(Kieteubl)
Für Ingeborg Schenk
Azur - so lockt die See hoch über mir,
Verebbt gedankenschwer in blasser Ferne,
Auf weißen Wolkenschiffen zög’ ich gerne,
Vom Wind getragen, weit, weit fort von hier.
Geräuschvoll wogt das Feld im Mittagslicht,
Ein Schritt nur, schaumgekrönte Meereswellen
Gepflügt am Bug zu wilder Gischt zerschellen,
In voller Fahrt das Oben mit dem Unten bricht.
Beglückend frei bereis’ ich Himmelssphären,
Der Kurs allein von meinem Selbst bestimmt.
Wer könnte da mich noch das Fürchten lehren?
Ein Glockenschlag mir jäh die Träume nimmt,
Die Zeit, sie ruft mich, schleunigst umzukehren -
Doch wenn mein Sinn schon längst die Rah erklimmt?
(Kieteubl) In memoriam Else Zollner
Am Talschluss, steil durch Dämmerwald hinauf,
Wo Marmorfelsen schroff ins Kar abbrechen,
Die Wasser unbezähmt von Freiheit sprechen,
Beginnt nicht hier dein neuer Lebenslauf?
Noch schweigend ruhst du auf bemoostem Stein.
Zurückgelehnt, die milden Sonnenstrahlen,
Sie wärmen dich, befrei’n von manchen Qualen.
Das kühle Nass erfrischt und wäscht dich rein.
„Zerstäubend wird das Leben Kraft entfachen“,
Dein Augenlicht voll Klarheit wieder blitzt,
„Auch wenn du fällst, der Fluss wird zum Befreier!“
Wie gestern hör ich dich im Rauschen lachen,
Behände hüpfst du auf - dein Blick verschmitzt.
Du querst das Becken, löst dich auf im Schleier …
(Kieteubl)
Der
Nordstern – unverrückbar funkelt er
auch tief aus Bärenaugen und es schweigen
bei jedem Tritt auf schmalen Bannwaldsteigen
nicht nur die Zeichen seiner Wiederkehr.
Allein das Sternenecho lässt den Schrei
noch ahnen: Nein! Arkás, ich bin – schon spannte
sich straff die Sehne, starr sein Blick, er bannte
wie blind den Balg der Bärin. Nein! – Vorbei
am See, wo still im Morgenlicht der Hall
ertrinkt und ungestillt den Bären weiter
nach Beute suchen heißt. Die Nachtigall
begleitet sanft den Jäger und ein zweiter
verfolgt gespannt den Trott. Kein Schrei. Der Schall
der Schüsse bricht die Stille und den Schreiter.
(Kieteubl)
Beständig neu
seit Anbeginn der Zeiten
verströmt aus tiefer inn’rer Stille
der Schöpferklang als reiner Gotteswille
Mäandern gleich in ungedachte Weiten.
Wo frei aus loser Mitte straffer Saiten
erwachend Seelenkörper rhythmisch schwingen
bemisst des Spielers Griff des Flusses Schlingen,
die seinen Lauf im steten Takt begleiten.
An Kraft bewusster wallen Wesensfluten
dem Drall des Tönens freudig hingegeben,
enthüllen Wirbeltänze lichtes Muten.
Das Spiel erhört und bremst das einzeln Streben,
Akkordesfülle schwillt als Macht des Guten
mit jedem Bogenwechsel Richtung Leben.
(Kieteubl)
Im
Silberschlaf thront die Tempelstätte
Entrückt auf Kalksteinklippen – weiß umhaucht
Wie grün befiedert tief ins Blau getaucht,
Als ob Ixchél sie nie verlassen hätte,
Erfüllt sie immer noch astral den Raum
Im Heiligtum, wo ihr im Hall der Wogen
Erwartung zur Gewissheit wird. Verflogen
Sind all die Schleier aus dem Weltenbaum.
Wenn sie im Rot Lak’íns den Morgenstern
Chac Ék’ gebiert. Sein helles Leuchten kündet
Ihr den Gefährten, den ihr Rufen, fern
Wie nah im Echo tausendfach verbündet,
Mit sanftem „K’in!“ erweckte – gern
Hat er sein Sonnenrad erneut entzündet.
(Kieteubl)
Wie Balsam tropft dein Wesen mir in tiefe,
noch aufgerissne Wunden – öffnen Klänge
wie windgehaucht mir bittre Sinnesenge,
doch sanft, als ob die Sonne wach mich riefe.
Verlor’n im Schatten meiner Selbst ich schliefe,
so schien es mir im Kerker äuß’rer Zwänge,
erdrückt vom Machtgehaben fremder Fänge.
Verschoben sie Reales ins Fiktive?
Wie Nektar fließt dein Licht in dunkle Stellen
wo Seelenknospen, derer ich mich schämte,
verdorrten, ohne je zum Trieb zu schwellen.
Mein Selbstbetrug die Leiden nie bezähmte,
Wie rasch gelang dir, Trübes aufzuhellen!
