Hans Grasberger                    Sonette aus dem Orient

Carl von Birkenbühl                  

1836-1898

 

Von den einhundertfünfzig 1864 unter dem Pseudonym „Carl von Birkenbühl“ veröffentlichten

Sonetten wurden nur103, bearbeitet und in anderer Reihenfolge, in die späteren Ausgaben

unter Klarnamen übernommen. Die Reihenfolge folgt hier der Ausgabe von 1864.

 

1864

 

1873

See und Hafen

 

Strom im Meer

 

Wir fuhren auf der großen Wasserwüste,

So weit das Auge reichte, spiegeleben;

Kein grünes Eiland, keine ferne Küste,

Sogar kein Wölklein im Vorüberschweben!

 

Wie nun mein Herz sein großes Sehnen büßte!

Die weite Leere macht’ es zaghaft beben, -

O daß mich einer von den Bergen grüßte

Der Heimat, die so stolz zum Himmel streben!

 

Doch horch, ist’s eines Stromes Rauschen nicht?

Die träge Flut durchwühlt des Dampfers Rad

Und mächt’gem Strome gleicht der Wasserpfad.

 

Aufperlend kühlt der Schaum mein Angesicht –

Ich seh’ auf Wellenspiel, so brausend, schäumend,

Von deinen Wassern, grüne Heimat! träumend.

 

 

Meerfahrt

 

I.

 

...

...

...

...

 

...

...

...

Die kühn zum heimatlichen Himmel streben!

 

Doch horch, ist’s eines Flusses Rauschen nicht?

...

...

 

Aufperlend kühlt der Schwall mein Angesicht;

Ich starr’ in’s Wellenspiel, so kraus und schäumend,

...

An die Möwen

 

Seid mir gegrüßt! Ich folge gleichem Drang.

Das Meer beschaut ihr euch im raschen Fluge,

Die Flügel kühlend in der Flut, dem Zuge

Der Schiffe folgt ihr unermüdet lang.

 

Wenn uns vom liebgewordnen Strande zwang

Der Wind, ihr waret niemals im Verzuge;

Die sich zu weit gewagt, die minder Kluge,

Umklammert herzhaft eine Mastenstang’.

 

Ihr mahnet uns an nahe Sturmesstunde,

Wenn ängstlich euer Flug und schrill der Pfiff.

Und silberhell nicht glänzen eure Schwingen;

 

Ihr bringt uns nahen Landes frohe Kunde,

Ihr warnet treu uns vor dem falschen Riff

Und vor den Fluten, die das Wrack verschlingen.

 

 

Meerfahrt II.

 

...

...

Und netzt das Flügelpaar und folgt dem Zuge

der kühnen Menschenschifflein gern und lange.

 

Ob plötzöich vollsten Wind das Segel fange,

Ihr, Möwen, seid doch niemals im Verzuge.

...

...

 

Ihr mahnt uns an die nahe Sturmesstunde

...

Und matter glänzen eure Silberschwingen.

 

Ihr bringt von Land und Hafen frohe Kunde

Und warnt uns treulich vor dem falschen Riff.

Und vor den Wirbeln, die das Wrack verschlingen.

Hafenrast

 

Es naht der Dampfer, rein vom Ruß’ und Fette.

Bald rasseln laut der Ankerkette Glieder,

Geschäftig eilen Barken hin und wieder

Und zeichnen Bahnen auf die Spiegelglätte.

 

Es schlingt vom Boote sich der Rede Kette

Zum Deck hinan und vom Geländer nieder;

Matrosen, schmuck gekleidet, summen Lieder

Und rühmen ihre Fahrten um die Wette.

 

Sonntäglich heiter ist die Hafenrast

Und freudig schwankend tritt der Fuß an’s Land,

Wenn festlich sich verbrüdern Stadt und Mast.

 

Wen Stadt und Freunde nicht zum Molo riefen,

Der schaut in’s dunkle Meer vom Schiffesrand

Und schaut des Mondes Feuerhieroglyphen.

 

 

 

Meerfahrt VII.

 

Der Dampfer naht, vom Ruße rein und Fette,

Zum Grunde fährt die dreigezungte Hyder,

...

...

 

Vom Boote rankt sich der Begrüßung Kette

Zum Deck hinan, vom Deck zum Boote nieder,

Matrosen, schmuck gewichste, summen Lieder

...

 

...

...

...

 

und wenn dich keinerlei Sirenen riefen,

Belausch das Meer und schau vom Schiffesrand

Des Mondes Bild in Flammenhieroglyphen.

Addio!

 

Es dämmert; zögernd stoßt das Boot vom Lande.

Wie nahgerückt hier Gruß und Abschied sind!

Der Dampfer raucht, den Rauch entführt der Wind

Und ächzend steigt der Anker auf vom Sande.

 

 

Addio! ruft das Volk vom Molorande,

Hurrah, der Antwortruf, verhallt geschwind.

Wie rasch an Ruderkraft das Schiff gewinnt!

Nur lichte Punkte grüßen noch vom Strande.

 

Und wie nun aus der Bucht der Dampfer biegt,

Das Land wie Schatten in der Ferne liegt –

Da läßt das Auge selbst vom Schatten schwer.

 

Noch weidet sich der Blick an hellem Strahle,

Auf Klippen steht das leuchtende Fanale, -

Dann herrscht nur Nacht und Schweigen auf dem Meer.

 

 

Meerfahrt IX.

 

...

Wo Gruß und Scheiden sich zu nahe sind;

Schon qualmt der Schlot, den Rauch entführt der Wind,

Der Anker reißt sich ächzend los vom Sande.

 

Hurrah! vom Bord, Addio! her vom Strande,

Und Gruß um Gruß verweht, verhallt geschwind;

Der Ferne Dunkel macht das Auge blind,

Nur Punkte flimmern noch vom Molorande.

 

Und wie nun aus der Bucht das Schifflein biegt,

Nur noch ein Schatten auf den Schatten liegt,

Doch selbst vom Schatten läßt das Auge schwer.

 

...

Des über Klippen ragenden Fanale,

Dann dehnt sich Nacht und Schweigen übers Meer.

Delphine

 

Der Himmel grau und grau die Meeresbreite,

Nur silberweiß der Wellen krauser Saum!

Man unterscheidet Meer und Himmel kaum,

Und grauer Nebel hemmt den Blick in’s Weite.

 

Doch siehe, welch’ possierliches Geleite!

Delphine tauchen aus dem Wellenschaum;

Sie schlagen manchen kühnen Purzelbaum

Und weichen nicht von uns’res Schiffes Seite.

 

Vielleicht, um uns an nahen Sturm zu mahnen –

Selbst Möwen flogen rascher heut vorbei,

ihr Flug war scheu und gellend war ihr Schrei -;

 

Auch mögen sie, den alten Ruf zu wahren,

Schiffsfreundlich und gesellig sich gebahren –

Wie, sollten sie an Bord den Sänger ahnen?!

 

 

Regen

 

Es rauscht ringsum; ein Sündflutregen fällt,

Und ihn empfängt des Meeres weites Becken;

Den Himmel schwarze Wolken dich bedecken,

Von keinem Sterne wird die Nacht erhellt.

 

Der Seele bangt, der Mut ist all zerschellt,

Wenn Tropfen, plätschernd auf das Deck. dich wecken:

Was dich umgibt – ringsum derselbe Schrecken,

Es sinkt ein zweites Meer vom Himmelszelt!

 

Das Meer, träuft auch der Regen schwer und dicht,

Es wächst von Milliarden Tropfen nicht:

 

Hui! da erstarret der Gedank’ im Hirne,

Und kalter Schweiß entpreßt sich deiner Stirne,

Und Ahnungsschauer rieselt durchs Gebein –

Unendlichkeit! – Wie ist der Mensch so klein!

 

 

Meerfahrt III.

 

Die Nacht ist schwarz, von keinem Stern erhellt,

Kein Blick durchmißt der Finsternisse Strecken;

Es braust und prasselt, Sündflutregen fällt,

Es saugt ihn auf des Meeres weites Becken.

 

Weil Tropfen, plätschernd auf das Deck, dich wecken,

Erbangst Du, Herz, und ist dein Mut zerschellt?

Mehr ängstigt dich: ringsum derselbe Schrecken,

Es rauscht ein zweites Meer vom Himmelszelt!

 

Wer denkt es aus mit menschlichem Gehirne?

Das Meer, und rauscht der Regen voll und dicht,

Es wächst von Milliarden Tropfen nicht!

 

Hu, kalter Angstschweiß rieselt von der Stirne

Und Ahnungsschauer fröstelt durch’s Gebein:

Unendlichkeit! – o Mensch, wie bist du klein!

 

Begegnung

 

Wenn Meer und Himmelswölbung sich berühren

Und eine Linie kaum die Grenze zieht:

Wie schweift das Aug’! Ob es sich müde sieht,

Kein Halt ist ob den Wassern zu erspüren.

 

Entmuthigt sinkt der Blick. Doch sieh, es führen

Schiffsleute Gläser an das Augenlid:

Es naht ein Punkt, der wieder jäh entflieht,

Doch deutlicher sich bald beginnt zu rühren.

 

„Ein Schiff in Sicht!“ Und alle Blicke langen

Nach ihm, und weiße Segel, Masten, Stangen

Erscheinen nun, die stolze Flagge vorn’.

 

Ein Schiffergruß! Als Antwort scholl ein zweiter;

dann glitt der Segler haltlos, ruhig weiter,

Ein Riesenschwan, nach Stambuls goldnem Horn.

 

 

Meerfahrt V.

 

...

...

...

Kein Halt ist ob den Wassern aufzuspühren.

 

Entmuthigt sinkt der Blick ... doch siehe, führen

Schiffsleute Gläser nicht ans Augenlid?

Es naht ein Punkt der wieder schnell entflieht,

...

 

...

...

Erscheinen und die stolze Flagge vorn.

 

...

...

...

Morgen-Nebel

 

Ein Meer von Nebel auf dem Wassermeer!

Es ist das eine naß, das andre feucht;

Das eine braust, indeß der Dampfer keucht,

Das andre woget lautlos drüber her.

 

An deinen Wimpern hängt es trüb und schwer.

Wo weilt das Licht, das Nacht und Nebel scheucht?

Der Mast, er ist nur mehr ein Strunk; dich deucht,

Es sei das Schiff ein halbes Schiff nur mehr.

 

 

Wie schnell in Nebel Jener sich verlor,

Und schritt ja doch nur wen’ge Schritte vor! –

 

Bleibt eng und traulich auf dem Deck geschaart;

Umgeben oben, unten, ringsumher

Von dichten Nebeln, grausem Flutenmeer

Ist ganz und gar auch unsre Lebensfahrt.

 

 

Meerfahrt VI.

 

...

Das ein’ ist naß, das andre, leichtre, feucht;

Das eine braust zum Bord empor, der keucht,

Das andre wälzt sich lautlos drüber her.

 

An allen Wimpern hängt es trüb und shwer,

...

Sieh hin und sag, was Schiff und Mast dich deucht.

Der Mast ein Strunk, das Schiff ein Wrack nur mehr.

 

Bleibt eng und traulich auf dem Deck geschaart-

Wie Jener schnell im Dämmer sich verlor,

Und schnitt von uns nur wen’ge Schritte vor!

 

Wie diese, so des Menschen Lebensfahrt,

Umgeben oben, unten, ringsumher

Von grauen Nebeln, grausem Flutenmeer.

 

Das war die schönste Nacht der Wasserfahrten

 

Das war die schönste Nacht der Wasserfahrten!

Auf breitem Decke sich die Freunde schaarten

Entflohen den Cajüten, dumpfigschwer;

Es lag ein gold’ner Regen auf dem Meer.

 

Und nur ein Rückstrahl war’s, den wir gewahrten,

Von neuen Sternen, die sich offenbarten. –

Bald strömten deutsche Chöre, sinnig, hehr,

Das Wasser rauscht’, als ob’s der Nachhall wär’.

 

Und Lied um Lied; man ließ zu heit’ren Weisen

Von Hand zu Hand die Mandoline kreisen:

 

Ein feurig Lied, wie an Neapels Strande!

Und ein’s in prächtig spanischem Gewande!

Zuletzt des Griechenliedes helle Töne

Gemahnten mich an Hellas’ Licht und Schöne.

 

 

 

 

 

Maris stella

 

Ich lag auf stillem Decke, zugekehrt

Den wachen Blick den gold’nen Sternengleisen;

Gen Norden scheint die Lichterschar zu reisen,

Indes der schwarze Dampfer südwärts fährt.

