1775 – 1842
Sei was du willst, auf dieser
Welt gewesen:
Ein Kind der Phantasie, ein
Sohn der Erde;
Starbst du als Held, erlagst
du der Beschwerde,
Unfähig, dich vom eignen Fluch
zu lösen:
Von allem Zufall bist du nun
genesen;
Nur Ew’ges blieb. Ein
schöpferisches Werde
Gab dir Gestalt und himmlische
Gebärde
Und unveränderliches Sein dem
Wesen.
Ein hoher Genius ruft aus
deinem Grabe
Dich neu hervor; er schwebet
dir zur Seiten,
Du mußt durch ihn
Unsterblichkeit erwerben.
So stehst du da, durch seine
Göttergabe
Ein ewiges Gesetz für alle
Zeiten:
Wer liebt wie du, muß leiden
so und sterben.
1775 – 1842 Die letzte Stunde war’s von
schönen Jahren –
Nimm eine Rose dir aus meinen
Haaren!
Sie sprach’s; der Ton wird
ewig mich umschweben.
Vor Wonne fühlt ich meine Hand
erbeben,
Und lange wählt ich in den
bunten Scharen
Und konnte doch die schönste
nicht gewahen;
Der schönste Reiz schien jede
zu umweben.
O zürne nicht, du Königin der
Rosen!
Daß ich gewagt, von Thron dich
zu vertreiben,
Der über alle Schwestern dich
erhöhet.
Der Blüte Reiz verweht wie
Zephirs Kosen.
Wärst du gewelkt, sie hätte
dich verschmähet;
Mir wirst du, auch verblüht,
die schönste bleiben.
1775 – 1842 zum
28. August 1820
Wenn heilsa ist, nur, was man
kann, zu wollen,
Wie Leonardos tiefe Wort’ uns
lehrten,
So hätte, wer zu Euch, dem
Hochverehrten,
Im Namen vieler spricht, wohl
schweigen sollen.
Jedoch es ist der Ruf an uns
erschollen,
Und weigern läßt sich nicht,
was sie begehrten,
Die für das höchste Sollen
heut erklärten,
Dem Himmel Dank, Verehrung Euch
zu zollen.
Wir sahn, geschützt von diesen
alten Mauern,
Die Throne stürzen und
erneu’n; der frommen
Vorfahren Bau blieb
unerschüttert stehen.
Und hier, so lang als diese
Steine dauern,
Wird Enkels Enkel noch den Tag
begehen,
An welchem Deutschlands hellste
Sonn entglommen.
1775 – 1842
Aus Wolken neigt ein holdes
Bild sich nieder,
Wenn früh im Ost Aurorens
Strahlen blinken;
Und wenn der Sonne letzte
Schimmer sinken,
Seh ichs im Duft der Abendröte
wieder.
Und schwingt die Nacht ihr
trauriges Gefieder,
Dann seh ich’s leis im
Mondenschimmer winken;
Ich könnt es fassen, will es
mich bedünken,
Doch leicht entfliehn die
wesenlosen Glieder.
Zu treues Bild! So schwand vor
meinen Blicken
Sie, die mein Herz so ganz zu
eigen hatte,
Die ach! so täuschend deine
Züge malen.
Eh ich’s gewagt, sie an die
Brust zu drücken,
Floh sie hinweg von mir, ein
leichter Schatte,
Und ließ mir nur der Sehnsucht
ewge Qualen.
1775 – 1842
Ein Mensch zu sein, ward
Wenigen gegeben.
Die Meisten sind zum Sterben
nur geboren;
Sie sind sich selbst, sie sind
der Welt verloren,
Ihr ganzes sein ein nichtiges
Verschweben.
Dir aber flammt die Brust von
höherm Streben,
Ein würdig Los hast du dir
selbst erkoren.
Kühn dringst du zu des Lebens
fernsten Thoren,
Willst von der Nacht das dunkle
Siegel heben.
Geh’, forsche, kämpfe, fleug
in steten Siegen
Dem Ziele nach, erob’re dir
das Wahre;
Nichts sei, was dir geheim und
ferne bliebe!
Doch kann ein Wissen auch dem
Herzen g’nügen?
Ein Opfer sei’s auf würdigem
Altare
Der, die da Alles nimmt und
giebt – der Liebe.