Alfred Lichtenstein         Etwa an eine blassen Neuklassiker

1889 – 1914

Du, früher August, fühlst dich jetzt Helene.
Dahin sind Hurenhuld und Schiebetänze,
Die Poesie Berliner Äppelkähne
Entschwand dir in dem Blau der Griechenlenze.

 

Die Zeiten ändern sich. Der Mann wird reifer,
Hübsch licht und weich wird seine saure Seele.
Du zwitscherst jetzt mit Macht und vielem Eifer
Dein sanftes Lied aus der geölten Kehle.

 

Was du gelernt von Journalisten hast,
Umgibst du schön mit klassischen Fassaden.
Und mit geschwollnen Segeln an dem Ast,


Gelangst du bald zu fetteren Gestaden.

Wer trillert nun die imitierte Flöte:
Verlogner Shakespeare und erborgter Goethe.

 

(Die Gedichte des Aliwi)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alfred Lichtenstein         Landschaft in der Frühe

1889 - 1914

Die Luft ist grau. Wer weiß was gegen Ruß?
Bei einem Ochsen, der am Boden frisst,
Steht staunend ein tiefernster Hochtourist.
Bald gibt es einen kräftgen Regenguss.

 

Ein Junge, der auf eine Wiese pisst,                                    
Wird zu einem Quell von einem kleinen Fluss.
Was soll man machen, wenn man ernsthaft muss!
Mensch, sei natürlich. Gib dich, wie du bist

 

Ein Dichter geht in dieser Welt umher,
Besieht sich den geregelten Verkehr                                 
Und freut sich über Himmel, Feld und Mist.

 

Ach, und notiert sich alles sorgsam auf.
Dann steigt er einen hohen Berg hinauf,
Der gerade in der Nähe ist.