 

Die schnelle Fahrt, wie lange sie doch währt!

Die Sehnsucht eilt voraus auf Schwingen, leisen,

Die Nacht vermag sie nicht zurückzuweisen –

Dort liegt das Land der Bibel, sonnverklärt! –

 

Vom Maste strahlt ein Lichtlein in die Nacht,

Zum Baume wird der Mast mit Raa’n und Tauen,

An dessen Rindenbrust ein Bild zu schauen,

Ein heilig Bild, davor das Lämpchen wacht!

 

Da staunt das Aug’ und betend lallt der Mund:

„Du gibst dich, Meeresstern! dem Pilger kund.“

 

 

 

 

 

Quarantaine

 

Wir sind im Hafen. Deutlich unterschieden

Am Molo wogt das Volk in bunter Tracht;

Es grüßt der Thürmchen, Kuppeln heitre Pracht,

Es lockt die goldne Frucht der Hesperiden.

 

Schon kehren Boote wieder, die erst schieden,

Und nehmen freudig auf der Segler Fracht; -

Bei uns nur legt nicht eines an. Die Nacht

Beginnt, wir sind vergessen, sind gemieden.

 

Auf uns’rem Decke gähnt die Langeweile;

Kein Kahn, daß er mit uns hinübereile,

Wird losgebunden, keine Brücke sinkt.

 

Die gelbe Flagge, die vom Maste weht,

Erzählt, wie träg’ ein Tag zu Ende geht,

Wie’s drüben Nachts von tausend Lichtern blinkt.

 

 

Meerfahrt VIII.

 

Quarantaine

 

...

...

Der Thürmchen grüßt, der Kuppeln heitre Pracht,

Und golden lockt die Frucht der Hesperiden.

 

Die Boote kehren wieder, die geschieden,

...

...

...

 

...

...

...

 

Der gelbe Wimpel, der vom Maste weht,

Gibt kund, wie träg uns hier ein Tag vergeht,

Der drüben noch in tausend Lichtern blinkt.

Idylle

 

I.

 

Wie horcht ich auf mit innigem Behagen!

Aus schönem Munde schöne deutsche Laute!

Ein blaues Auge mir entgegenschaute,

Als ich „Aus Deutschland, Sie?“ begann zu fragen.

 

Sie trat auf’s Deck, sobald der Morgen graute,

Und schritt an meiner Seite ohne Zagen;

Wir hatten viel einander bald zu sagen –

Noch klingt im Ohre mir der Ton, der traute.

 

Wir sahen auf zur goldnen Schaar der Sterne

Und auf die goldne Saat auf dunklem Meere

Und fühlten vor den Wellen uns geborgen.

 

Wir sprachen, wie die Heimat nun so ferne,

Wir tauschten „Guten Abend“! „Guten Morgen!“

So warm, wie’s kaum daheim geschehen wäre.

 

 

II.

 

Mathilde stieg nach grauser Sturmesnacht

Auf’s Deck, ihr sanftes Antlitz angstgebleicht,

Das Auge trüb, die Schritte schwankend sacht;

Sie nahm den Arm, zur Stütz’ ihr dargereicht.

 

Der goldnen Flut entschwebt in stiller Pracht

Die Sonn’, ein Schauspiel, dem kein and’res gleicht;

Auf Wellen glänzt ihr Bild vertausendfacht,

Wie weggehaucht der Nebelschleier weicht!

 

Des Mädchens feuchtes Auge klärte sich,

Die Wangen prangten wieder schön und jung,

Auf denen erst noch Todesblässe war;

 

Die Stunde war so hehr und feierlich,

So schwesterlich war uns’rer Seelen Schwung,

Als sollten wir uns trennen nimmerdar.

 

 

III.

 

Vor unsren Blicken lag die Hafenstadt*

Auf sanftem, halbmondförmig-grünem Kissen;

Die grünlichblaue Flut war völlig glatt,

Kein Strich am Spiegelbilde zu vermissen.

 

Es glänzt der Schnee wie Silber, strahlensatt,

Vom Haupte Libanons, aus Seitenrissen;

Wie sehr die Wüste sich genähert hat,

Läßt uns ein schmaler Streifen Goldes wissen.

 

An fremden Masten, weißen Segeln hing

Mein Aug’ und sog die Licht- und Farbenpracht, -

Mathilde weint, sie fühlt ihr Herz beschwert;

 

O daß sie von der Heimat Fluren ging!

Die Heimatliebe pocht mit aller Macht –

Noch bist du, Deutschland! solcher Thränen werth.

 

*Beirut

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meerfahrt IV.

 

Mathilde stieg nach grauser Wetternacht

Auf’s Deck, das Angesicht noch angstgebleicht,

...

Sie nahm den Arm, zur Stütze dargereicht.

 

...

...

...

...

 

...

Die Wangen glühten wieder schön und jung.

Zu heller Loh’ erglomm das blonde Haar.

 

Die Stunde war so reich und feierlich,

So frei, so eins war unsrer Seelen Schwung,

...

Smyrna

 

I. - Smyrna ist die Stadt der schönen Frauen

 

Schon längst sind hier verrauscht Homers Gesänge

Und dürftig fließt die ihm geweihte Quelle.

O Himmel! Meer! so schön, wie einst, so helle!

O daß auch noch Alt-Hellas’ Sprache klänge!...

 

„Erst flieh’ der Frankenstraße laut Gedränge,

Dann zög’re an der Häuser kühler Schwelle;

Die Sonne sinkt, es buhlt mit ihr die Welle,

Es schwebt ein Zephyr durch der Lauben Enge:

 

Das ist der Frauen süße Plauderstunde.

Ihr Blick, er kommt wie Amors Pfeil geflogen

Von schmaler Brauen ebenschwarzem Bogen.

 

Es überkommt dich wundersame Kunde

Und Helena ist hundertmal zu schauen –

Denn Smyrna ist die Stadt der schönen Frauen.“

 

 

II. - Die Karawanenbrücke

 

So kehrten einst von Bagdad die Kamele,

Ein langer, stiller Zug mit reichen Waren!

Der Führer sann, wie er daheim erzähle,

Was Neues er geschaut und was erfahren. –

 

Von Thälern, denen Nichts zum Eden fehle,

Von Städten dort, wo jüngst noch Zelte waren,

Von Gärten und Palästen, wunderbaren,

Erzählt er, süß berauschend jede Seele.

 

Er würzt die Nacht in bilderreicher Rede

Mit Märchen, schönen Lippen abgelauscht,

Mit Sprüchen, in den Schulen eingetauscht.

 

Bereichert ging der Karawanen jede;

Doch weiter drang, als je Kamele kamen

Verherrlicht Harun des Gerechten Namen.

 

 

 

Smyrna

 

I.

 

...

Und dürftig fließt, nach ihm genannt, die Quelle.

O Meer, O Himmel, ewig schön und helle,

O daß hier noch Alt-Hellas’ Sprache klänge!

 

...

...

...

Zephyre schweben durch der Lauben Enge.

 

...

...

...

 

Dich überkomt’s wie wundersame Kunde

Und hundertmal ist Helena zu schauen,

...

 

 

II. – Auf der Karawanenbrücke

 

...

...

Der Führer sann, welch blumig Wort er wähle

Für das, was Neues er geschaut, erfahren.

 

...

...

Von des Khalifen Haus und Höflingsschaaren

...

 

...

...

...

 

...

...

...

Rhodus

 

I. – Die Palme

 

In rechter Hand die helle Schifferleuchte,

So stand der Erzcoloß als Hafentor,

Daß unter ihm sich jeder Mast verlor,

Der fernher Wolken gar zu streifen deuchte.

 

ihm netzte nicht die Hüften Staub, der feuchte,

Warf sich die Brandung zorngemut empor. –

Kaum fand das Felsenpiedestal sich vor,

Als unser Dampfer ankernd hier verkeuchte!

 

Noch sann ich nach dem ernsten Zeitenspiel,

Denn auch die stolze Kreuzesflagge fiel

Vom Thurm, auf dem sich jetzt der Halbmond wiegt:

 

Da grüßet mich, verscheuchend meinen Gram,

Die erste Palme, deren schräger Stamm

Sich an die alte Hafenmauer schmiegt.

 

 

II. – La strada de’ cavalieri

 

Sag an, wo sind, die dir den Namen gaben?

Noch künden selbst vergeßne Wappenschilder,

Steindiademe, Stern- und Löwenbilder

Geschlechter, längst verschollen, längst begraben.

 

Den Gang entlang kein muthig Pferdetraben!

Kein Troß und Waffenlärm, kein kampfeswilder!

Und auch kein Hospital, mit christlich milder

Geschäftigkeit die Blutenden zu laben!

 

Die ganze Gasse – wie ruinenschaurig!

Verödet ist der Saal und stumm und traurig,

Drin Ritter einst beim Siegesmahl gesessen.

 

Erker, noch immer nicht zu Fall gebrachte!

Gewiß, ihr habt nicht gänzlich schon vergessen

Des Helden, der Soleiman zittern machte.

 

 

III. – Das Meer

 

Ein halber Thurm! Wie früh, wie spät es sei,

Das künden dir am Zifferblatte keine

Belebten Zeiger. Wildgehäufte Steine

Und Schutt ringsum, und Säulen, längst entzwei!

 

Zuweilen schleicht vermummt ein Weib vorbei,

Zuweilen streckt ein Hund von sich die Beine,

Und wärmt ein Esel sich am Sonnenscheine,

Zuweilen dringt aus Knabenmund ein Schrei. –

 

Das Meer behielt den alten Rauschegruß;

Die Wellen nah’n, von größ’ren überholt,

Und netzen deinen allzukühnen Fuß.

 

Und ob das Aug’ an Trümmern sich entsetze,

Stets neue Segel werden aufgerollt,

Und bald erblühen neue Stapelplätze!

 

 

IV. – Vier Bildchen

 

Das mußte mich mit der Cajüt versöhnen! –

Im gastlich off’nen Hafen liegen wir,

Durch der Cajüte Seitenluken vier

Erglänzt die Stadt in hellen Farbentönen;

 

Und Wölklein zieh’n, den Anblick zu verschönen,

ihr letztes Gold verstrahlt die Sonne schier:

Da bieten reizend sich vier Bildchen mir,

Wie solche jedes matten Stiftes höhnen:

 

Das Fort mit seiner Flagge, farbenprächtig –

Und die Moschee mit Thürmen, hoch und schmächtig –

Der Landungsplatz, der volk- und waarenreiche –

Der Mühlen geisterhaft bewegte Speiche! –

 

Wohl wären die ovalen Bildchen hier

Im kahlen Zimmerchen die schönste Zier. -

 

 

Rhodus

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

I. – Die Ritterstraße

 

...

...

...

...

 

...

Kein Troß im Hof, kein Lärm, kein kampfeswilder,

Kein stilles Hospital, bedacht mit milder

Behendigkeit die Blutenden zu laben!

 

...

...

...

 

Doch Erker, einzig nicht zu Fall gebrachte!!

...

Des Häufleins, das den Islam zittern machte.

 

 

II. – Schutt und Leben

 

Ein halber Thurm... ob früh, ob spät es sei,

Verkünden auf dem Zifferblate keine

Belebten Zeiger ... ringsum Schutt und Steine,

Draus manche Säule ragt, doch längst entzwei!

 

...

Im Schatten streckt der Hund von sich die Beine,

Indeß sich Langohr wärmt am Sonnenscheine,

Zuweilen dringt aus Kindermund ein schrei.

 

Doch horch dem Meer, dem alten Rauschegruß!

So hat es schon gelockt und so gegrollt,

Als noch der Gischt genetzt Aubusson’s Fuß.

 

Ob dort das Aug’ an Trümmern sich entsetze,

Hier werden neue Segel aufgerollt,

...

 

Berytus

 

Die Cedern

 

Die Cedern auf dem Libanon, sie trauern,

Den Winden klagen sie ihr tiefes Leid:

„Als Mahner an die alte, goldne Zeit,

Wer hieß uns hier Jahrtausend’ überdauern?

 

In Schutt, gebrochen liegt der Trotz der Mauern,

Die Häfen gähnen, und dem Meer, so weit

Es blaut, erzählt kein Bruderstamm, geweiht

Der Flut, von Libanon’s erhab’nen Schauern.

 

Jehova’s Tempel sank, als dessen Stützen

Wir von den Bergen eilten; die Propheten,

Die Könige ruh’n mit festgeschloß’nem Munde;

 

Ihr Lied und unser Ruhm verklang. – Was nützen

Uns ew’ge Jugendsäfte? Völker treten

Vom Schauplatz, echogleich verhallt die Kunde!“

 

 

Die Cedern auf dem Libanon

 

 

 

...

