1796 - 1835
Kaum noch verschlang ich
deines Buchs ein Drittel,
Das von der Kunst Hariris zeugt und deiner,
Und schon erschein ich der Entzückten einer,
Der's ohne Hehl bestaunt und ohne Krittel.
Wenn das Genie so ganz auf
eigne Mittel
Die Welt durchbetteln muß, bewährt sich's reiner
Als je, vergöttlichter und ungemeiner,
Wenn auch verkappt in einen Gaunerkittel.
Mit einem andern aber soll ich
losen,
So willst du, statt zu schicken uns ein Pärchen,
Um deines Ebu Seids Metamorphosen?
Darüber wachse mir kein graues
Härchen:
Nie trenn ich mich von deinem Virtuosen,
Drum sende lieber noch ein Exemplärchen!
1796 - 1835
Anstimmen darf ich ungewohnte
Töne,
Da nie dem Halben ich mein
Herz ergeben:
Der Kunst gelobt ich ganz ein
ganzes Leben,
Und wenn ich sterbe, sterb ich
für das Schöne.
Doch wünsch ich, daß man
Bessere bekröne,
Mich aber ziehen lasse, wo ich
neben
Dem Höchsten lernen kann nach
Hohem streben,
Ja, daß man mir mein Vaterland
verpöne!
Ich lieb es drum in keinem
Sinne minder,
Da stets ich mich in seinem
Dienst verzehre,
Doch wär ich gern das fernste
seiner Kinder.
Geschieh’s daß je den innern Schatz
ich mehre,
So bleibt der Fund, wenn
längst dahin der Finder,
Ein sichres Eigentum der
deutschen Ehre.
1796 - 1835
Wenn ich der Frömmler
Gaukelein entkommen,
So sei der Dank dafür an dich
gewendet:
Wohl fand dein Geist, was nie
beginnt noch endet,
Doch fand er’s nicht im
Predigtbuch der Frommen.
Dir ist das Licht des
Göttlichen entglommen
Im Werk der Heiden, die es
reich gespendet;
Denn himmlisch ist, was immer
ist vollendet,
Und Christus selbst gebietet:
Seid vollkommen!
Zwar möchten gern gewisse
schwarze Röcke
Den Geist verwickeln, der sich
will befreien,
Wo nicht, uns stellen in der
Zahl der Böcke.
Doch laßt nur ab, die Heiden
zu beschreien!
Wer Seelen hauchen kann in
Marmorblöcke,
Der ist erhaben über
Litaneien.
1796 - 1835
Des Glückes Gunst wird nur
durch dich vergeben,
Schön ist die Rose nur, von
dir gebrochen,
Und ein Gedicht nur schön, von
dir gesprochen:
Tot ist die Welt, du bist
allein am Leben.
In diesen Lauben, die sich
hold verweben,
Wird ohne dich mir jeder Tag
zu Wochen,
Und dieser Wein, den warme
Sonnen kochen,
Kann nur aus deiner Hand mein
Herz beleben.
Von dir geschieden, trenn ich
mich vom Glücke,
Das Schönste dient mir nur, mich
zu zerstreuen,
Das Größte füllt mir kaum des
Innern Lücke.
Doch drückst du mich an deine
brust, den Treuen,
Dann kehrt die Welt in meine
Brust zurücke,
Und am Geringsten kann ich
mich erfreuen.
1796 - 1835
Es sehnt sich ewig dieser
Geist ins Weite,
Und möchte fürder, immer fürder streben:
Nie könnt' ich lang an einer Scholle kleben,
Und hätt' ein Eden ich an jeder Seite.
Mein Geist, bewegt von
innerlichem Streite,
Empfand so sehr in diesem kurzen Leben,
Wie leicht es ist, die Heimat aufzugeben,
Allein wie schwer, zu finden eine zweite.
