1639 – 1691
Indem du jetzt das Feld, o
Thaliarchus, siehest
Mit weißem Reif umhüllt, so
daß der Wald sich senkt,
Und wie der dicke Frost die
starken Fluthen schränkt,
So höre meinen Rath, daß du
dich nur bemühest,
Wie du das Holz zur Glut und
lichten Flamme ziehest.
Zapf’ an ein altes Faß, die
Sorg’ auf Gott gesenkt!
Das Laub wird ja nicht stets
vom Äolus gekränkt.
Laß heute heute sein, damit du
klüglich fliehest,
Was morgen schaden kann. Nimm deiner
Zeit Gewinn,
Und schicke traurig sein zum
krummen Alter hin.
Treib’ deine Ritterspiel’ und
dein verliebtes Siegen,
Dein Scherzen mit der Schaar,
die gerne sich versteckt,
Und mit dem Lachen bald sich
wiederum entdeckt,
Das darum widerstrebt, daß man
es soll bezwingen.
1639 - 1691
Was denn? durch einen Ton die
Gläser zu zerkerben,
Ist es wohl wert, daß man mit
solchem Unterricht
Um ein zerbrechlich Glas den Kopf
ihm so zerbricht?
Wie bald kann doch ein Glas,
wie bald ein Schall ersterben?
Brecht nur die Hälse nicht!
Glas und Papier verderben
Steht jedem frei. Sonst bricht
man nur und bauet nicht.
Es steht zum fall und Bruch.
Man bricht Wort, Eid und Pflicht.
Seht alles durch und durch, es
sind zerbrochne Scherben.
Der große Häfner hat uns Hafen
gleich gemacht.
Ist dieser, jener gleich zu
feinern Tone bracht,
Und etwa durch den Glanz zu
einen Glas erläutert,
Was hilft’s du bist doch,
Glas, nur eitel Glanz und Staub,
Das auch die Luft zerschellt.
Wir sind der Zeiten Raub,
Bis der Posaunen Schall das
ganze Werk zerscheitert.
1639 - 1691 der großen und
kleinen Welt
Der Mensch ist eine Welt. Das
will Herr Wernigk lehren.
Wie der gemeine Trieb die
großen Kreise führt
Und durch geheime Kraft sie
bindet, fesselt, rührt:
So können wir den Sinn in
tausend Kreise kehren.
Der Mensch ist eine Welt. Wenn
wir die Weisheit hören,
Die selbst die Welt gemacht,
die nichts war und nichts ist –
Und ist sie was, währt’s doch
nur eine kurze Frist -,
So sollen wir in uns ihr Bild
und Wesen stören.
Die große Welt verkriecht sich
in so kleinen Raum,
Und diese kleine Welt
beschließt sich selber kaum,
Wenn sie die große mißt nach
Breite, Tiefe, Länge.
Viel höher hebt sie sich, wenn
sie sich selber mißt.
Je mehr die kleine Welt will
kleine sein und ist:
Je mehr die große Welt der
kleinen wird zu enge.
1639 - 1691
Was Alts zum Neuen Jahr! wir
sterben, wir begraben.
Zeit bleibt die alte Zeit, und
alles in der Zeit.
Diß alles und diß Nichts, hat
doch sein altes Kleid.
Welt, Sünde, Tod und Fleisch
und was wir an uns haben
Ist alles alt und todt. Die
rechten Neu-Jahrs-Gaben
Sind ausser Zeit und Welt und
aller Sterbligkeit.
Wenn uns diee Ewigkeit der
Zeitlichkeit befreit,
So sein wir nicht mehr todt.
Die Motten und die Schaben
Die fressen zwar den Leib, und
diesen schnöden Kittel.
Der Geist der sieht nun schon
den großen NeuJahrsTag.
Durch den das todte lebt und
alles neu sein mag.
Geht unsre Heldin schon von
uns aus unsrem Mittel,
O Lieben, gönnt ihr diß. Sie
lebet ausser Noht.
Des Todes Tod reisst sie vom
Tode durch den Tod.