Den Winden klagen sie das tiefe Leid:

„Als Mahner an die starke, goldne Zeit

...

 

...

Der Hafen gähnt – dem Meer, so weit und breit

Erzählt kein Bruderstamm, als Mast gefeit,

Von uns, von Libanons erhabnen Schauern!

 

Dahin Jehova’s Haus, als dessen Stützen

...

Die Kön’ge ruhn mit längst geschloßnem Munde;

 

und unser Ruhm erstarb mit ihnen – nützen

...

...

Sydon und Tyrus

 

So rauschte wie ein Königsmantel, blau,

Das Meer, - ein goldner Saum der Dünensand –

Als Sydon noch, des Meeres Fürstin, stand

Und Schätze fernster Länder bot zur Schau.

 

Von Tyrus, das den stolzen Mutterbau

Beschämt’ und Alexandern widerstand,

Nun an dem kahlen, wellenförm’gen Strand

Nur wen’ge Hütten melden, ärmlich grau. –

 

Ich stand an einer Palme durrem Schaft

Auf einem Todtenacker, eingehegt

Von längst geborst’nen und zerfall’nen Mauern.

 

Vom Genjus der Geschichte hingerafft

Fühlt sich in ernstes Sinnen, tiefes Trauern,

Wer um den Glanz der Vorzeit ihn befrägt. -

 

 

 

Sydon und Tyrus

 

Noch rauscht das Meer, ein Königsmantel blau –

Ein goldner Saum daran der Dünensand - ,

Wie damals, da die Veste Sydon stand

...

 

Von Tyrus, das der stolzen Mutter Bau

Beschämt’ und Alexandern widerstand,

Am kahl gefegten wellenförmgen Strand

Nur Fischerhütten melden, ärmlich grau.

 

Ich stand auf einem Friedhof, eingehegt

Von Dorngestrüpp und halbzerfallnen Mauern,

Und lehnt’ an einer Palme dürrem Schaft.

 

Wer nach der Vorzeit Glanz und Heimat frägt,

Der fühlt in Sinnens Ernst und großes Trauern

Vom Geiste sich der Menschheit hingerafft.

Die Wüste

 

Die Pyramide

 

I.

 

O Königspyramid’! Im Morgenschein

Bist du ein Erzkolossus im Erglühen;

Geschmolzen Erz, d’raus Lichtesfunken sprühen,

Die Wüste rings, und Erz das Felsgestein!

 

Ein Nebelschleier hüllet Nachts dich ein,

Der rosig leuchtet in den Tagesfrühen

Und jeden Abend purpurn will verblühen;

Er weicht dem S’mum, der Mittagsglut allein.

 

Es dehnt dein Schatten, ist der Mond erwacht,

Sich über starre Fluten Sandes hin,

Als wolltest du dem bleichen Licht entfliehn.

 

Wahrhaftig groß bist du in Mondesnacht,

Und hehr und werth, o Pharaonenmal,

Daß sich verdopple deiner Jahre Zahl.

 

II.

 

Erklettert hab ich deine Stufenwände,

Wie’s Andre freventlich vor mir gewagt;

Dahin sind längst, die ehrfurchtsscheu gezagt

Dem Werk zu nahen ihrer frommen Hände!

 

Ich grüß euch, Palmen, die ihr Datteln tragt,

Dich Nil, verborgner Gottheit Segenspende,

Oasenland, dich reiches Stromgelände,

Dich, Stadt, von hundert Kuppeln überragt!

 

Könnt’ ich den Stift in eu’re Farben senken,

Und wollt’ ein Genius die Hand mir lenken,

Ich schüf’ ein Bild zu Aller Augenweide:

 

Des Niles Eden rechts, und links die Wüste,

Und hingestellt als Markstein zwischen Beide

Der Pyramide riesig Schaugerüste.

 

 

Die Wüste

 

Die Pyramide

 

I.

 

...

Ein erzener Kolossus im Erglühen!

...

Ist rings der Sand und Erz der Felsenrain.

 

In leichte Schleier hüllt der Nil dich ein,

Die rosig dämmern in den Tagesfrühen

Und purpurn mit dem Abendroth verblühen;

Die Mittagssonne schaut dein nackt Gestein.

 

Dein Schatten dehnt sich, ist der Mond entfacht,

Weit über starre Fluten Sandes hin,

...

 

Bist wahrhaft groß in solcher Vollmondsnacht

...

...

 

II.

 

...

...

Denn Staub sind längst, die frommen Sinns gezagt

Dem größten Werk zu nahn der eignen Hände.

 

Ich grüß euch, Palmen, so ihr Datteln tragt,

...

...

...

 

...

...

Ich schüf ein Bild zu schönster Augenweide:

 

...

...

...

Die Sphinx

 

I.

 

Am Nile lebt’ – es sind viel tausend Jahre –

Ein Mädchen schön, mit kunstgewob’nen Flechten,

Mit Augen, Sternen gleich in dunklen Nächten,

Mit stumpfem Näschen, süßem Lippenpaare.

 

Und Alles hielt gebannt die Wunderbare.

Doch sie zerriß mit Künsten, grausam schlechten,

Jed’ Herz, in Lieb entbrannt, in Zucht und Rechten,

Und warf es hin wie Tand, wie leichte Waare.

 

Sie ward zu Stein dafür; ein riesig Bild

Ist sie, bewehrt mit grausen Löwenklauen,

Am glühend heißen Wüstensaum zu schauen.

 

Jahrtausendlang nun schon der Zauber hielt! –

O Mädchen, nimm dies Schicksal dir zu Herzen;

Mit treuer Lieb’ ist niemals gut zu scherzen.

 

 

II.

 

Sahara’s Kind und Königin zugleich!

Du hast die Wüsten unruhvoll durchzogen;

Der königliche Leu war dir gewogen,

Dein Pfühl war die Oase, kühl und weich.

 

Doch hehre Lust befiel die Liebe gleich

Dein Herz, zu schauen, wo am Himmelsbogen

Empor der Sonne frühste Strahlen flogen,

Zu schau’n der Sonne lichtes Freudenreich.

 

Die Sehnsucht trieb dich an den Wüstensaum;

Hier sahst du Menschen, Menschen-Thun und –Sitte,

Des Landes Pracht, den Nil in seiner Mitte –

 

Das war der Sonne Reich! das war dein Traum!

Dein Herz, wie konnt’ es solch’ Entzücken tragen?

Wie sollt’ es länger noch in Sehnsucht schlagen? -

 

 

III.

 

Du trägst ein frohes, lichtes Menschenhaupt,

Des Segens Fülle bergen deine Brüste;

Doch ach, du bist zur Hälft’ ein Tier der Wüste,

Dein Rücken ist vom Wüstensand bestaubt!

 

O Königsmaid! Ja, wer die Lösung wüßte!

Du starr’test wohl nicht länger sprachberaubt,

Ein Eden sproß’te wieder, kühlbelaubt,

Und du erwachtest, Schöne, Süßbegrüßte!

 

Doch, steinern Räthselbild, der Zauber hält!

Ich steh’, ein Zwerg, vor dir in tiefstem Sinnen,

Die rechte Deutung such’ ich zu gewinnen: -

 

Cultur, du Leuchte, die den Geist erhellt,

Die du den Sohn der Wildnis reich gemacht,

Du hast um Freiheit ihn und Kraft gebracht! -

 

 

 

Die Sphinx

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

I.

 

...

...

...

...

 

Doch hehre Lust befiel, der Liebe gleich,

Dein Herz, zu schaun, wo früh am Himmelsbogen

Empor der Sonne goldne Strahlen flogen,

...

 

Die Sehnsucht trieb dich an der Wüste Saum,

Hier sahst du Menschen, Menschenthum und Sitte,

...

 

Das war der Sonne Reich, dein schöner Traum!

...

...

 

 

II.

 

...

...

Und bist zur Hälfte doch ein Tier der Wüste,

Dein Rücken ist vom rothen Sand bestaubt.

 

Ja, Kind der Wildniß, wer die Lösung wüste!

Du starrtest dann nicht länger sprachberaubt,

...

Du regtest dich, erwachtest, Süßbegrüßte!

 

O Räthselbild, für ewig hingestellt,

Ich steh, ein Zwerg, vor dir in ernstem sinnen,

Läßt eine Deutung sich dir abgewinnen?

 

...

Sie, die den Sohn der Wildniß reich gemacht,

Sie hat um Freiheit ihn und Kraft gebracht.

Eine Karawane im Vorüberzieh’n

 

Der Führer saß auf hohem Dromedar,

Auf bunter Decke, gold- und quastenreich;

Der Turban roth, des Kleides Streifen gleich

Und seidenblau der faltige Talar.

 

Zum Gürtel floß des Bartes Silberhaar,

Das Antlitz ruhig, ernst und mild zugleich; -

Dem schweigenden Begängniß einer Leich’

An Ruhe glich der Wüstenwand’rer Schaar.

 

Es spickten wohl den Gurt Pistolen, Dolche,

Doch drohte mehr der Männer Blick, als solche.

 

Wir mochten fremd der Karawan erscheinen;

Ich suchte mir ihr Bildnis festzuhalten,

Mir war beim Anblick jenes edlen Alten,

Als schaut’ ich noch der Patriarchen Einen.

 

 

 

Vorüberziehende Karawane

 

...

Auf rother Decke, gold und quastenreich,

Das Antlitz mächtig, ernst und mild zugleich,

Zum Gürtel floß  des Bartes Silberhaar.

 

Vorüber zog der Wüstensöhne Schaar

Auf braunem Sande buntem Streifen gleich,

So feierlich der Trab, so leis und weich,

Als ob sie folgten einer Todtenbahr.

 

Wohl spickten ihren gurt Pistolen, Dolche,

...

Wie mußten fremd den Fremden wir erscheinen!

 

...

Mir war beim Antlitz jenes schönen Alten,

...

Geier

 

Die Sonne, blendend hell zurückgestrahlt,

Verrieth und der Kamele schneller Traben,

Daß Wasser nah; wir lechzten, uns zu laben –

Ein fauler Sumpf benahm den Wahn uns bald.

 

Zwölf Geier, an Gefieder mannigfalt,

Mit nackten Hälsen, die Cystern’ umgaben

Und schlürften aus dem schlammgefüllten Graben,

Mißgönnend unsren Tieren Tränk und Halt.

 

Sie schwärmen lautlos, wie’s der Wüste eigen,

Um unsre Häupter, und es wirkt beklemmend

Ihr ernstes Kreisen und den Athem hemmend. –

 

Es führt in träger Luft die Geierschaar,

Vom Aeserfraße satt, den Todesreigen,

Der grauenvoller als die Wüste war.

 

 

Geier

 

...

Verriet uns Wassers Nähe: schneller traben

Die Gäule, wir auch lechzten uns zu laben –

...

 

...

...

...

...

 

...

...

Dies dumpfe Kreisen, und den Athem hemmend.

 

Von Aesern sat vollzog die Geierschaar

In stummen Lüsten einen Todesreigen,

...

Mondnacht

 

 

Zu fahlem Schimmer wird das heit’re Licht

Des Mondes, über Wüstensand ergossen.

Es wagt der Fuß vom Lager der Genossen

In’s große Schweigen wen’ge Schritte nicht;

 

Dich schreckt dein Athem, der es unterbricht.

Das Dromedar, es kehrt zurück, verdrossen,

Weil rings umher ihm kein Gestrüpp ersprossen,

Und drängt verstört sich an die Zelte dicht.

 

Ein ries’ger Todtenacker ist die Wüste,

Und Pyramiden formen Wind und Sand;

Bedeckt, entblößt liegt bleichendes Gerippe:

 

O Schauder! Wenn ich hier verderben müßte!...

Im Zelte kreis’te hell von Lipp’ zu Lippe

Der Cyperwein, und jedes Schreckbild schwand.

 

 

Eine Mondnacht

 

Zu fahlem Dämmer bleicht das heitre Licht

...

Kein Schatten kommt in’s Schimmergraun geflossen,

In’s große schweigen nur dein Athem bricht.

 

Dein Fuß, er wagt vom Lager der Genossen

Ins Oede, Leere wen’ge Schritte nicht,

Und wie dein Adlerblick zu Boden kriecht,

Dem doch Unendlichkeit sich rings erschlossen!

 

Ein weiter Totenacker ist die Wüste –

Wie lange harrt das nackende Gerippe,

Daß ihm den Hügel schichte Wind und sand?

 

...

...

...

