(Hermann Frey)
1839 – 1911 Wie er, der Große, irdisch
war gestaltet,
Dem in der Menschenbrust
geheimes Leben
Ein rätseltiefer Einblick war
gegeben,
Das glauben wir in diesem Bild
entfaltet.
Doch sei’s, daß Zufall oder
Plan gewaltet,
Dem es gelang, in
selbstvergess’nem Streben
Dem Traume gleich, Gestalten
zu verweben,
Er straft die Deutung, die zu
sicher schaltet.
Wohl läßt der Stirne königlicher
Hügel
Als Thron sich deuten
schaffender Gedanken,
Die trug von Pol zu Pol der
Ahnung Flügel –
Die Züge sonst in edler
Schwermut kranken,
Dagegen von des Auges klarem
Spiegel
Erkenntnis ausstrahlt, rein
und ohne Schranken.
(Hermann Frey)
1839 – 1911 Chinampas treiben hin im
Spiel der Wellen,
In Blumen prangend, grüne
Lustgefilde,
Der Menschenhand entstiegen
als Gebilde,
Die neben der Natur sich üppig
schwellen.
Einst saßen Pflanzer drauf,
sie zu bestellen,
Als Mexiko verheert der Krieg,
der wilde,
Dem Hunger wehrten sie mit
goldnem Schilde,
Jetzt scheinen sie des
Überflusses Quellen.
Jetzt schwärmt, verdeckt vom
Blütenbaldachine,
Sobald des Frührots erste
Schimmer tagen,
Auf ew’gen Rosenteppichen die
Biene.
Und nachts ertönt zu süßen
Liebesklagen
Die eingeweihte Brust der
Mandoline,
Daß See und Ufer kaum zu atmen
wagen.
(Hermann Frey)
1839 – 1911 Als sich
sein Geist im letzten Hauch entschwungen
Der
ird’schen Bahn, daß er zum Licht entwalle,
Geschah, was staunend wir
vernommen alle,
Da das Gerücht davon zu uns
gedrungen:
Wo sich auf freier Kuppe,
waldumschlungen,
Am Strand der Donau hebt die Marmorhalle,
War jene Nacht mit
donnermäß’gem Schalle
Das Flügeltor, das eh’rne,
aufgesprungen.
Die Wächter konnten sich den
Fall nicht deuten,
Doch ahnen sie ein ungemein
Geschehen,
Bis sich begann die Kunde zu
verbreiten.
Da mochten sie das Zeichen wohl
verstehen:
Die Helden, die das Vaterland
befreiten,
Erkürten ihn, bei ihnen
einzugehen.
(Hermann Frey)
1839 – 1911 Wie du
geblüht in deiner Jugend Tagen,
Den Lorbeer um dein reiches
Haupt geschlungen,
Den du in hundert Siegen dir
errungen,
So strahlt dein Bild, wo du zu
Grab getragen.
An deinem Hügel wird man
niemals fragen,
wer drinnen ruht. Du hast den
Tod bezwungen
Durch Ruhm, der fort erklingt
in allen Zungen
Zu allen Herzen, die noch
künftig schlagen.
O Bildnerin vollendeter
Gestalt,
Daß heut ein goldner Zweig dir
niederglitte
Auf deine Stirn’, die hehr uns
immer galt,
Statt daß dir einer naht mit
zagem Schritte,
Der dir zur Gruft bescheiden
nachgewallt
Als Unbekannter in Berühmter
Mitte.
(Hermann Frey)
1839 – 1911 Das
erste Glück, das alle wir genossen
Im holden Stand der
unschuldvollen Triebe,
Das Lächeln und den Blick der
Mutterliebe,
Ihm lag es vor der Seele
aufgeschlossen.
Und Bild ward ihm, was uns als
Traum zerflossen:
Erinnrung an dies Alter ohne
Trübe,
Die, daß sie Macht auf andre
Herzen übe,
In Wunderfülle seiner Hand
entsprossen.
So hat er unerschöpflich
neugestaltet
Das Freundlichste, das je
Gestalt gewonnen,
Und sein Gefühl an sanfter
Glut entfaltet.
Wie uns die eine Sonne wächst
zu Sonnen,
Da Tag für Tag sie neu
erschaffen waltet,
So schenkte uns die Mutter die
Madonnen.