an Und
seine Hände betend auszubreiten. Und
wie er flehend sie erhob, begann Der
Feind verwirrt zu fliehn nach allen Seiten; Doch
wie die Arme müde niedergleiten, Hat
Amalek die Übermacht fortan. Da
rücken Hur und Aaron einen Stein Herbei
und stützen knieend Mosis Hände Und
lehnen Gottes Stab in seine Rechte. Und
Moses wird nicht laß an Arm und Bein; Er
betet sitzend, bis der Tag zu Ende. Bis
Israel obsieget im Gefechte. - |
Moses I. Nach Raphidim kam Amalek zu
streiten Mit Gottes Volke; Moses
stieg bergan ... Und Hand und Arme flehend
auszubreiten. Nach Hülfe langt’ er aus und
schon begann ... Doch als die Arme lässig
niedergleiten, Erwächst den Feinden
Übermacht fortan. ... Zur Stell’ und stützen
knieend Mosis Hände ... Und Moses ward nicht müd an
Arm und Bein, ... Bis Israel Obsieger im
Gefechte. |
Das
Götzenkalb II. Mos. 22. Und
Moses stieg vom Berg der Donner nieder, Auf
dem er vierzig Tage lang verblieben; Er
trug die Tafeln des Gesetzes nieder, Das
Gottes Finger selbst in Stein geschrieben. Er
horcht; es rauscht bergan wie Siegeslieder. Wird
Israel geschlagen und vertrieben? Und
welches Feindes Jubel hallet wider Vom
Hängen, die ihn hundertfach zerklieben? Und
näher schreitet Moses dem Gejohle. Jehova’s
Volk, es tanzt und jauchzet laut, Sein
Reigen gilt dem goldenen Idole. Und
des Propheten Herz ergrimmt deshalb, Und
er zerschmeißt die Tafeln, und es graut Dem
Volk, und er zermalmt das Götzenkalb. |
Moses II. Und Moses stieg vom Berg der
Donner wieder ... ... ... ... ... Und welchen Feindes Jubel
hallen wider Die Hänge, die sich
hundertfach zerklieben? ... ... ... Und siehe, der Prophet
ergrimmt deshalb, Zerschmeißt die Tafeln, daß
dem Volke graut, Zornwettert und zermalmt das
Götzenkalb. |
Die
Wolke II. Mos. 40. Hochaufgerichtet
steht Jehova’s Zelt, Mit
güldenen Geräthen ausgestattet, - Da
senkt sich eine Wolke, krönt, beschattet Den
Tempel, den Gott selber sich bestellt. Vom
Morgen bis der Sonnenball ermattet, Ist
silbern sie und wunderbar erhellt; Zur
Flammensäule wird sie angeschwellt, Sobald
der Tag im Wüstensand bestattet. Und
hebt sie sich, dann greift zum Wanderstab Ganz
Israel, und läßt sie sich herab. So
schlägt es Lager, wo sie leuchtend weilt. So
führt Jehova’s Hauch ein Volk, das Er Erwählt,
geborgen vor Egyptens Heer, Dem
er das Meer getrocknet und getheilt. |
|
Elias III. Kön. 19. „Ich
eiferte für Dich mit Kraft und Mut; Mit
Grimm bewaffnet hast Du meine Rechte, Durch
sie geschlachtet all’ die Götzenknechte, Daß
noch der Kischon dampft von ihrem Blut! Doch
ob ich täglich Dir auch Opfer brächte, Und
Du sie zündetest mit Himmelsglut: Kein
Zeichen frommt dem störrigen Geschlechte, Es
stößt von sich den Bund und Deine Huth. O
steh’! auf Höhen räuchern sie und beten Zu
todten Götzen, Herr! und die Propheten Erwürgte
und die Mahner ihre Hand. Auch
mich verfolgt der Tod und das Verderben; Die
Füße wund, mein Lager Wüstensand, Die
Kraft dahin: - - Jehova laß mich sterben!“ |
Elias ... ... Hast hingerafft durch sie
die Götzenknechte, ... ... ... ... Es stößt von sich das
Bündnis deiner Hut. Sieh hin, sie räuchern auf
den Höhn und beten ... Die du gesandt hast, würgt
die Frevlerhand. Mich sucht der Tod, umlauert
das Verderben, Mein Fuß ist wund, mein
Lager Wüstensand, ... |
Der
Berg der Versuchung Matth. 4. Es
hebt sich aus der Wüste schaurig, kahl Ein
Berg, abfallend jäh nach allen Seiten; Sein
Schatten reckt und streckt sich in die Weiten, Unheimlich
webt um ihn des Mondes Strahl. Der
Kegel mahnt daran, ein düster Mahl, Wie
Jesus Christus ging sich vorbereiten Zum
Welterlösungswerk für alle Zeiten Durch
Beten, jeglicher Entbehrung Qual; Und
wie an ihn sich der Versucher wagt, Ihn
frevelnd faßt und auf den Gipfel stellt Und
spricht, dieweil es eben herrlich tagt: „Die
Macht ist dein, der Zauber dieser Welt, So
weit sie je des Menschen Fuß betreten, Wenn
du die Kniee beug’st, mich – anzubeten.“ |
|
Der Muezzin Vom
Minareth zu drei verschied’nen Malen Erschallt
der ernste Mahnruf zum Gebet’: Wenn’s
rosig angehaucht vom Morgen steht, Und
golden sich die grauen Wogen malen; Wenn
Mittags weiße Bronnen Kühlung strahlen, Zum
Kief* die Sclavin mit dem Fächer weht; Wenn
scheidend noch der Tag durch’s Gitter späht Nach
Frauen, schleierlos, mit Goldsandalen. Es
tritt, auf hoher Warte sich zu zeigen, Schneeweiß
der Rufer aus der schmalen Pforte; Vier
Winden überläßt er seine Worte. Doch
träge schwillt der heil’ge Ruf an’s Ohr, Von
dem sich manche Sylbe ganz verlor – Denn
alles Leben hier ist Traum und Schweigen. *=Siesta |
Der Muezzin Vom Minaret der
Moslem-Kathedralen ... ... ... ... Und mit dem Fächer die
Khaduna weht, ... ... Schneeweiß, auf hoher Warte
sich zu zeigen, Erscheint der Rufer aus der
dunklen Pforte Und überläßt den Winden
seine Worte. Doch träge schwillt der
heilge Spruch an’s Ohr, Undbald ist Alles ruhig wie
zuvor, ... |
Auf
dem Bazar Den
krummen Säbel schwangen die Kalifen, Den
Kopf vom Rumpfe schnitt der Yatagan, Im Handgemenge
stieß der Muselmann Den
grimmen Handschar in der Weiche Tiefen. Die
Heldengeister, die zu Schlachten riefen, Entschliefen
in den Klingen; dann und wann Nur
klingt in ihnen Nachts die Sehnsucht an, Wie
einst von rothem Feindesblut’ zu triefen. Nun
strotzt der Griff von lichten Edelsteinen, Von
rothem, weichem Sammet sind die Scheiden, Und
kraftlos sind des Stahles Koransprüche. Vertauscht
um Spielzeug all’ die Waffen scheinen; Schön
mag ihr Glanz den Turbanträger kleiden, Längst
ging jedoch des Islam Kraft in Brüche. |
Auf dem Bazar ... ... ... ... Vorbei! Die Geister, die zu
schlachten riefen, Verstummten in den Klingen;
dann und wann ... ... Wohl strotzt der Griff von
lichten Edelsteinen, ... Doch kraftlos sind des
Stahles Koransprüche. In Tand verwandelt Wehr und
Waffen scheinen, ... ... |
An
die Thaler der Levanthe Ich
möchte mir ein Riesenschiff erbauen, Das
windesschnell und Stand den Stürmen hielt’; Es
müßt’ ein Tausendguldennoten-Bild Auf
roth- und weißer Flagge sein zu schauen. Könnt’
ich auf Gnomenhülf’ und Zauber trauen, Ich
träte vor mit blankem Silberschild’ Und
riefe silberhell, verlockend mild: „O
kommt auf’s Schiff, zu grünen Heimatauen: Vom
Hals des Beduinenweibs, aus Schränken Und
Säcken, von der Wechsler offnen Bänken, Vom
Kopfe gar der Nazarenerin! Wie
lang wird euer Klang daheim entbehrt! Daheim
nur kennt man eu’ren ganzen Werth Und
kennt das Bild der großen Kaiserin“. |
|
Unter
den Cypressen Cypressen,
schlanke, dunkle Pyramiden! Am
lichtverklärten, meerumsäumten Bilde Die
einz’gen Schattenstriche! Thauet milde Auf’s
Haupt mir Schattenkühle, Sammlung, Frieden. Zu
viel des Zaubers ist dem Aug’ beschieden! Wie
glänzt das Meer! Wie lachen die Gefilde! Cypressen,
unter eu’rem grünen Schilde Noch
glüht die Stirn’ und alle Pulse sieden. O
laßt mich ruh’n in eu’rem Heiligthume! Und
hab’ ich mir ein Grab* zum Sitz erwählt, Mein
Sinnen stört die Grabesruhe nicht; - Nicht
jenes Weib, die weiße Haremsblume, Die
fest den Marmorstein umschlungen hält Und
durch den Schleier das Fatiha spricht. *Die türkischen Friedhöfe sind häufig
Cypressenhaine |
Unter den Cypressen ... Auf lichtgetränktem,
blaubesäumtem Bilde Beherzte Schattenstriche!
thauet milde ... Zu viel des Zaubers ist dem
Blick beschieden, ... ... ... O gönnt mir Rast in eurem
Heiligthume, ... ... Auch nicht das Weib, die
weiße Haremsblume, Das dort den Marmorstein
umschlungen hält ... |
Moschee Am
Brunnen mußt’ ich meine Schuhe lassen, Auf
Socken trat ich in das Heiligthum; Die
Kuppelhalle, leer und öd’ und stumm, Es
drängte mich, sie baldigst zu verlassen. Kein
Opferherd! Kein Bild! Nur ringsherum Verkünden
von der Wand, von farbenblassen Tapeten
Koransprüche, schwer zu fassen, Allah’s
und des Propheten Wort und Ruhm. Doch
sieh’! Ein Greis mit heiliger Geberde, Er
beugt und hebt sich, wirft sich auf die Erde, Von
meinem Kommen unbeirrt und Schauen. – Und
mehr als Bilder oft und Glockenschall, Als
Rauch, Musik und als die Lichter all’ Vermochte
hier der Greis mich zu erbauen. |
In der Moschee ... ... ... ... Kein Opferherd! Kein Bildniß
ringsherum! Nur Koransprüche, bunt noch
im Verblassen, Mäanderhaft verschlungen,
schwer zu fassen, Verkünden des Propheten Wort
und Ruhm. ... Verbeugt und hebt sich,
wirft sich auf die erde, ... Und mehr als Bilderkram und
Glockenschall, ... Vermochte dieser Greis mich
zu erbauen. |
Ein
Selam O
sieh’ an meiner Brust die Rose prangen, So
roth, wie keine noch gebrochen worden! Du
bist des Herzens Sultanin geworden, Ein
Sclav’, erwartet es sein Loos mit Bangen. Kein
Widerschein auf deinen zarten Wangen? Narcissen
sieh’, den andern Blumenorden! Umschließt
dein junges Herz noch eis’ger Norden, Sie
duften Glut nur, heimliches Verlangen. Am
Schleier rück’ und traue den Cyanen: Es
weicht nur dir des Herzens goldne Pforte, Mein
Mund verschwendet Küsse, sparet Worte. Kein
Pfand? – Vernimm des Epheuzweiges Mahnen: Wenn
einst dein Herz erglüht und suchet meines – Es
ruht im Schatten des Cypressenhaines. |
Ein Selam ... ... ... ... ... ... ... Sie künden: Glut und
heimliches Verlangen. ... ... Ein Kußverschwender, geiz
ich mit dem Worte. Kein Pfand! Vernimm des
Epheuzweiges Mahnen: Erglüht dereinst dein Herz
und sucht es meines – ... |
Im
Garten wandeln weiße Sultansfrauen Im
Garten wandeln weiße Sultansfrauen; wohl atmen Plätscherbrunnen Abendkühle, doch Flüsterbüsche hauchen
Weihrauchschwüle, und aus dem Düster warme Augen schauen. Wie magst du, Padischah, dem Zwinger
trauen? Dort lugt der Mond herab vom Wolkenpfühle und zieht heran die zärtlichsten Gefühle; dem Zephyr weicht der Schleier gar, dem
schlauen. Es bebt der Myrten reine, weiße Blüte; es quillt ein tiefes Weh aus Bülbüls Sang. Wie wird euch, schöne Frauen, zu Gemüte? Schwand alle Sehnsucht nach der Heimat hin, wo frei und heilig ist der Liebe Drang? O Griechenmädchen! O Circassierin! |
Im
Garten wandeln weiße Sultansfrauen ... ... ... ... ... ... und
zieht hinan die zartesten Gefühle, ... ... Es
quillt ein tiefes Weh aus Bülbüls Sang, ... ... ... ... |
Der Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse Der
Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse, Das
Indiens Wohlgerüche süß durchwallen; Es
läßt die Hand die Sandelperlen fallen – Zuleika
naht mit heller Moccatasse. Und
Leila reicht, die schlanke lilienblasse, Den
Tschibuk, goldgeschmückt und mit Korallen; Häidie
tanzt mit Peri’s Reizen allen, Und
feurig singt das Mädchen vom Parnasse: O
sinnt den Mädchen nach voll Ambraduft, In
tausend Einer Nacht erzählt, ersonnen! Der
Schleier wehrt, von Elfenhand gesponnen, Dem
Bild der Wirklichkeit, der Grabesluft. Was
farbentrunken malt die Phantasie, Das
schaut ihr hinter Haremsmauern – nie. |
Dichtung und Wahrheit ... Das süße Wohlgerüche leis
durchwallen; Die Sandelperlen sind der
Hand entfallen Denn Leila naht mit heller
Mokkatasse. Den Tschibuk reicht die
schlanke, lilienblasse Zuleika dar, im Schmucke von
Korallen, ... ... Das Buch, für tausend Eine
Nacht ersonnen, Das Zaubernetz, von
Elfenhand gesponnen, Wen hätt’ es nicht
bestrickt, wen nicht berauscht. Doch welcher Franke ließ
sich’s dreist gelüsten, Darf ungestraft und unenttäuscht
sich brüsten, Das er des Harems Innerstes
belauscht? |
Auftrag
an das Wandervöglein O
Vöglein, Bürger beider Hemisphären! Dir
prangt der Frühling hier, der Frühling dort, Und
hier und dort ein Nestlein ist dein Port, Das
Meer, so du durchsegelst, ist ätheren. Schon
sind hier eingeheimst die goldnen Aehren, Versiegt
der Bronnen, Busch und Baum verdorrt; Es
zieht dich nach dem grünen Norden fort, Wo
Blatt und Duft und Blüte wiederkehren. Viel
Glück! – Und sag’ der Liebsten meiner Lieben Und
richt’ es aus nach seiner Boten Brauche: Daß
ich im Herzen bin mir gleich geblieben; Doch
daß an Lipp’ und Kinn der Bart mir sproß, Daß
ich den Turban trage, Tschibuks rauche Und
daß ich reit’ ein klug arabisch Roß. |
Mein Bote ... ... ... ... ... ... Dann mahnts dich nach dem
grünen Norden fort, ... ... ... ... ... ... ... |
Mittagsrast Uns
bot ein Feigenbaum sein Schattendach; Wir
hielten Mahl und Mittagsrast darunter, Denn
eine Quelle rauschte kühl und munter Und
krümmte glänzend sich zu Tal gemach. Wir
lockten alle Männer nach und nach Vom
Pfluggespann zu uns; ein Hemd hinunter Bis
an das Knie, ein Gurt, ein Fez mit bunter Umwindung
dem, was Kleidung heißt, entsprach. Aus
ihren Mienen lachte Neubegier; Als
Kenner griffen sie nach uns’ren Waffen Und
machten viel mit ihnen sich zu schaffen. Für
Wunder hielten sie die Uhren schier; Und
gar das Picken! – Aus dem Reisesack Verteilten
Pulver wir und Rauchtabak. |
Eine Mittagsrast ... ... ... ... Wir lockten viele Männer
nach und nach ... ... Stirnbinde dem, was Kleidung
heißt, entsprach. ... ... ... ... Und gar das Ticken! – Aus
dem Reisesack ... |
Einkehr Auf
nassen Betten unter nassen Zelten Durchfiebert
hatten wir die dritte Nacht; Auf
trock’ne Herberg waren wir bedacht Am
vierten Tag für reichliches Entgelten. Ein
Scheikh nahm uns zu Gast und bald erhellten Die
dunkle Wohnung Flammen; Reisig bracht’ Uns
selbst der Wirth und nahm die Gluth in Acht, Und
braune Männer sich zu uns gesellten. Der
Hausrath all’ war uns gestellt zur Hand, Geflöcht’ne
Körbe, Krüge, dürre Frucht, Uns
gut zu pflegen blieb nichts unversucht. Und
als der Scheikh uns ruhbedürftig fand, Drückt
er uns männlich noch die Hände, geht Und
nimmt mit sich die Matte zum Gebet. |
|
Gruß an die Heimat Von
Wolken ist bedeckt der Himmelsplan, Nur
gleich Oasen blaue Felder prangen, Von
Wolkensäumen silberhell umfangen; Aus
Norden stürmt die mächt’ge Windsbraut an: - Sieh’,
Funken flieh’n, und wieder andre nahn... Wie
rasch durch’s tiefe Ätherblau sie drangen! Was
ist in Himmelssphären vorgegangen? bricht
sich ein goldner Regen nordwärts Bahn? Nicht
Schnuppen sind’s, die also zahlreich fallen, Denn
siehe, ganze Sternenbilder wallen Dem
Norden zu, der fernen Heimat zu. Wie
schnell ihr wandert, sonnenferne Lichter! O
grüße vom noch ungenannten Dichter Die
Heimat hellster aller Sterne, du! |
|
Blätter aus dem Buche der Suren El-Fatiha
Koran,
1. Sure „In
des Allgüt’gen, Allerbarmers Namen! Gelobt
sei Gott, der Herr der Ewigkeiten. Der