Der Kakusin

 

Dem Goldstaub’ glich der Wüste feiner Sand,

Die Sonne streifte scheidend d’rüber hin;

Doch keinen Ruhepunkt das Auge fand –

Ein endlos Einerlei, das tödtend schien!

 

Da plötzlich nordwärts ohne Widerstand

Mit heißen Schwingen stürmte Kakusin;

Ein Leben, kühn, gestaltungsreich, entwand

Der starren, todten Wüste sich durch ihn.

 

Das Körnlein Staub rückt nachbarlich zu andern,

Sie eilen arabeskenartig fort;

Ja, mehr noch! Ganze Hügel Sandes wandern,

Sie wachsen, hier zerstäubt, zum Berge dort.

 

Doch was er heut’ gethürmt und aufgerichtet,

Das hat der Stürmer morgen schon vernichtet.

 

 

Der Kakusin

 

Wie Goldstaub war der Wüste feiner Sand,

...

...

...

 

...

Mit heißen Schwingen raste Kakusin,

Ein Leben, kühn, gestaltenreih, entwand

Der regungslosen Wüste sich durch ihn.

 

Ein Körnlein rückt erst nachbarlich zum andern,

Dann eilen in Mäandern tausend fort,

Und mehr noch, mehr, Lawinen Sandes wandern!

 

Doch was er heut entführt und aufgeschichtet,

Die Wellenhügel hier, die Berge dort,

...

Die Beduinen

 

I.

 

Wie Sturmesmöwen über Meere fliegen,

Durchjagt der weiße Burnus braune Strecken, -

Der Wüste Poesie, ihr großer Schrecken

Gleich jenen Zelten, die im Thale liegen.

 

Noch weiden Rinder auf der Trift und Ziegen;

Du wirst sie morgen kaum mehr hier entdecken.

Geplündert melden jene Dörfer, Flecken

Vom Zug der Wüstenmänner, ihren Siegen.

 

Sich zinsbar halten sie die ganze Welt,

Mit ihrem Lager zieht vom Saatenfeld

Das zarte Grün, die Frucht, der Erntesegen.

 

Doch heilig wird der Handschlag noch geachtet,

Und wenn der Wand’rer einsam schier verschmachtet,

Sie laben ihn auf ihren schnellen Wegen.

 

 

 

 

 

Beduinen

 

...

...

Der Wüste Poesie, der Wüste Schrecken –

Im Wady seine dunklen Zelte liegen.

 

...

Der Morgen wird sie kaum mehr hier entdecken,

...

...

 

...

...

Das zarte Grün, der Ernte reifer Segen.

 

...

...

...

II.

 

Ein reiches Dromedar wird vorgeführt,

Gefeit mit Talisman und Amuletten;

Die Jungfrau ist’s, die sich das Thier erkürt,

Des Stammes Schönste will darauf sich betten.

 

Sechs Männer sind der Jungfrau Hort und Hürd’,

Bereit, sie aus der Feinde Schaar zu retten,

Das Leben gar an ihr Geschick zu ketten

In Huld, wie’s einer Königin gebührt.

 

Die Stammgewählte sitzt im Rath der Männer,

Zu Boten wählet sie die schnellsten Renner

Und ihrem Worte lauschet jedes Ohr.

 

Der schmählich seine Königin verlor,

Geächtet ist der Stamm, verfehmt, verbannt;

Sein Name wird fortan nicht mehr genannt.

 

 

 

Eine Wüstenkönigin

 

...

Mit Talisman gefeit und Amuletten,

Des Stammes schönste will darauf sich betten,

Wie stolz das Thier die stolze Last verspürt!

 

Sechs Männer sie zu Schutz und Diensten kürt,

Bereit, sie durch der Feinde Schwarm zu retten

Und Gut und Blut an ihren Wink zu ketten,

Sie wissen, was der Königin gebührt.

 

Die Heldenjungfrau sitzt im Rath der Männer,

Zu Boten ordnet sie die schnellsten Renner

Und ihrem Worte horcht der weisen Ohr.

 

...

Geächtet ist der stamm, verfehmt, gebannt,

...

Sieg über Amalek

                II. Mos. 17.

 

In Raphidim kam Amalek zu streiten

Mit Israel. Und Moses stieg bergan

Mit Hur und Aaron, hob zu beten an

Und seine Hände betend auszubreiten.

 

Und wie er flehend sie erhob, begann

Der Feind verwirrt zu fliehn nach allen Seiten;

Doch wie die Arme müde niedergleiten,

Hat Amalek die Übermacht fortan.

 

Da rücken Hur und Aaron einen Stein

Herbei und stützen knieend Mosis Hände

Und lehnen Gottes Stab in seine Rechte.

 

Und Moses wird nicht laß an Arm und Bein;

Er betet sitzend, bis der Tag zu Ende.

Bis Israel obsieget im Gefechte. -

 

 

Moses I.

 

 

Nach Raphidim kam Amalek zu streiten

Mit Gottes Volke; Moses stieg bergan

...

Und Hand und Arme flehend auszubreiten.

 

Nach Hülfe langt’ er aus und schon begann

...

Doch als die Arme lässig niedergleiten,

Erwächst den Feinden Übermacht fortan.

 

...

Zur Stell’ und stützen knieend Mosis Hände

...

 

Und Moses ward nicht müd an Arm und Bein,

...

Bis Israel Obsieger im Gefechte.

Das Götzenkalb

                II. Mos. 22.

 

Und Moses stieg vom Berg der Donner nieder,

Auf dem er vierzig Tage lang verblieben;

Er trug die Tafeln des Gesetzes nieder,

Das Gottes Finger selbst in Stein geschrieben.

 

Er horcht; es rauscht bergan wie Siegeslieder.

Wird Israel geschlagen und vertrieben?

Und welches Feindes Jubel hallet wider

Vom Hängen, die ihn hundertfach zerklieben?

 

Und näher schreitet Moses dem Gejohle.

Jehova’s Volk, es tanzt und jauchzet laut,

Sein Reigen gilt dem goldenen Idole.

 

Und des Propheten Herz ergrimmt deshalb,

Und er zerschmeißt die Tafeln, und es graut

Dem Volk, und er zermalmt das Götzenkalb.

 

 

Moses II.

 

 

Und Moses stieg vom Berg der Donner wieder

...

...

...

 

...

...

Und welchen Feindes Jubel hallen wider

Die Hänge, die sich hundertfach zerklieben?

 

...

...

...

 

Und siehe, der Prophet ergrimmt deshalb,

Zerschmeißt die Tafeln, daß dem Volke graut,

Zornwettert und zermalmt das Götzenkalb.

 

Die Wolke

                II. Mos. 40.

 

Hochaufgerichtet steht Jehova’s Zelt,

Mit güldenen Geräthen ausgestattet, -

Da senkt sich eine Wolke, krönt, beschattet

Den Tempel, den Gott selber sich bestellt.

 

Vom Morgen bis der Sonnenball ermattet,

Ist silbern sie und wunderbar erhellt;

Zur Flammensäule wird sie angeschwellt,

Sobald der Tag im Wüstensand bestattet.

 

Und hebt sie sich, dann greift zum Wanderstab

Ganz Israel, und läßt sie sich herab.

So schlägt es Lager, wo sie leuchtend weilt.

 

So führt Jehova’s Hauch ein Volk, das Er

Erwählt, geborgen vor Egyptens Heer,

Dem er das Meer getrocknet und getheilt.

 

 

 

 

Elias

                III. Kön. 19.

 

„Ich eiferte für Dich mit Kraft und Mut;

Mit Grimm bewaffnet hast Du meine Rechte,

Durch sie geschlachtet all’ die Götzenknechte,

Daß noch der Kischon dampft von ihrem Blut!

 

Doch ob ich täglich Dir auch Opfer brächte,

Und Du sie zündetest mit Himmelsglut:

Kein Zeichen frommt dem störrigen Geschlechte,

Es stößt von sich den Bund und Deine Huth.

 

O steh’! auf Höhen räuchern sie und beten

Zu todten Götzen, Herr! und die Propheten

Erwürgte und die Mahner ihre Hand.

 

Auch mich verfolgt der Tod und das Verderben;

Die Füße wund, mein Lager Wüstensand,

Die Kraft dahin: - - Jehova laß mich sterben!“

 

 

 

Elias

 

 

...

...

Hast hingerafft durch sie die Götzenknechte,

...

 

...

...

...

Es stößt von sich das Bündnis deiner Hut.

 

Sieh hin, sie räuchern auf den Höhn und beten

...

Die du gesandt hast, würgt die Frevlerhand.

 

Mich sucht der Tod, umlauert das Verderben,

Mein Fuß ist wund, mein Lager Wüstensand,

...

Der Berg der Versuchung

                Matth. 4.

 

Es hebt sich aus der Wüste schaurig, kahl

Ein Berg, abfallend jäh nach allen Seiten;

Sein Schatten reckt und streckt sich in die Weiten,

Unheimlich webt um ihn des Mondes Strahl.

 

Der Kegel mahnt daran, ein düster Mahl,

Wie Jesus Christus ging sich vorbereiten

Zum Welterlösungswerk für alle Zeiten

Durch Beten, jeglicher Entbehrung Qual;

 

Und wie an ihn sich der Versucher wagt,

Ihn frevelnd faßt und auf den Gipfel stellt

Und spricht, dieweil es eben herrlich tagt:

 

„Die Macht ist dein, der Zauber dieser Welt,

So weit sie je des Menschen Fuß betreten,

Wenn du die Kniee beug’st, mich – anzubeten.“

 

 

 

 

 

Unter dem Halbmond

 

Der Muezzin

 

Vom Minareth zu drei verschied’nen Malen

Erschallt der ernste Mahnruf zum Gebet’:

Wenn’s rosig angehaucht vom Morgen steht,

Und golden sich die grauen Wogen malen;

 

Wenn Mittags weiße Bronnen Kühlung strahlen,

Zum Kief* die Sclavin mit dem Fächer weht;

Wenn scheidend noch der Tag durch’s Gitter späht

Nach Frauen, schleierlos, mit Goldsandalen.

 

Es tritt, auf hoher Warte sich zu zeigen,

Schneeweiß der Rufer aus der schmalen Pforte;

Vier Winden überläßt er seine Worte.

 

Doch träge schwillt der heil’ge Ruf an’s Ohr,

Von dem sich manche Sylbe ganz verlor –

Denn alles Leben hier ist Traum und Schweigen.

 

    *=Siesta

 

 

 

 

Der Muezzin

 

Vom Minaret der Moslem-Kathedralen

...

...

...

 

...

Und mit dem Fächer die Khaduna weht,

...

...

 

Schneeweiß, auf hoher Warte sich zu zeigen,

Erscheint der Rufer aus der dunklen Pforte

Und überläßt den Winden seine Worte.

 

Doch träge schwillt der heilge Spruch an’s Ohr,

Undbald ist Alles ruhig wie zuvor,

...

Auf dem Bazar

 

Den krummen Säbel schwangen die Kalifen,

Den Kopf vom Rumpfe schnitt der Yatagan,

Im Handgemenge stieß der Muselmann

Den grimmen Handschar in der Weiche Tiefen.

 

Die Heldengeister, die zu Schlachten riefen,

Entschliefen in den Klingen; dann und wann

Nur klingt in ihnen Nachts die Sehnsucht an,

Wie einst von rothem Feindesblut’ zu triefen.

 

Nun strotzt der Griff von lichten Edelsteinen,

Von rothem, weichem Sammet sind die Scheiden,

Und kraftlos sind des Stahles Koransprüche.

 

Vertauscht um Spielzeug all’ die Waffen scheinen;

Schön mag ihr Glanz den Turbanträger kleiden,

Längst ging jedoch des Islam Kraft in Brüche.

 

 

Auf dem Bazar

 

...

...

...

...

 

Vorbei! Die Geister, die zu schlachten riefen,

Verstummten in den Klingen; dann und wann

...

...

 

Wohl strotzt der Griff von lichten Edelsteinen,

...

Doch kraftlos sind des Stahles Koransprüche.

 

In Tand verwandelt Wehr und Waffen scheinen,

...

...

 

An die Thaler der Levanthe

 

Ich möchte mir ein Riesenschiff erbauen,

Das windesschnell und Stand den Stürmen hielt’;

Es müßt’ ein Tausendguldennoten-Bild

Auf roth- und weißer Flagge sein zu schauen.