Bloß ich war es, der so sich blindlings lähmte…
(Kieteubl)
Wenn dich
jetzt meine Verse sanft berühren,
verheißt mir Trost allein das inn’re Band,
das Hoffen fest um unser Sehnen wand,
einander eng umfangen nah zu spüren.
Ein Meer voll Feuer Raum und Zeit hier schüren,
in dem versinkend ich dein Abbild fand
am Grund der Seele bleibend eingebrannt
als Mal genährt von heißen Liebesschwüren.
Dein ausgelassnes Lachen im Gesicht
so vieler Fremder tausendfach zersplittert
und widerhallt. Verrauscht. Bis Nähe bricht.
Zwei Albatrosse werbend, blau umwittert,
die Schwingen in den Wind gebreitet, dicht
an dicht, verlieren sich - mein Blick, er zittert.
(Kieteubl)
Geliebter
Merlin, heiße nicht korrupt
mein Trachten, lang schon führt der Herbst
dir deine Hände und mit Leichtsinn gerbst
du Wirken, das als Torheit sich entpuppt.
Du lehrtest mich die Schlangenkraft - sie schuppt
mir mein Korsett, befreit mich. Doch nun erbst
du mich in meiner vollen Kraft. Du färbst
ja selbst dein Schicksal, sieh, wie es dich wuppt!
Entfaltet der herangereifte Schwan
nicht seine Schwingen? Ungestüm, als wirke
die Macht entzügelnd, warf sie aus der Bahn
nur jene, die sie falsch gebrauchten. Kirke
verführte nicht - der Held ist selbst sein Ahn,
auch in Brocéliande bei der Birke.
(Aufgabe von
Oswald Köberl)
Die
Postkastenoptimierung.
oder
Der schlaue Postfuchs. Eine Spezies Austriacum?
Zugeeignet allen noch schlaueren Füchsen
Versuch es nüchtern und mit Heiterkeit
zu sehen - auch wenn du nichts siehst! Verschollen
sind sie! Na, und? Wer wird da lange grollen?
Na bitte, wären es drei Megabyte,
doch die drei Kilobyte? In einer tollen
und sehenswerten - pssst! - ja, angeschneit
bei Nacht und Nebel kam sie (eingeweiht
in diese Sache war nur ich), ins Rollen
gebracht - du weißt schon. Punkt. Mein Amulett
war diesbezüglich viel zu schwach. Den Meister
fand ich in dir! Geh, siehst du nicht wie fett
sie wird, die Dividende? Scheibenkleister!
Du bist ja tatsächlich blind! Fast hätt'
ich's ja vergessen! Riefst doch selbst die Geister!
In blauer Seide
schlummern in der Tiefe
noch all die Träume fern und dunstverloren,
als erstes Purpurrot, vom Tag geboren,
behutsam über Grate quillt als triefe
ein Strom verspielter, junger Feuerwesen
vom Sonnenkelch. Sie werben mitzuspringen,
im freien Fall die Ängste niederringen,
dies sei ihr fester Leitspruch stets gewesen.
Vertrau auf dich! Wie wärmt ihr frohes Necken!
Den Abgrund seh’ ich gähnend vor mir liegen.
Oh, könnte ich mich doch vor mir verstecken…
Warum das Zaudern? Nicht der Furcht erliegen!
Bedarf es nur, die Flügel auszustrecken?
Ja, ja, versichern sie – schon lernst du fliegen!
Ja,
damals, jetzt erinner’ ich mich wieder,
im Frühjahr, die Veranda, auf der Bank,
zurückgelehnt, die Sonne, ich versank
dort draußen, ungezählte Male, Flieder
verströmte mich, blauviolett ertrank
ich immer wieder, dort im Berggefieder
weit fort auf blassen Daunen, ja dort schied er,
das Licht, mein Geist, die Farben, sie lag blank
in mir, die See, lag still, ich hörte Schreie,
durchdringend grell, ihr Gellen, ihr Getöse,
ihr Rauschen, still liegt sie dort draußen
noch immer da, ich ströme mit nach außen
im Fliederduft ins Laue, dort entzweie
ich violett wie damals und erlöse …
Oswald
Köberl zugeeignet
Der Südwind freit und wiegt sein Wellenreich
Erformt als Lichtgeschöpftes in Gedankenspielen
Und dreibegabt in Einsgestalt aus vielen
So unermesslich vielen Wogen. Gleich
Erschöpft sich nie. Aus Wissen folgt ein Zielen
Sich aus der See zu bäumen, im Verstreich
Tangieren wie verlieren, sich als weich
Erspürt, zurückgesogen aus den Prielen,
Reich an Erwogtem, schließlich rückzukehren.
Gelöst der Berg, das Tal, das Rauschen, auch
Osiris sammelt sich, verschmilzt. Vermeeren
Sieht jene Woge freudig ihren Hauch
Und wird als Eines eins. Den Südwind mehren -
Mich schöpft es wieder, mach’ von mir Gebrauch…