1639 – 1691
Die Sonnetten,
wie und auff wie vielerley Art sie zu machen, kan man bey andern überflüssig
finden. Es ist zweiffelhaftig welche Nation sie erfunden. Die Italiäner
und Frantzosen streiten hierum. Gewiß ist es, daß bey den Frantzosen der Nahme
Sonnetten schon in der Roman de la Rose, die ums Jahr 1260. geschrieben,
sich findet, und auch in andern Autoribus die zur selben Zeit gelebwet. Aber
wie Menage in seinem observationibus über den Malherbe
p. 570. angemerckt, so kan man noch nicht hierauß beweisen, ob dieselbe eben
diese Maaß von 14. Versen und dergleichen Reimen gehabt wie die heutige.
Verdier tadelt auch diejenige in seiner Censione autorum, welche den Petrarcham vor den ersten Erfinder halten, sich
auff den Fauchet beruffend, der ein Sonnet auß einem alten Frantzösischen
Autore hervorgebracht. Welches ich aber bey ihm nicht finden können, und sollte
mich wunder nehmen, daß Menage diß
vorbey gegangen were, welcher außdrücklich bekennet, daß es den
Frantzosen an glaubwürdigen Beweiß noch zur Zeit mangele, wiewoll es nicht so
gar ungläublich ist, daß wie die Italiäner von den Provincial Poeten ihre
Poeterey, so auch die Sonetten überkommen haben, insonderheit da der Nahme bey
ihnen vorhanden. Dann es können solche kleine Carmina woll verlohren gegangen
sein.
Wer es
unter den Frantzosen zu unserer Zeit am ersten auffgebracht, das untersucht
Menage weitläufftig am vorgedachten Ohrt, daran uns aber nicht sonderlich
gelegen. In Spanischer Sprache hat Joan Boscan es zum ersten geschrieben, wie
Nicolaus Antonius in seiner Bibliotheca Hispanica bezeuget. Bey den Italiänern
ist Petrarcha
von den ersten, dessen Sonnette, wie alle seine andere Carmina gar woll
gemacht. Es schreibt aber Lorenz. Crasto. in seinem Elog: d’huomini litterat.
part. I. p. 336. von dem Josepho Baptista, daß er diese art der Carminum zur höchsten
Vollkommenheit gebracht...
... Was
dieser von dem Josepho Baptista saget, daß können wir billig von Flemming
sagen, dann es hat niemand in Teutscher Sprache ein so schönes Sonnet geschrieben,
als er. Welches traun keine geringe Kunst ist. Dann es ist von diesem war, was
Martialis von den Epigrammatibus sagt; librum scribere difficile est. Balzac
saget in seinen Entreteniens Entr. 32. daß er zwar viel Elegias gesehen, die
ihm sehr woll gefallen, aber gar wenig Sonnetten, die ihn recht vergnüget
hätten. Die Frantzosen brauchen sonst viel Freyheiten, die dem Sonnet seine
klingende art benehmen. Als wann Malherbe,
die andre quartrain der ersten an Reimen nicht gleich macht, welches doch etwas
nothwendiges bey einem Sonnet ist. Dieses ist nicht nachzumachen. Seine eigene
Landsleute tadeln ihn deßhalben. Es verwerffen auch einige unter ihnen die
Reime und setzen sie nicht an gebührendem Ohrte, verwechseln auch nicht die
Männliche mit den Weiblichen, wie es sich gebühret, so daß drey, vier mänliche
nach einander folgen. Es werden auch von ihm die sechs letzte Reimen, drey
Mänliche drey Weibliche, wechselweise widerholet. Es hat im Teutschen der Herr Harstörffer
sieben Männliche und sieben Weibliche wechselweise widerholet, welches sehr
schwer ist, und keine sonderliche art hat. Dergleichen Wechselreime finden sich
auch in dem Italiänischen bei Girolamo Preti. Ein Exempel eines Sonnets, wird
auß der Od 9 Horatii vorgestellet.
Exemplum eines Sonnets. ex Od.
9.