 

Könnt’ ich auf Gnomenhülf’ und Zauber trauen,

Ich träte vor mit blankem Silberschild’

Und riefe silberhell, verlockend mild:

„O kommt auf’s Schiff, zu grünen Heimatauen:

 

Vom Hals des Beduinenweibs, aus Schränken

Und Säcken, von der Wechsler offnen Bänken,

Vom Kopfe gar der Nazarenerin!

 

Wie lang wird euer Klang daheim entbehrt!

Daheim nur kennt man eu’ren ganzen Werth

Und kennt das Bild der großen Kaiserin“.

 

 

 

Unter den Cypressen

 

Cypressen, schlanke, dunkle Pyramiden!

Am lichtverklärten, meerumsäumten Bilde

Die einz’gen Schattenstriche! Thauet milde

Auf’s Haupt mir Schattenkühle, Sammlung, Frieden.

 

Zu viel des Zaubers ist dem Aug’ beschieden!

Wie glänzt das Meer! Wie lachen die Gefilde!

Cypressen, unter eu’rem grünen Schilde

Noch glüht die Stirn’ und alle Pulse sieden.

 

O laßt mich ruh’n in eu’rem Heiligthume!

Und hab’ ich mir ein Grab* zum Sitz erwählt,

Mein Sinnen stört die Grabesruhe nicht; -

 

Nicht jenes Weib, die weiße Haremsblume,

Die fest den Marmorstein umschlungen hält

Und durch den Schleier das Fatiha spricht.

 

    *Die türkischen Friedhöfe sind häufig Cypressenhaine

 

 

Unter den Cypressen

 

...

Auf lichtgetränktem, blaubesäumtem Bilde

Beherzte Schattenstriche! thauet milde

...

 

Zu viel des Zaubers ist dem Blick beschieden,

...

...

...

 

O gönnt mir Rast in eurem Heiligthume,

...

...

 

Auch nicht das Weib, die weiße Haremsblume,

Das dort den Marmorstein umschlungen hält

...

Moschee

 

Am Brunnen mußt’ ich meine Schuhe lassen,

Auf Socken trat ich in das Heiligthum;

Die Kuppelhalle, leer und öd’ und stumm,

Es drängte mich, sie baldigst zu verlassen.

 

Kein Opferherd! Kein Bild! Nur ringsherum

Verkünden von der Wand, von farbenblassen

Tapeten Koransprüche, schwer zu fassen,

Allah’s und des Propheten Wort und Ruhm.

 

Doch sieh’! Ein Greis mit heiliger Geberde,

Er beugt und hebt sich, wirft sich auf die Erde,

Von meinem Kommen unbeirrt und Schauen. –

 

Und mehr als Bilder oft und Glockenschall,

Als Rauch, Musik und als die Lichter all’

Vermochte hier der Greis mich zu erbauen.

 

 

In der Moschee

 

...

...

...

...

 

Kein Opferherd! Kein Bildniß ringsherum!

Nur Koransprüche, bunt noch im Verblassen,

Mäanderhaft verschlungen, schwer zu fassen,

Verkünden des Propheten Wort und Ruhm.

 

...

Verbeugt und hebt sich, wirft sich auf die erde,

...

 

Und mehr als Bilderkram und Glockenschall,

...

Vermochte dieser Greis mich zu erbauen.

Ein Selam

 

O sieh’ an meiner Brust die Rose prangen,

So roth, wie keine noch gebrochen worden!

Du bist des Herzens Sultanin geworden,

Ein Sclav’, erwartet es sein Loos mit Bangen.

 

Kein Widerschein auf deinen zarten Wangen?

Narcissen sieh’, den andern Blumenorden!

Umschließt dein junges Herz noch eis’ger Norden,

Sie duften Glut nur, heimliches Verlangen.

 

Am Schleier rück’ und traue den Cyanen:

Es weicht nur dir des Herzens goldne Pforte,

Mein Mund verschwendet Küsse, sparet Worte.

 

Kein Pfand? – Vernimm des Epheuzweiges Mahnen:

Wenn einst dein Herz erglüht und suchet meines –

Es ruht im Schatten des Cypressenhaines.

 

 

Ein Selam

 

...

...

...

...

 

...

...

...

Sie künden: Glut und heimliches Verlangen.

 

...

...

Ein Kußverschwender, geiz ich mit dem Worte.

 

Kein Pfand! Vernimm des Epheuzweiges Mahnen:

Erglüht dereinst dein Herz und sucht es meines –

...

Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen

 

Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen;

 wohl atmen Plätscherbrunnen Abendkühle,

 doch Flüsterbüsche hauchen Weihrauchschwüle,

 und aus dem Düster warme Augen schauen.

 

 Wie magst du, Padischah, dem Zwinger trauen?

 Dort lugt der Mond herab vom Wolkenpfühle

 und zieht heran die zärtlichsten Gefühle;

 dem Zephyr weicht der Schleier gar, dem schlauen.

 

 Es bebt der Myrten reine, weiße Blüte;

 es quillt ein tiefes Weh aus Bülbüls Sang.

 Wie wird euch, schöne Frauen, zu Gemüte?

 

 Schwand alle Sehnsucht nach der Heimat hin,

 wo frei und heilig ist der Liebe Drang?

 O Griechenmädchen! O Circassierin!

 

 

 

Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen

 

...

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...

 

...

...

und zieht hinan die zartesten Gefühle,

...

 

...

Es quillt ein tiefes Weh aus Bülbüls Sang,

...

 

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Der Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse

 

Der Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse,

Das Indiens Wohlgerüche süß durchwallen;

Es läßt die Hand die Sandelperlen fallen –

Zuleika naht mit heller Moccatasse.

 

Und Leila reicht, die schlanke lilienblasse,

Den Tschibuk, goldgeschmückt und mit Korallen;

Häidie tanzt mit Peri’s Reizen allen,

Und feurig singt das Mädchen vom Parnasse:

 

O sinnt den Mädchen nach voll Ambraduft,

In tausend Einer Nacht erzählt, ersonnen!

Der Schleier wehrt, von Elfenhand gesponnen,

Dem Bild der Wirklichkeit, der Grabesluft.

 

Was farbentrunken malt die Phantasie,

Das schaut ihr hinter Haremsmauern – nie.

 

 

Dichtung und Wahrheit

 

...

Das süße Wohlgerüche leis durchwallen;

Die Sandelperlen sind der Hand entfallen

Denn Leila naht mit heller Mokkatasse.

 

Den Tschibuk reicht die schlanke, lilienblasse

Zuleika dar, im Schmucke von Korallen,

...

...

 

Das Buch, für tausend Eine Nacht ersonnen,

Das Zaubernetz, von Elfenhand gesponnen,

Wen hätt’ es nicht bestrickt, wen nicht berauscht.

 

Doch welcher Franke ließ sich’s dreist gelüsten,

Darf ungestraft und unenttäuscht sich brüsten,

Das er des Harems Innerstes belauscht?

Auftrag an das Wandervöglein

 

O Vöglein, Bürger beider Hemisphären!

Dir prangt der Frühling hier, der Frühling dort,

Und hier und dort ein Nestlein ist dein Port,

Das Meer, so du durchsegelst, ist ätheren.

 

Schon sind hier eingeheimst die goldnen Aehren,

Versiegt der Bronnen, Busch und Baum verdorrt;

Es zieht dich nach dem grünen Norden fort,

Wo Blatt und Duft und Blüte wiederkehren.

 

Viel Glück! – Und sag’ der Liebsten meiner Lieben

Und richt’ es aus nach seiner Boten Brauche:

Daß ich im Herzen bin mir gleich geblieben;

 

Doch daß an Lipp’ und Kinn der Bart mir sproß,

Daß ich den Turban trage, Tschibuks rauche

Und daß ich reit’ ein klug arabisch Roß.

 

 

 

Mein Bote

 

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...

 

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...

Dann mahnts dich nach dem grünen Norden fort,

...

 

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Mittagsrast

 

Uns bot ein Feigenbaum sein Schattendach;

Wir hielten Mahl und Mittagsrast darunter,

Denn eine Quelle rauschte kühl und munter

Und krümmte glänzend sich zu Tal gemach.

 

Wir lockten alle Männer nach und nach

Vom Pfluggespann zu uns; ein Hemd hinunter

Bis an das Knie, ein Gurt, ein Fez mit bunter

Umwindung dem, was Kleidung heißt, entsprach.

 

Aus ihren Mienen lachte Neubegier;

Als Kenner griffen sie nach uns’ren Waffen

Und machten viel mit ihnen sich zu schaffen.

 

Für Wunder hielten sie die Uhren schier;

Und gar das Picken! – Aus dem Reisesack

Verteilten Pulver wir und Rauchtabak.

 

 

 

Eine Mittagsrast

 

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...

 

Wir lockten viele Männer nach und nach

...

...

Stirnbinde dem, was Kleidung heißt, entsprach.

 

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Und gar das Ticken! – Aus dem Reisesack

...

Einkehr

 

Auf nassen Betten unter nassen Zelten

Durchfiebert hatten wir die dritte Nacht;

Auf trock’ne Herberg waren wir bedacht

Am vierten Tag für reichliches Entgelten.

 

Ein Scheikh nahm uns zu Gast und bald erhellten

Die dunkle Wohnung Flammen; Reisig bracht’

Uns selbst der Wirth und nahm die Gluth in Acht,

Und braune Männer sich zu uns gesellten.

 

Der Hausrath all’ war uns gestellt zur Hand,

Geflöcht’ne Körbe, Krüge, dürre Frucht,

Uns gut zu pflegen blieb nichts unversucht.

 

Und als der Scheikh uns ruhbedürftig fand,

Drückt er uns männlich noch die Hände, geht

Und nimmt mit sich die Matte zum Gebet.

 

 

 

 

Gruß an die Heimat

 

Von Wolken ist bedeckt der Himmelsplan,

Nur gleich Oasen blaue Felder prangen,

Von Wolkensäumen silberhell umfangen;

Aus Norden stürmt die mächt’ge Windsbraut an: -

 

Sieh’, Funken flieh’n, und wieder andre nahn...

Wie rasch durch’s tiefe Ätherblau sie drangen!

Was ist in Himmelssphären vorgegangen?

bricht sich ein goldner Regen nordwärts Bahn?

 

Nicht Schnuppen sind’s, die also zahlreich fallen,

Denn siehe, ganze Sternenbilder wallen

Dem Norden zu, der fernen Heimat zu.

 

Wie schnell ihr wandert, sonnenferne Lichter!

O grüße vom noch ungenannten Dichter

Die Heimat hellster aller Sterne, du!

 

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren

 

El-Fatiha

                Koran, 1. Sure

 

„In des Allgüt’gen, Allerbarmers Namen!

Gelobt sei Gott, der Herr der Ewigkeiten.

Der herrscht und richten wird am Schluß der Zeiten.

Deß Huld für alles Leben Keim und Samen.

 

Das All umfängt Dein Arm, ein starker Rahmen.

Wir beten Dich in Demut an und breiten

Um Rettung aus nach Deines Himmels Weiten

Die Hände, die zu bitten nie erlahmen.

 

O führ’ uns auf den rechten Weg, den Weg

Des Heils, auf dem Du gnädig Dich erwiesen,

Und bann’ uns von der Irrenden Geheg’,

Das fernab liegt von Deinen Paradiesen;

 

Von Denen, die noch an das Licht nicht kamen,

Und über die Dein Zorn entbrannt ist. – Amen.“

 

 

 

 

 

El Fatiha

 

...

Gelobt sei Gott, du Herr der Ewigkeiten,

...

...

 

Dein Arm umfängt das All, ein starker Rahmen;

In Demut beten wir dich an und breiten

...

Die Hände, die zu bitten nicht erlahmen.

 

O Lenker, lehr den rechten Weg uns wallen,

Den Weg, auf dem du gnädig dich erwiesen

Und der uns führt zu deinen Paradiesen,

 

Auf daß wir nicht mit Jenen irrend fallen,

Die tappend noch nicht zur Erkenntniß kamen

...

 

 

Gott ist das Licht

                Sure:  Elnur

 

„Es glänzt ein Licht aus hoher Mauerblende,

Das alle Sterne überstrahlt und Sonnen;

Kein Wandel ist ihm vorbestimmt, kein Ende,

Zu leuchten hat kein früher Licht begonnen.

 

Es schützen rings demantcrystall’ne Wände

Vor Stürmen dieses Haus voll Lichterwonnen;

Kein zündend Feuer brachten Menschenhände,

Von selbst hat sich des Lichtes Glanz entsponnen.

 

Der Docht bleibt unversehrt, und nie versiegt

Das Oel, und magst du ost- und westwärts wandern,

Nicht findest du den Baum, dem es entquoll.

