Daniel Georg Morhof            Eine horazische Ode in einem Sonett

1639 – 1691

Indem du jetzt das Feld, o Thaliarchus, siehest

Mit weißem Reif umhüllt, so daß der Wald sich senkt,

Und wie der dicke Frost die starken Fluthen schränkt,

So höre meinen Rath, daß du dich nur bemühest,

 

Wie du das Holz zur Glut und lichten Flamme ziehest.

Zapf’ an ein altes Faß, die Sorg’ auf Gott gesenkt!

Das Laub wird ja nicht stets vom Äolus gekränkt.

Laß heute heute sein, damit du klüglich fliehest,

 

Was morgen schaden kann. Nimm deiner Zeit Gewinn,

Und schicke traurig sein zum krummen Alter hin.

Treib’ deine Ritterspiel’ und dein verliebtes Siegen,

 

Dein Scherzen mit der Schaar, die gerne sich versteckt,

Und mit dem Lachen bald sich wiederum entdeckt,

Das darum widerstrebt, daß man es soll bezwingen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Daniel Georg Morhof            Auf das Zerbrechen eines Glases durch den Ton

1639 -  1691

 

Was denn? durch einen Ton die Gläser zu zerkerben,

Ist es wohl wert, daß man mit solchem Unterricht

Um ein zerbrechlich Glas den Kopf ihm so zerbricht?

Wie bald kann doch ein Glas, wie bald ein Schall ersterben?

 

Brecht nur die Hälse nicht! Glas und Papier verderben

Steht jedem frei. Sonst bricht man nur und bauet nicht.

Es steht zum fall und Bruch. Man bricht Wort, Eid und Pflicht.

Seht alles durch und durch, es sind zerbrochne Scherben.

 

Der große Häfner hat uns Hafen gleich gemacht.

Ist dieser, jener gleich zu feinern Tone bracht,

Und etwa durch den Glanz zu einen Glas erläutert,

 

Was hilft’s du bist doch, Glas, nur eitel Glanz und Staub,

Das auch die Luft zerschellt. Wir sind der Zeiten Raub,

Bis der Posaunen Schall das ganze Werk zerscheitert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Daniel Georg Morhof            Auf Herrn Christian Wernigks Vergleichung

1639 - 1691                               der großen und kleinen Welt

 

Der Mensch ist eine Welt. Das will Herr Wernigk lehren.

Wie der gemeine Trieb die großen Kreise führt

Und durch geheime Kraft sie bindet, fesselt, rührt:

So können wir den Sinn in tausend Kreise kehren.

 

Der Mensch ist eine Welt. Wenn wir die Weisheit hören,

Die selbst die Welt gemacht, die nichts war und nichts ist –

Und ist sie was, währt’s doch nur eine kurze Frist -,

So sollen wir in uns ihr Bild und Wesen stören.

 

Die große Welt verkriecht sich in so kleinen Raum,

Und diese kleine Welt beschließt sich selber kaum,

Wenn sie die große mißt nach Breite, Tiefe, Länge.

 

Viel höher hebt sie sich, wenn sie sich selber mißt.

Je mehr die kleine Welt will kleine sein und ist:

Je mehr die große Welt der kleinen wird zu enge.

 

 

 

 

 

 

 

Daniel Georg Morhof            Auff den Umstand der Zeit gerichtet

1639 - 1691

Was Alts zum Neuen Jahr! wir sterben, wir begraben.

Zeit bleibt die alte Zeit, und alles in der Zeit.

Diß alles und diß Nichts, hat doch sein altes Kleid.

Welt, Sünde, Tod und Fleisch und was wir an uns haben

 

Ist alles alt und todt. Die rechten Neu-Jahrs-Gaben

Sind ausser Zeit und Welt und aller Sterbligkeit.

Wenn uns diee Ewigkeit der Zeitlichkeit befreit,

So sein wir nicht mehr todt. Die Motten und die Schaben

 

Die fressen zwar den Leib, und diesen schnöden Kittel.

Der Geist der sieht nun schon den großen NeuJahrsTag.

Durch den das todte lebt und alles neu sein mag.

 

Geht unsre Heldin schon von uns aus unsrem Mittel,

O Lieben, gönnt ihr diß. Sie lebet ausser Noht.

Des Todes Tod reisst sie vom Tode durch den Tod.