herrscht und richten wird am Schluß der Zeiten. Deß
Huld für alles Leben Keim und Samen. Das
All umfängt Dein Arm, ein starker Rahmen. Wir
beten Dich in Demut an und breiten Um
Rettung aus nach Deines Himmels Weiten Die
Hände, die zu bitten nie erlahmen. O
führ’ uns auf den rechten Weg, den Weg Des
Heils, auf dem Du gnädig Dich erwiesen, Und
bann’ uns von der Irrenden Geheg’, Das
fernab liegt von Deinen Paradiesen; Von
Denen, die noch an das Licht nicht kamen, Und
über die Dein Zorn entbrannt ist. – Amen.“ |
El Fatiha ... Gelobt sei Gott, du Herr der
Ewigkeiten, ... ... Dein Arm umfängt das All,
ein starker Rahmen; In Demut beten wir dich an
und breiten ... Die Hände, die zu bitten
nicht erlahmen. O Lenker, lehr den rechten
Weg uns wallen, Den Weg, auf dem du gnädig
dich erwiesen Und der uns führt zu deinen
Paradiesen, Auf daß wir nicht mit Jenen
irrend fallen, Die tappend noch nicht zur
Erkenntniß kamen ... |
Gott
ist das Licht Sure: Elnur „Es
glänzt ein Licht aus hoher Mauerblende, Das
alle Sterne überstrahlt und Sonnen; Kein
Wandel ist ihm vorbestimmt, kein Ende, Zu
leuchten hat kein früher Licht begonnen. Es
schützen rings demantcrystall’ne Wände Vor
Stürmen dieses Haus voll Lichterwonnen; Kein
zündend Feuer brachten Menschenhände, Von
selbst hat sich des Lichtes Glanz entsponnen. Der
Docht bleibt unversehrt, und nie versiegt Das
Oel, und magst du ost- und westwärts wandern, Nicht
findest du den Baum, dem es entquoll. Gott
ist das Licht, das alle Nacht besiegt; Sein
Leuchten reicht von einem Stern zum andern, Und
seines Strahls ist Erd’ und Himmel voll“. |
Blätter aus dem Buche
der Suren - II. ... Verdunkelnd Mond und Stern’
und all die sonnen, ... ... ... Vor Stürmen dieses Haus von
Lichteswonnen, ... ... Nie, daß der Docht
verglimmt, das Oel versiegt! und ostwärts magst du
suchend, westwärts wandern, Du findest nicht den
Bronnen, dem’s entquoll. ... ... ... |
„Vers des Thrones“ Sure :
El-Bakara « Nur
Gott ist Gott ! Er, der das All belebt, Und
dessen Winke sich die Sterne fügen. Er
thront allein, im höchsten Selbstgenügen, Sein
Odem ist’s, vor dem die Erd’ erbebt. Ihn
überfällt kein Schlaf, kein Schlummer webt Ihm
Nacht vor’s Angesicht, sein Aug’ zu trügen; Durch’s
Dunkel zuckt sein Blick in Flammenzügen, Das
donnernd zwischen Erd’ und Himmel schwebt. in
seiner Hand ruht Auf- und Niedergang, Der
Mittagspol, der Pol der Mitternacht, Was
ist und war, liegt vor ihm aufgeschlagen; Er
denkt voraus, die Ewigkeit entlang: - Wer
naht dem Strahlenthron, der Herrschermacht? Darf
ungerufen sich zu nähern wagen?“ |
Blätter aus dem Buche
der Suren – I. Nur Gott ist Gott, ist, der
das All belebt ... ... ... ... Ihm Dunkel vor, sein
Angesicht zu trügen, Sein Auge blitzt hindurch in
Flammenzügen, Wenn’s donnernd zwischen
Erd’ und Himmel schwebt. Er wiegt in Händen Auf- und
Niedergang, Den Mittagspol, den Pol der
Mitternacht Und weiß, was ist, was war
in frühsten Tagen, und denkt voraus die
Ewigkeit entlang – Wer, ungerufen, darf der
Herrschermacht Zu nahen sich, dem
Strahlenthrone, wagen? |
Werke
und Offenbarungen Gottes Sure: Elen´am „Und
Gott ist’s, der die Sterne hingestellt, Auf
daß sie euch zu Land und Wasser leiten, Und
Sonn’ und Mond, zu messen d’ran die Zeiten; Der
Nacht und Helle von einander hält. Er
läßt die Wasser rauschen, Regen fällt Auf
sein Geheiß, die Erde grünt, auf weiten Gefilden
wogt das Korn, die Palmen breiten Sich
aus, die Dattel reift in ihrem Zelt. Granaten
glüh’n, es trieft Olivensegen Und
in der Traube perlt der süße Saft. Gar
sicher weiß euch Gott und wohl zu hehen Im
Mutterschooß, in wunderbarer Haft. Der
erste Mensch, er stammt aus Gottes Händen, Und
wir aus dieses Mannes Kraft der Lenden.“ |
|
Die
Zufluchtssuren Suren: Elfeläk und Ennaß „Ich
suche Schutz beim Herrn der Dämmerungen Vor
allem Übel, das mich mag bedräuen: Wenn
Argwohn gegen mich die Lästrer streuen, Vom
Flüstergeist und Menschenfeind gedungen; Wenn
Neid in eines Menschen Herz gedrungen, Sich
heimlich meines Ungemachs zu freuen; Wenn
säumig ist der Mond, sich zu erneuen, Und
lang’ die schwarze Nacht ihn hält bezwungen. Ich
flieh’ zu ihm, wenn Weiber Flüche sinnen Und
Zauberknoten schürzen, mir zu schaden. Des
Ihm Ergebenen gedenkt in Gnaden Der
Herr und schützt vor Menschen ihn und Dschinnen; Der
Herr und Gott, der Niemand Vater nennt, Dem
Niemand gleich, der keinen Sohn erkennt.“ |
Blätter aus dem Buche
der Suren – VI. ... ... Wenn Argwohn wider mich die
Lästrer streuen, Vom lügenhaften Flüstergeist
gedungen; ... ... ... Weil überlange Nacht ihn
hält bezwungen. Er ist mein Hort, wenn
Weiber, mir zu schaden Den Zauberknoten schürzen,
Flüche sinnen Und sich verbinden mit
gefallnen Dschinnen. Des Ihm Ergebenen gedenkt in
Gnaden ... ... |
An
die Ungläubigen Sure: El-Bakara „Ihr
habt ein großes Feuer angefacht, Die
Welt beschaut ihr euch im Flammenlichte; Doch
Gott macht eu’re Zuversicht zunichte, Er
haucht den Schein hinweg und es wird Nacht. Es
rollt ob eu’ren Häuptern, dröhnt und kracht, Der
Blitz zerreißt der Wetterwolken Dichte; Euch
mahnt an nahe, kommende Gerichte Des
Donners Ruf, der sich vertausendfacht. Wohl
bohrt ihr eu’re Daumen in die Ohren, Doch
schweigt darum der Donner, eitle Thoren? Wenn
Dunkel euch umfängt nach Blitzeshelle, Was
zagt der kühne Fuß, der sonst so schnelle? – Gehör
und Augenlicht, das raubt euch Gott; Denn
wiss’t: allmächtig ist sein Kraftgebot!“ |
Blätter aus dem Buche
der Suren – V. ... Die Welt euch anzusehn im
Flammenlichte, ... Er haucht den Schimmer fort – was bleibt, ist Nacht. Wenn jäh der Blitz zerreißt
der Wolken Dichte, wenn’s grollend über euren
Häuptern kracht Und sich des Donners Ruf
vertausendfacht, So seid gemahnt an kommende
Gerichte. Was zagt der kühne Fuß, der
sonst so schnelle, wenn Dunkel euch umfängt
nach Blitzeshelle. Der Augen weisend Licht, es
steht bei Gott. Und bohrt ihr eure Daumen in
die Ohren, Verstummt deßhalb der
Donner, eitle Thoren? Er folgt des Herrn
allmächtgem Kraftgebot. |
Die
guten Werke der Ungläubigen Sure: Einur „Ein
heißer Hauch entschwebt dem Wüstensand Und
zaubert frischen Quell und Psalmenschatten Den
Wand’rern vor, die dürsten und ermatten; Die
kuppelreiche Stadt am Meeresstrand, Der
Dattelhain, der Busch am Bachesrand Sind
eitel Trug und Trug die weichen Matten – Der
Wand’rer sinkt und birgt die täuschungssatten, Die
brechendtrüben Augen in’s Gewand; - Es
kocht die See, es thürmen sich die Wogen, Es
mischen sich die Wolken mit den Fluten, Und
Nacht hält diesen grausen Kampf umzogen: Ungläub’ge
rühmen sich des Scheinbarguten; Doch
ihrer Thaten Werth ist Schaum an Schwere, Ist
Spiegelung, ist Nacht auf wildem Meere.“ |
Blätter aus dem Buche
der Suren – III. Ein heißer Qualm entsteigt
dem Wüstensand Und zaubert Wandrern, die
vor Durst ermatten, Oasen vor mit Quell und
Palmenschatten, Und Städte, kuppelreich am
Meeresstrand. Doch Stadt und Hain und Born
und Blumenrand ... ... ... Ein andres Bild – es thürmen
sich die Wogen, Die Wolken ringen mit des
Meeres Fluten, Nachtdunkel hält den grausen
Kampf umzogen: ... ... ... |
Gottes
Strafgerichte Sure: Eluminum „Ungläub’ge
Völker können nicht erreichen, Daß
ihrer schone, der mit Strenge richtet; Er
straft, er ist’s, der sie im Zorn vernichtet, Daß
spät’re wandern über ihre Leichen. Und
kein Geschlecht kann seinem Loos entweichen; Zur
rechten Frist der Tag sich jedem lichtet, Urzeitlich
ist sein Zielpunkt aufgerichtet, Untrüglich
sind des nahen Falles Zeichen. Wer
zählt der Gottgesandten lange Reihe? Und
allen doch bestritt man ihre Weihe Und
spottet ihrer. – Weh’ euch, Gottverächtern! Es
sanken ganze Völker ins Verderben; Von
Gottes Strafgerichten melden Erben Die
Warnungskunde kommenden Geschlechtern.“ |
Blätter aus dem Buche
der Suren – IV. ... ... Er straft, er ist’s, der
zürnend sie vernichtet, ... Und kein Geschlecht wird
seinem Los entweichen; ... Urzeitlich ist sein Endziel
aufgerichtet, ... ... ... ... ... ... ... |
Ungläub’gen
wehret eure heil’gen Orte Nach der Sure: Etteube. Ungläub’gen
wehret eu’re heil’gen Orte Und
laßt sie nicht der Kaaba nahe kommen; Denn
ihnen würd’ es wahrlich wenig frommen, Zu
zeugen wider ihr eig’nen Worte. Nur
Denen öffne sich die Tempelpforte, Die
zu dem Einen flehen, herzbeklommen, Auf
dessen Hauch die Sonnen all’ entglommen, Zur
Wüste die Sahara einst verdorrte; Nur
Denen, die des Weltgerichtes Nahen, Die
Rückkehr in Allah’s Gefilde glauben Und
die den Hülfbedürftigen nicht mit tauben, Mit
abgewandten Ohren nicht empfahen; Und
Denen nur, die Weib und Kind verlassen, Wenn
Gott gebeut, zu bluten, zu erblassen. |
|
Der
Mensch ist undankbar Sure: El´adijath Bei
allen Rossen, die die Bahn durchrennen, Mit
ihren Hufen Staubeswolken wecken, Und
die mit muth’gem Wiehern, Zähneblecken Den
Tag begrüßen und vor Kampflust brennen; Die
in Gefechten dichte Reihen trennen, Verwundet
stürmen durch die Lanzenhecken, Aus
Steinen Funken schlagen, daß voll Schrecken Wir
weithin ihre Pfade Nachts erkennen: Der
Mensch ist undankbar; sein Tun und Sinnen Läßt
Gott und Gottes heil’ge Satzung fahren, Beflissen,
flücht’ge Schätze zu gewinnen. Es
naht ein Tag, und der wird offenbaren, Was
je bewegt des Menschen Herz tiefinnen; Sein
Lohn wird werden jeglichem Gebahren. |
Blätter aus dem Buche
der Suren - VII. ... Mit ihrem Huf dem Staube
Schwingen wecken, Mit muthgem Wiehern, weißem
Zähneblecken ... Bei allen, die der Feinde
reihen trennen, ... ... Des Nachts wir weithin ihren
Pfad erkennen: ... ... ... Doch wißt, ein naher Tag wird
offenbaren, ... Und Lohn wird werden
jeglichem Gebahren. |
Rhamazan Sure:
El-Bakara „Sobald
es graut, sobald ihr unterscheidet Vom
schwarzen Faden deutlich einen weißen, Ist
strenges Tagesfasten euch geheißen, Und
daß ihr eu’re rüßen Weiber meidet. Ja,
Speis’ und Labetrank sei euch verleidet, und
weichen Armen sollt ihr euch entreißen, Der
Andacht euch im Heiligthum befleißen, Bis
an der Sterne früh’stem ihr euch weidet. Dann
schwelgt und stillt das glühendste Verlangen, Die
Zunge labt, das dürre Cactusblatt, Verlangt
von eu’ren Weibern ohne Bangen, Was
Gott erlaubt an bess’ren Trostes Statt: So
sei’s gehalten, weil im Rhamazan Allah
das heil’ge Buch euch kundgethan.“ |
Der Rhamazan ... Den schwarzen Faden deutlich
von dem weißen, Ist ernstes Tagesfasten euch
geheißen ... Euch seien speis und
Labetranki verleidet, ... ... ... Dann netzt des Gaumens
dürres Cactusblatt Und eßt, und heischt vom
Weibe sonder Bangen, Was Gott erlaubt an bessren
Trostes Statt. So sei’s gehalten, weim im
Rhamazan Auf seiner Gläub’gen Bitten
und Verlangen Allah das buch des Heiles
kundgethan. |
Der
Brunnen Semsem Angedeutet in der Sure:
Etteube O Moslempilger! laß dein Dromedar Am
Bronnen Semsem nicht vorübertraben. Wohl
kann er deinen Gaumen nicht mehr laben, Und
trank ihn Abraham auch süß und klar. Von
Gott verstoß’ne böse Dschinnen haben Den
Born getrübt, verderbt für immerdar, Und
wo ringsum ein Frühlingseiland war, Hat
Flugsand jeglich Grün schon längst begraben. Doch
koste von des Wassers Bitterkeit; Es
macht das Herz des Meccapilgers weit In
Sehnsucht nach den ewiggrünen Auen; Du
träumst des Sidra-Baumes Frucht zu schauen Und
sie, wo ewiglaut’re Bäche fließen, In
heil’ger Schatten Fülle zu genießen. |
Blätter aus dem Buche
der Suren VIII. O Moslemwandrer, laß dein Dromedar ... ... Ihn trank nur Abraham noch
süß und klar. ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... |
Das
Eden Suren: Amram, Ennisa,
Elzaffath u. a. “Euch
thut sich siebenpfortig auf das Eden; In
Gärten, d’rinnen gold’ne Früchte hängen Und
Blüthen sich durch dunkles Laubwerk drängen, Ein
Haus der Stäte prangt für euer Jeden. Ihr
rastet fürder von des Lebens Fehden An
süßer Wasser kühlungsreichen Gängen. Nie
wird euch Traurigkeit das Herz beengen, Verwunden
nie der Stachel loser Reden. Ihr
geht in sedenwallenden Gewanden, Nach
Wonnen, die nur wechseln, die nicht schwanden, In
lichte Träume sinkt ihr, schlafbesiegt. Die
Glieder strecket ihr auf weiche Matten, Und
heller Augen Brauen geben Schatten, Wenn
euer Haupt im Schooß der Huri liegt.“ |
Blätter aus dem Buche
der Suren – IX. ... ... Und Blüthen sich durch
dunkle Blätter drängen, ... ... ... ... ... ... ... ... Die Glieder streckt ihr hin
auf weiche Matten Und wacher Augen Brauen
geben Schatten, ... |
Kain Sure: Elmajeda „Es
starrte reu’los auf die Bruderleiche Der
Mörder Kain. Er trug sie fort, lud wieder Von
seiner Schulter die entseelten Glieder, Und
wieder starrt auf sie der Neidesbleiche. Da
stürzt urplötzlich aus dem Luftbereiche Ein
Rabe blutend auf die Erde nieder; Ein
Vogel folgt mit rauschendem Gefieder, An
Größe, wie an Farbe ganz der gleiche. Er
ist’s, der jenen tückisch todtgebissen Und
seine Leiche nun im Sand verscharrt: - Da
fängt es an, den Mörder zu gereuen. Er
bebt und heult vom tiefsten Weh zerrissen: „Ich
Thor! Ein Rab’ ist’s, der mir offenbart, Wo
ich den Bruder berge, den getreuen!““ |
|
Abraham Sure: Elen´am „Nun,
das ist Gott!“ rief Abraham und schaute Den
schönsten Stern am blauen Himmelsbogen – Die
Sterne sanken, die emporgezogen, Sein
Gott erblich, sobald der Morgen graute. „Das
ist mein Herr!“ sprach Abraham und traute Dem
Mond und seines Lichtes Silberwogen – Der
Mond zerbarst und schwand, und Nebel flogen Und
Wolken über ihn, gewitterlaute. Da
that sich auf der Sonne Strahlenhaus. O
Herrin mein!“ so jubelt Asars* Sohn – Doch
auch die Sonne stürzt vom gold’nen Thron, Und
Abraham, er ruft in Demut aus: „Ich
wandelt’ irr, wie alle Götzenknechte; Unwandelbarer,
weise mich zurechte!“ *Asar heißt nach dem Koran der Vater
Abrahams |
|
Selicha Sure: Iussuf Selicha
lud zu sich die Spötterinnen Und
ließ für sie ein köstlich Mahl bereiten. Die
Sclaven nah’n, geschäftig auszubreiten Des
Hauses Pracht, die Gäste zu gewinnen. Auch
Josef naht, ein Wunder allen Sinnen; Ihn
heißt die Herrin scherzend näher schreiten – Und
Seufzer jedem Frauenmund entgleiten, Und
Brunst erwacht in jeder Brust tief innen. Die
Frauen ritzen blutig sich die Hand*, Und
dunkles Feuer sprüht aus ihren Blicken, Und
jede hofft, den Jüngling zu umstricken. Selicha
spricht: „Den Jüngling schau’t! Er fand Mich
schwach, doch widerstrebt er meinen Banden. Nun?