 

 

Gott ist das Licht, das alle Nacht besiegt;

Sein Leuchten reicht von einem Stern zum andern,

Und seines Strahls ist Erd’ und Himmel voll“.

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren - II.

 

 

...

Verdunkelnd Mond und Stern’ und all die sonnen,

...

...

 

...

Vor Stürmen dieses Haus von Lichteswonnen,

...

...

 

Nie, daß der Docht verglimmt, das Oel versiegt!

und ostwärts magst du suchend, westwärts wandern,

Du findest nicht den Bronnen, dem’s entquoll.

 

...

...

...

„Vers des Thrones“

                Sure : El-Bakara

 

« Nur Gott ist Gott ! Er, der das All belebt,

Und dessen Winke sich die Sterne fügen.

Er thront allein, im höchsten Selbstgenügen,

Sein Odem ist’s, vor dem die Erd’ erbebt.

 

Ihn überfällt kein Schlaf, kein Schlummer webt

Ihm Nacht vor’s Angesicht, sein Aug’ zu trügen;

Durch’s Dunkel zuckt sein Blick in Flammenzügen,

Das donnernd zwischen Erd’ und Himmel schwebt.

 

 

in seiner Hand ruht Auf- und Niedergang,

Der Mittagspol, der Pol der Mitternacht,

Was ist und war, liegt vor ihm aufgeschlagen;

 

Er denkt voraus, die Ewigkeit entlang: -

Wer naht dem Strahlenthron, der Herrschermacht?

Darf ungerufen sich zu nähern wagen?“

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren – I.

 

 

Nur Gott ist Gott, ist, der das All belebt

...

...

...

 

...

Ihm Dunkel vor, sein Angesicht zu trügen,

Sein Auge blitzt hindurch in Flammenzügen,

Wenn’s donnernd zwischen Erd’ und Himmel schwebt.

 

Er wiegt in Händen Auf- und Niedergang,

Den Mittagspol, den Pol der Mitternacht

Und weiß, was ist, was war in frühsten Tagen,

 

und denkt voraus die Ewigkeit entlang –

Wer, ungerufen, darf der Herrschermacht

Zu nahen sich, dem Strahlenthrone, wagen?

Werke und Offenbarungen Gottes

                Sure: Elen´am

 

„Und Gott ist’s, der die Sterne hingestellt,

Auf daß sie euch zu Land und Wasser leiten,

Und Sonn’ und Mond, zu messen d’ran die Zeiten;

Der Nacht und Helle  von einander hält.

 

Er läßt die Wasser rauschen, Regen fällt

Auf sein Geheiß, die Erde grünt, auf weiten

Gefilden wogt das Korn, die Palmen breiten

Sich aus, die Dattel reift in ihrem Zelt.

 

Granaten glüh’n, es trieft Olivensegen

Und in der Traube perlt der süße Saft.

Gar sicher weiß euch Gott und wohl zu hehen

Im Mutterschooß, in wunderbarer Haft.

 

Der erste Mensch, er stammt aus Gottes Händen,

Und wir aus dieses Mannes Kraft der Lenden.“

 

 

 

Die Zufluchtssuren

                Suren: Elfeläk und Ennaß

 

„Ich suche Schutz beim Herrn der Dämmerungen

Vor allem Übel, das mich mag bedräuen:

Wenn Argwohn gegen mich die Lästrer streuen,

Vom Flüstergeist und Menschenfeind gedungen;

 

Wenn Neid in eines Menschen Herz gedrungen,

Sich heimlich meines Ungemachs zu freuen;

Wenn säumig ist der Mond, sich zu erneuen,

Und lang’ die schwarze Nacht ihn hält bezwungen.

 

Ich flieh’ zu ihm, wenn Weiber Flüche sinnen

Und Zauberknoten schürzen, mir zu schaden.

Des Ihm Ergebenen gedenkt in Gnaden

Der Herr und schützt vor Menschen ihn und Dschinnen;

 

Der Herr und Gott, der Niemand Vater nennt,

Dem Niemand gleich, der keinen Sohn erkennt.“

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren – VI.

 

 

...

...

Wenn Argwohn wider mich die Lästrer streuen,

Vom lügenhaften Flüstergeist gedungen;

 

...

...

...

Weil überlange Nacht ihn hält bezwungen.

 

Er ist mein Hort, wenn Weiber, mir zu schaden

Den Zauberknoten schürzen, Flüche sinnen

Und sich verbinden mit gefallnen Dschinnen.

 

Des Ihm Ergebenen gedenkt in Gnaden

...

...

An die Ungläubigen

                Sure: El-Bakara

 

„Ihr habt ein großes Feuer angefacht,

Die Welt beschaut ihr euch im Flammenlichte;

Doch Gott macht eu’re Zuversicht zunichte,

Er haucht den Schein hinweg und es wird Nacht.

 

Es rollt ob eu’ren Häuptern, dröhnt und kracht,

Der Blitz zerreißt der Wetterwolken Dichte;

Euch mahnt an nahe, kommende Gerichte

Des Donners Ruf, der sich vertausendfacht.

 

Wohl bohrt ihr eu’re Daumen in die Ohren,

Doch schweigt darum der Donner, eitle Thoren?

 

Wenn Dunkel euch umfängt nach Blitzeshelle,

Was zagt der kühne Fuß, der sonst so schnelle? –

 

Gehör und Augenlicht, das raubt euch Gott;

Denn wiss’t: allmächtig ist sein Kraftgebot!“

 

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren – V.

 

 

...

Die Welt euch anzusehn im Flammenlichte,

...

Er haucht den Schimmer fortwas bleibt, ist Nacht.

 

Wenn jäh der Blitz zerreißt der Wolken Dichte,

wenn’s grollend über euren Häuptern kracht

Und sich des Donners Ruf vertausendfacht,

So seid gemahnt an kommende Gerichte.

 

Was zagt der kühne Fuß, der sonst so schnelle,

wenn Dunkel euch umfängt nach Blitzeshelle.

Der Augen weisend Licht, es steht bei Gott.

 

Und bohrt ihr eure Daumen in die Ohren,

Verstummt deßhalb der Donner, eitle Thoren?

Er folgt des Herrn allmächtgem Kraftgebot.

 

Die guten Werke der Ungläubigen

                Sure: Einur

 

„Ein heißer Hauch entschwebt dem Wüstensand

Und zaubert frischen Quell und Psalmenschatten

Den Wand’rern vor, die dürsten und ermatten;

Die kuppelreiche Stadt am Meeresstrand,

 

Der Dattelhain, der Busch am Bachesrand

Sind eitel Trug und Trug die weichen Matten –

Der Wand’rer sinkt und birgt die täuschungssatten,

Die brechendtrüben Augen in’s Gewand; -

 

Es kocht die See, es thürmen sich die Wogen,

Es mischen sich die Wolken mit den Fluten,

Und Nacht hält diesen grausen Kampf umzogen:

 

Ungläub’ge rühmen sich des Scheinbarguten;

Doch ihrer Thaten Werth ist Schaum an Schwere,

Ist Spiegelung, ist Nacht auf wildem Meere.“

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren – III.

 

 

Ein heißer Qualm entsteigt dem Wüstensand

Und zaubert Wandrern, die vor Durst ermatten,

Oasen vor mit Quell und Palmenschatten,

Und Städte, kuppelreich am Meeresstrand.

 

Doch Stadt und Hain und Born und Blumenrand

...

...

...

 

Ein andres Bild – es thürmen sich die Wogen,

Die Wolken ringen mit des Meeres Fluten,

Nachtdunkel hält den grausen Kampf umzogen:

 

...

...

...

Gottes Strafgerichte

                Sure: Eluminum

 

„Ungläub’ge Völker können nicht erreichen,

Daß ihrer schone, der mit Strenge richtet;

Er straft, er ist’s, der sie im Zorn vernichtet,

Daß spät’re wandern über ihre Leichen.

 

Und kein Geschlecht kann seinem Loos entweichen;

Zur rechten Frist der Tag sich jedem lichtet,

Urzeitlich ist sein Zielpunkt aufgerichtet,

Untrüglich sind des nahen Falles Zeichen.

 

Wer zählt der Gottgesandten lange Reihe?

Und allen doch bestritt man ihre Weihe

Und spottet ihrer. – Weh’ euch, Gottverächtern!

 

Es sanken ganze Völker ins Verderben;

Von Gottes Strafgerichten melden Erben

Die Warnungskunde kommenden Geschlechtern.“

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren – IV.

 

 

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...

Er straft, er ist’s, der zürnend sie vernichtet,

...

 

Und kein Geschlecht wird seinem Los entweichen;

...

Urzeitlich ist sein Endziel aufgerichtet,

...

 

...

...

...

 

...

...

...

Ungläub’gen wehret eure heil’gen Orte

                Nach der Sure: Etteube.

 

Ungläub’gen wehret eu’re heil’gen Orte

Und laßt sie nicht der Kaaba nahe kommen;

Denn ihnen würd’ es wahrlich wenig frommen,

Zu zeugen wider ihr eig’nen Worte.

 

Nur Denen öffne sich die Tempelpforte,

Die zu dem Einen flehen, herzbeklommen,

Auf dessen Hauch die Sonnen all’ entglommen,

Zur Wüste die Sahara einst verdorrte;

 

Nur Denen, die des Weltgerichtes Nahen,

Die Rückkehr in Allah’s Gefilde glauben

Und die den Hülfbedürftigen nicht mit tauben,

Mit abgewandten Ohren nicht empfahen;

 

Und Denen nur, die Weib und Kind verlassen,

Wenn Gott gebeut, zu bluten, zu erblassen.

 

 

 

 

Der Mensch ist undankbar

                Sure: El´adijath

 

Bei allen Rossen, die die Bahn durchrennen,

Mit ihren Hufen Staubeswolken wecken,

Und die mit muth’gem Wiehern, Zähneblecken

Den Tag begrüßen und vor Kampflust brennen;

 

Die in Gefechten dichte Reihen trennen,

Verwundet stürmen durch die Lanzenhecken,

Aus Steinen Funken schlagen, daß voll Schrecken

Wir weithin ihre Pfade Nachts erkennen:

 

Der Mensch ist undankbar; sein Tun und Sinnen

Läßt Gott und Gottes heil’ge Satzung fahren,

Beflissen, flücht’ge Schätze zu gewinnen.

 

Es naht ein Tag, und der wird offenbaren,

Was je bewegt des Menschen Herz tiefinnen;

Sein Lohn wird werden jeglichem Gebahren.

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren - VII.

 

 

...

Mit ihrem Huf dem Staube Schwingen wecken,

Mit muthgem Wiehern, weißem Zähneblecken

...

 

Bei allen, die der Feinde reihen trennen,

...

...

Des Nachts wir weithin ihren Pfad erkennen:

 

...

...

...

 

Doch wißt, ein naher Tag wird offenbaren,

...

Und Lohn wird werden jeglichem Gebahren.

Rhamazan

                Sure: El-Bakara

 

„Sobald es graut, sobald ihr unterscheidet

Vom schwarzen Faden deutlich einen weißen,

Ist strenges Tagesfasten euch geheißen,

Und daß ihr eu’re rüßen Weiber meidet.

 

Ja, Speis’ und Labetrank sei euch verleidet,

und weichen Armen sollt ihr euch entreißen,

Der Andacht euch im Heiligthum befleißen,

Bis an der Sterne früh’stem ihr euch weidet.

 

Dann schwelgt und stillt das glühendste Verlangen,

Die Zunge labt, das dürre Cactusblatt,

Verlangt von eu’ren Weibern ohne Bangen,

Was Gott erlaubt an bess’ren Trostes Statt:

 

So sei’s gehalten, weil im Rhamazan

Allah das heil’ge Buch euch kundgethan.“

 

 

 

 

 

Der Rhamazan

 

 

...

Den schwarzen Faden deutlich von dem weißen,

Ist ernstes Tagesfasten euch geheißen

...

 

Euch seien speis und Labetranki verleidet,

...

...

...

 

Dann netzt des Gaumens dürres Cactusblatt

Und eßt, und heischt vom Weibe sonder Bangen,

Was Gott erlaubt an bessren Trostes Statt.

 

So sei’s gehalten, weim im Rhamazan

Auf seiner Gläub’gen Bitten und Verlangen

Allah das buch des Heiles kundgethan.

Der Brunnen Semsem

                Angedeutet in der Sure: Etteube

 

O Moslempilger! laß dein Dromedar

Am Bronnen Semsem nicht vorübertraben.

Wohl kann er deinen Gaumen nicht mehr laben,

Und trank ihn Abraham auch süß und klar.

