Georg Wilhelm

Friedrich Hegel

1770 - 1831

Zu einer zweiten Gruppe dieser umfassenden Stufe lassen sich die Sonette, Sestinen, Elegien, Episteln usf. rechnen. Diese Arten treten aus dem bisher betrachteten Kreise des Liedes schon heraus. Die Unmittelbarkeit des Empfindens und Äußerns nämlich hebt sich hier zur Vermittlung der Reflexion und vielseitig umherblickenden, das Einzelne der Anschauung und Herzenserfahrung unter allgemeinere Gesichtspunkte zusammenfassenden Betrachtung auf; Kenntnis, Gelehrsamkeit, Bildung überhaupt darf sich geltend machen, und wenn auch in allen diesen Beziehungen die Subjektivität, welche das Besondere und Allgemeine in sich verknüpft und vermittelt, das Herrschende und Hervorstechende bleibt, so ist doch der Standpunkt, auf den sie sich stellt, allgemein und erweiterter als im eigentlichen Liede. Besonders die Italiener z. B. haen in ihren Sonetten und Sestinen ein glänzendes Beispiel einer feinsinnig reflektierenden Empfindung gegeben, die in einer Situation nicht bloß die Stimmungen der Sehnsucht, des Schmerzes, Verlangens usf. oder die Anschauungen von äußeren Gegenständen mit inniger Konzentration unmittelbar ausdrückt, sondern sich vielfach herumwindet, mit Besonnenheit weit in Mythologie, Geschichte, Vergangenheit und Gegenwart umherblickt unddoch immer in sich wiederkehrt und sich beschränkt und zusammenhält. Dieser Art der Bildung ist weder die Einfachheit des Liedes vergönnt noch die Erhebung der Ode gestattet, wodurch denn einerseits die Sangbarkeit fortfällt, andererseits aber als Gegenteil des begleitenden Singens die Sprache selbst in ihrem Klingen und künstlichen Reimen zu einer tönenden Melodie des Wortes Wird. Die Elegie dagegen kann in Silbenmaß, Reflexionen, Aussprüchen und beschreibender Darstellung der Empfindungen epischer gehalten sein.