Hättet ihr dem Jussuf widerstanden?!“ * Eine alte Sitte im Orient,
um die Heftigkeit der Leidenschaft für
den Gegenstand der Liebe anzudeuten. |
|
Pharao Sure: Die Geschichte und comm. „Wer
ist denn Mosis Gott? Ich kenn’ ihn nicht.“ So
höhnt Egyptens König, läßt erbauen Der
Thürme höchsten, welcher je zu schauen, Erklimmt
mit Pfeil und Bogen ihn und spricht: „Ich
will mich umseh’n, wo sein Angesicht.“ – Er
schnellt den Pfeil empor zum silbergrauen Gewölb
des Firmaments, und sieh’, es thauen Hernieder
rothen Blutes Tropfen dicht! Und
blutig kommt zurück der Pfeil geflogen! „Des Gottes Blut! Und Mosis hat
gelogen ! » Doch
sieh’, in Nacht verschwimmt der helle Tag, Gestreift
von eines Engels Flügelschlag Zerfällt
in Schutt das stolze Schaugerüste! – Die
Trümmer deckt der rothe Sand der Wüste. |
|
Salomon’s
Tod. Sure: Saba Der
aller Vogelsprachen kundig war, Der
Stürme rasen ließ und wieder schweigen, Der,
um den Tempelbau zu fördern, steigen Aus
dunklen Gründen hieß die Geisterschaar; Und
dem der Born der Weisheit floß so klar Wie
Keinem noch: er sah den Tag sich neigen Und
sah geschlossen seinen Lebensreigen, In
Schlummer sank sein Haupt für immerdar. Doch
auf den Herrscherstab gestützet fand, Voll
Majestät, gleich einem Marmorbilde, Des
Königs Leib noch Halt, die Geistergilde Beherrschend,
bis der Bau vollendet stand. Dann
brach der Stab, durchfressen von dem Wurme, Die
Königsleiche fiel im Zauberthurme. |
|
Dein Name hat bewaffnet, heil’ge Stadt! Dein
Name hat bewaffnet, heil’ge Stadt! Des
Nordens Söhne, daß sie Blut und Sterben Gering
geachtet, um dafür zu erben Des
Welterlösers Felsenruhestatt Die
Durst und Hunger aufgerieben hat, Die
Feinds- und Gleißnertücke ließ verderben, Die,
deren Blut das Schlachtfeld mußte färben, Und
die in Fesseln schlug Gewalt, Verrath; Die
Fieberbrand auf’s Krankenlager streckte, Und
die ein Fluß in feuchte Tiefe zog, Und
die des Meeres Spiegelbild betrog, Und
die der heiße Sand der Wüste deckte: Sie
wandten sterbend noch den Blick dir zu, Jerusalem,
du Aller Sehnsucht, du! Peter
der Einsiedler Im
Herzen Gram ob Golgathas Entehrung, Barfuß,
in altem, härenem Gewande Durchwanderst
du die weiten Christenlande, Ein
Eiferer, gegürtet mit Entbehrung: „Auf,
Sünder! Denkt an Sühn’ und an Bekehrung – Schlagt
eu’ren heim’schen Bruderzwist in Bande – Des
Heilands Spuren decket Schimpf und Schande – Erwacht,
ihr Rächer! Endet die Verheerung!“ Dein
Ruf durchdröhnt wie Donner Mark und Bein, Dein
Ruf erweicht die Herzen, hart wie Stein, Bewältigt
Fürsten, Ritter, Knecht’ und Troß. Ein
Feldherr bist du, armer Mönch, geworden, Zum
heil’gen Kampf bewaffnest du den Norden – Denn
Gott ist in den Kleinen stark und groß. Gottfried Dein
schönes Erbe gabst du freudig hin, Um
ganz zu lassen von der Heimat Erde; Du
nahmst das Kreuz und nahmest die Beschwerde Des
Führeramts mit gottgeweihtem Sinn. Ein
Zelt ist dein Palast; du herrschest d’rin Voll
Majestät in Wort und an Geberde; Ein
König, thronest du auf deinem Pferde, Ein
Scepter war dein Schwert von Anbeginn. O
großer Führer, großer Friedensrichter, Gewalt’gen
Zwistes mild-gerechter Schlichter, Der
Fürsten Ordner und der Pilgerheere! Du
wolltest tragen nicht die goldne Krone, Wo
Christus ward gekrönt zu blut’gem Hohne, Und
Demut wehrte königlicher Ehre. Tancred O
Tancred, kann mein Lied ein Blatt noch fügen Zum
Lorbeerkranze, welcher, dicht belaubt, Die
Stirne kühlend ruht auf deinem Haupt, Und
den Jahrhunderte dir nicht geraubt? Du
ließest nicht das Scepter dir genügen. Du
ließest nicht das rothe Gold dich trügen Und
falschen Schein dein edles Selbst belügen: So
warst du stark, weil du so stark geglaubt! Dir
ward, des Ruhmes jugendlichem Priester, Das
ernste Räthsel der Geschichte klar: Daß
Ruhm und Tugend göttliche Geschwister. Ein
Ritter nahtest du, zum Fest geladen, Der
Tempelburg des heil’gen Graal, - sie war Dein
hehrer Traum schon an Tarents Gestaden. Bohemund Als
Peters Ruf durch’s Abendland erscholl, Da
gabest du den Purpur hin der Scheere, Daß
sich mit rothem Kreuz die Brust bewehre; „Gott
will es!“ riefest du begeist’rungsvoll. Byzantinum
verbiß den alten Groll, Als
du auf schnellen Schiffen Gottfried’s Heere Zuführtest
Ross’ und Reiter, Schild’ und Speere. Bevor
die See in Winterstürmen schwoll. Dein
kluger Rath obsiegte hier und dort, Gemünztes
Gold, das war dein feurig Wort, Dein
Schwert ein Strahl der Rache allerwärts. Das
einzig schmälert deinen Heldenruhm: Es
schlug dir, Eiferer für’s Heiligthum, Unter
dem Kreuz noch ein – normannisch Herz Ademar Warum
wehklagt in ungemess’ner Klage Das
Heer, vom Kreuze für das Kreuz entsendet? Wen
birgt, auf Priesterschultern, jene Trage? Wem
gilt der Trauerzug, der gar nicht endet? Er
hat sein zwiefach Pilgerthum vollendet, Deß
Wort das Heer begeistert, wenn es zage, - Besänftigt,
wenn es tobte wild verblendet! Es
riß zu früh die Kette seiner Tage. Der
Mittler zwischen Herrn und Troß ist todt! – Er
war ein Ritter kühn, ein Priester mild, Sein
Wort ein Hort, ein fester Ehrenschild. Wie
Mosen, - nur von weiter Ferne bot Das
heil’ge Land sich seinen Blicken dar, Das
seiner Sehnsucht heiß Verlangen war. Sieg
und Sühne Wohl
habt ihr neu das Kreuz emporgerichtet, Mit
Siegesglanz und Herrlichkeit umgeben; Wohl
seh’ ich hoch die kühnen Banner schweben: - Gott
hat durch eu’ren starken Arm gerichtet. Doch
habt ihr nicht gekämpft, ihr habt vernichtet. War
Weib und Kind in eu’re Hand gegeben? Ich
seh’ ihr Blut an eu’ren Schwertern kleben, Ja,
Sieger! eu’re Thaten sind gesichtet. O
tilgt mit wahrer Reue Thränenflut Die
Schuld der wahnsinnstrunk’nen Kampfeswuth Und
laßt nicht ab zu weinen und zu beten. Des
Heilands Grab, zu dem die Sehnsucht fliegt, Für
das ihr oft geblutet, oft gesiegt, - Ihr
seid nicht würdig sonst, es zu betreten. Richard O
Löwe aus des Abendlandes Norden! Dein
Brüllen macht den Orient erbeben; Wenn
drohend deine Pranken sich erheben, Zerstieben
wild des Islam Kriegerhorden. Dein
Namen ist ein Schreckensruf geworden Und
macht der Buben lose Zunge kleben; Der
Reiter frägt bei jähem Widerstreben Sein
feurig Roß, ob dich gewahr es worden. O
Löwenherz, mit Liedern und mit Sagen Hat
herrlich sich dein Waffenruhm umgeben, Im
Munde später Enkel noch zu leben. Und
dennoch darf ich kühn die Muse fragen: Ob
nicht der Tadel größer und gerechter, Als
die Bewund’rung staunender Geschlechter?! Der
Templer Der
Templer trat in’s Zelt vor Saladin, Gefangen
trat er vor den Sieger hin; Doch
ungebrochen war sein hoher Sinn, Sein
Auge wußte jedem Spott zu wehren. Saladin: „Es
bringt uns Beiden dieser Tag Gewinn; Ich
will dir Schwert und Freiheit neugewähren, Laß
dafür meinen Vetter wiederkehren, - Ein
solcher Tausch, euch Beide muß er ehren.“ Templer: „Mit
Nichten nehm’ ich deinen Vorschlag an. Ist
also leicht die Lösung zu emphah’n, Wer
kämpft hinfort für’s Kreuz als ganzer Mann? Kein
Templer, der sein Kleid vor Allem ehrt, Wog
jemals anders auf der Lösung Werth Als
mit der Schärpe, mit dem guten Schwert.“ Hugo
von Tiberias Hugo: „Herr
Sultan! Klein und dürftig ist mein Land, Ich
weiß das Lösegeld nicht aufzubringen; Ein
Gast verbleib’ ich derer, so mich fingen, Bis
ausgelechzt das Fischlein auf dem Sand.“ Saladin: „Gib
mir vorerst dein ehrlich Wort zum Pfand. Vermagst
du neu den lichten Stahl zu schwingen, Läßt
Jeder ein’ge Byzantiner springen, Und
kein Genosse reicht dir leer die Hand.“ Hugo: „Wohlan!
Wo fänd’ ich edlere Genossen Als
Euch, Herr Sultan, hier und Eu’re Großen? Versagt
daher mir Eu’re Rechte nit.“ Und
sieh’, der Sultan steuert wacker bei, Und
heimwärts reitet Hugo frank und frei, - Sein
Zehrgeld reicht noch weiter als sein Ritt. Saladin “Nimm
dieses Kleid und trag’ als Trauerfahne Der
Welt es vor und künd’ es unverdrossen: Des
Morgenlandes Herrscher hat geschlossen Das
Buch der Taten, unruhvoller Plane. Er
ist geheilt vom irrwischhellen Wahne. Wer
zieht mit ihm von Freunden und Genossen, Von
Macht und Reichtum über ihn ergossen? Er
fährt allein im schwarzen Todtenkahne.“ So
sprach des Islam Held, sein Schwert und Schild, Der
Herrrscher, weise und gerecht und mild, Bevor
sein Puls zu schlagen innehielt. – Daß
Türken, Christen, Juden sich vereinen, Dich,
Saladin, zu preisen, zu beweinen, Will
mir als höchstes Menschenlob erscheinen. Barbarossa Der
Kaiser stirbt, gebettet auf den Sand! Sein
Aug’ erlischt – und uns’rer Hoffnung Licht! Sein
Puls, er stockt, - und uns’re Stärke bricht! Sein
Arm erstarrt, - gelähmt ist uns’re Hand! Dein
Kaiser todt, o Deutschland, Heimatland! O
zürne den verwaisten Söhnen nicht; Hier
rechte mit der Wellen Truggesicht, Klag’
an den Fluß, der ihm die Kraft entwandt! Aufjauchzt
der Grieche, falsch wie eine Flut, Ikonjum
rafft sich auf mit neuem Mut, Mit
Gold belohnt die Botschaft Saladin. Im
fernen Westen ging die Sonne auf, Im
lichten Osten endet jäh ihr Lauf, - Jerusalem,
dein Retter ist dahin! Clorinda Nach
Tasso’s: Gerus.