Doch wer aus voller Seele haßt
das Schlechte,
Auch aus der Heimat wird es ihn verjagen,
Wenn dort verehrt es wird vom Volk der Knechte.
Weit klüger ist's, dem
Vaterland entsagen,
Als unter einem kindischen Geschlechte
Das Joch des blinden Pöbelhasses tragen.
1796 - 1835
Es sei gesegnet, wer die Welt
verachtet,
Denn falscher ist sie, als es Worte malen:
Sie sammelt grausam unsern Schmerz in Schalen,
Und reicht zum Trunk sie, wenn wir halb verschmachtet.
Mir, den als Werkzeug immer
sie betrachtet,
Mir preßt Gesang sie aus mit tausend Qualen,
Läßt ihn vielleicht durch ferne Zeiten strahlen,
Ich aber werd als Opfertier geschlachtet.
O ihr, die ihr beneidetet mein
Leben,
Und meinen glücklichen Beruf erhobet,
Wie könnt in Irrtum ihr so lange schweben?
Hätt' ich nicht jedes Gift der
Welt erprobet,
Nie hätt' ich ganz dem Himmel mich ergeben,
Und nie vollendet, was ihr liebt und lobet.
1796 - 1835
Ich war ein Dichter und
empfand die Schläge
Der bösen Zeit, in welcher ich entsprossen;
Doch schon als Jüngling hab ich Ruhm genossen,
Und auf die Sprache drückt' ich mein Gepräge.
Die Kunst zu lernen, war ich
nie zu träge,
Drum hab ich neue Bahnen aufgeschlossen,
In Reim und Rhythmus meinen Geist ergossen,
Die dauernd sind, wofern ich recht erwäge.
Gesänge formt' ich aus
verschiednen Stoffen,
Lustspiele sind und Märchen mir gelungen
In einem Stil, den keiner übertroffen:
Der ich der Ode zweiten Preis
errungen
Und im Sonett des Lebens Schmerz und Hoffen
Und diesen Vers für meine Gruft gesungen.
1796
- 1835
Hier, wo von Schnee der Alpen Gipfel
glänzen,
Gedenk ich still vergangner Mißgeschicke,
Zurück nach Deutschland wend ich kaum die Blicke,
Ja, kaum noch vorwärts nach Italiens Grenzen.
Vergebens hasch ich nach geträumten
Kränzen,
Daß ich die Stirne, die mich brennt, erquicke,
Und Seufzer wehn, die selten ich ersticke,
Als könnten Seufzer das Gemüt ergänzen!
Wo ist ein Herz, das keine Schmerzen
spalten?
Und wer ans Weltenende flüchten würde,
Stets folgten ihm des Lebens Truggestalten.
Ein Trost nur bleibt mir, daß ich
jeder Bürde
Vielleicht ein Gleichgewicht vermag zu halten
Durch meiner Seele ganze Kraft und Würde.
1796
- 1835
Ich möchte, wenn ich sterbe, wie die lichten
Gestirne schnell und unbewußt erbleichen,
Erliegen möcht' ich einst des Todes Streichen,
Wie Sagen uns vom Pindaros berichten.
Ich will ja nicht im Leben
oder Dichten
Den großen Unerreichlichen erreichen,
Ich möcht', o Freund, ihm nur im Tode gleichen;
Doch höre nun die schönste der Geschichten!
Er saß im Schauspiel, vom Gesang beweget,
Und hatte, der ermüdet war, die Wangen
Auf seines Lieblings schönes Knie geleget:
Als nun der Chöre Melodien verklangen,
Will wecken ihn, der ihn so sanft geheget,
Doch zu den Göttern war er heimgegangen.
1796 - 1835
O süßer Tod, der alle Menschen
schrecket,
Von mir empfingst du lauter Huldigungen:
Wie hab ich brünstig oft nach dir gerungen,
Nach deinem Schlummer, welchen nichts erwecket!