 

Von Gott verstoß’ne böse Dschinnen haben

Den Born getrübt, verderbt für immerdar,

Und wo ringsum ein Frühlingseiland war,

Hat Flugsand jeglich Grün schon längst begraben.

 

Doch koste von des Wassers Bitterkeit;

Es macht das Herz des Meccapilgers weit

In Sehnsucht nach den ewiggrünen Auen;

 

Du träumst des Sidra-Baumes Frucht zu schauen

Und sie, wo ewiglaut’re Bäche fließen,

In heil’ger Schatten Fülle zu genießen.

 

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren VIII.

 

 

O Moslemwandrer, laß dein Dromedar

...

...

Ihn trank nur Abraham noch süß und klar.

 

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...

 

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...

Das Eden

                Suren: Amram, Ennisa, Elzaffath u. a.

 

“Euch thut sich siebenpfortig auf das Eden;

In Gärten, d’rinnen gold’ne Früchte hängen

Und Blüthen sich durch dunkles Laubwerk drängen,

Ein Haus der Stäte prangt für euer Jeden.

 

Ihr rastet fürder von des Lebens Fehden

An süßer Wasser kühlungsreichen Gängen.

Nie wird euch Traurigkeit das Herz beengen,

Verwunden nie der Stachel loser Reden.

 

Ihr geht in sedenwallenden Gewanden,

Nach Wonnen, die nur wechseln, die nicht schwanden,

In lichte Träume sinkt ihr, schlafbesiegt.

 

Die Glieder strecket ihr auf weiche Matten,

Und heller Augen Brauen geben Schatten,

Wenn euer Haupt im Schooß der Huri liegt.“

 

 

 

Blätter aus dem Buche der Suren – IX.

 

 

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...

Und Blüthen sich durch dunkle Blätter drängen,

...

 

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...

 

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...

 

 

Die Glieder streckt ihr hin auf weiche Matten

Und wacher Augen Brauen geben Schatten,

...

 

Kain

                Sure: Elmajeda

 

„Es starrte reu’los auf die Bruderleiche

Der Mörder Kain. Er trug sie fort, lud wieder

Von seiner Schulter die entseelten Glieder,

Und wieder starrt auf sie der Neidesbleiche.

 

Da stürzt urplötzlich aus dem Luftbereiche

Ein Rabe blutend auf die Erde nieder;

Ein Vogel folgt mit rauschendem Gefieder,

An Größe, wie an Farbe ganz der gleiche.

 

Er ist’s, der jenen tückisch todtgebissen

Und seine Leiche nun im Sand verscharrt: -

Da fängt es an, den Mörder zu gereuen.

 

Er bebt und heult vom tiefsten Weh zerrissen:

„Ich Thor! Ein Rab’ ist’s, der mir offenbart,

Wo ich den Bruder berge, den getreuen!““

 

 

 

Abraham

                Sure: Elen´am

 

„Nun, das ist Gott!“ rief Abraham und schaute

Den schönsten Stern am blauen Himmelsbogen –

Die Sterne sanken, die emporgezogen,

Sein Gott erblich, sobald der Morgen graute.

 

„Das ist mein Herr!“ sprach Abraham und traute

Dem Mond und seines Lichtes Silberwogen –

Der Mond zerbarst und schwand, und Nebel flogen

Und Wolken über ihn, gewitterlaute.

 

Da that sich auf der Sonne Strahlenhaus.

O Herrin mein!“ so jubelt Asars*  Sohn –

Doch auch die Sonne stürzt vom gold’nen Thron,

Und Abraham, er ruft in Demut aus:

 

„Ich wandelt’ irr, wie alle Götzenknechte;

Unwandelbarer, weise mich zurechte!“

 

    *Asar heißt nach dem Koran der Vater Abrahams

 

 

 

Selicha

                Sure: Iussuf

 

Selicha lud zu sich die Spötterinnen

Und ließ für sie ein köstlich Mahl bereiten.

Die Sclaven nah’n, geschäftig auszubreiten

Des Hauses Pracht, die Gäste zu gewinnen.

 

Auch Josef naht, ein Wunder allen Sinnen;

Ihn heißt die Herrin scherzend näher schreiten –

Und Seufzer jedem Frauenmund entgleiten,

Und Brunst erwacht in jeder Brust tief innen.

 

Die Frauen ritzen blutig sich die Hand*,

Und dunkles Feuer sprüht aus ihren Blicken,

Und jede hofft, den Jüngling zu umstricken.

 

Selicha spricht: „Den Jüngling schau’t! Er fand

Mich schwach, doch widerstrebt er meinen Banden.

Nun? Hättet ihr dem Jussuf widerstanden?!“

 

    * Eine alte Sitte im Orient, um die Heftigkeit der Leidenschaft

für den Gegenstand der Liebe anzudeuten.

 

 

 

 

 

Pharao

                Sure: Die Geschichte und comm.

 

„Wer ist denn Mosis Gott? Ich kenn’ ihn nicht.“

So höhnt Egyptens König, läßt erbauen

Der Thürme höchsten, welcher je zu schauen,

Erklimmt mit Pfeil und Bogen ihn und spricht:

 

„Ich will mich umseh’n, wo sein Angesicht.“ –

Er schnellt den Pfeil empor zum silbergrauen

Gewölb des Firmaments, und sieh’, es thauen

Hernieder rothen Blutes Tropfen dicht!

 

Und blutig kommt zurück der Pfeil geflogen!

„Des Gottes Blut! Und Mosis hat gelogen ! »

 

Doch sieh’, in Nacht verschwimmt der helle Tag,

Gestreift von eines Engels Flügelschlag

Zerfällt in Schutt das stolze Schaugerüste! –

Die Trümmer deckt der rothe Sand der Wüste.

 

 

 

 

Salomon’s Tod.

                Sure: Saba

 

Der aller Vogelsprachen kundig war,

Der Stürme rasen ließ und wieder schweigen,

Der, um den Tempelbau zu fördern, steigen

Aus dunklen Gründen hieß die Geisterschaar;

 

Und dem der Born der Weisheit floß so klar

Wie Keinem noch: er sah den Tag sich neigen

Und sah geschlossen seinen Lebensreigen,

In Schlummer sank sein Haupt für immerdar.

 

Doch auf den Herrscherstab gestützet fand,

Voll Majestät, gleich einem Marmorbilde,

Des Königs Leib noch Halt, die Geistergilde

Beherrschend, bis der Bau vollendet stand.

 

Dann brach der Stab, durchfressen von dem Wurme,

Die Königsleiche fiel im Zauberthurme.

 

 

 

Kreuzfahrer

 

Dein Name hat bewaffnet, heil’ge Stadt!

 

Dein Name hat bewaffnet, heil’ge Stadt!

Des Nordens Söhne, daß sie Blut und Sterben

Gering geachtet, um dafür zu erben

Des Welterlösers Felsenruhestatt

 

Die Durst und Hunger aufgerieben hat,

Die Feinds- und Gleißnertücke ließ verderben,

Die, deren Blut das Schlachtfeld mußte färben,

Und die in Fesseln schlug Gewalt, Verrath;

 

Die Fieberbrand auf’s Krankenlager streckte,

Und die ein Fluß in feuchte Tiefe zog,

Und die des Meeres Spiegelbild betrog,

Und die der heiße Sand der Wüste deckte:

 

Sie wandten sterbend noch den Blick dir zu,

Jerusalem, du Aller Sehnsucht, du!

 

 

Peter der Einsiedler

 

Im Herzen Gram ob Golgathas Entehrung,

Barfuß, in altem, härenem Gewande

Durchwanderst du die weiten Christenlande,

Ein Eiferer, gegürtet mit Entbehrung:

 

„Auf, Sünder! Denkt an Sühn’ und an Bekehrung –

Schlagt eu’ren heim’schen Bruderzwist in Bande –

Des Heilands Spuren decket Schimpf und Schande –

Erwacht, ihr Rächer! Endet die Verheerung!“

 

Dein Ruf durchdröhnt wie Donner Mark und Bein,

Dein Ruf erweicht die Herzen, hart wie Stein,

Bewältigt Fürsten, Ritter, Knecht’ und Troß.

 

Ein Feldherr bist du, armer Mönch, geworden,

Zum heil’gen Kampf bewaffnest du den Norden –

Denn Gott ist in den Kleinen stark und groß.

 

 

Gottfried

 

Dein schönes Erbe gabst du freudig hin,

Um ganz zu lassen von der Heimat Erde;

Du nahmst das Kreuz und nahmest die Beschwerde

Des Führeramts mit gottgeweihtem Sinn.

 

Ein Zelt ist dein Palast; du herrschest d’rin

Voll Majestät in Wort und an Geberde;

Ein König, thronest du auf deinem Pferde,

Ein Scepter war dein Schwert von Anbeginn.

 

O großer Führer, großer Friedensrichter,

Gewalt’gen Zwistes mild-gerechter Schlichter,

Der Fürsten Ordner und der Pilgerheere!

 

Du wolltest tragen nicht die goldne Krone,

Wo Christus ward gekrönt zu blut’gem Hohne,

Und Demut wehrte königlicher Ehre.

 

 

Tancred

 

O Tancred, kann mein Lied ein Blatt noch fügen

Zum Lorbeerkranze, welcher, dicht belaubt,

Die Stirne kühlend ruht auf deinem Haupt,

Und den Jahrhunderte dir nicht geraubt?

 

Du ließest nicht das Scepter dir genügen.

Du ließest nicht das rothe Gold dich trügen

Und falschen Schein dein edles Selbst belügen:

So warst du stark, weil du so stark geglaubt!

 

Dir ward, des Ruhmes jugendlichem Priester,

Das ernste Räthsel der Geschichte klar:

Daß Ruhm und Tugend göttliche Geschwister.

 

Ein Ritter nahtest du, zum Fest geladen,

Der Tempelburg des heil’gen Graal, - sie war

Dein hehrer Traum schon an Tarents Gestaden.

 

 

Bohemund

 

Als Peters Ruf durch’s Abendland erscholl,

Da gabest du den Purpur hin der Scheere,

Daß sich mit rothem Kreuz die Brust bewehre;

„Gott will es!“ riefest du begeist’rungsvoll.

 

Byzantinum verbiß den alten Groll,

Als du auf schnellen Schiffen Gottfried’s Heere

Zuführtest Ross’ und Reiter, Schild’ und Speere.

Bevor die See in Winterstürmen schwoll.

 

Dein kluger Rath obsiegte hier und dort,

Gemünztes Gold, das war dein feurig Wort,

Dein Schwert ein Strahl der Rache allerwärts.

 

Das einzig schmälert deinen Heldenruhm:

Es schlug dir, Eiferer für’s Heiligthum,

Unter dem Kreuz noch ein – normannisch Herz

 

 

Ademar

 

Warum wehklagt in ungemess’ner Klage

Das Heer, vom Kreuze für das Kreuz entsendet?

Wen birgt, auf Priesterschultern, jene Trage?

Wem gilt der Trauerzug, der gar nicht endet?

 

Er hat sein zwiefach Pilgerthum vollendet,

Deß Wort das Heer begeistert, wenn es zage, -

Besänftigt, wenn es tobte wild verblendet!

Es riß zu früh die Kette seiner Tage.

 

Der Mittler zwischen Herrn und Troß ist todt! –

Er war ein Ritter kühn, ein Priester mild,

Sein Wort ein Hort, ein fester Ehrenschild.

 

Wie Mosen, - nur von weiter Ferne bot

Das heil’ge Land sich seinen Blicken dar,

Das seiner Sehnsucht heiß Verlangen war.

 

 

Sieg und Sühne

 

Wohl habt ihr neu das Kreuz emporgerichtet,

Mit Siegesglanz und Herrlichkeit umgeben;

Wohl seh’ ich hoch die kühnen Banner schweben: -

Gott hat durch eu’ren starken Arm gerichtet.

 

Doch habt ihr nicht gekämpft, ihr habt vernichtet.

War Weib und Kind in eu’re Hand gegeben?

Ich seh’ ihr Blut an eu’ren Schwertern kleben,

Ja, Sieger! eu’re Thaten sind gesichtet.

 

O tilgt mit wahrer Reue Thränenflut

Die Schuld der wahnsinnstrunk’nen Kampfeswuth

Und laßt nicht ab zu weinen und zu beten.

 

Des Heilands Grab, zu dem die Sehnsucht fliegt,

Für das ihr oft geblutet, oft gesiegt, -

Ihr seid nicht würdig sonst, es zu betreten.

 

 

Richard

 

O Löwe aus des Abendlandes Norden!

