Heinrich Mühlpfort

1639 – 1681

Ach ewig Vaterland! Ach Wohnhauß voller Freude!

Wie sehn ich mich nach dir, wie hoff ich Tag und Nacht,

Daß mich ein seelig Tod frey von den Fesseln macht,

Darinn der sieche Leib muß unauffhörlich leiden.

 

Ich brenne vor Begier aus dieser Welt zu scheiden,

Dem Nothstall aller Angst, wo bleicher Kummer wacht,

Und neue Trübsal blüht, und Laster-reiche Pracht

Offt das Gewissen lockt, des Höchsten Wort zu meiden.

 

Auff Seele! Schwinge dich zu der gestirnten Höh!

Du bist als Pilgerinn in Thränen hier gegangen,

Nun aber wirst du dort den Gnaden-Lohn empfangen,

 

Und wahre Himmels-Lust folgt auf der Erden Weh.

Laß, was verwesen kan, im Schos der Erden ligen,

Du must nach Adlers Art zur Lebens-Sonne fliegen.

 

 

 

 

 

 

Heinrich Mühlpfort                      An Favonien als er Sie zum ersten mahl küste.

1639 – 1681

Diß ist mein erster Kuß / den ich Favonie!

Du schönes Menschen-Kind / auf deine Lippen setze.

Du biß mein Paradieß / in dem ich mich ergötze /

Nun bin ich wohl vergnügt / weil ich so feste steh /

 

Und dencke weiter nicht / ob jene Angst und Weh /

Durch Unglück meine Lieb / und ihren Lauff verletze.

Wie hoch ich deinen Kuß O Allerliebste! schätze /

Das weiß ein jeder Stern / es weiß es Erd und See.

 

Das Herze konte sich nicht eh zu frieden geben /

Biß es von deinem Mund / ein Zeichen wahrer Gunst /

Empfangen wie es wolt / nun hat es auch sein Leben /

 

Zugleicher Gegen-Pflicht entzündt in Liebes-Brunst.

Drum wundre dich ja nicht / wann ich es mehr begehre /

Daß mir dein rother Mund ein Liebes-Pfand gewähre.

 

 

 

 

Heinrich Mühlpfort                 Als Herr - - - aus den 6ten in den 4ten Ordinem

1639 – 1681                                                   als Schul-Collega gesetzet wurde

 

Triumph, mein A. B. C.! ich bin nunmehr gerücket!

Ach allerliebster schatz, nun wird es besser gehn;

Es wird den cedern gleich ietzt deine wohnstatt stehn,

Nachdem der himmel mich so freundlich angeblicket.

 

Jch sehe schon im geist, in freuden schon entzücket,

Wie die frau Jlse dich im paaren wird erhöhn:

Wie die frau Cantorin, und wär sie noch so schön,

Wird zwey paar hinter dich; ach wenn! ach lust! geschicket.

 

Dir, Priscian, sey danck, so lang ich dancken kan,

Daß ich ein schulen-licht in solchem glantz bin worden.

Schaut mich verwundernde, Syntax-verwandte, an

 

Wie aus dem sechsten ich spring in den vierten orden.

Frau, kämm ins künfftige mir fleißig die parüque,

Es heist mich sauber gehn mein blühendes gelücke.

 

 

 

 

 

Heinrich Mühlpfort                      Ein Kuß.

1639 – 1681

Viel fragen was daß sey: Schatz gieb mir einen Kuß /

Und was ich doch für Lust von Küssen könne haben /

Viel lachen / wann ich will nach einem Kusse traben /

Und sagen / dieser Kuß / der war mir ein Verdruß.

 

Ich spreche wiederum / diß ist ein Uberfluß /

Voll süsser lieblichkeit / an dem ich mich kan laben /

Was acht ich viel Geschenck / und grosser Schönheit Gabe

Wann ich bey meiner Lieb ein Bettler bleiben muß.

 

Das Reden und daß Spiel macht einen zwar bekant /

Doch / soll in Gegen-Gunst das Herze seyn entbrandt /

So muß zuvor ein Kuß die Bahn zur Liebe machen.

 

Ein Kuß hat so viel Krafft / wann er von Herzen geht /

Als bey den Schiffenden der nordliche Magnet /

Ein Kuß kan bald ein Paar verliebt zusammen machen.

 

 

 

 

 

Heinrich Mühlpfort                 Abendgebet

1639 – 1681

Das Licht vergeht, die Nacht bricht an,

Verzeihe Gott! die schweren Sünden;

Die mich, als wie mit Stricken binden,

Daß ich nicht vor dich treten kann.

 

Ich habe leider deine Bahn

Der Heiligkeit nicht können finden:

Weil ich stets auf den Wollustgründen,

Bin hangen blieben mit dem Kahn.

 

Ein Irrlicht hat mich so verführt,

Das mir die Welt hat aufgestecket,

Ich habe nie die Lust gespürt,

Bis daß ich mich mit Koth beflecket.

Gedenke nicht, o Herr! der Sünden meiner Jugend,

Ich wende mich hinfort zur Frömmigkeit und Tugend.

 

 

 

Heinrich Mühlpfort                 Triumphus Temporis

1639 – 1681                                                   Oder Siegs-Gepränge der Zeit

                                                                            aus Franz Petrarchen

 

Die Augen

Verliebte Seelen kommt, und schaut die Strahlen an,

Die unser Liebes-Feuer, wie hitze, von sich streuet,

Wird nicht ob diesem Glantz, ein kranckes Hertz erfreuet?

Bricht unser Leitstern nicht, den Buhlern ihre Bahn?

 

Die Lippen

Ihr rühmt ihr Augen euch, als hätt ihr viel gethan,

Wird nicht auf unser Au die Wollust abgemeyet?

Wie offte habt ihr nicht mit Zorn und Rach gedreuet?

Wir sagen daß ohn uns man nicht recht lieben kan.

 

Die Brüste

Was soll ein schlechter Blick doch vor Vergnügung bringen?

Und kann ein schneller Kuß der Liebe Bau-Grund seyn?

Wer sucht für Blick und Kuß nicht mehr den Lilgen Schein

Der unsre doppelt Lust pflegt zierlich zu umringen:

Wir sind es die trotz Aug und Lippen können geben

Den Halbgestorbenen ein wieder neues Leben.