Ihr Schläfer ihr, von Erde
zugedecket,
Von ew'gen Wiegenliedern eingesungen,
Habt ihr den Kelch des Lebens froh geschwungen,
Der mir allein vielleicht wie Galle schmeckst?
Auch euch, befürcht ich, hat
die Welt betöret,
Vereitelt wurden eure besten Taten,
Und eure liebsten Hoffnungen zerstöret.
Drum selig alle, die den Tod
erraten,
Ihr Sehnen ward gestillt, ihr Flehn erhöret,
Denn jedes Herz zerhackt zuletzt ein Spaten.
1796 - 1835
Du ziehst bei jedem Los die
beste Nummer,
Denn wer, wie du, vermag so tief zu dringen
Ins tiefste Herz? Wenn du beginnst zu singen,
Verstummen wir als klägliche Verstummer.
Nicht Mädchenlaunen stören
deinen Schlummer,
Doch stets um Freundschaft sehn wir warm dich ringen:
Dein Freund errettet dich aus Weiberschlingen,
Und seine Schönheit ist dein Ruhm und Kummer.
Bis auf die Sorgen, die für
ihn dich nagen,
Erhebst du alles zur Apotheose,
Bis auf den Schmerz, den er dich läßt ertragen!
Wie sehr dich kränken mag der
Seelenlose,
Du lässest nie von ihm, und siehst mit Klagen
Den Wurm des Lasters in der schönsten Rose.
1796 - 1835
Daß Hafis kühn sei, darf ich
nicht verschweigen,
Und daß ein Geist wie seiner schwer zu zügeln,
Dem Adler gleicht er, der mit breiten Flügeln
Im Äther schlägt den lichten Sternenreigen.
Ihr mögt ihm nachschaun oder
mit ihm steigen
Zu seinen blühend unbewölkten Hügeln,
Wo nicht, ihn tadeln oder ihn beklügeln:
Er wird sich keinem, als nur einem, neigen.
Im Guten mögt ihr schwelgen
oder Schlimmen,
Doch nur Gestalt entzücke den Gestalter,
Und jeder soll sein eignes Ziel erklimmen.
Kein Mißverstehender vermag
mit kalter
Beschränktheit einen Busen zu verstimmen,
Der frei sich fühlt durch alle Lebensalter.
1796 - 1835
Dich selbst, Gewalt'ger, den
ich noch vor Jahren
Mein tiefes Wesen witzig sah verneinen,
Dich selbst nun zähl ich heute zu den Meinen,
Zu denen, welche meine Gunst erfahren.
Denn wer durchdrungen ist vom
innig Wahren,
Dem muß die Form sich unbewußt vereinen,
Und was dem Stümper mag gefährlich scheinen,
Das muß den Meister göttlich offenbaren.
Wem Kraft und Fülle tief im
Busen keimen,
Das Wort beherrscht er mit gerechtem Stolze,
Bewegt sich leicht, wenn auch in schweren Reimen.
Er schneidet sich des Liedes
flücht'ge Bolze
Gewandt und sicher, ohne je zu leimen,
Und was er fertigt, ist aus ganzem Holze.
1796 - 1835
Nie hat ein spätres Bild dein
Bild vernichtet,
Das fühlt’ ich stets
vielleicht und fühl’ es heute
Da sich’s nach langen Jahren
mir erneute,
Nachdem ich manchen Wahn der
Welt gesichtet.
O Zeit, in der ich noch für
dich gedichtet,
Was, außer mir, sich keiner
Leser freute!
Noch war mein Name nicht der
welt zur Beute,
Die selten fühlt und oft so
lieblos richtet!
Noch unbekannt mit meinen
eignen Trieben,
Zu ernst, zu schüchtern,
allzusehr verschlossen,
Bin ich dir fremd durch eigne
Schuld geblieben.
Da wieder nun ich deines
Blicks genossen,
Empfind’ ich wieder jenen
Drang zu lieben;
Doch meine schönste Jugend ist
verschlossen.