1639 – 1681
Ach ewig Vaterland! Ach
Wohnhauß voller Freude!
Wie sehn ich mich nach dir, wie
hoff ich Tag und Nacht,
Daß mich ein seelig Tod frey
von den Fesseln macht,
Darinn der sieche Leib muß
unauffhörlich leiden.
Ich brenne vor Begier aus
dieser Welt zu scheiden,
Dem Nothstall aller Angst, wo
bleicher Kummer wacht,
Und neue Trübsal blüht, und
Laster-reiche Pracht
Offt das Gewissen lockt, des
Höchsten Wort zu meiden.
Auff Seele! Schwinge dich zu
der gestirnten Höh!
Du bist als Pilgerinn in Thränen
hier gegangen,
Nun aber wirst du dort den
Gnaden-Lohn empfangen,
Und wahre Himmels-Lust folgt
auf der Erden Weh.
Laß, was verwesen kan, im Schos
der Erden ligen,
Du must nach Adlers Art zur
Lebens-Sonne fliegen.
1639 – 1681
Diß
ist mein erster Kuß / den ich Favonie!
Du
schönes Menschen-Kind / auf deine Lippen setze.
Du
biß mein Paradieß / in dem ich mich ergötze /
Nun
bin ich wohl vergnügt / weil ich so feste steh /
Und
dencke weiter nicht / ob jene Angst und Weh /
Durch
Unglück meine Lieb / und ihren Lauff verletze.
Wie
hoch ich deinen Kuß O Allerliebste! schätze /
Das
weiß ein jeder Stern / es weiß es Erd und See.
Das
Herze konte sich nicht eh zu frieden geben /
Biß
es von deinem Mund / ein Zeichen wahrer Gunst /
Empfangen
wie es wolt / nun hat es auch sein Leben /
Zugleicher
Gegen-Pflicht entzündt in Liebes-Brunst.
Drum
wundre dich ja nicht / wann ich es mehr begehre /
Daß mir dein rother Mund ein Liebes-Pfand
gewähre.
1639 – 1681 als
Schul-Collega gesetzet wurde
Triumph, mein A. B. C.! ich bin
nunmehr gerücket!
Ach allerliebster schatz, nun
wird es besser gehn;
Es wird den cedern gleich ietzt
deine wohnstatt stehn,
Nachdem der himmel mich so
freundlich angeblicket.
Jch sehe schon im geist, in
freuden schon entzücket,
Wie die frau Jlse dich im
paaren wird erhöhn:
Wie die frau Cantorin, und wär
sie noch so schön,
Wird zwey paar hinter dich; ach
wenn! ach lust! geschicket.
Dir, Priscian, sey danck, so
lang ich dancken kan,
Daß ich ein schulen-licht in
solchem glantz bin worden.
Schaut mich verwundernde,
Syntax-verwandte, an
Wie aus dem sechsten ich spring
in den vierten orden.
Frau, kämm ins künfftige mir
fleißig die parüque,
Es heist mich sauber gehn mein
blühendes gelücke.
1639 – 1681
Viel
fragen was daß sey: Schatz gieb mir einen Kuß /
Und
was ich doch für Lust von Küssen könne haben /
Viel
lachen / wann ich will nach einem Kusse traben /
Und
sagen / dieser Kuß / der war mir ein Verdruß.
Ich
spreche wiederum / diß ist ein Uberfluß /
Voll
süsser lieblichkeit / an dem ich mich kan laben /
Was
acht ich viel Geschenck / und grosser Schönheit Gabe
Wann
ich bey meiner Lieb ein Bettler bleiben muß.
Das
Reden und daß Spiel macht einen zwar bekant /
Doch
/ soll in Gegen-Gunst das Herze seyn entbrandt /
So
muß zuvor ein Kuß die Bahn zur Liebe machen.
Ein
Kuß hat so viel Krafft / wann er von Herzen geht /
Als
bey den Schiffenden der nordliche Magnet /
Ein
Kuß kan bald ein Paar verliebt zusammen machen.
1639 – 1681
Das
Licht vergeht, die Nacht bricht an,
Verzeihe
Gott! die schweren Sünden;
Die
mich, als wie mit Stricken binden,
Daß
ich nicht vor dich treten kann.
Ich
habe leider deine Bahn
Der
Heiligkeit nicht können finden:
Weil
ich stets auf den Wollustgründen,
Bin
hangen blieben mit dem Kahn.
Ein
Irrlicht hat mich so verführt,
Das
mir die Welt hat aufgestecket,
Ich
habe nie die Lust gespürt,
Bis
daß ich mich mit Koth beflecket.
Gedenke
nicht, o Herr! der Sünden meiner Jugend,
Ich
wende mich hinfort zur Frömmigkeit und Tugend.
1639 – 1681 Oder
Siegs-Gepränge der Zeit
aus
Franz Petrarchen
Verliebte
Seelen kommt, und schaut die Strahlen an,
Die
unser Liebes-Feuer, wie hitze, von sich streuet,
Wird
nicht ob diesem Glantz, ein kranckes Hertz erfreuet?
Bricht
unser Leitstern nicht, den Buhlern ihre Bahn?
Ihr
rühmt ihr Augen euch, als hätt ihr viel gethan,
Wird
nicht auf unser Au die Wollust abgemeyet?
Wie
offte habt ihr nicht mit Zorn und Rach gedreuet?
Wir
sagen daß ohn uns man nicht recht lieben kan.
Was
soll ein schlechter Blick doch vor Vergnügung bringen?
Und
kann ein schneller Kuß der Liebe Bau-Grund seyn?
Wer
sucht für Blick und Kuß nicht mehr den Lilgen Schein
Der
unsre doppelt Lust pflegt zierlich zu umringen:
Wir
sind es die trotz Aug und Lippen können geben
Den
Halbgestorbenen ein wieder neues Leben.