Hermann Lingg                     Mittagszauber

1820 – 1905

Vor Wonne zitternd hat die Mittagsschwüle
Auf Thal und Höh' in Stille sich gebreitet,
Man hört nur, wie der Sprecht im Tannicht scheitet,
Und wie durch's Tobel rauscht die Sägemühle.

 

Und schneller fließt der Bach, als such' er Kühle,
Die Blume schaut ihm durstig nach und spreitet
Die Blätter sehnend aus und trunken gleitet
Der Schmetterling vom seidnen Blüthenpfühle.

 

Am Ufer sucht der Fährmann sich im Nachen
Aus Weidenlaub ein Sonnendach zu zimmern,
Und sieht in's Wasser, was die Wolken machen.

 

Jetzt ist die Zeit, wo oft im Schilf ein Wimmern
Den Fischer weckt; der Jäger hört ein Lachen,
Und golden sieht der Hirt die Felsen schimmern.