Dein Brüllen macht den Orient erbeben;

Wenn drohend deine Pranken sich erheben,

Zerstieben wild des Islam Kriegerhorden.

 

Dein Namen ist ein Schreckensruf geworden

Und macht der Buben lose Zunge kleben;

Der Reiter frägt bei jähem Widerstreben

Sein feurig Roß, ob dich gewahr es worden.

 

O Löwenherz, mit Liedern und mit Sagen

Hat herrlich sich dein Waffenruhm umgeben,

Im Munde später Enkel noch zu leben.

 

Und dennoch darf ich kühn die Muse fragen:

Ob nicht der Tadel größer und gerechter,

Als die Bewund’rung staunender Geschlechter?!

 

 

Der Templer

 

Der Templer trat in’s Zelt vor Saladin,

Gefangen trat er vor den Sieger hin;

Doch ungebrochen war sein hoher Sinn,

Sein Auge wußte jedem Spott zu wehren.

 

    Saladin:

 

„Es bringt uns Beiden dieser Tag Gewinn;

Ich will dir Schwert und Freiheit neugewähren,

Laß dafür meinen Vetter wiederkehren, -

Ein solcher Tausch, euch Beide muß er ehren.“

 

    Templer:

 

„Mit Nichten nehm’ ich deinen Vorschlag an.

Ist also leicht die Lösung zu emphah’n,

Wer kämpft hinfort für’s Kreuz als ganzer Mann?

 

Kein Templer, der sein Kleid vor Allem ehrt,

Wog jemals anders auf der Lösung Werth

Als mit der Schärpe, mit dem guten Schwert.“

 

 

Hugo von Tiberias

 

    Hugo:

 

„Herr Sultan! Klein und dürftig ist mein Land,

Ich weiß das Lösegeld nicht aufzubringen;

Ein Gast verbleib’ ich derer, so mich fingen,

Bis ausgelechzt das Fischlein auf dem Sand.“

 

    Saladin:

 

„Gib mir vorerst dein ehrlich Wort zum Pfand.

Vermagst du neu den lichten Stahl zu schwingen,

Läßt Jeder ein’ge Byzantiner springen,

Und kein Genosse reicht dir leer die Hand.“

 

    Hugo:

 

„Wohlan! Wo fänd’ ich edlere Genossen

Als Euch, Herr Sultan, hier und Eu’re Großen?

Versagt daher mir Eu’re Rechte nit.“

 

Und sieh’, der Sultan steuert wacker bei,

Und heimwärts reitet Hugo frank und frei, -

Sein Zehrgeld reicht noch weiter als sein Ritt.

 

 

Saladin

 

“Nimm dieses Kleid und trag’ als Trauerfahne

Der Welt es vor und künd’ es unverdrossen:

Des Morgenlandes Herrscher hat geschlossen

Das Buch der Taten, unruhvoller Plane.

 

Er ist geheilt vom irrwischhellen Wahne.

Wer zieht mit ihm von Freunden und Genossen,

Von Macht und Reichtum über ihn ergossen?

Er fährt allein im schwarzen Todtenkahne.“

 

So sprach des Islam Held, sein Schwert und Schild,

Der Herrrscher, weise und gerecht und mild,

Bevor sein Puls zu schlagen innehielt. –

 

Daß Türken, Christen, Juden sich vereinen,

Dich, Saladin, zu preisen, zu beweinen,

Will mir als höchstes Menschenlob erscheinen.

 

 

Barbarossa

 

Der Kaiser stirbt, gebettet auf den Sand!

Sein Aug’ erlischt – und uns’rer Hoffnung Licht!

Sein Puls, er stockt, - und uns’re Stärke bricht!

Sein Arm erstarrt, - gelähmt ist uns’re Hand!

 

Dein Kaiser todt, o Deutschland, Heimatland!

O zürne den verwaisten Söhnen nicht;

Hier rechte mit der Wellen Truggesicht,

Klag’ an den Fluß, der ihm die Kraft entwandt!

 

Aufjauchzt der Grieche, falsch wie eine Flut,

Ikonjum rafft sich auf mit neuem Mut,

Mit Gold belohnt die Botschaft Saladin.

 

Im fernen Westen ging die Sonne auf,

Im lichten Osten endet jäh ihr Lauf, -

Jerusalem, dein Retter ist dahin!

 

 

Clorinda

Nach Tasso’s: Gerus. lib.

 

I. 

 

Held Tankred schleppt die kampfesmüden Glieder

In’s Wäldchen, das ihm Schatten beut und Kühle;

Er wählet duft’ge Matten sich zum Pfühle,

Er lauscht und steigt zur munt’ren Quelle nieder.

 

Doch plötzlich hält er, eilt und zaudert wieder;

Es wird ihm heißer als im Schlachtgewühle

Und heißer noch als in der Mittagsschwüle,

Er athmet tief und öffnet weit die Lider.

 

Clorinda steht, die Heidin, an dem Born;

Die Maid, die stolze, trägt die Panzerhülle,

Doch frei umwallet sie des Haares Fülle.

 

Nun schaut sie auf und blickt nach ihm voll Zorn!

Und sieh’, die Jungfrau-Heldin sprengt von hinnen,

Bevor der Held erwacht aus tiefstem Sinnen.

 

 

II.

 

Dem Kampf am Thor in branderhellter Nacht

Enteilt ein Kreuzesritter und ein Heide;

Zu grausem Einzelkampf entbrennen Beide,

Es schaut kein Zeuge die Zweimännerschlacht.

 

Sie rasten, Blut entquillt dem Panzerkleide.

„Sei, Sarazen’, auf deinen Ruhm bedacht,

Dein Nam’! ehvor mein Stahl dich schweigen macht.“

„Den sagt dir meines Damasceners Schneide!“ –

 

Sei gnädig, Tag! verscheuche Nacht und Wahn! –

Zu spät! Die Sonne hebt zu leuchten an,

Doch ew’ge Nacht umzieht zwei schön’re Sonnen.

 

Aufheulend wirft sich Tancred auf den Sand;

Clorinda stirbt! Noch reicht sie ihm die Hand

Und lächelt und begehrt der Taufe Bronnen

 

 

Herminia

    Nach Tasso’s: Gerus. lib.

 

I.

 

Der goldbesäumte Schleier liegt bei Seite,

Und von der Schwanenschulter gleitet nieder

Das weiche Prachtgewand; die zarten Glieder,

Sie kleiden sich in Stahl als wie zum Streite.

 

Die Hand, die süßem Lautenspiel sich weihte,

Erfaßt den Schild, erlahmt und hebt ihn wieder;

Erröthend senkt das Fürstenkind die Lider, -

Doch Lieb’ und Sehnsucht drängt hinaus in’s Weite.

 

Der Waffen Silberglanz berückt die Wachen,

Es knarrt das Thor, die Jungfrau athmet freier,

Der Mond erhellt den Pfad zur Liebesfeier.

 

An Tancred’s Schmerzenslager will sie wachen,

Die kräuterkund’ge Maid, mit treuen Sinnen

Und dort des Herzens Frieden neu gewinnen.

 

 

II.

 

Doch Krieger, die nach Beute ausgegangen,

Erspäh’n die Maid an ihrer Waffen Helle.

Sie sieht bedroht sich an der Liebe Schwelle,

Und Angst befällt ihr Herz und Todesbangen.

 

Ein Rehlein, aufgeschreckt vom Hundsgebelle,

So sieht die Jungfrau, läßt die Zügel hangen

Und flieht, so weit des Rosses Kräfte langen, -

Ihr lichtes Auge wird zur Thränenquelle.

 

Sie sucht bei Hirten Schutz vor schlimmer Nacht;

Ein rauhes Kleid verdrängt der Rüstung Pracht,

Dem Haupt’ ersetzt ein Tuch den goldnen Reifen.

 

Die Heerde weidet sie; sie gräbt in Stein,

In Rind und Blatt des Theuren Namen ein

Und läßt umsonst nach ihm die Blicke schweifen.

 

 

III.

 

Herminja naht mit Hoffnung und mit Beben

Den Christenzelten, die die Stadt umsäumen;

Ein Riesenleichnam macht ihr Pferd sich bäumen,

Ein Kreuzesritter, regungslos daneben.

 

Aufschrickt die Maid aus süßen Liebesträumen;

Sie sieht geronnen Blut am Harnisch kleben,

Gelöst den Helm, ein Antlitz ohne Leben, -

Vom Sattel springt sie jammernd, ohne Säumen.

 

Ja, Tankred ist’s! – Sie macht die Wunden trocken

Und nimmt den dünnen Schleier zum Verband,

Ihr Zaubermachtspruch bringt das Blut zum Stocken.

 

Sie beugt sich weinend, küssend über ihn,

Bis Krampf und Nacht von seinen Wimpern schwand,

Ein Blick sie lohnt, die treue Pflegerin

 

 

Armida

    Nach Tasso’s: Gerus. lib.

 

I.

 

Rinaldo schwelgt in ferner Wunderwelt,

Auf blüh’ndem Eiland über Nacht entstanden;

In süßen Armen und mit Zauberbanden

Armida sorglos ihn gefangen hält. –

 

Es fehlt dem frommen Heer der Siegesheld.

Zwei wackre Ritter zogen aus; sie fanden

So Kahn als Fährmann ihrer harrend, landen,

Betreten kühn der Liebe Schattenzelt.

 

Ubald tritt vor und hält den Demantschild

Dem Jüngling vor’s Gesicht: Rinald’ erbebt, -

Er schaut ein argentstelltet Heldenbild.

 

Er glüht vor Scham, er fliehet, neubelebt.

Armida folgt ihm, läuft die Füße wund; -

Umsonst! Ihr Reich versank zur selben Stund’

 

 

II.

 

Armida sieht Egyptens Macht zerstoben;

Das Kreuz obsiegt, Rinald ist unbezwungen,

Die Mörderhand ist kalt, die sie gedungen,

Kein Pfeil hat seine Marmorbrust gekloben.

 

O Bogen, der du rachekühn erklungen,

O Helm, o Schild, ihr seid der Pflicht enthoben!

Armida’s Herz ist todt, für Hasses Toben,

Für Liebe tost, ihr Herz hat ausgerungen.

 

Armida leert den Köcher in den Schooß;

Sie deckt die weißen Busenhügel bloß

Und kehrt den schärfsten Pfeil dem Herzen zu.

 

Doch eh’ sie stößt, hält ihr die Hand gefangen

Rinald; er fleht, der ihr gefolgt mit Bangen:

„Halt ein!  Mein ehlich christlich Weib sei du!“

 

 

Gestalten aus den Kreuzzügen

 

Dein Name hat bewaffnet, heilge Stadt.

 

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Für nichts erachtet, galt’s um dich zu werben

Und zu befrei’n des Heilands Ruhestatt.

 

Die Hunger, Hitze, Durst zu Schanden trat,

Des langen weges Unstern ließ verderben,

Und deren Blut das Schlachtfeld mußte färben,

Und die Gewalt in Fesseln schlug, Verrath –

 

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Und die der Fluß in feuchte Tiefe zog,

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denn du warst aller Sehnsucht, Salem, du!

 

 

Peter der Einsiedler

 

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Des Heilands Grab erleidet Schimpf und Schande,

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Bewältigt Fürsten, Ritter, Volk und Troß.

 

Ein Feldherr bist du, Bettelmönch, geworden,

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Gottfried

 

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Und nahmst zum Kreuz die größere Beschwerde

...

 

Das Zelt ist dein Palast; du herrschest drin

...

Ein wahrer König, thronst du auf dem Pferde,

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Tancred

 

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Nicht rothes Gold dein reines Auge trügen,

Nicht falschen Schein dein edles Selbst belügen;

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Der Tempelburg des Gaal’, und sie nur war

...

 

 

Bohemund

 

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Da gabst du deinen Purpur hin der Scheere,

...

„Gott will es!“ riefst auch du begeistrungsvoll.

 

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Als deine schnellen Schiffe Gottfrieds Heere

Zuführten Ross’ und Reiter, Schild und Speere,

Bevor die See von Winterstürmen schwoll.

 

...

Gemünztem Golde glich dein feurig Wort,

Dein Schwert, der Rache Blitz war’s allerwärts.

 

Und dennoch ist getrübt dein Heldenruhm,

...

Auch unterm Kreuz noch ein – normannisch Herz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Richard

 

O Löwe von des Abendlandes Norden,

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Wer braucht nach deinen Thaten erst zu fragen?

Doch nur ein Stein, ein einz’ger, Meldung thut

Hier hat der Leu des Nordens ausgeruht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Saladin

 

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