lib. I. Held
Tankred schleppt die kampfesmüden Glieder In’s
Wäldchen, das ihm Schatten beut und Kühle; Er
wählet duft’ge Matten sich zum Pfühle, Er
lauscht und steigt zur munt’ren Quelle nieder. Doch
plötzlich hält er, eilt und zaudert wieder; Es
wird ihm heißer als im Schlachtgewühle Und
heißer noch als in der Mittagsschwüle, Er
athmet tief und öffnet weit die Lider. Clorinda
steht, die Heidin, an dem Born; Die
Maid, die stolze, trägt die Panzerhülle, Doch
frei umwallet sie des Haares Fülle. Nun
schaut sie auf und blickt nach ihm voll Zorn! Und
sieh’, die Jungfrau-Heldin sprengt von hinnen, Bevor
der Held erwacht aus tiefstem Sinnen. II. Dem
Kampf am Thor in branderhellter Nacht Enteilt
ein Kreuzesritter und ein Heide; Zu
grausem Einzelkampf entbrennen Beide, Es
schaut kein Zeuge die Zweimännerschlacht. Sie
rasten, Blut entquillt dem Panzerkleide. „Sei,
Sarazen’, auf deinen Ruhm bedacht, Dein
Nam’! ehvor mein Stahl dich schweigen macht.“ „Den
sagt dir meines Damasceners Schneide!“ – Sei
gnädig, Tag! verscheuche Nacht und Wahn! – Zu
spät! Die Sonne hebt zu leuchten an, Doch
ew’ge Nacht umzieht zwei schön’re Sonnen. Aufheulend
wirft sich Tancred auf den Sand; Clorinda
stirbt! Noch reicht sie ihm die Hand Und
lächelt und begehrt der Taufe Bronnen Herminia Nach Tasso’s: Gerus.
lib. I. Der
goldbesäumte Schleier liegt bei Seite, Und
von der Schwanenschulter gleitet nieder Das
weiche Prachtgewand; die zarten Glieder, Sie
kleiden sich in Stahl als wie zum Streite. Die
Hand, die süßem Lautenspiel sich weihte, Erfaßt
den Schild, erlahmt und hebt ihn wieder; Erröthend
senkt das Fürstenkind die Lider, - Doch
Lieb’ und Sehnsucht drängt hinaus in’s Weite. Der
Waffen Silberglanz berückt die Wachen, Es
knarrt das Thor, die Jungfrau athmet freier, Der
Mond erhellt den Pfad zur Liebesfeier. An
Tancred’s Schmerzenslager will sie wachen, Die
kräuterkund’ge Maid, mit treuen Sinnen Und
dort des Herzens Frieden neu gewinnen. II. Doch
Krieger, die nach Beute ausgegangen, Erspäh’n
die Maid an ihrer Waffen Helle. Sie
sieht bedroht sich an der Liebe Schwelle, Und
Angst befällt ihr Herz und Todesbangen. Ein
Rehlein, aufgeschreckt vom Hundsgebelle, So
sieht die Jungfrau, läßt die Zügel hangen Und
flieht, so weit des Rosses Kräfte langen, - Ihr
lichtes Auge wird zur Thränenquelle. Sie
sucht bei Hirten Schutz vor schlimmer Nacht; Ein
rauhes Kleid verdrängt der Rüstung Pracht, Dem
Haupt’ ersetzt ein Tuch den goldnen Reifen. Die
Heerde weidet sie; sie gräbt in Stein, In
Rind und Blatt des Theuren Namen ein Und
läßt umsonst nach ihm die Blicke schweifen. III. Herminja
naht mit Hoffnung und mit Beben Den
Christenzelten, die die Stadt umsäumen; Ein
Riesenleichnam macht ihr Pferd sich bäumen, Ein
Kreuzesritter, regungslos daneben. Aufschrickt
die Maid aus süßen Liebesträumen; Sie
sieht geronnen Blut am Harnisch kleben, Gelöst
den Helm, ein Antlitz ohne Leben, - Vom
Sattel springt sie jammernd, ohne Säumen. Ja,
Tankred ist’s! – Sie macht die Wunden trocken Und
nimmt den dünnen Schleier zum Verband, Ihr
Zaubermachtspruch bringt das Blut zum Stocken. Sie
beugt sich weinend, küssend über ihn, Bis
Krampf und Nacht von seinen Wimpern schwand, Ein
Blick sie lohnt, die treue Pflegerin Armida Nach Tasso’s: Gerus.
lib. I. Rinaldo
schwelgt in ferner Wunderwelt, Auf
blüh’ndem Eiland über Nacht entstanden; In
süßen Armen und mit Zauberbanden Armida
sorglos ihn gefangen hält. – Es
fehlt dem frommen Heer der Siegesheld. Zwei
wackre Ritter zogen aus; sie fanden So
Kahn als Fährmann ihrer harrend, landen, Betreten
kühn der Liebe Schattenzelt. Ubald
tritt vor und hält den Demantschild Dem
Jüngling vor’s Gesicht: Rinald’ erbebt, - Er
schaut ein argentstelltet Heldenbild. Er
glüht vor Scham, er fliehet, neubelebt. Armida
folgt ihm, läuft die Füße wund; - Umsonst!
Ihr Reich versank zur selben Stund’ II. Armida
sieht Egyptens Macht zerstoben; Das
Kreuz obsiegt, Rinald ist unbezwungen, Die
Mörderhand ist kalt, die sie gedungen, Kein
Pfeil hat seine Marmorbrust gekloben. O
Bogen, der du rachekühn erklungen, O
Helm, o Schild, ihr seid der Pflicht enthoben! Armida’s
Herz ist todt, für Hasses Toben, Für
Liebe tost, ihr Herz hat ausgerungen. Armida
leert den Köcher in den Schooß; Sie
deckt die weißen Busenhügel bloß Und
kehrt den schärfsten Pfeil dem Herzen zu. Doch
eh’ sie stößt, hält ihr die Hand gefangen Rinald;
er fleht, der ihr gefolgt mit Bangen: „Halt
ein! Mein ehlich christlich Weib sei
du!“ |
Gestalten aus den Kreuzzügen Dein Name hat
bewaffnet, heilge Stadt. ... ... Für nichts erachtet, galt’s
um dich zu werben Und zu befrei’n des Heilands
Ruhestatt. Die Hunger, Hitze, Durst zu
Schanden trat, Des langen weges Unstern
ließ verderben, Und deren Blut das
Schlachtfeld mußte färben, Und die Gewalt in Fesseln
schlug, Verrath – ... Und die der Fluß in feuchte
Tiefe zog, ... ... ... denn du warst aller
Sehnsucht, Salem, du! Peter der Einsiedler ... ... ... ... ... ... Des Heilands Grab erleidet
Schimpf und Schande, ... ... ... Bewältigt Fürsten, Ritter,
Volk und Troß. Ein Feldherr bist du,
Bettelmönch, geworden, ... ... Gottfried ... ... Und nahmst zum Kreuz die
größere Beschwerde ... Das Zelt ist dein Palast; du
herrschest drin ... Ein wahrer König, thronst du
auf dem Pferde, ... ... ... ... ... ... ... Tancred ... ... ... ... ... Nicht rothes Gold dein reines
Auge trügen, Nicht falschen Schein dein
edles Selbst belügen; ... ... ... ... ... Der Tempelburg des Gaal’,
und sie nur war ... Bohemund ... Da gabst du deinen Purpur
hin der Scheere, ... „Gott will es!“ riefst auch
du begeistrungsvoll. ... Als deine schnellen Schiffe
Gottfrieds Heere Zuführten Ross’ und Reiter,
Schild und Speere, Bevor die See von
Winterstürmen schwoll. ... Gemünztem Golde glich dein
feurig Wort, Dein Schwert, der Rache
Blitz war’s allerwärts. Und dennoch ist getrübt dein
Heldenruhm, ... Auch unterm Kreuz noch ein –
normannisch Herz. Richard O Löwe von des Abendlandes
Norden, ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Wer braucht nach deinen
Thaten erst zu fragen? Doch nur ein Stein, ein
einz’ger, Meldung thut Hier hat der Leu des Nordens
ausgeruht. Saladin ... ... ... Das Buch der stolzen,
unruhvollen Plane; ... Was nimmt er mit von
Freunden und Genossen, ... ... ... Der weise Herrscher, so
erecht als mild, ... ... ... ... Barbarossa ... ... ... ... ... ... ... Dem Seleph Fluch, der ihm
die Kraft entwand. Aufjauchzt der Grieche,
falsch wie diese Flut, ... ... Der Hoffnung Sonne ging im
Westen auf Und enden mußt’ im Osten sie
den Lauf – ... |
Ich liebe dich, du Land der Prophezieen Ich
liebe dich, du Land der Prophezien! Obgleich
die Patriarchen, Kön’ge, Richter Und
deine Heldenfrauen, Sänger, Dichter Nur
noch im Geist an mir vorüberziehen; Obgleich
dein eigen Volk, Undanks geziehen, Ein
Fremdling dir geworden, kein Errichter Des
alten Bund’s ersteht, kein Normen-Sichter Im
Haus Jehova’s liegt auf seinen Knieen. Du
meiner Sehnsucht sonniges Gestade! Du
bist Jehova’s Land, das Land der Gnade, Das
Land der Bibel, wundervolle Siege, Der
Strafgerichte, der Prophetenmahnung, Der
tausendjährigen Messiasahnung, - Des
Heilands Grab und meines Glaubens Wiege! |
Terra sancta Ich liebe dich, du Land der Prophezieen ... ... Die
großen Mütter, Heldenfrau’n und Dichter Gleich
Schemen meinem Geist vorüberfliehen. Du
sahst dein eigen Volk von hinnen ziehen, Erkennen
wollt es nicht den Normen-Sichter, Des neuen
Bundes göttlichen Errichter, Und
nicht vor schlichtem Opferbrote knieen. Und
doch, der Sehnsucht sonniges Gestade, Bist
du Jehova’s Land, das Land der Gnade, Der
Bibel Land und wundervoller Siege! Du
bist die Heimat der Prophetenmahnung, ... ... |
Mir
gab von dir das erste Buch schon Kunde Mir
gab von dir das erste Buch schon Kunde, Mein
Geist, noch kaum erwacht, hat dich geschaut; Dir
galt des Knaben früher Sehnsuchtslaut, Ein
Lallen war dein Nam’ im Kindesmunde. Wie anders
tagst du mir in dieser Stunde, Als
meine Phantasie dich aufgebaut! Obzwar,
wie einst, derselbe Himmel blaut, Versiegt
sind längst der Segensquellen Spunde. Verschlossen
ist der Garten ird’scher Wonnen, Verstummt
sind all’ die weißen Plätscherbronnen, Und
kahl die Rebenhügel, Myrthenhöh’n, So
üppig einst und stolz und jugendschön! O
sieh’, auch Berge altern, erdgegründet, Wenngleich
die Bibel gar ihr Lob verkündet! |
Mir gab das erste
Buch von dir schon Kunde Mir gab das erste Buch von dir
schon Kunde, Noch kaum erwacht, hat dich
mein Geist geschaut, ... ... ... ... Noch bist du selbst, der
selbe Himmel blaut, Versiegt nur sind des Segens
reiche Spunde. ... ... Die Rebenhügel kahl, die
Myrthenhöhn. Du hast gealtert, Land, du
bist gewesen, Und stünd’s im Buch der
Bücher nicht zu lesen, Wer glaubte, daß du jemals
jung und schön? |
Karmel “Zu
Pferd, zu Pferd!” – Entkommen kaum den Wellen, Besteigen
Rosse wir zu steilem Ritte Bei
Fackelschein, in fremder Männer Mitte, Erregend
ringsumher der Hunde Bellen. Laternen
leiten die bedächt’gen Schritte Durch’s
Dunkel, das die Sterne karg erhellen; Maulthiere
traben hinterdrein mit Schellen, Und
lautes Gellen wecken ihre Tritte. Ein
Saumpfad führt hinan zum Ruheporte. „Ein
Streifen! Siehe, Mauern nah und näher!“ „Ach,
weiße Turbantücher, müder Späher!“ Doch
endlich öffnet sich die Klosterpforte; - Die
Mönche bringen, schlafberaubt, das Beste, Und
Feigen dar und harte Brotesreste. |
|
I. War
das ein Ritt! Bei jedem Tritt ein Beben, Ob
sicher ihn das Pferd gethan, der Reiter Sich
halten könn’ im Sattel! Rings umgeben Von
Finsternis, das Schweigen als Begleiter! Erst
machte Tagesglut die Zunge kleben, Ein
Mädchen war sodann der Schreckbereiter, Weil
raubberüchtigt; Sümpfe drohten weiter, D’raus
mußte jähen Rucks das Roß sich heben. Dann
volle Nacht! Der Pfad abschüssig, steinig, Oft
spannbreit kaum, das arme Tier mattbeinig Auf
schrägen Platten, wahren „Teufelsbrücken“! „Ein
Lichterkranz!“ Wie groß war das Entzücken! „Ein
Minareth, erhellt im Rhamazan!“ – Bald
hielten d’rauf vor dem Hospiz wir an. |
|
II. Die
Mönche heben uns vom Pferderücken Und
leiten uns hinan die dunklen Stufen; Ein
Bruder eilt herbei, mit trautem Rufen Uns
freudig an sein deutsches Herz zu drücken. Und
laues Wasser stand bereit in Kufen, Und
weiße Betten mehrten das Entzücken; Geschäftig,
uns zu laben, zu beglücken, Ein
gastlich Mahl uns Möncheshände schufen. Doch
eh’ wir uns zum Mahle setzten nieder Und
auf den Diwan streckten unsre Glieder Und
uns’re Schuhe zogen von den Füßen: Erscholl
auf Aller Mund ein frommes Grüßen: „Gegrüßt
sei du, du Hochgebenedeite! Maria,
gib uns ferner dein Geleite.“ |
Ave Maria in Nazareth Die Mönche hoben uns vom
Pferderücken Und leuchteten hinan die
dunklen Stufen; Manch einer eilt herbei, mit
trautem Rufen ... Und rasch ein Mahl uns
Möncheshände schufen, Wer hungrig, ist so leicht
ja zu beglücken, Und weiße Betten mehrten das
Entzücken Und laues Wasser stand
bereit in Kufen. Doch eh wir uns zum Gastmahl
setzten nieder ... ... ... Gegrüßest sei, du
Hochgeenedeite! ... |
III.
