1802 – 1850
In Schlummer ist der dunkle
Wald gesunken,
Zu träge ist die Luft, ein Blatt zu neigen,
Den Blütenduft zu tragen, und es schweigen
Im Laub die Vögel und im Teich die Unken.
Leuchtkäfer nur, wie stille
Traumesfunken
Den Schlaf durchgaukelnd, schimmern in den Zweigen,
Und süßer Träume ungestörtem Reigen
Ergibt sich meine Seele, schweigenstrunken.
Horch! überraschend saust es
in den Bäumen
Und ruft mich ab von meinen lieben Träumen,
Ich höre plötzlich ernste Stimme sprechen;
Die aufgeschreckte Seele
lauscht dem Winde
Wie Worten ihres Vaters, der dem Kinde
Zuruft, vom Spiele heimwärts aufzubrechen.
Die Lüfte rasten auf der
weiten Heide,
Die Disteln sind so regungslos zu schauen,
So starr, als wären sie aus Stein gehauen,
Bis sie der Wandrer streift mit seinem Kleide.
Und Erd und Himmel haben keine
Scheide,
In eins gefallen sind die nebelgrauen,
Zwei Freunden gleich, die sich ihr Leid vertrauen
Und Mein und Dein vergessen traurig beide.
Nun plötzlich wankt die Distel
hin und wider,
Und heftig rauschend bricht der Regen nieder,
Wie laute Antwort auf ein stummes Fragen.
Der Wandrer hört den Regen
niederbrausen,
Er hört die windgepeitschte Distel sausen,
Und ein Wehmut fühlt er, nicht zu sagen.
Den glatten See kein
Windeshauch verknittert,
Das Hochgebirg, die Tannen, Klippen, Buchten,
Die Gletscher, die von Wolken nur besuchten,
Sie spiegeln sich im Wasser unzersplittert.
Das dürre Blatt vom Baume
hörbar zittert,
Und hörbar rieselt nieder in die Schluchten
Das kleinste Steinchen, das auf ihren Fluchten
Die Gemse schnellt, wenn sie den Jäger wittert.
Horch! Glocken in der weiten
Ferne tönend,
Den Gram mir weckend und zugleich versöhnend,
Dort auf der Wiese weiden Alpenkühe.
Das Läuten mahnt mich leise an
den Frieden,
Der von der Erd auf immer ist geschieden
Schon in der ersten Paradiesesfrühe.
Ein schlafend Kind! o still!
in diesen Zügen
Könnt ihr das Paradies zurückbeschwören;
Es lächelt süß, als lauscht es Engelchören,
Den Mund umsäuselt himmlisches Vergnügen.
O schweige, Welt, mit deinen
lauten Lügen,
Die Wahrheit dieses Traumes nicht zu stören!
Laß mich das Kind im Traume sprechen hören
Und mich, vergessend, in die Unschuld fügen!
Das Kind, nicht ahnend mein
bewegtes Lauschen,
Mit dunklen Lauten hat mein Herz gesegnet,
Mehr als im stillen Wald des Baumes Rauschen;
Ein tiefres Heimweh hat mich
überfallen,
Als wenn es auf die stille Heide regnet,
Wenn im Gebirg die fernen Glocken hallen.
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