1895 – 1919
Ein Bahndamm.
Telegraphendrähte schwirren.
Lokomotivenpfiff. Gewölk.
Grau. Drohend.
Fabriken. Rauchend.
Hammerlaut. Zornlohend.
Rostrote Schwaden, die um
Schlote irren.
Breit wuchtet vor dem Horizont
die Stadt.
Qualgelbe Quadern. Mauern.
Türme. Gassen
mit geilen Hunden, Menschen,
die sie hassen
und nehmen und verprassen.
Einer hat
ein Messer in der Hosentasche.
Lauert
am Damm im Dunklen.
Sprungbereit. Das Knie
am Boden festgestemmt. Heiß
von der Not
des Blutes. Wartet. Fern die
Melodie
des Hammers, der auf Eisen
niederschauert.
Schritte - - Ein Sprung. Ein
Stoß! – Ein Schrei!! – Ein Tod.
1895 – 1919
Wenn auch mein Herz oft eitler
Dinge pflag,
unedel sich an Irdischstem verbrauchte,
wenn ich in Sünde selbst und
Trübnis tauchte,
gewärmt an Aussatz bei den
Hunden lag,
wenn dann von deines Odems
Feuerschlag
entbrannt ein Dornbusch ich
gen Gott entrauchte –
dir war ich ganz zu eigen,
Hocherlauchte,
du meine Sterbenacht, mein
jüngster Tag!
Dem letzen Blick warst du der
Sternenfunken,
der aus den finstren Himmeln
in mich fiel.
Nun bin ich längst in alles
All entsunken,
die Winde heißen mich ihr
liebstes Spiel,
mich haben alle Wiesen
aufgetrunken
und allen Strömen bin ich Meer
und Ziel.
1895 – 1919
Du reine Frau aus Licht und
Elfenbein,
du helle Schwester mir am trüben Bette,
du meines Blutes letzte Zufluchtsstätte,
du Seelenberge, tief und kühl und rein,
wie wenn dein Schoß mich einst geboren hätte,
kehrt stets mein Herz in deiner Liebe ein!
Dich, süße Heil'ge, kann kein Wunsch entweihn,
doch mich, dein Kind, aus wehem Feuer rette!
Ich höre nachts die wilden Reiter jagen,
heiß keucht ihr Atem mir ins Angesicht -
nein, hilf mir nicht! Laß mich auch dies ertragen
um dich, die mich erhebt, wenn sie mich bricht.
Ich kenn' das Wort, dem alle Nächte tagen:
"Ich will! Ich liebe dich!" - Sieh, es ward Licht!
1895 – 1919
Du Stadt, du Psalm, aus Gottes Mund erklungen
und Stein geworden, Marmor, Park und Garten,
Gedicht und Lied der liebsten Engelzungen,
die lange deiner gold'nen Kirchen harrten,
drin alle Heil'gen, wunderlich bezwungen
von ihrer hohen Form, zu Glanz erstarrten!
Stadt der Fontänen, altem Stein entsprungen,
barocker Bauten, gnädiger Standarten,
die über hohen Prozessionen schweben!
Die Stadt, darin der Klang vergang'ner Zeiten
noch klingt, darin das alte Gold noch leuchtet,
darin die dunkeln, frommen Bilder leben
und Gottes Auge aus den grünen Weiten
der Berge strahlt, von Wehmut sanft befeuchtet.