– Mons tremoris In
seiner Vaterstadt, im Bethaus steht Der
Heiland, seine Neider in der Runde; Da fährt
dies Wort aus seinem heil’gen Munde: „Nichts
gilt im Vaterlande der Prophet.“ Und
sieh’, die sich versammelt zum Gebet, Die
Priester rotten sich zum Mörderbunde, Verhalt’nen
Grimm entfesselt dsiese Stunde, Zur
Gräuelstätte wird ein Fels erspäht. – Den
Sohn erblickt zum Sturze vorgeführt Auf
nahem Berge sie, der Mütter Zier; Maria
bebt und wundervoll! gerührt Erbebt
der ungeheur’re Berb mit ihr; - Und
„Berg des Schreckens“ wird er noch genannt, Vom
Schrecken, den das Mutterherz empfand. |
|
I. Wir
stiegen in die Felsengrotte nieder, Aus
der das Heil der Welt emporgestiegen. Wer
wollte nicht das Knie zur Erde biegen, Durchrieselt
Andachtschauer seine Glieder? Hier
mußt’ auf Stroh der junge Heiland liegen, Der
einstens kehrt mit Macht und Hoheit wieder; Hier
weht ein Nachhall jener Engeldlieder Vom
Licht, das kam ob langer Nacht zu siegen! – In
stummer Ehrfurcht lagen auf den Steinen Zwei
Männer, die das Ackerland bebauen; Mir
wollt’ ihr Antlitz, biedergut zu schauen, Wie
das der frommen Hirten gar erscheinen. Wie
Brüdern drückt’ ich ihnen warm die Hände, Als
ihre tiefe Andacht war zu Ende. |
|
II. O
heil’ge Nacht, so wundermild entglommen! Gleich
Sternenaugen möcht’ ich dich durchwachen. Wohl
solch ein Stern gebot, sich aufzumachen, Den
fernen Kön’gen, und hieher zu kommen; In
solcher Nacht erschollen wohl den Frommen, Bemüht
das Weidefeuer zu entfachen, Die
Engelschöre, die das Schweigen brachen, Und
machte Himmelsglanz ihr Herz beklommen. Auf
Fluren gießt der Mond sein Silberlicht, Wo
einst die Moabitin Aehren las, Um
David sich des Vaters Heerde schaarte. – Das
Klosterdach war eine Sternenwarte: Ich
sah hinab, hinaus, hinauf ohn’ Unterlaß; Wie
lang ich träumend schaute, weiß ich nicht. |
Eine Nacht in
Bethlehem ... ... ... ... In solcher Nacht vernahmen
wohl die Frommen, ... Den Ruf der Engel, die von
Frieden sprachen, ... ... Wo schüchtern Ruth bei Boas’
Schnittern saß, Wo traut um David sich die
Heerde schaarte. Das Klosterdach war meine
Sternenwarte, Ich sah hinaus, hinauf ohn’
Unterlaß, ... |
III. Bei
Christen und selbst Türken hoch in Ehren Im
Thale steht die Riesenterebinthe, Die
einst, als Schirmdach Kühlung zu gewähren, Der
Mutter mit dem Jesukindlein diente. Nie wird
der Baum des grünen Laubs entbehren, Nie
altert seine Kraft im Mark und Splinte; Der
schnellste Reiter kann sich nicht erwehren, - Er
steigt vom Pferd und legt von sich die Flinte. Die
Wanderrast ist unter diesem Baum So
wonnig, lind, wie nirgend eine mehr; Du
träumest unvergeßlich süßen Traum, Zu
scheiden wird dir unerklärlich schwer; Von
Mälha’s Rosengärten wendest du Den
Blick nach „der Marienruhe“ zu. |
Heilige Rast Bei Christen und bei Türken
hoch in Ehren ... Weil einst ihr Schatten, Kühlung
zu gewähren, ... ... Nie schwindet seine Kraft im
Mark und Splinte; ... ... Hier trämst du paradiesisch
holden Traum, Die Wanderrast ist unter
diesem Baum So wonniglind wie nirgend
eine mehr. ... ... ... |
Ruth I. Naemi
“Noch
tritt auf Moabiterland dein Fuß; Nicht
weiter, Ruth! Lenk’ heimwärts deine Schritte; Was
lockt dich fremdes Volk und fremde Sitte? Sieh,
Orpha ging mit meinem Segenskuß. Ich
bin verarmt und kinderlos und muß Um
Mitleid fleh’n in meines Volkes Mitte. O laß von mir! Du weißt nicht, was ich
litte, Befiehl’
einst Kummer dich und Überdruß.“ Ruth „O
laß, wohin du gehst, mit dir mich eilen, Und
dort, wo du verweilst, auch mich verweilen; Laß,
Mutter! selbst dein spätes Grab mich theilen. – Laß Jacobs
Haus zur Heimat mich erkiesen, Jehova
sei, dein Gott, von mir gepriesen Und
Schwesterliebe deinem Volk erwiesen!“ |
Ruth und Naemi Naemi ... Nicht weiter Ruth! nun lenke
heim die schritte, ... ... ... ... Sei klug, mein Kind! Du weißt
nicht was ich litte, ... Ruth ... ... ... Zur Heimat will ich Jacobs
Haus erkiesen, ... ... |
II. Die
Moabitin schlich nach Boas’ Tenne, Im
Herzen Bangen und Noemi’s Rath; Sie
späht nach des Geliebten Ruhestatt – Leichtgläubig
Herz, nicht allzuschnell entbrenne! Sie
glaubt nicht, daß sie’s über sich gewänne, Bis
– aufgedeckt sie Boas’ Füße hat: Sie
bebt, wie schuldig einer Missethat, Und
wünscht, daß Erd’ und Meer von ihm sie trenne. „Wer
bist du? sprich!“ – „O Herr, sieh’ deine Magd! O
breite schützend deinen Fittig aus Und
zürne nicht, wenn ich zu viel gewagt!“ „Getrost,
mein Kind! Und harre still zu Haus’; Ich
eil’ ins Bogenthor der Stadt noch heut’, Zu
thun, was Recht und Sitte mir gebeut.“ |
|
Tiberias I. O Sonne!
gieße deine goldnen Strahlen Auf
diesen See als schön’rer Vorzeit Gruß, Daß
Licht und Schatten noch ein Leben malen; Zu
Silberadern mache Bach und Fluß. Einst
glichen üpp’gen Brüsten diese fahlen, So
weichgeformten Höh’n an Überfluß; Jetzt
prägt sich düster aus an jenem kahlen Gebirg’
des Überdauerns Überdruß. Tiberias!
Wo sind die Schwesterstädte: Bethsaida,
Kapernaum und Magdala, Die
Vaterstadt der schönen Büßerin? – Wenn
ihn die Bibel nicht verewigt hätte, Der schönste
See, er läg’ verschollen da; - Es
schwebt kein Segel mehr darüber hin. |
Der See Genezareth I. O Sonne, gieß die Fülle
goldner Strahlen Auf diese Flut als schönrer
Vorzeit Gruß, Laß Licht und Schatten drauf
ein Leben malen Und wiederspiegelnd leuchten
Bach und Fluß! ... Noch weichgeschwungnen Höh’n
an Überfluß Und an den Bergen zeigte
sich, den kahlen, Noch nicht des Überdauerns
Überdruß. ... ... ... ... Der schönste See,
verschollen läg’ er da – ... |
II. Als
sich vom Purpurpfühl die Sonn’ erhob, Hatt’
ich der Veste Trümmer schon erklommen; Zum
Flammenmeere war der See entglommen, Und
Funken jeder Schlag der Wellen stob. Und
süßem Sammelfleiße lag ich ob. Die
hochgeschürzten Mädchen, die gekommen Zu
schöpfen, blickten schalkhaft und beklommen, Als
lichte Muscheln ich vom Sande hob. Nach
heißem Quellenbade ruht’ ich aus Und saß
auf einer Säul’ am stillen Strand, Die
einst geschmückt Herodis stolzes Haus. Die
kurze maienlinde Sternennacht, Die
mich mit wachen Augen träumend fand, Glich
einem riesigen Juwelenschacht. |
II. ... ... Bald war der See zum
Flammenmehr entglommen, Daß Funken jeder Schlag der
Wellen stob. Des Sammelns süßem Fleiße
lag ich ob, ... ... ... Ein Quellbad füllt die
schlaffen Stunden aus; Zu sinnen gibt die säul’, am
stillen Strand, Wo sie geschmückt Herodis
stolzes Haus. ... ... ... |
III. Wir
hielten plötzlich uns’re Traber an Und schwangen
uns vom heißen Bügel nieder; Zu
weichem Pfühl für reitensmüde Glieder War
reich an hohen Gras der weite Plan. Das
Meer des Aethers mit den gold’nen Kahn, Es
spiegelt sich im Seegewoge wieder, Und
wonnig hebt die Seele das Gefieder Im
Angesichte Tabors himmelan. Ei
sieh’, es wogt kein Saatfeld in der Runde, Und
dennoch wiegen sich drei Ähren hier, Entsprossend
jährlich neu demselben Grunde! Dich
wandelt’s wie ein schönes Wunder an, Wird
noch vom Dragoman die Kunde dir: Hier
speis’te Christus einst fünftausend Mann. |
|
IV. Ein
Beduine folgte seinem Pflug Mit
nacktem Fuß, gegürtet um die Lenden; Er
zog die Furchen, ohne sich zu wenden Nach
uns’rem trachtenfremden Pilgerzug. Vom
Pferde, das mich durch die Eb’ne trug, Gestiegen,
langt’ ich kühn mit beiden Händen Nach
seinem Pflug; er ließ es gern bewenden, Kaum
daß er ruhig, was ich wolle, frug. Die
Scholle brechend sprach ich Segen d’rein: „O
Land, das einst von Milch und Honig floß, O
werde wieder reich und schön und groß! Wann
wird der Sektenzwist beendet sein? Wann
gleicht ihr, Hügel, üpp’gen Fohlen wieder? Wer
reißt von Morija den Halbmond nieder?!“ |
Die Scholle brechend
sprach ich Segen drein ... ... Und zog die Furchen,
ohne sich zu wenden ... ... Gestiegen, langt’ ich dreist
mit beiden Händen Nach dem Geräth; er ließ es
gern bewenden, ... ... ... ... ... ... ... |
I. Auf
müden Pferden müde Wandrer saßen Und
Beduinen dienstbereit zur Seite. Die Sonne
gab uns brennendes Geleite Auf
wüsten Strecken, welche wir durchmaßen; Die
dürre Zung’ entbehrte jedes Nassen, Es
trabte lautlos unser Zug in’s Weite. – Doch
welch’ ein Bildnis, welches traumgefeite? Oasengrün,
das gold’ne Säum’ umfassen! Am Born
des Südens Töchter, Krüge tragend, Gazellenschlank,
mit sonnenhellen Blicken! Vom
Haupt sie langten die Amphoren zagend, Des
deutschen Pilgers Kehle zu erquicken. Ein
Blick in lange Wimpern, halbverschlossen, - Zu
weißen Zelten dann auf schnellen Rossen! |
Oasengrün Auf müden Gäulen müde Waller
saßen, Den Scheikh der Wüste hatten
sie zur seite, Der Sonne Glut zum ständigen
Geleite Auf dürren Strecken, welche
sie durchmaßen. Die schwere Zung’ entbehrte
längst des Nassen, Verstimmt und lautlos trabt
der Zug in’s weite, Da ... welch ein Bildniß,
welches traumgefeite? Oasengrün, das goldne Säume
fassen! Und Mädchen, sieh’, am
Brunn, Amphoren tragend, Gazellenschlank, mit
sonnenhellen Blicken ... Ob sie des Fremdlings Kehle wohl erquicken? Erröthend reichten sie den
Krug und zagend ... Ein letzter Blick in
Wimpern, halb geschlossen, Zu weißen Zelten dann auf
flinken Rossen! |
II. Die
Antilope trank aus dieser Quelle Und
labte sich in dieser Büsche Schatten; Der Pferde
Huf verscheucht die allzuschnelle, Nun
ruhen wir auf diesen grünen Matten. Aus
dürren Felsen springt die munt’re Welle, Jahrtausend’lange
fließt sie ohn’ Ermatten; Und
Allen quillt der kühle Trunk, der helle, Die
hier sich kurze Wanderrast gestatten. – Elias
ließ, als ihn der Feuerwagen Entrückte,
seinem Jünger, schmerzgebeugt, Den
Mantel und mit ihm die Wundergabe. Von
Elisäus rührt die ew’ge Labe, Die
jetzt noch, selbst ein klares Wunder, zeugt Von
wunderreichen und Propheten-Tagen. |
Die Elisäusquelle ... Und labte sich in dieser
Bäume Schatten; Der Pferde Huf verscheuchte
sie, die schnelle, Uns räumte sie die Frische
grüner Matten. ... Jahrtausende hindurch, und
ohn’ Ermatten, Und allen Quillt der Trunk,
der kühle, helle, ... Den Mantel und mit ihm die
Wundergabe Empfing der Jünger, furcht-
und schmerzgebeugt, Als Trost des Meisters aus
dem Feuerwagen. Und vom Eliasschüler stammt
die Labe, ... Von wunderreichen, von
Propheten-Tagen. |
III. Wo
einst die Mauern Jericho’s gestanden, Der
Palmenstadt, da schimmern uns’re Zelte; An
Pfähle wir ringsum die Pferde banden, Schabrack’
und Sattel schützt sie Nachts vor Kälte. Und
Betten, Mahl und Cyperwein wir fanden Für
Durst und Tagesgluten zum Entgelte. – Ich
mied das Zelt und die in Schlummers Banden, Nicht
achtend, ob der Dragoman mich schelte. Wie
schlürft’ ich ein die würz’ge Abendkühle! Wie
schaut’ ich auf zum goldenen Gewühle Des
Himmels, reich wie gelber Sand der Wüste! Das
Lagerfeuer ging gemach zu Rüste, Schon
drang Schakalsgeheul aus dunklen Fernen: Da
ging ich träumen unter Südens Sternen. |
|
IV. An
Jordan’s frühlingsgrüner Uferlänge, Wo
einst Johannis Wüstenruf erscholl Und
reu’gem Sinn die erste Taufe quoll, Da rauschten
deutscher Pilger Chorgesänge. Ein
Priester las die Mess’ im Festgepränge; Und
als der Glocke Ton zum Ohre schwoll, - Verstummt
der Chor und lauschet andachtsvoll, Nur
leise bebt des Baumes Laubgehänge. Osmanli
knie’n auf Teppichen daneben Und
beten still, dem Morgen zugewendet, Deß
Wiederschein von Juda’s Bergen blendet: Auf
grünem Plan, von Waldesnacht umgeben, Hat
Christenthum und Islam sich gefunden, Sich
Orient und Okzident verbunden |
Am Jordan ... Da, wo des Wüstenpred’gers
Ruf erscholl ... Erhoben deutsche Pilger
Chorgesänge. ... Und als des Glöckleins Ton
zum Ohre schwoll, Versummt der sang zum
Lauschen andachtsvoll Und leiser bebt des Baumes
Laubgehänge. Moslemen knien auf Teppichen
daneben ... ... ... ... ... |
Das todte Meer I. Ernst
und langsam nach demselben Becken Jordan’s
Wellen und wir Pilger zogen. Sprünge
klaffen, die sich kreuzend strecken Auf
der Eb’ne, kahl und ausgesogen. Salzeskrusten
sind die bunten Flecken, Deren
Schmelz den fernen Blick betrogen; Staub,
den uns’rer Pferde Hufe wecken, Fällt
zurück in trägem, nied’rem Bogen. Nirgend
Leben! Nirgend ein Verweilen! Über
Phasga fliehen Wolkenschatten, Rastlos
selbst die Wüstengeier eilen. – Schweigend
lenkten wir den Trab, den matten, Dieses
Thal entlang der Oed’ und Leere Ferner
Bläue zu, - dem todten Meere |
Das todte Meer I. Langsam, mühsam nach
demselben Becken Jordans Wellen, nordsche
Wandrer zogen; Schründe klaffen, die sich
kreuzen, strecken ... ... Deren Glanz den fernen Blick
betrogen, ... ... ... ... ... Dies Thal entlang der Oed
und Leere Lenkten schweigend wir den
Trab, den matten, Blauem Schimmer zu – dem todten
Meere. |
II. Dies
das Wellengrab der sünd’gen Städte, Die
der Herr mit Rachefeuer strafte, Das
ein Paradies von hinnen raffte – Todter
Flut zum traurig-öden Bette! Eh’
es grünt an dieser Uferstädte, Ist
das Rohr zersetzt, verdorrt am Schafte. Ringsum
Baumskelette, massenhafte, Wie
aus Knochen eine grause Kette! Keine
Barke noch den See durchschiffte, Und
kein Fischlein trank von seinem Gifte; Naht,
von seinem Blau gelockt, geblendet Auch
ein Vogel, - rasch den Flug er wendet. Felsen,
ausgebrannt und vielgespalten, Ernste
Wacht am Wassersarge halten. - |
II. ... ... ... Todgetränkter, stxg’scher
Flut zum Bette! Eh’s noch grünt an dieser
Uferstätte, Ist das Rohr verdorrt,
zersetzt im safte, Was der Sturm, der Gischt
zur Stelle schaffte, Gleicht aus Knochen einer
grausen Kette. ... Noch kein Fischlein trank
von seinem Gifte, Keinen Vogel hat sein Blau
geblendet. Felsen, ausgebrannt und viel
gespalten, Ernste Wacht am Wogensarge
halten, Wer ihm nahte, hat sich
rasch gewendet. |
Hagar. 1. Mos. 21 Der
Frühtau fiel; es lag noch auf den Weiden Die
Dämm’rung, als sich Abraham erhob. Es müht
und sputet sich der Greis, als ob Es
gälte, von der fetten Trift zu scheiden. Mit
Wasser füllt’ er seinen Schlauch und schob In
einen and’ren Brot, belud mit beiden Die
Magd, die seinen Herd nun sollte meiden, Sie,
die ihm einst des Lagers Freuden wob. Er
führt sie mit dem Knaben vor die Schwelle Und
heißt sie geh’n und nimmer wiederkehren; - Sein
Wort war hart, sein Auge thränennaß. Vorüber
an den Zelten eilt sie schnelle, Dann
schwankt und sinkt die Arme, heiße Zähren Vergießend
in des Schmerzes Übermaß. |
Abraham Er stand vom Lager auf, als
auf den Weiden Noch Frühtau lag und graue
Dämm’rung wob; Was müht und sputet sich der
Greis, als ob Es gälte, von der fetten
Trift zu scheiden? ... In einen andern Brot, und
gab die beiden Der Magd, und hieß sie rasch
den Knaben kleiden, Der einst sein Herz in
Vaterfreuden hob. Und Kind und Mutter führt er
vor die Schwelle ... Was, Alter, gleißt dein Auge
thränennaß? Entlang die Zelte schwankte
Hagar schnelle, Zusammen bricht sie fern, in
heißen Zähren Ergießt sich ihres Schmerzes
Uebermaß |
Jacobs
Begräbnis 1. Mos. 50. Von
Jordan’s Ufer rauschte heft’ge Klage; Des
Flusses Wogen wälzten sie ins Meer, In’s
stille, todte Meer; gewaltig, hehr Zum
Himmel drang sie sieben lange Tage. - Aufhorchte
Canaan, erstaunt und zage, Und
wähnte drüben ein versammelt Heer Und
schaute Reiter, Wagen, Schild und Speer Und
Volk, geschaart um eine große Trage. - Im
Vätergrab den Vater zu begraben Zog
Josef aus, hinauf nach Canaan; Egyptens
Fürsten das Geleit’ ihm gaben. Bei
Atad auf der Tenne hielt der Zug; Da
hob das letzte große Klagen an, Bevor
man Jacob gegen Mambre trug. |
|
Moses Mos. 34. Der
Führer schied von Israel, den Stab Jehova’s
in der Hand; nicht Trank, nicht Speise, Auch
Knechte nicht verlangt er für die Reise, Von
der für ihn es keine Rückkehr gab. Die
Kniee schwanken, oftmals setzt er ab Und
blickt in’s Thal zurück; es beben leise Die
Lippen, manche Thräne rollt dem Greise Die
braunen Wangen und den Bart hinab. – Er
schaut der Väter Land von Nebo’s Rücken. Die
Arme hebt ihm wachsendes Entzücken, Mit
Sehnsucht blickt er auf den Jordan nieder. Wie
strahlend Feu’r ist seiner Augen Schein, Er
beugt sich vor und hält den Athem ein, - Er
sinkt nach vorn’ und athmet nie mehr wieder. |
Moses III. ... Jehova’s in der Hand; nicht
Trank noch Speise, Noch Knechte nahm er mit auf
diese Reise, ... ... Und blickt ins Thal; die
Lippen beben leise Und Trän’ auf Träne rollt dem
Heldengreise Die braunen Wangen und den
Bart herab. ... ... Mit Sehnsucht späht er nach
dem Jordan nieder. Ein Feuerstrahl ist seiner
Augen Schein, ... Und sinkt nach vorn und hebt
sich nimmer wieder. |
Einzug
ins gelobte Land Jes.
3. I. Horch’
auf, horch’ auf und zitt’re Canaan! Jehova’s
Heer, in Wüsten großgezogen, Das
an der Felsen Marmorbrust gesogen, Es
naht, sein reiches Erbe tritt es an. Die
gold’ne Bundeslade schwebt voran, Der
freudig Priesterschultern sich gebogen, Und
hinterher des Volkes Drängen, Wogen Nach
Stämmen und Geschlechtern, Mann an Mann! Sie
dürsten nach dem Schatten deiner Palmen, Nach
deinen Bronnen, schönes Jordanthal! Und
nach dem Brot aus deinem vollen Halmen. Die
Waffen leuchten hell im Sonnenschein Und
in den Jubelsang, Trompetenschall Fällt
mächt’ger rauschend auch der Jordan ein. |
Einzug ins gelobte
Land I. ... Jehova’s Volk, in Wüsten
großgezogen, ... Sein reiches Erbe tritt’s
gewaffnet an. ... ... ... ... ... ... ... Von Waffen glitzerts dreist im
Sonnenschein, In Sang und Cymbelklang und
Hörnerschall Mit stolzen Fluthen fällt
der Jordan ein. |
II. Die
unaufhaltsam vor zum Jordan drangen, Gebieten
ihrer Sehnsucht kurzen Halt Und
schlagen Lager hier, im Palmenwald, - Zu herrlich
ist des Stromgeländes Prangen! Ihr
Eigen ist, wornach sie immer langen, Das
Land der süßen Rast für immer bald; Was
sproß’t und blüht und duftet mannigfalt, Wird
reif für sie vom Ast und Halme hangen. Sie
schütteln nun für immer von den Schuhen Den
Wüstenstaub und salben sich und ruhen Und
wandeln Jordan’s Wellenbett entlang. Die
schlanken Mädchen schließen froh den Reigen, Der
Sänger nimmt die Harfe von den Zweigen, Jehoven
gilt sein Dank- und Preisgesang! |
II. Die mit der Sehnsucht Schritten
vorwärts drangen, Gebieten ungestümer Eile
Halt ... ... Ihr eigen ist, so weit die
Blicke langen, ... ... ... ... ... Und wandeln Jordans
Wellenbahn entlang. ... ... ... |
III. Ganz
Israel zum Kampf gerüstet fand Der früh’ste
Strahl. Auf ihre Schulter heben Die
Priester Gottes Lad’ an goldnen Stäben Und
schreiten vor, dem Jordan zugewandt. Sobald
ihr Fuß im Vorderwasser stand, Durchzuckt
die Wogen all’ ein großes Beben; Sie
gähren, trinken, stauen und erheben Aufkochend
sich zu hellkrystall’ner Wand. Und
was sich nicht gethürmt zum Wasserdamm, Fließt
ab, und keine Flut geronnen kam, So
lang’ im Strombett blieb die Bundeslade. Hindurch
zieht Israel mit trock’nen Sohlen Und
jauchzt dem Gott der Väter, der befohlen, Daß
Wogen weichen seines Volkes Pfade. |
III. ... ... ... ... ... ... ... Gewaltig sich zu
hellkrystallner Wand. Was sich zum Wasserdamm
nicht thürmen kann, Fließt ab, undkeine Weller
fürder rann, So lang im Rinnsal hielt die
Bundeslade. ... ... ... |
Kaleb
zu Josua: Jos. 14. „Gib
Hebron mir, mein Erbtheil und mein Eigen, Das
Gott durch Mosis Mund mir zugedacht,* Als
Kunde wir in Jacobs Zelt gebracht Und
schwere Frucht von hier an Ast und Zweigen. Ich
sprach von Land und Volk und Heeresmacht, Wie ich’s
versdtand, ohn’ etwas zu verschweigen; Die
Zehn, die mit uns waren, o, die Feigen! Die
hatten damals falsche Mähr’ erdacht. – Ich
bin schon nah’ an fünfundachzig Jahren, Und
dennoch fühl’ ich Kraft in Arm und Lenden, Mein
Erbgut zu erstreiten und zu wahren. Die
mit uns zogen aus Egyptens Reich, Sie
Alle mußten in den Wüsten enden; Nur
ich und Du!... Es wird um’s Herz mir weich.“ |
Kaleb verlangt von Josua Hebron ... ... ... ... Wie wir verkundschaft Land
und Heeresmacht, So sprachen wir, ohn’ etwas
zu verschweigen, Die andern Zehn – du weißt
wie diese Feigen, Das Volk zu schrecken,
falsche Mär erdacht. Ja sieh, schon denk’ ich
mehr als achtzig Jahre Und dennoch reicht die Kraft
in Arm und Lenden, Daß mir das Schwert mein Erb’
erstreit und wahre. ... Ach, alle mußten in den
Wüsten enden, ... |
Josua. Jos. 24. Die
Waffen ruh’n, und Jacobs Söhne schlagen Die
Friedensharfe. Josua ist alt; Nur
einmal noch sein Führerruf erschallt, Von
Sichem aus, zu einem großen Tagen. Und
all’ die Stämme seh’n den Helden ragen Hochaufgerichtet
unter einem Wald Von
dunklen Terebinthenzweigen; bald Ergeht
an alles Volk dies ernste Fragen: „Wollt
mit Jehoven ihr den Bund erneuen? – Wenn
nicht, so wählet! Ich mit meinem Haus, Ich
bleib’ Jehova’s Knecht in Furcht und Treuen.“ Da
brach das Volk in hehren Jubel aus. Der
greise Sieger grub den Schwur in Stein Und
trug ihn in das Buch der Satzung ein. |
Josua erneuert den Bund Die
Waffen ruhn, die Söhne Jacobs schlagen ... ... ... Dort
sehn die Tribus ihren Helden ragen, ... Von
Terebinthenzweigen, und alsbald Ergeht
an alles Volk sein ernstes Fragen: „Wollt
ihr, daß ich für euch den Bund erneue? Wenn
nicht, so wählt! Doch ich mit meinem Haus Verbleib’
Jehova’s Knecht in Furcht und Treue.“ Als
Antwort brach ein hehrer Jubel aus; ... ... |
Jephta Richt.
11. I. Dem
Sieger Heil! Ihm jauchzt das ganze Heer. Besiegt
sind Amon’s Horden und zerstoben; Das
stolze Horn, das drohend sich erhoben, Das
brach Jehova’s Held mit starker Wehr! Auf,
Jephta naht! Kein Feind, kein Bangen mehr! Und
alles Volk will seinen Retter loben Und
strömt herbei mit freudiglautem Toben Aus
Haus und Stadt, von Feld und Garten her. Als
Jephta kommt vor seines Hauses Thür, Da
hüpft und tanzt und jubelt seine Maid, Sein
einzig Kind, sein schönes Kind herfür. Da
faßt den Vater Weh und tiefster Gram, Sein
Haar zerrauft er und zerreißt sein Kleid: „Mein
Kind, mein Kind des Schwures Opferlamm!“ |
|
II. Ergeben
sprach die Maid, mit starker Seele: „Was
du gelobt, das soll an mir geschehen.“ Und
kindlich froh ihr Kommen blieb und Gehen, Daß
ja kein Vorwurf ihren Vater quäle. Doch
floh sie auf’s Gebirg zu stummen Rehen, Daß
sie vor Menschen ihren Schmerz verhehle, Und
daß kein Aug’ die heißen Thränen zähle; Und
Niemand sollt ihr’ Antlitz welken sehen. „Der
Rose gleich, aus deren reinem Schooße Erblüht
kein schön’res Leben, muß ich sterben! Auf
wen kann Jephta’s Name sich vererben?“ – Nach
Monden kehrt mit ihrem dunklen Loose Versöhnt
die Jungfrau heim; sie prangt verklärt Und
folgt, ein willig Lamm, zum Opferherd. - |
Jephta’s Tochter ... ... Und heiter blieb ihr Kommen
und ihr Gehen, Auf daß kein Vorwurf ihren
Vater quäle. Und niemand sollt’ ihr
Antlitz welken sehen; Und daß vor Menschen sie den
Schmerz verhehle, Und daß die heißen Thränen
Keiner zähle, Gesellt sie sich im Walde
stummen Rehen. ... Kein schönres Leben sproßte,
muß ich sterben, Und Jephta’s Ruhm, er findet
keinen Erben.“ Jungfräulich Opfer, deinem
dunklen Loose Entquillt ein Glanz, dich
ewig zu verklären, Wer dächte dein und hemmte
stille Zähren? |
Samuel 1. Kön. 12. Sein
mächtig Wort ließ Samuel erschallen Durch’s
ganze Land von Dan bis Beerscheba. Er
sprach, als er das Volk versammelt sah: „Mein
Richteramt wollt’ euch nicht mehr gefallen. ihr
seht, den ich gesalbt, in Purpur wallen Als
König, den Jehova sich ersah: Wohlan!
Ich steh’ ein Greis und kraftlos da Vor
dem Gesalbten, vor euch Männern allen. So
zeuget wider mich und tretet vor! Wer findet
unrecht Gut in meinen Händen? Ließ
durch Geschenk mein richtend Aug’ sich blenden? Klagt
Blut mich an? Lieh Schmeichlern ich mein Ohr?“ – Da
rief das Volk: „Wir alle zeugen hier: Es
ist kein Fehl und keine Schuld an dir!“ |
Samuel ... ... Und sprach zum Volk,
geschaart aus fern und nah Dem längst nicht mehr sein
Richterstab gefallen: „Seht hier, den ich gesalbt,
in Purpur wallen, Der König ist#s, den Gott
euch ausersah; Ihm beug ich mich und Rede
steh’ ich da, Ehvor ich scheid’, euch Männern,
Weibern, Allen. Wer findet unrecht Gut in
meinen Händen? Ließ jemals sich mein
richtend Auge blenden? Klagt Blut mich an? Lieh
Schmeichlern ich mein Ohr? Du herrschest, Priester!
Tritt kein Kläger vor? Das gute Volk! es ruft: „Wir
zeugen hier, ... |
Saul 1. Kön. 28. Vom
König war der Geist des Herrn gewichen, Kein
Traum, kein Opfer gab ihm Kunde mehr; Ihm
drückte finst’rer Gram die Seele schwer, Und
Zorneslohen seine Blicke glichen. – Am
Tabor ist, am Hermon schon verblichen Der Sonne
Strahl, und zahllos, Speer an Speer, Kommt
näher über Edrelon das Heer Der
Philistäer durch die Nacht geschlichen. – Saul
tritt gebeugt in’s Haus der Zauberin, Daß
sie ihm des Propheten Geist beschwöre, Der
einst erhöht, gesalbt zum König ihn. Und Samuel
erscheint, und zum Gehöre Wie
Donner dringt das Wort: „Die Söhne dein, Und
du, ihr werdet morgen bei mir sein!“ - |
Saul ... ... Auf seiner Seele lag’s
gewitterschwer ... ... ... ... ... Wo weilt doch Saul? Berief
er seinen Rath, Daß er der Helden kühne
Pläne höre? Entflammt sein Wort die
Zagenden zur Tat? Er schleicht gebeugt in’s
Haus der Zauberin, Daß ihm der Geister Hülfe
sie beschwöre, Da längst verlassen Muth des
Mannes ihn. |
David’s
Klagelied um Saul und Jonathan. 2. Kön. 1. „Nicht
Thau erquick euch fürderhin, noch Regen, Nicht
Erstlingsfrüchte soll’t ihr ferner tragen! Weh’
euch, ihr Berge Gilboa’s! Erschlagen Ist
Jacob’s Hort! Dahin die stolzen Degen! O
haltet fern die Kunde von den Wegen Nach
Gath uns Askalon! Die Harfen schlagen Des
Feindes Töchter sonst bei Festgelagen Und
tanzen all’ dem Siegesheer entgegen. Wehklaget,
Töchter Israel’s! Wehklaget, Die
ihr den goldbesäumten Purpur traget, - In
Blutespurpur liegt der König jetzt. Auch
du nicht mehr, mein Schutz und meine Zier?! O
Jonathan, so viel war deine Liebe mir, Daß
keine Frauenliebe sie ersetzt!“ - |
Davids Klage um Jonathan ... ... ... ... ... ... ... ... ... Die goldbesäumte Purpurwat
ihr traget, ... ... O Jonathan, kein liebend
Weib ersetzt, Was du mir warst, was deine
Freundschaft mir! |
Modin Sieh’
jenen Berg, gekrönt mit Mauerresten, Zum
Thal der Terebinthen abgedacht, Wo
David’s Schleuderhand zu Fall gebracht Den Gottesläst’rer
einst, der Kämpfer Besten! Die
Trümmer haben großer Todten Acht, Der
Eiferer des Rechts, der Glaubensvesten – Des
Makkabäerstamms mit seinen Ästen Der
Jacob’s letzten Heldenmuth entfacht. Eh’
zu den Vätern er versammelt ward, Sprach
Mathathias tröstend noch im Sterben: „Ihr
Treuen all#! vertrauet meinen Erben, Den
Söhnen mein, und bleibt um sie geschaart; Denn
Simon ist ein Mann von klugem Rath, Und
Judas ist ein Eisenmann der That.“ |
|
Johannes Luc. 3. Der Wüsten
durch und Fluß entlang die Lande Durchzog,
dem Heiland ebnend seine Wege, Gerad’
anbahnend, was noch krumm und schräge, - Es
sprach der Mann im härenen Gewande: „Kein
Purpur, König! deckt die Sünd’ und Schande, Daß
mit dem Weib des Bruders Umgang pflege Der
Bruder.“ – Und Herodis Zorn ward rege, Er
warf den Bußeprediger in Bande. – Der
König schwelgt, es schwelgt die Höflingsschaar; Der
Buhle Tochter tanzt, das Haar umlaubt, Die
trunk’nen Sinn’ umstrickend ganz und gar. Das
Mägdlein fleht, der König nickt und spricht; Der
Diener eilt und bringt – Johannis Haupt Ihm
dar als letztes, blutiges Gericht. - |
Johannes Der wüstendurch und
stromentlang die Lande ... ... Der Eifrer sprach in
härenem Gewande: ... Du drangst in deines Bruders
Hausgehege... Genug, des Idumäers
Zorn ward rege, ... Der König schwelgt
mit seiner Höflingsschaar, ... Den trunknen Sinnen
schmeichelnd ganz und gar. Sie heischt den Lohn
– Herodes wehrt ihr nicht, Ein Diener eilt und
bringt Johannis Haupt Ihr dar als letztes,
blut’ges Festgericht |
Der
Jacobsbrunnen Joh. 4. Am
Bronnen, der schon Jacob’s Herde tränkte, Verweilte
Jesus müd’, entließ die Schaar Der
treuen Jünger, die, da Mangel war An
Mundbedarf, die Schritte stadtwärts lenkte. Da
kam ein samarithisch Weib, versenkte Den
Eimer, füllt den Krug und reicht ihn dar; Doch
süß’re Labung ihr der Heiland schenkte, Des
Lebens Born erschließend wunderbar. Er
lehrt im Geist sie beten, in der Wahrheit Zu
Gott, der so die ganze Welt als Geist Wie Morija,
die Tempelhöh’, umkreist. – Versiegt
ist und verschüttet Jacob’s Bronnen, Jedoch
der Quell, der hier dem Weib geronnen, Fließt
fort und fort in ungetrübter Klarheit. - |
|
Bethania Oase
auf des Heilands Wüstenwegen! Bethania,
süße Einkehr, Wanderrast Des
Herrn der Welt, der als der Erde Gast Nicht
nannte sein, worauf sein Haupt zu legen! Wie
freudig eilt Ihm Lazarus entgegen! Wie
hat Ihn zu bewirthen Martha Hast! Und
ihrer selbst vergißt Maria fast, Bedacht,
Sein Wort dem Herzen einzuprägen! Ihr
ward der beste Theil aus Seinem Munde. – Sei
mir gegrüßt! Ich dank’ in später Stunde Bethania
dir, noch in Ruinen traut. Du
warst dem Heiland treugesinnt und gut, Der
hier im Schooß der Freundschaft ausgeruht Und
hier ein stilles Menschenglück geschaut. |
Bethania ... Bethania, du warst die
Wanderrast ... ... ... ... ... ... Dein Name klingt wie ferner
Lieben Kunde, Sei warm gegrüßt in später,
flüchtger Stunde Bethania, noch in Ruinen
traut! ... ... Und still sein Werk .- ein
Menschenglück geschaut. |
Ich stieß, ein Pilger, von Italiens Küste Ich
stieß, ein Pilger, von Italiens Küste, Ein
zartes Saitenspiel in meiner Hand; Mich
zog ein hohes, freudiges Gelüste Zur
Stätte, wo das Kreuz der Sühnung stand. O Tag,
da ich Jerusalem begrüßte, Das
Felsengrab im hehren Lichterbrand, Den
heil’gen Staub mit brünst’gen Lippen küßte Und
Thränen nur als Zoll der Andacht fand! Aus
allen Zonen knie’ten Pilgerschaaren, Die
reuigfromm das Haupt zur Erde neigten; Des Einen
Christenstamms, des vielverzweigten, Getrennte
Reiser all’ vereinigt waren. in
allen Sprachen, welche je erklungen, Ward
hier des Graberstand’nen Ruhm gesungen! |
Ich stieß, ein
Pilger, von Italiens Küste, ... ... ... Zur Stätte, wo das Kreuz der
Sühne stand. O hehrer Tag, da Salem ich
begrüßte, Das Felsengrab erspäht’ im
Lichterbrand, ... ... Hier war’s, wo noch in
frommer Pilger Schaaren Des Einen Christenstamms,
des vielverzweigten, Getrennte Reiser all
vereinigt waren. Von Allen, die das Haupt zur
Erde neigten, In allen Zungen, die bislang
erklungen, ... |
Nur eine Nacht in stiller Tempelrunde Nur
Eine Nacht in stiller Tempelrunde, Auf
Golgatha, dem Felsensühnaltar! Der
Andachtschauer macht, der Ernst der Stunde Dir
das Geheimnis der Erlösung klar. Die
Reue strömt aus jeder Seelenwunde, In
ganzer Blöße stellt der Mensch sich dar; Und
doch, aus der Versöhnung froher Kunde Entquillt
Genesung mild und wunderbar. Es
bebt der Fuß, in’s Marmorgrab zu treten, In’s
Heiligste des Heiligthums; zu beten Die
Lippe selbst in tiefster Stille zagt. Du
träumest selig an des Grabes Stufen, Bis
wach dich ernste Möncheschöre rufen, Und
durch das Tempelthor der Morgen tagt. |
In der Grabeskirche Nur eine Nacht in weiter
Tempelrunde, ... ... ... ... ... Doch des Versöhnungstodes
froher Kunde ... Dein Fuß, er bebt, in’s Marmorgrab
zu treten, Im Heiligsten des
Heiligthums zu beten Die Lippe selbst in hehrster
Stille zagt. Du schlummerst selig an des
Grabes Stufen, ... ... |
Via
Dolorosa Dort
schrie der feile Pöbel: “Kreuzigt Ihn!” Hier
wusch der Römer heuchelnd seine Hände, - Da
floß der edlen Frauen Mitleidspende, - Die
Mutter schaut’ Ihn hier, die Dulderin: Das ist
der Weg, und Golgatha sein Ende, Den
mit dem Kreuze Christus mußte zieh’n! An
tausendjähr’gen Malen zieht sich hin Die
schmerzlichste, die heiligste Legende. – Wenn
über euch die bleichen Sterne schweben, Die
vom Verrätherkuß euch Kunde geben, Und
ihr kein fremdes Athmen rings verspürt: Dann
wandelt diesen Weg, den Er geschritten, Der
an dem Kreuz den Opfertod erlitten, - Es
bleibt ein steinern Herz nicht ungerührt. |
Die via dolorosa Dort schrie die feile Menge:
“Kreuzigt Ihn!” Und wusch der Römer frevelnd
seine Hände, Hier floß der edlen Frauen
Mitleidsspende, Hier sah die Mutter Ihn, die
Dulderin. Dies ist der Weg, und
Golgatha sein Ende, Den Jesus mit dem Kreuze
mußte ziehn! An tausenjährgen Malen rankt
sich hin ... ... ... ... ... ... ... |
Blinde
Gäule Ich
bog vom “Leidensweg” in eine Gasse, Die mit
dem Thore gen Damaskus mündet; Ob
Lärm die Nähe des Bazars verkündet, Nur
selten wogt durch sie die Menschenmasse. Den
Mühlstein treiben Gäule, hungerlasse; Ihr
Traben ist mit stäter Nacht verbündet, Kein
Strahl je wiederum ihr Aug’ entzündet, - Zu
seh’n, wie trostlos ihre dunkle Straße. Derselbe
Kreis, vollendet tausendmal! – Ich
rief, emporgeschreckt zu ernstem Sinnen: Vater
des Lichts! Wird’s Nacht in mir tiefinnen, Belehre
mich durch Einen Gnadenstrahl, Ob
ich in meinem Forschen, Streben, Lieben Nicht
vorwärts drang, nur einen Kreis beschrieben?!“ |
|
Die
Oelbäume in Gethsemane Marc. 14. „Wir
sah’n den Fall Jerusalem’s, das Feuer, So
jenes Tempels Wunderbau verzehrte; Als
Rot die Mutter mit dem Beil bewehrte, Des
Kindes nicht zu schonen, ihr so theuer: Da
bebten wir, der Schmerz war ungeheuer. – Seldschuken
ras’ten mit dem Siegesschwerte, So
oftmals die Zerstörung wiederkehrte, Durchzuckte
unser Mark ein Schmerz, ein neuer. Doch
keiner glich dem tiefsten Mitgefühle, Als einst
der Heiland in der Abendkühle Den
größten Seelenkampf hier ausgestritten. Wir
steh’n als jener Stund’ uralte Zeugen, Wir
sah’n ihn blutend sich zur Erde beugen Und
ahnten leise wohl, was er gelitten.“ |
Die Oelbäume im
Gethsemane ... Das jenes Tempels Wunderbau
verzehrte, Die Not, so Mütter mit dem
Beil bewehrte Zu schlachten, was dem
Schooß und Herzen theuer: Uns schauderte, das Weh war
ungeheuer; Und als seldschuken rasten
mit dem Schwerte, Als Feuer, Pest und Hunger
wiederkehrte, Da schnitt durch’s alte Mark
ein Schmerz, ein neuer. Doch keiner glich dem
tiefern Mitgefühle Zur Zeit, als Jesus in der
Abendkühle ... ... ... Und litten bebend mit, was
er gelitten. |
Thal
Josaphat O Thal
des Schweigens, tiefgefurchtes Tal Der
Schatten, Gräbertal! Wann wird es tagen? Wann
wird der Herr nach Jedes Thaten fragen, Die
Gräber öffnen der Posaunen Schall? – Am
steilen Abhang liegen Mal an Mal; Ich
beb’ und meine Füße hemmet Zagen. Was
hast du, Stein! vom Jenseits mir zu sagen? Dich
stört doch nicht der Schritte Widerhall?! Ihr
starrt mich, off’ne Grabeshöhlen, an. Wer
hat den Schlußstein frech hinweggerissen? was
droht ihr mir mit eu’ren Finsternissen? – „Hier
ruht“ – so sprecht ihr klar zum Pilgersmann – „Ein
Volk und eine glänzende Geschichte; O
sinne nach dem strengen Weltgerichte.“ |
Das Thal Josaphat ... ... Wann zu des Weltgerichtes
großem Fragen ... ... Die Schritte hemmt ein
ehrfurchtvolles Zagen, Ein ernstes Wort hat jedes
Grab zu sagen, Des Lebens Hochflut stockt
an seinem Wall. ... Der frech den Schlußstein
hat hinweggerissen, Verfiel wohl selbst schon
euren Finsternissen. Ein kleines Thal, kann’s
Größeres umfahn? Hier ruht ein Volk mit
glänzender Geschichte, Hier weh’n die Schauder
kommender Gerichte. |
Der
Oelberg Matth. 23 und 24. Luc. 19. „O
welche Steine, Meister! Welch’ ein Bau!“ Des
Tempels Anblick macht die Jünger trunken; Doch
Christus spricht, in Traurigkeit versunken, Sein
Auge füllt des Mitleids Thränenthau: „O
welch’ ein Greu’l, den ich im Geiste schau’! Kein
Stein wird einstens ob dem andern prunken, Schon
hegst du jetzo der Zerstörung Funken Und
öde wirst du werden, wüst’ und rauh! Jerusalem,
Prophetenmörderin! Wie
oft hab’ ich die Flügel ausgespannt Der
Henne gleich, die ihre Kücklein schützt! Du
aber steinigst, die zu dir gesandt, Du
willst nicht unter meinen Fittig flieh’n, - Du hast
die Zeit des Heiles nicht benützt! |
Vom Oelberg ... ... ... Vom Auge träuft des Mitleids
Thränenthau: „O weh des Greuels, den im
Geist ich schau’! Schon jetzo hegst du der
Verheerung Funken, Bald wird kein Stein mehr ob
dem andern prunken, Verödung heißt dein Antlitz,
wüst und rauh. ... Hab ich nicht oft die Flügel
ausgespannt Der Henne gleich, wenn sie
die Kücklein schützt? Du willst nicht unter meinen
Fittich fliehn, Du steinigst, die von Gott
zu dir gesandt, Des Heiles Frist, du hast
sie nicht benützt.“ |
Palmsonntag Der
Patriarch belehnt mit Palmenzweigen Die
nordentsproßne Pilgerschaar, die kleine, Die,
eingehüllt von gold’ner Ampeln Scheine, Das
Grab umstand, in Schau’n vertieft und Schweigen. Doch
als wir geh’n um’s Felsenmal den Reigen, Da
stählet Mut, Begeist’rung die Gebeine, Und
„Hosianna“ lassen im Vereine Wir
auf zum kuppelrund des Tempels steigen. Und
mächt’ger schallt das Hosiannarufen, Und
grünen Schwertern gleichen uns’re Palmen, Und Kriegern
wir, und krieg’risch rauschen Palmen. – Als
Petrus schlief an diesen kalten Stufen, War’s
solch’ ein Traum, durch den sein Mut entbrannte, Daß
er das Abendland zum Kampf entsandte? |
|
Wer
unter euch ohne Sünde ist Joh. 8. Die
Pharisäer schleppten in die Mitte Des
Tempels vor die Ehebrecherin Und
wandten sich mit heikler Frag’ an Ihn, Auflauernd,
ob Er Mosen widerstritte: „Das
Weib zu stein’gen heischet Recht und Sitte; Was
meinst Du, Rabbi! sollen wir’s vollzieh’n?“ Doch
ruhig grub in Sand er Zeichen hin, Bis
Jene wiederholt die Heuchlerbitte. Dann
sich erhebend spricht Er, gottdurchleuchtet: „Wer
unter euch sich ohne Sünde deuchtet, Der
werf’ auf dieses Weib den ersten Stein.“ Und
schamrot schleicht davon die Gleißnergilde. Zum
Weibe spricht der Herr voll Himmelsmilde: „Geh’
heim! Und lebe fürder sündenrein!2 |
|
Denn
sie hat viel geliebt Luc. 7. Zum
Mittagsmahle lud den Herrn mit süßen, Arglist’gen
Worten einer einst von Jenen, Die sich
gerecht vor Gottes Augen wähnen Und
geizen nach des Marktes Gunst und Grüßen. Da
wirft ein Weib dem Heiland sich zu Füßen, Benetzet
sie mit ihren heißen Thränen Und
trocknet sie mit ihres Haares Strähnen Und
salbt und küsset sie mit brünst’gen Küssen. Der
Pharisäer denkt: Wär’ ein Prophet Mein
Gast, so wüßt’ er, daß ein sündhaft Weib Ihm
naht’ und stieße sie von seinem Leib. Der
Heiland spricht, der Aller Herz durchspäht: „Ihr
wird, die viel geliebt, auch viel vergeben“ – Und
spricht zum Weib: „Du sollst in Frieden leben.“ |
Magdalena Zum Mahle lud den Heiland
einst mit süßen, Mit Gleißnerworten Einer
auch von Jenen, ... ... Da warf ein Weib dem Meister
sich zu Füßen, ... ... ... Argwöhnt der Wirth: Hm, ist
mein Gast Prophet, So weiß er, daß ihm naht ein
sündhaft Weib, Was stößt er sie nicht
gleich von seinem Leib? Spricht Christus, der sein
faules Herz durchspäht: ... Und sagt zum Weib: „Du
sollst in Frieden leben.“ |
Mein
Haus ist ein Bethaus Matth. 21 Hinan
die Stufen zu den Tempelhallen Der
Heiland steigt, im Antlitz Frieden, Milde; Der
Abglanz Gottes an dem Menschenbilde, Bewundrung
weckt er, Ehrfurcht, Wohlgefallen. Doch
welches Lärmen, Durcheinanderschallen Erfüllt
Jehova’s Haus? was soll der wilde, Geschäftigheis’re
Schrei der Wechslergilde, Das
Feilschen, Tiergeblök, die Warenballen? Und
sieh’, der Herr ergrimmt und langt nach Stricken Und
jagt die Frevler, endend das Gezänke, Hinaus
zum Tempel, stürzt die Tische, Bänke Und
ruft mit Donnerstimme, Zornesblicken: „Geschrieben
steht: „„Ein Bethaus ist mein Haus!““ Ihr
machtet eine Mördergrube d’raus.“ |
|
Der
Friedenskönig kommt herangezogen Matth. 21. Der
Friedenskönig kommt herangezogen, Jerusalem,
empfange David’s Sohn! Der Rücken
eines Füllens ist sein Thron, Und
Palmen neigen sich zum Siegesbogen. Die
Siegeskunde ist vorausgeflogen; Es
rauscht und strömt aus allen Pforten schon, Vom
Tempel widerhallt der Jubelton, Im
Thalbett stauen sich des Volkes Wogen. Und Festgewande
breiten auf den Pfad, Die
ihm voraus, dem Weltbefreier, wandern, Und
grüne Reiser streuen hin die Andern. Die
Menge ruft, es ruft die Sion-Stadt: Dein
König, Israel! er kommt, der Hehre! Dem
Gottgesandten Preis und Ruhm und Ehre! |
Der Friedenskönig ... ... ... ... Die Freudenbotschaft ist
vorausgeflogen, Es rauscht und strömt aus
allen Thoren schon, ... ... ... Die weit voraus dem
Weltbefreier wandern, ... ... ... ... |
Einzug
der Schismatiker Was wogt
und toset durch der Gassen Enge? Ei,
sieh’ doch! Männer, Weiber, Kinder, Greise! Sie
schleppen Betten, Krüge, Trank und Speise, Und
wildbegeistert brau’st und ras’t die Menge! In
Pelzen Die – beherrscht des Czaaren Strenge, Und
Jene zeigen heit’re Griechenweise, Vom
schönen Euphrat machten Die die Reise; - Den
bärt’gen Popen weichet das Gedränge. Und
auf des Tempels-Vorplatz stürzen Alle, Und
Alle münden in die Grabeshalle – Zurück!
Ist sie ein Karawanserai? Umsonst!
Sie lagern sich im Tempelraum, Daß
Jeder, säumt sich noch der Osten kaum, Des
„heil’gen Feuers“ schon gewärtig sei. - |
|
Bethseba 2. König. 11 Jerusalem,
das schlummernde zu wecken, Die
Sonne hell vom Oelberg niedersah: Der
stolze Tempel prangt auf Morija, Im Königsgarten
glänzen gold’ne Hecken. Doch
schöner hebt aus kühlem Marmorbecken Die
reizevollen Glieder Bethseba, Urias’
des Hethiters Weib. Sieh’ da, Die
Büsche zögern, solche Pracht zu decken. Von
hoher Zinne feiner Veste schaut Den
jungen Tag der königliche Sänger Und
schaut Urias’ Weib vom Bad bethau’t. Er
sinnt, wie er den treuen Knecht verderbe; - Er
sann und schrieb und zauderte nicht länger: „Urias
gib den Feinden preis, er sterbe!“ |
Bethseba ... ... Schon glänzt die Opferhöhe
Morija, Doch in den Gärten dämmern
noch die Hecken. Da hebt sich weiß aus kühlen
Marmorbecken, Mit reizevollen Gliedern
Bethseba, Erlauscht der erste Strahl,
denn siehe da, ... Von stolzer Zinne seiner
Veste schaut ... ... Der König glüht und sinnt...
„der Mann verderbe!“ Und sann und schrieb und
zauderte nicht länger: ... |
Die
Königin von Saba 3. König. 10 Nach
Salem zog mit Knechten, Dromedaren, Mit
gold’nen Schätzen Saba’s Königin; Und
dunkler Worte viel’ erwog ihr Sinn, In
Räthseln wollt’ ihr Geist sich offenbaren. Doch
schwanden schnell der Nebel dichte Schaaren Vor
Solomonis lichter Weisheit hin, - Sie
ließ jedwede leise Regung ihn Im
Herzensgrund der Königin gewahren. Die
Fürstin staunt ob seines Hauses Macht, Ob
seiner Knechte Thun und reicher Tracht Und
ob des Tempels Majestät und Pracht: „Dein
Ruhm, von dem ich glaubte, daß er trüge, Vor
deiner Weisheit ist er Neid und Lüge; Denn
keine Zunge preist dich zur Genüge.“ |
Salomon und die Königin von Saba ... Und goldnen Schätzen saba’s Königin, Manch dunkles Wort erwog sie
her und hin, In Räthseln wollte sie sich
offenbaren. Doch Sonne Weisheit scheucht
der Nebel Schaaren Und deß hat König Salomon
Gewinn, Sie läßt des Weibes
liebendzagen Sinn Im Herzen ihn der
Herrscherin gewahren. ... ... ... ... ... ... |
Es
saust ein Wettersturm von Sion aus 4. König. 11 und 18. Es
saust ein Wettersturm von Sion aus Zerschmetternd
Haine, Tempel und Altäre; Daß
Racheglut den Greuel all’ verzehre, Zuckt
rothen Feuers Wuth aus dem Gebraus. Der
König eifert für Jehova’s Haus, Zermalmt
die Götzen mit des Zornes Schwere Und
schwingt die Axt und herrscht ihr zu: Verheere! Und
lischt den Opferbrand, das Rauchwerk aus. Er
kleidet neu in alte Herrlichkeit Jehova’s
Tempel und er öffnet weit Leviten,
Priestern, allem Volk das Thor. Und
sieh’, es hebt sich unter Psalmensang, Trompetenschall
und süßem Harfenklang Der
Hekatomben Sühnungsrauch empor! - |
Joas ... ... Und daß der Rache Glut den
Greul verzehre, Zückt rothen Feuers Blitz
aus dem Gebraus. ... ... ... ... Er hat auf Neu mit alter
Herrlichkeit Das Heiligthum geschmückt
und öffnet weit ... ... ... ... |
Morija 1. Esdr. 3. Auf
Morija liegt siebzigjähr’ger Schutt, Der
Schutt von Salomonis Tempelhallen, Und fernher
Trümmer eines Volkes wallen Nach
Salem’s Höh’n mit reichem Tempelgut. Der
Altar steht, es raucht die Opferglut, Und
horch’, schon jubeln Babylons Vasallen! Der
Knechtschaft Leiden sind vergessen, Allen Ist
ja die Heimat lieb, Jehova gut! Und sieh’,
ein neuer Tempel will erstehen; Die
Schaaren jauchzen, die den Grundriß sehen, In
Opferfreudigkeit und Zuversicht. Die
Wen’gen, die des alten Pracht geschaut, Die
Greise weinen aber überlaut: „Das
ist Jehova’s altes Wohnhaus nicht!“ |
Rückkehr in die Heimat ... ... Doch fernher Trümmer eines
Volkes wallen Zum heilgen Berg mit
neugewecktem Mut. Ein Altar steht, es rauscht
die Opferglut Und horch, schon jubeln
Babylons Vasallen, Vergessen ist die
Knechtschaft, Allen, Allen ... ... Die Schaaren jubeln, die den
Grundriß sehen, Vor Opferfreude, Stolz und
Zuversicht. Nur wen’ge, so die früh’re
Pracht geschaut, Des Volkes Greise weinen
überlaut: „Das ist Jehova’s altes
Wohnhaus nicht!“ |
Jeremias Klagel. 1 und ff. Wie
einsam sitzt die Stadt im Wittwenharme, Die
volkesreich der Lande Fürstin war! Die
Tochter Sion’s wühlt im losen Haar, Und
schmuckberaubt, geknechtet stöhnt die Arme: „Wo
weilt mein Hort, entführt vom Feindesschwarme? O
nehm’t, die ihr vorüberzieht, gewahr, Ob je
ein Schmerz so groß, so rührend gar? Wer
lös’t die Fesseln mir vom Fuß und Arme? Jehova
brach im Sturm die heil’gen Mauern; O
seht, die Tempelswege schweigen, trauern, Kein
Priester naht zum Opfer, zum Gebet. Ist
dies des Erdenrundes Stolz und Wonne? Die
Herrin, strahlend in der Schönheit Sonne? – Es
schüttelt, wer mich schaut, das Haupt und geht!“ - |
Jeremia’s Klage Auf Trümmern einsam sitzt im
Witwenharme, Die, reich an Volk, der
Lande Fürstin war; ... Geschändet und gefesselt
stöhnt die Arme: ... O nimm, der du
vorüberziehst, gewahr, Ob je so groß ein Schmerz,
so rührend gar? Ach keiner weilt, daß mein
er sich erbarme! Jehova brach im Zorn die
heil’gen Mauern, Die Pfade, die um Tempel
führten, trauern, ... Ich hieß des Erdenrundes
Stolz und Wonne, Die Herrin, strahlend in der
Schönheit Sonne – Jetzt schüttelt, wer mich
schaut, das Haupt und geht.“ |
Die
Bäume wollten einen König haben. Richt. 9. Die
Bäume wollten einen König haben, Den
Oelbaum wollten sie zunächst erheben. Der sprach:
„Soll ich mein reiches Fett hingeben, An
dem die Menschen sich und Götter laben?“ Der
Feigenbaum, der hieß sie fürbaß traben: „Was
fordert ihr von mir mein süßes Leben? Ich
mag nicht über euch als König schweben; Zählt
meine Frucht nicht zu den besten Gaben?“ „Ich
fühle mich geehrt;“ – so sprach die Rebe – „Doch
lieb’ ich meinen gold’nen Saft und strebe Nach
Amt und Kronen nicht und bunter Zier.“ Der
Dornbusch sprach: „Es kommt euch gut zu Statten; Bequemt
euch willig unter meinen Schatten, Sonst
geht verzehrend Feuer aus von mir.“ |
Joatham’s Parabel ... Und dachten erst den Oelbaum
zu erheben; Der sprach: „Soll ich mein
mildes Fett hingeben, ... ... ... Mich lüstet wenig über euch
zu schweben, ... ... ... Nicht Amt und Kronen an, noch
bunte Zier.“ Der Dornbusch sprach, ihm
kam die wahl zu Statten: ... ... |
Erheb’
dich, meine Freundin, meine Schöne. Hohel. 2. Erheb’
dich, meine Freundin, meine Schöne! Der
Winter floh, die Regen sind vergangen, O tritt
hervor in’s allgemeine Prangen, Daß
deine Schönheit Lenzesschönheit kröne. Erschließ
dein Ohr den süßesten der Töne, Die
je aus zarten Vogelkehlen drangen; Es
sproß’t und blüht, wohin die Blicke langen, Die
Taube girrt ein zärtliches Gestöhne. Die Rebe
weint und würzt die leisen Lüfte, Die
junge Feige hüllet sich in Düfte, Die
Welt ist all’ getaucht in Farb’ und Licht. Verlaß,
mein Täubchen, deine Felsenklüfte, Verlaß
dein Nest, beschirmt von Klippen dicht, Und
laß mich schau’n dein holdes Angesicht. |
Aus Salomon’s hohem Liede ... ... Und tritt hervor ins
allgemeine Prangen, ... Es sproßt und blüht, soweit
die Blicke langen, Die Taube girrt ein
zärtliches Gestöhne, Erschließ dein Ohr den
süßesten der Töne, So viel’ aus zarten Vogelkehlen
drangen. Die Rebe weint und würzt die
linden Lüfte, Die junge Feige schwillt und
athmet Düfte, ... ... ... Und laß mich schaun dein
lichtes Angesicht. |
Psalmen I. Jehova
donnert, der Gewaltige, Und
über Wasser rollt des Donners Schwere, Und
weithin dröhnet über alle Meere Des
Donn’rers Stimme, die nachhaltige. Sie
sprühet Flammen, tausendfaltige, Und
durchbraust die Wüste, daß sie gähre, Erschüttert
kreise, wild aus sich gebäre Gebirg’
und Hügel, vielgestaltige. Jehova’s
Stimme, die den Wald entblättert, Und
die die Cedern Libanons zerschmettert, Macht
Berge gleichwie junge Kälber springen. Erhaben,
furchtbar ist Jehova’s Stimme, Und
alles Leben bebt vor seinem Grimme, Läßt
er sie durch das Mark der Erde dringen. - |
Jehova ... Entlang die Wasser rollt des
Donners Schwere, Die Tiefen schütternd
schallt von Meer zu Meere ... Und Flammen sprühend,
tausendfaltige, Durchdröhnt sein Ruf die
Wüste, daß sie gähre, Befruchtet kreis’ und groß
aus sich gebäre ... ... ... ... ... ... Wenn er durch’s Mark sie
läßt der Erde dringen. |
II. An
Babel’s Strömen saßen wir als Knechte; Im
Herzen wühlte hoffnungsloses Sehnen, Von
uns’ren Augen trofen heiße Thränen, Und
krampfhaft ballt’ im Grimme sich die Rechte. O, Fluch
dem tempelräub’rischen Geschlechte! Geknechtet
auch die Seele mußten wähnen, Die
sprachen: „Rührt an eu’rer Harfen Strähnen Und
singt, bekränzt und salbt das Haargeflechte!“ Von
Sion ferne fröhlich sein und singen? Eh’vor
verlern’ die Rechte sich zu heben, Und
bleib’ die feile Zung’ am Gaumen kleben! An
Babel’s Weiden uns’re Harfen hingen, Zuweilen
nur mitklagend sie erwachten, Als
uns’rer Heimat, Salem’s wir gedachten. - |
An Babels Flüssen saßen wir als Knechte An Babels Flüssen saßen wir als
Knechte, Im Herzen siechte
hoffnungsloses Sehnen, Vom Auge troffen ungezählte
Thränen, ... ... Darf’s auch geknechtet unsre
Seelen wähnen? „Singt, Mägdlein, rührt an
eurer Harfen Strähnen. Bekränzt das Haupt und salbt
das Haargeflechte! Entfernt von Sion
Saitenspiel und Singen, Ehvor verlernt die Rechte
sich zu heben Und bleibt die feile Zung’
am Gaumen kleben! ... Mitklagend sie zuweilen nur
erwachten, Wenn unsrer Heimat, Salem’s
wir gedachten. |
III. Wo
berg’ ich mich vor Deiner Augen Helle? O Herzenkundiger!
Du weißt das Wort, Bevor
es von des Schweigens dunklem Port’ Ausfährt,
getragen von der Rede Welle. Erhöb’
ich mich zu Deiner Himmel Schwelle, Dich,
Herrlicher, Dich fänd’ und schaut’ ich dort; Und
hätt’ ich in den Abgrund mich gebohrt, Du
folgtest mir mit der Gedanken Schnelle. Und
flög’ ich auf der Morgenröthe Schwingen Und
hielte Rast am fernsten Meeressaum, Nicht
könnt’ ich los von Deiner Hand mich ringen. Und
hüllt mich Nacht in ihren Mantel dicht: Vor
Dir zerfließt die Finsterniß wie Schaum, Und
Nacht ist Licht vor Deinem Angesicht. |
Davidscher Psalm ... ... ... ... ... ... ... ... Entflöh ich auf der
Morgenröthe Schwingen ... ... Und leiht die Nacht mir
ihres Dunkels Dichte: ... ... |
Die
Weisheit Sprüch. 8 Bevor
die Erde hing im Ätherraum, Auf
Säulen sich erhob der Himmelsbogen; Bevor
der Sonne lichte Pfeile flogen, Und
schimmert’ ihres Pfühles Rosenflaum; Bevor
ein Damm gesetzt dem Wogenschaum, Der
Erde Höh’n die Grenze war gezogen; Noch
stand kein Baum, von gold’ner Frucht gebogen, Noch
quoll kein Born hervor zum Waldessaum: Da
war schon ich, von Ewigkeit geboren, Die
zur Vertrauten sich der Herr erkoren, Die
Tag für Tag auch seine Wonne war. Ich
spielt’ und hüpft’ auf seinem Erdenkreise, Der
Menschenkinder Zucht und kluge Weise War
meine Sorg’ und Freude immerdar. |
Die Weisheit Sprüch. 8 ... ... ... ... Noch war kein Damm gesetzt
dem Wogenschaum, Der Erde Höh’n die Grenze
nicht gezogen, ... Noch quoll kein Born hervor
zum Waldessaum: ... ... ... Ich hüpft und spielt’ auf
seinem Erdenkreise, ... War meine Sorg’ und Kurzweil
immerdar. |
Vanitas Pred. 1. Die
Sonne darf nicht ändern ihre Bahn, Sie
lechzt nach Ruh’ und kann sie nicht erreichen; Und
ob die Winde nord-, ob südwärts streichen, Sie langen
stets bei ihrem Ausgang an. Vom
Land in’s Meer, vom Meer auf’s Land sodann! Das
Wasser darf von dieser Norm nicht weichen; Im
steten Wechsel von Geburt und Leichen Spinnt
sich die Kette fort, wie sie begann. Was
jetzt besteht, schon einmal war es da, was
jetzt geschieht, schon einmal so geschah, Und
der Vergessenheit rollt Alles zu. Was
mühst du dich, mein stolzes Menschenkind? O
sieh, wie eitel deine Werke sind, Im
ew’gen Einerlei – ein Tropfen du! - |
Vanitas Pred.
1. ... ... Die Winde mögen nord- und
südwärts streichen, Sie langen wieder bei dem
Ausgang an. ... ... ... Spinnt sich das Leben
weiter, wie’s begann. ... ... ... ... Sieh zu, wie nichtig deine
Werke sind, Im Meer des Einerlei’s – Ein
Tropfen du! |